KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Ein Bad für jede Wohnung ist genug

Die Kommunisten in Graz wollen nun doch nicht an die Macht


Österreichs Politik pendelt zwischen konventionellen Modellen und aufregenden Neuerungen. Eine Koalition zwischen Grüner Alternative und Volkspartei (ÖVP) für die Wiener Bundesregierung schien zeitweilig greifbar nahe. Nun ist um Haaresbreite der Versuch gescheitert, in Graz, der zweitgrößten Stadt des Landes, ein Bündnis zwischen Sozialdemokraten (SPÖ), Grünen und der Kommunistischen Partei Österreichs (KPÖ) zu schmieden. So wollte man der bei der Kommunalwahl im Januar siegreichen ÖVP das Amt des Bürgermeisters abjagen. Schlüssel für dieses in ganz Europa exotische Modell wäre die KPÖ gewesen: Sie liegt in Graz bei knapp 21 Prozent der Wählerstimmen.

Wie konnte die auf Bundesebene siegreiche ÖVP ausgerechnet von den Kommunisten in Verlegenheit gebracht werden? Bemerkenswerterweise hat die KPÖ in den Villenvierteln von Graz noch mehr Anklang gefunden als in traditionell linken - zeitweilig auch FPÖ-anfälligen - Arbeiterquartieren. Das liegt einmal an dem KPÖ-Chef und Spitzenkandidaten Ernst Kaltenegger, der als einziger immer konkret ist. Zum Beispiel versprach ein Wahlkampf-Plakat: Ein Bad für jede Gemeindewohnung. Graz zelebriert derzeit mit viel Aufwand und einigem Geschick seine Rolle als Kulturhauptstadt Europas 2003. Kaltenegger hatte gar so viel Witz, die Sanitärsanierung der Grazer Sozialwohnungen als offizielle Aktion der Kulturhauptstadt zu etablieren.

Neben wolkigen Formeln blieb dagegen der Kandidat der SPÖ, Walter Ferk, blass bis zur Unkenntlichkeit. Der agile, jugendliche ÖVP-Chef Siegfried Nagl, ein Geschäftsmann aus der schicken Innenstadt, war zwar der harmlose Sympathieträger, hatte aber den Umgang mit seinen bisherigen Ämtern gegen sich: Er fungierte die letzten zwei Jahre sowohl als Finanz- als auch Kulturreferent der Stadt. Als Kassenverwalter agierte Nagl dabei mit eher abenteuerlichen Finanzierungsmodellen. Als Kulturstadtrat stand er seltsam unbeteiligt neben dem Kulturhauptstadt-Projekt und erntete fremde Lorbeeren. Nagl bewies kaum einen Sinn für Kulturfragen, was den aufgeschlosseneren Teil des Grazer Bürgertums tief verdross.

Kluge Zurückhaltung - oder mangelnde Selbstüberschätzung - des KPÖ- Kandidaten Kaltenegger hat das rot-rot-grüne Bündnis dennoch verhindert. Als Bürgermeister hätte er weithin Anklang gefunden, auch seiner volkstümlichen Art wegen. Er aber schob "ideelle" Differenzen zu den Partnern vor, um Chef des Wohnungswesens bleiben zu können, das er schon Jahre vorbildlich verwaltet. Nun wird es wohl ohne offizielle Vereinbarung eine große Koalition geben, werden SPÖ und ÖVP Nagl zum Bürgermeister machen. Doch auch die KPÖ wird eine starke Rolle spielen. Die Kommunalordnung schreibt eine Konzentrationsregierung vor: Allen Parteien stehen von einer bestimmten Fraktionsgröße an Regierungsämter im Stadtsenat zu. Die ÖVP erhält vier, SPÖ drei, KPÖ zwei, Grüne und FPÖ gehen leer aus.

Süddeutsche Zeitung, 5. 3. 03

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