KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

"Der ÖGB ist wichtig, aber er muss sich ändern"



In der Kleinen Zeitung, Region Leoben, nimmt der Donawitzer GLB-Betriebsrat
Helmut Edlinger zu Fragen rund um die ÖGB-Urabstimmung Stellung. Helmut
Edlinger ist auch Mitglied des Landesvorstandes der steirischen KPÖ.

Schwere Zeiten für Betriebsräte. Die Kleine Zeitung wollte von Helmut
Edlinger, Arbeiterbetriebsrat in Donawitz, wissen, wie er die derzeitige
Lage beurteilt.

VON ANDREA SEEBACHER


Herr Edlinger, ÖGB und Betriebsräte sind durch die Machenschaften der
Postgewerkschafter ins Kreuzfeuer der Kritik gekommen. Wie sehen Sie als
Arbeiterbetriebsrat der Voest die Rolle des ÖGB?

EDLINGER: Ich bin seit über 20 Jahren als Arbeiterbetriebsrat des
Gewerkschaftlichen Linksblocks in Donawitz tätig. Mittlerweile der
dienstälteste Betriebsrat. Früher waren sich die Leute bewusster, was der
ÖGB sein sollte. Beim ÖGB wurde damals alles hart ausverhandelt. Heute gibt
es keine Sozialpartnerschaft mehr. Der ÖGB wird über Maßnahmen in Kenntnis
gesetzt, und diese Maßnahmen werden dann bestenfalls abgefedert. Mir ist der
ÖGB ganz einfach zu schwammig geworden. Ich werde jetzt öfter mit der
Aussage konfrontiert, der ÖGB sei ohnehin für nichts. Aber das stimmt so
nicht. Ich versuche den Leuten zu erklären, dass es nicht selbstverständlich
ist, dass sie Urlaubs- und Weihnachtsgeld bekommen. Sämtliche
Sozialleistungen wurden vom ÖGB ausverhandelt.

Sie sagen ja selbst, dass Ihnen der ÖGB zu schwammig geworden ist. Was soll
sich in der Gewerkschaft ändern?

EDLINGER: Der ÖGB muss sich zu seinen Wurzeln zurückentwickeln, er muss
wieder kämpferischer werden. Auch bei den Gehältern und Löhnen muss sich
etwas ändern. Ein ÖGB-Angestellter darf maximal das Doppelte eines
durchschnittlichen Angestellten verdienen. Aber keinesfalls in diesen Höhen,
wo die Löhne jetzt angesiedelt sind. Die Funktionäre des ÖGB haben ganz
einfach den Kontakt zur Basis verloren. Sie haben überhaupt keine
Vorstellungskraft mehr, was es für einen Arbeiter mit 20.000 Schilling
Gehalt heißt, mit einer zwei- oder dreiköpfigen Familie, in der die Frau
nicht dazuverdienen kann, zu leben. Da muss sich unbedingt etwas ändern. Wir
brauchen auch keine Fraktionen innerhalb der Gewerkschaft. In letzter Zeit
höre ich oft die Drohung: ,Ich trete aus der Gewerkschaft aus!'

Was sagen Sie, der Sie von der Notwendigkeit der Gewerkschaft so überzeugt
sind, den Austrittshungrigen?

EDLINGER: Ich erkläre ihnen, dass dies mit Sicherheit der falsche Weg ist.
Es kann nur heißen: Jetzt erst recht. Aber neue Mitglieder zu werben, ist im
Augenblick ein sehr schweres Unterfangen.

Mit welchen Sorgen werden Sie als Mann der Basis konfrontiert?

EDLINGER: Ältere Arbeitnehmer machen sich Sorgen über das Pensionsalter. Man
muss sich vorstellen, das sind Leute, die seit ihrem Schulaustritt, also
schon 35, 40 Jahre beim Hochofen arbeiten und dann vielleicht noch zehn
Jahre schöpf'n sollen. Bei den Jüngeren ist es die Frage, wie es weitergehen
wird mit Donawitz. Obwohl Donawitz wirklich sehr gut da steht. Früher waren
es beispielsweise Wohnprobleme. Heute sind die Leute mit Wohnungen versorgt.
Das Problem ist jetzt so gelagert, dass sich Leute große Wohnungen nicht
mehr leisten können. Dann kommen sie zu mir, ob ich nicht eine billigere
weiß. Viele kommen auch mit Fragen bezüglich Rentenverrechnung,
Sozialversicherung oder wegen eines Lohnsteuerausgleichs. Es sind auch immer
wieder Dinge dabei, über die man sich selbst informieren muss, aber ich weiß
eben, wo ich diese Informationen bekomme. Ich versprechen den Leuten nichts,
aber ich versuche, immer zu helfen, ganz egal welcher Partei die Leute
angehören.

Das klingt ja sehr idealistisch.

EDLINGER: Ja, Idealismus ist als Betriebsrat sehr wichtig, denn Vorteile hat
man in dieser Funktion keine. Man muss Freude haben, mit Leuten zu reden.
Positiv sind auch die Angebote der Weiterbildung, obwohl ich der Meinung
bin, dass drei Wochen Bildungsfreistellung innerhalb einer Periode von vier
Jahren zu wenig sind. Es ändert sich vieles so schnell. Finanzielle Einbußen
hat man als Betriebsrat aber keine. Ich verdiene gleich viel wie die übrigen
Arbeiter, aber auch keinen Schilling mehr. Es ist aber keine unbedankte
Arbeit.

Und wie sehen Sie den Kündigungsschutz für Betriebsräte, der in den letzten
Diskussionen auch angezogen wurde?

EDLINGER: Kündigungsschutz ist auf alle Fälle wichtig. Hätte ich einen
solchen nicht gehabt, hätte ich meine Arbeit schon verloren. Ich bin der
Auffassung, dass dieser auch weiterhin notwendig ist.

Gibt es noch junge Leute, die Betriebsrat werden möchten?

EDLINGER: Es ist sehr schwierig, junge Betriebsräte zu bekommen, weil der
Idealismus weg ist, und die Leute verlernt haben, um ihre Rechte zu kämpfen.
Dass sich die Arbeiter so entwickelt haben, daran sind die Sozialdemokraten
nicht unschuldig. Sie haben immer gesagt: ,Ihr braucht uns nur zu wählen,
alles andere machen wir.'


Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links