KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Der lange Weg zur Rehabilitierung


Publiziert in der Volksstimme, Nr. 24/2001, 14. Juni 2001



Kommende Woche wird das vom Bundesvorstand der KPÖ herausgegebene Buch "Stalin und wir. Stalinismus und die Rehabilitierung österreichischer Opfer" der Öffentlichkeit vorgestellt.

Von Katarina Ferro


In einem seiner beiden Beiträge in "Stalin und wir" unterstreicht Franz Muhri, dass der wesentliche Schritt um Rehabilitierungen überhaupt in die Wege leiten zu können, die politischen Entwicklungen um den 20. Parteitag der KPdSU waren. 1956 hatte Chruschtschow zum ersten Mal in einer ursprünglich noch geheim gehaltenen Rede "Über den Personenkult und seine Folgen" Stalin und die Repression offen kritisiert.
Dadurch wurden die politischen Voraussetzungen für eine erste Phase der Rehabilitierung geschaffen. Diese Bemühungen waren gekennzeichnet von langwierigen Recherchen in sowjetischen Archiven, sowie durch Gespräche mit den zuständigen Behörden in Moskau.
Am stärksten von den Repressalien waren natürlich sowjetische KommunistInnen und BürgerInnen betroffen. Aber auch ÖsterreicherInnen wie Schutzbund-EmigrantInnen, vom Austrofaschismus verfolgte KommunistInnen, SozialdemokratInnen und Parteilose, die sich in der ArbeiterInnenbewegung engagiert hatten, fielen den Repressionen zum Opfer. Auch wenn nicht alle Gefangenen hingerichtet wurden, so war die Verhaftung oft allein schon ein Todesurteil, da viele Häftlinge die katastrophalen Verhältnisse in den Straf- und Arbeitslagern nicht überlebten. Auch wurden etliche in der Zeit des Hitler-Stalin Paktes an Nazi-Deutschland ausgeliefert und landeteten so in Koentrationslagern. So auch Franz Korritschoner, Mitbegründer der KPÖ. Die Suche nach Namen und Schicksalen von Mitgliedern der KPÖ gestaltete sich ausgesprochen schwierig und war den stetig wechselnden politischen Verhältnissen innerhalb der Sowjetunion unterworfen. Die Recherchen konzentrierten sich vornehmlich auf jene ÖsterreicherInnen, die in den 20er, vor allem aber in den 30er Jahren als politische EmigrantInnen in die Sowjetunion kamen.
Die Bemühungen der KPÖ erfolgten im Großen und Ganzen in drei Etappen: Die erste Phase umfasste die Zeit vom 20. Parteitag im Jahr 1956. Das Ende der ersten Bemühungen und somit der Beginn jahrelangen Schweigens kam mit der Nachfolge von Chruschtschow in der Person Leonid Breschnjews. Erst unter Gorbatschow, in der Zeit der "Perestroika" - 1986 bis 1991, konnten weitere Versuche erfolgreich unternommen werden. Die Anfänge waren geprägt von einer Suche nach Material, der Erstellung von Listen mit Namen von Verschwundenen, gestützt teilweise auf Berichte und Auskünfte von zurückgekehrten Personen. Eine eigene Kommission des ZK wurde eingesetzt, die sich mit der Bearbeitung der Rehabilitationen beschäftigen sollte. In dieser Zeit wurden zuerst Kontakte mit der neuen politischen Führung aufgenommen, um mit deren Unterstützung die Arbeit in den Moskauer Archiven, vor allem im Archiv des Instituts für Marxismus-Leninismus beim ZK der KPdSU, dem Kominitern Archiv zu gewährleisten. Für die Rehabilitierungen selbst waren aber die direkten Kontakte mit den zuständigen Stellen des KGBs wesentlich. Denn dort befanden sich die Unterlagen über Verhöre, Urteile und deren Vollstreckungen. Unter Gorbatschow wurden den Behörden mehrmals Namenslisten vorgelegt, die Anliegen schriftlich dargelegt und wiederholt um Vermittlung ersucht. Auch wenn Unterstützung großzügig zugesagt wurde, waren die Instanzenwege oft umständlich und es wurde der Zugang und die direkte Einsicht in die Prozessakten verwehrt, Archive nur eingeschränkt geöffnet ...
Eine dritte Phase der Bemühungen um Rehablilitierung erfolgte in der Jelzin-Zeit. Insgesamt konnten in den drei Etappen offizielle Auskünfte über 300 ÖsterreicherInnen erreicht werden, davon wurden 245 rehabilitiert. Tatsächlich sind die Opferzahlen wesentlich höher, auch die Zahl der Rehabilitierungen, die ja nicht nur seitens der KPÖ, sondern auch von anderen Stellen sowie den betroffenen Personen selbst angeregt wurden. In einem Nachwort schildert Franz Muhri gestützt auf sein persönliches Leben und Erfahrungen Aspekte der Entwicklung in der SU unter Stalin und nach seinem Tod bis zum Scheitern des ersten sozialistischen Versuchs.
Die Bemühungen um Rehabilitationen können allerdings nur als Teil eines langen Prozesses verstanden werden, im Zuge dessen sich alle KommunistInnen und auch die KPÖ mit der Geschichte und dem eigenen Verhalten selbstreflexiv beschäftigen müssen. Denn auch hier gilt: Niemals vergessen!


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