Der Verfassungsgerichtshof hat am 13. Dezember die Bestimmung des Volksgruppengesetzes betreffs Ortstafelregelung aufgehoben, weil sie gegen die Verfassungsbestimmung des Artikels 7 des Staatsvertrages verstößt. Der Kärntner Landeshauptmann Haider betitelt dieses Erkenntnis als "Faschingsurteil" eines "politischen Gerichtshofs". Er "denkt nicht daran", die aus dem Erkenntnis sich ergebende Ausweitung der zweisprachigen Ortsbezeichnung umzusetzen, fordert den Rücktritt des Präsidenten des Verfassungsgerichtshofes und bezeichnet jene, die von ihrem staatsbürgerlichen Recht Gebrauch machen, um dieses auch durchzusetzen, als "Zündler"
Haider verschränkt auf explosive Weise zweierlei: minderheiten- und verfassungsfeindliche Politik. Die Mobilisierung deutschnationalen Potentials soll ihm dabei sowohl Stimmen für die nahenden Kärntner Wahlen als auch den politischen Rückhalt für den Angriff auf die österreichische Verfassung liefern.
Der österreichische Staatsvertrag ist der FPÖ prinzipiell im Weg. Nicht nur, weil er als Ergebnis der europäischen Nachkriegsordnung einen klaren antifaschistischen Auftrag enthält, sondern auch, weil es die Logik des FP-Politikverständnisses als Führerpartei gebietet. Haider hätte "Führer" und "Volk" gerne kurzgeschlossen, wird aber dabei von bürgerlich-demokratischer Verfasstheit behindert. In der "Jungen Freiheit" vom 20. Oktober 1995 lies Haider verlauten: "Die Dritte Republik wird sich evolutionär aus der Zweiten Republik entwickeln, da man einfach sehen muss, dass die jetzigen Zustände im Lande gerade aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht mehr verantwortbar sind." Und Ende April dieses Jahres schlug er auf einer öffentlichen Veranstaltung in Völkermarkt/Velikovec eine Änderung der Verfassung vor, um Rechtsansprüche der slowenischen Minderheit künftig zu verhindern.
Was von der - von den drei Kärntner Landtagsparteien angestrebten - "Kärntner Lösung" am sogenannten "runden Tisch" mit den Vertretern der slowenischen Minderheit zu erwarten ist, hat Haider in den letzten Tagen mehrmals klargestellt: Gespräche würde es nur geben, wenn "die Volksgruppe ... einen Kompromiss anbieten kann, der das Einfrieren der Ortstafel-Entwicklung beinhaltet" (Kleine Zeitung, 17. Dezember 2001); gleichzeitig stellt er das gesamte System der Minderheitenförderung in Frage und kündigt die Entfernung der bereits bestehenden zweisprachigen Ortstafeln an.
Die demokratische Öffentlichkeit Österreichs hat vor Jahren den - auf dem Rücken der slowenischen Minderheit vollzogenen - Aufstieg Jörg Haiders in Kärnten so lange mit einer reaktionären Provinzposse verwechselt, bis sie nicht mehr auf Kärnten beschränkt war. Das sollte diesmal nicht passieren.
In der Überraschung über das vom Vorsitzenden des VfGH gegen sich selbst eingeleitete Amtsenthebungsverfahren soll nicht übersehen werden, dass ein anderes Verfahren überfällig ist: das gegen den Kärntner Landeshauptmann. Haider soll es sich nicht leisten können, die Bundesverfassung zu ignorieren, auf die er als Landeshauptmann angelobt ist. Eine österreichweite Kampagne mit dem Ziel der Amtsenthebung Jörg Haiders ist überfällig.
Marjeta Einspieler (KPÖ Klagenfurt/Celovec und Slowenische Sektion)
Christopher Frank (Parteigruppe Red:out!)
Sandra Innerwinkler (KSV Klagenfurt/Celovec)
Mirko Messner (Minderheitensprecher der KPÖ)