KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Das Imperium schlägt zurück


Die Herren der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie und deren politisches Personal haben dem "Volk von Seattle" den Krieg erklärt. Doch dieses lässt sich nicht einschüchtern.

Von Günther Hopfgartner


Nur wenige Tage vor Beginn des G8-Gipfels in Genua betrat ein Mann eine Polizeistation in der ligurischen Küstenstadt, überreichte ein Kuvert, das wenig später beim Öffnen detonierte. Vor dem G8-Treffen noch ein Riesenaufreger, redet heute niemand mehr über diesen Briefbombenanschlag auf eine Polizeistation. Seltsam genug.
Die unter anderem durch diesen Vorfall scharf gemachten italienischen Polizisten und Carabinieri mischten in der Folge in Genua auch schon einmal eine Demonstration pazifistischer KatholikInnen auf, erschossen Carlo Giuliani und veranstalteten am Ende der G8-Proteste eine "chilenische Nacht", mit Prügelorgien und Folter - wohl um noch einmal ein Zeichen zu setzen für all jene, die es immer noch nicht glauben wollten, dass derart brutale organisierte Polizeiübergriffe in einer bürgerlichen Demokratie möglich sind. Der Erfolg dieser Einschüchterungstaktik hielt jedoch nicht allzu lange vor.
Und dann plötzlich eine Bombe, die am Donnerstag der Vorwoche vor einem Gerichtsgebäude in Vendig hoch geht, wenige Stunden vor einem Berlusconi-Besuch in der Stadt. Es ist bis jetzt nicht abzusehen, wer die Bombe gelegt hat. Wem sie nützt, wird aber allzu deutlich. Vor allem wenn man den pawlowschen Reflex beobachtet, den die parlamentarische Opposition Italiens zeigt. Wie in den 70er Jahren gibt es plötzlich keine Regierung und Opposition mehr, nur noch die Reihen fest geschlossen. Eine Volksfront gegen den Feind, der die Institutionen, das demokratische Gefüge des Staates zu zerstören droht. Da vergisst die Mitte-Links-Opposition schon einmal, dass erst vor wenigen Tagen der Ministerpräsident des Landes seine parlamentarische Mehrheit für eine Anlassgesetzgebung genützt hat, die eine anstehende Strafverfolgung seiner eigenen Person verhindert. Schutz demokratischer Institutionen? Wohl eher deren Umwandlung in einen Selbstbedienungsladen für das ehemalige Mitglied der ominösen P2-Loge, die im italienischen Terror-Jahrzehnt, den 70ern, offensichtlich tief in die rechtsextreme "Strategie der Spannung" verwickelt war. Eine Strategie der Destabilisierung des Staates, die versuchte mittels Bombenanschlägen, die linken Gruppierungen angehängt wurden, den Ruf nach einem autoritären Staat zu provozieren - wobei sich zumeist erst später die Täterschaft rechter Gruppierungen, die offenbar über brillante Kontakte zum Geheimdienst verfügten, herausstellte.

In Genua wurde die Schlagkraft eines ebensolchen autoritären Staates schon einmal getestet, stellvertretend für EU-Europa. Getestet gegen eine globale Bewegung, vor den Augen der Weltöffentlichkeit und vor allem vor den Augen und unter Mitarbeit dutzender hochrangiger Polizisten aus aller Herren Länder, die an die ligurische Küste gekommen waren, um auszutesten wie man dem stetig anwachsenden "Volk von Seattle" Herr wird.
Weniger blutrünstig aber mindestens so effektiv exekutieren die selbe Strategie die jüngsten Urteile von Göteborg: Zweieinhalb Jahre Haft etwa für ein paar Steinwürfe anlässlich der Proteste gegen den EU-Gipfel und den dubiosen Vorwurf der Rädelsführerschaft in einem Land mit liberaler Rechtssprechung, in dem für Mord oftmals auch nur sieben Jahre verhängt werden, kann man nicht mehr nur als drakonische Strafe bezeichnen, da wird vielmehr die "chilenische Nacht" von Genua auf rechtsstaatlich inszeniert. Es geht auch hier erkennbar um Einschüchterung und die Zerschlagung der unbotmäßigen Bewegung.

