KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Bildungspolitik/ÖGB Urabstimmung (6)

Sparefroh rules


Es steht zu befürchten, dass dem bildungspolitischen Rückschritt mit Studiengebühren eine Vielzahl von Studierenden zum Opfer fallen wird.


Scheint so, als wären die Tage des Adlers als Bundeswappentier gezählt. Seinen Platz einzunehmen, macht sich der Sparefroh erbötig. Das Symbol freudloser Verzichtsethik regiert seit Anfang Oktober nun auch die Universitäten.
Nachdem die Banken den von der ÖH geplanten Boykott der Studiengebühren boykottiert haben, gelten seit dem eben begonnenen Wintersemester 5.000.- Schilling als halbjährliche Eintrittsgebühr in die Welt der Hochschulbildung. Dass damit – im Zusammenhang mit den noch unter der alten Koalition beschlossenen Streichungen von Kinderbeihilfe und Öffl-Freifahrt – die Grenze von universitärer Restriktion zur Prohibition überschritten wurde, ist evident. So lauthals sich die Regierung auf ominöse 70.000 Karteileichen beruft, die zu begraben es gelte, so klar offenbaren sich die dahinter liegenden Motive: Zu der umfassenden Demontage eines Sozialstaates europäischer Prägung gehört eben auch die Beseitigung der entsprechenden Bildungsstrukturen.
Deswegen fordert der ÖGB bei seiner Urabstimmung, die noch bis 15. Oktober läuft, unter Punkt 5 “eine schulische und berufliche Bildungsoffensive, um die Zukunftschancen Aller zu verbessern. Ziel ist: Ein offener Bildungszugang ohne soziale Barrieren.” Den Bereich der universitären Bildung wird die radikalmonetaristische Rosskur dieser Regierung aller Wahrscheinlichkeit nach in den Status der späten 60er Jahre zurück katapultieren. Damals dominierte auf den Hochschulen der – meist männliche – Nachwuchs einer Bildungs- und Geldelite.

Nun steht zu befürchten, dass dem bildungspolitischen Rückschritt mit Studiengebühren und dem so genannten Hochschulreformpaket zu allererst eine Vielzahl von Studierenden zum Opfer fallen wird, die sich während ihrer Studienzeit nur durch Gelegenheitsjobs und minimale Lebenshaltungskosten über Wasser halten konnten. Besonders hart wird es jene treffen, die, aus ländlichen Gebieten kommend, einen eigenen Haushalt in der Universitätsstadt aufrecht erhalten müssen. Dadurch wird ein Mechanismus in Gang gesetzt, der die Bildungschancen gleich zweifach ins Ungleichgewicht bringt. Auf der einen Seite steht die Diskriminierung ländlicher Bevölkerungsgruppen, wenig kaufkräftiger Schichten und darunter besonders von Frauen, in deren Bildung immer noch viel weniger investiert wird als in die Karriere von Männern. Auf der anderen Seite führt die Austrocknung der Universitäten zu einer Bevorzugung von Akademikerkindern im urbanen Bereich. Deren Vorteile resultieren aus Tradition, Infrastruktur und Finanzkraft. Womit der Gedanke der Bildungsgleichheit Kreisky’scher Prägung einer sozialdarwinistisch durchwachsenen Idee vom Staat “light” gewichen ist.

Selbst, wenn die aus dem Bildungsministerium kolportierten 70.000 “Schein”-Studierenden der Realität entsprechen würden, gibt es keinen Grund, sie qua Gebühren aus der Evidenz zu kippen. Schließlich nehmen sie durch ihr – aus welchem Grund auch immer – unterbrochenes Studium keine universitären Infrastrukturen in Anspruch, verursachen also keine Kosten. Es erhebt sich der Verdacht, dass es sich hier bloß um statistische Kosmetik handelt.
Die Bildungsungleichheit, die hier entsteht, lässt sich mit wenig Mühe auch in realen Summen ausdrücken: Wenn Studierende aus finanzschwachen Familien gezwungen sind, sich ihr Studium selbst zu erarbeiten, benötigen sie durch die Doppelbelastung dafür länger als Kinder besser situierter Familien, die ihr Studium in Mindestzeit durchziehen können. Jedes Semester beruflich bedingter Verzögerung kostet 5.000.- Schilling mehr, die wiederum erarbeitet werden müssen. Durch diesen Teufelskreis wird das Studieren für Reiche billiger, für Arme teurer.

Sollte die blauschwarze Koalition weiter in der Bildungsdefensive verharren, wird die Hochschule einer immer größeren Bevölkerungsmehrheit verschlossen bleiben. Wie den Menschen dieses Landes der in etlichen Jahren notwendige Bildungsimport erklärt werden soll, bleibt indes offen.


Stefan Peters


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