Eingebettet ist diese Strategie in eine effektive Zusammenarbeit diverser Polizeien auf offizieller und informeller Ebene.
Von zentraler Bedeutung für die entsprechenden polizeilichen Maßnahmen ist das Konstrukt eines einheitlich geleiteten "Black Blocks". Eine Erfindung der Sicherheitsapparate, deren erstes Opfer die VolxTheaterKarawane wurde. Im Prinzip geht es darum, mit Hinweis auf das Konstrukt "Black Blocks", den jeweiligen Polizeieinheiten freie Hand für diverseste Repressionsmaßnahmen zu verschaffen, die dann von Prügelorgien und exzessivem Einsatz von Tränengas bis zum Schusswaffengebrauch gegen DemonstrantInnen reichen. Flankiert wird dies von der Aushebelung bürgerlicher Grundrechte, wie etwa der Einschränkung der Reisefreiheit oder der "dubiosen" Weitergabe von Daten zwecks Denunziation.
Initiator dieser Strategie ist die politische Klasse der Europäischen Union, vertreten durch die diversen Innenminister, wie etwa den schwarzblauen Vorzeigeliberalen Strasser oder seinen deutschen Amts- und Gesinnungsbruder Otto Schily (SPD), der aus dem Polizeiterror von Italien nichts anderes zu folgern wusste, als die verstärkte europaweite Zusammenarbeit der nationalen Repressionsapparate und die Aufstellung einer Euro-Riot-Cops-Einheit, die doch längst schon Tatsache ist - zwar nicht als stehende Einheit, aber als informelles Netzwerk mit offiziöser Rückendeckung und Unterstützung. Dies führte schon vor Göteborg und nicht erst in Genua zu einer politischen und polizeilichen Abgleichung der Innen- bzw. Sicherheitspolitiken, die einseitig auf Verschärfung der Repression setzt, während man von Deeskalation redet.

Offenbar haben die Herren der kapitalistischen Verwertungsmaschinerie und deren politisches Personal dem "Volk von Seattle" den Krieg erklärt. Sie fühlen sich von der "globalisierungskritischen" Bewegung in ihrem Treiben gestört, wenn nicht gar bedroht. Und nun schlägt das Imperium eben zurück. Doch die "RebellInnen" lassen sich nicht allzu nachhaltig einschüchtern. Nach anfänglicher Verwirrung, Angst und internen Streitereien ging die "Antiglobalisierungs"-Bewegung schon nach wenigen Tagen wieder in die Offensive. So fanden bereits in den ersten Tagen nach den blutigen Polizeiübergriffen von Genua in über hundert Städten weltweit Solidaritätsdemonstrationen statt. In Italien selbst brauchte die Bewegung nur wenig mehr als 48 Stunden, um nach dem brutalen Polizeiüberfall auf die Schule Diaz 200.000 Menschen für Protestkundgebungen zu mobilisieren.

Das nachhaltigste Zeichen der Entschlossenheit setzten aber die OrganisatorInnen der Genua-Proteste, das Genoa Social Forum mit ihrer Neukonstituierung als Italien Social Forum, das sich als Teil des in Porto Alegre entstandenen World Social Forums begreift. Damit ordnet man die italienischen Kämpfe in eine globale Perspektive ein.
Eine effektive Alternative, die wohl auch in Österreich ihrer Verwirklichung harrt. Ein "Austrian Social Forum", vernetzt aus den üblichen (Bündnis-)Verdächtigen, also den ErbInnen Otto Bauers, Lenins, Trotzkis, Petra Kellys und Bakunins, vor allem aber auch aus den neuen politischen AkteurInnen der letzten eineinhalb Jahre wie Gettoattack, VolxTheaterKarawane, ATTAC, volkstanz.net, Checkpoint Austria etc. könnte die heimischen Proteste gegen Schwarzblau in all ihren Facetten in eine globale Perspektive einbinden und damit entscheidend erweitern. Dass es dabei dann um "Berginhalte" statt um "Plattformen" gehen müsste, wie es einmal ein Autor dieser Zeitung formulierte, verstünde sich angesichts der bisherigen Erfahrungen der - und mit den - neuen politischen Netzwerken von selbst.

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