KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Memorandum der KPÖ

Existenzsichernde Arbeit - existenzsichernde Pensionen!

Wir lassen uns das Sozialversicherungssystem nicht zerschlagen !

Die Bildung einer schwarz-blauen Regierung bedeutet einen weiteren großen Schritt in der Durchsetzung neoliberaler und sozialreaktionärer Dogmen in der österreichischen Wirtschafts- und Sozialpolitik.

Das Koalitionsabkommen sieht Steuererhöhungen von etwa 10 Mrd. Schilling vor (darunter die Energie-, die motorbezogene Versicherungs- und die Tabaksteuer). Gleichzeitig werden die Unternehmer von sozialen u.a. Abgaben im Ausmaß von über 20 Mrd. Schilling entlastet (Reduzierung der Arbeitgeberbeiträge zur Unfall- und Arbeitslosenversicherung, sowie zum Insolvenzgeldausgleichsfond, Aliquotierung des Urlaubs u.a.). Soziale Leistungen, für die die Versicherten Jahrzehnte eingezahlt haben, sollen um viele Milliarden Schilling reduziert werden, darunter auch durch Selbstbehalte beim Arztbesuch.

Vor allem aber sieht das Koalitionsabkommen eine Reduzierung des Bundesbeitrags zu den Pensionen um 15 Mrd. Schilling vor, was eine neuerliche Gegenreform in der Pensionsversicherung einleitet, obwohl die seit 1.1.2000 geltenden Verschlechterungen noch gar nicht wirksam geworden sind: Das gesetzliche Pensionsantrittsalter für die vorzeitige Alterspension soll bis 2002 um 1,5 Jahre für Männer und Frauen angehoben werden und wer vor dem gesetzlichen Regelpensionsalter von 65 bzw. 60 Jahren in Pension geht oder gehen muß, wird in den nächsten ein bis zwei Jahren mit Pensionsabschlägen von bis zu 20 Prozent(!) konfrontiert, falls sich die schwarz-blauen Absichten durchsetzen. Danach sollen Pensionsabschläge von 11,5 Prozent für FrühpensionistInnen mit 61,5 bzw. 56,5 Jahren gelten.

Das ist eine weitere Verschlechterung gegenüber der erst seit wenigen Monaten in Kraft gesetzten Reform , bei der Abschläge von 10 Prozent bei einem Pensionsantritt mit 60 bzw. 55 Jahren gilt. Obwohl wegen der hohen Arbeitslosigkeit eigentlich eine Verkürzung der Arbeitszeit einschließlich der Lebensarbeitszeit auf der Tagesordnung stünde, soll jetzt länger gearbeitet, weniger verdient und weniger Pension bezogen werden.

Die Pensionsgegenreform stellt also neben den anderen Belastungen ein Kernstück der sozialreaktionären Offensive dar. Sie zielt darauf ab eine Systemänderung im Sozialsystem im neoliberalen Sinne durchzusetzen. Die VP-FP-Regierung baut dabei allerdings auf Maßnahmen auf, die bereits von der SP-VP-Regierung durchgeführt wurden, bzw. im gescheiterten SP-VP-Koalitionspakt vom 20.1.2000 vorgesehen waren und in die gleiche Richtung zielten.

Sachzwang Budgetpolitik?

Das alles wird sowohl von der alten als auch von der neuen Regierung mit der Notwendigkeit einer dramatischen Budgetsanierung begründet. Tatsache ist allerdings, daß das Budgetdefizit im Verhältnis zum Bruttoinlandsprodukt (BIP) laut der Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts vom Jänner 2000 in den nächsten angeblich so kritischen Jahren sinken wird. Und zwar von 2,2 Prozent (2000) auf 1,8 Prozent (2002) und auf 1,5 Prozent (2004), und das ohne weitere Belastungspakete.

Die unsozialen Belastungspakete der Jahre 96/97 haben bereits dazu geführt, daß das Budgetdefizit (gemessen am BIP) ständig sinkt (weil vor allem die Sozialausgaben gemessen am BIP ständig sinken). Der Grund, warum in der Öffentlichkeit jetzt eine derartige Budgetpanik inszeniert wurde, besteht darin, daß sich Österreich gegenüber der EU verpflichtet hat, bereits bis zum Jahr 2002 das Budgetdefizit auf 1,4 Prozent des BIP zu verringern. Das hängt mit der Einführung des Euro zusammen, vor dem KPÖ und GLB von Anfang an gewarnt haben.

Es fehlen also aus dieser politischen Verpflichtung gegenüber der EU 0,4 Prozentpunkte. Der ganze Zirkus dreht sich darum, daß das Defizit angeblich um 0,4 Prozentpunkte zu langsam sinkt. Dafür gibt es aber keinen ökonomischen Sachzwang . Im übrigen könnte das Problem rasch und wirksam behoben werden, wenn einige besonders krasse Unternehmersteuer-Begünstigungen der Steuerreform 1993/1994 zurückgenommen würden, die Vermögensteuer auf große Vermögen wiedereingeführt, die Zinserträge großer Vermögen zur Einkommensteuer herangezogen, die Profitbesteuerung auf das Durchschnittsniveau in der EU herangeführt, die Spekulationssteuer eingeführt und auf zusätzliche militärische Aufwendungen verzichtet wird.

Reduzierung der Arbeitslosigkeit durch NAP - kein Sachzwang

Eine andere Verpflichtung, die die Regierung 1998 eingegangen ist, wird weit weniger rigoros, d.h. überhaupt nicht eingehalten. Es handelt sich um das im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung (NAP) vorgesehene Ziel, bis zum Jahr 2002 die Arbeitslosenrate von 4,5 Prozent auf 3,5 Prozent (nach EU-Berechnung) zu senken. Derselben bereits genannten Prognose des Wirtschaftsforschungsinstituts ist zu entnehmen, daß die Arbeitslosenrate 2002 3,9 Prozent betragen wird. Es fehlen also zur Verwirklichung des Zieles 0,4 Prozentpunkte. Wie wenig aber diese 0,4 Prozentpunkte wiegen, zeigt sich am Regierungsprogramm: Es gibt keine einzige Maßnahme, die die versprochene Senkung der Arbeitslosigkeit bewirken könnte. Mehr noch. Dem Arbeitsmarktservice und der Arbeitslosenversicherung werden Milliardenbeträge entzogen, im öffentlichen Dienst sollen an die 10.000 Stellen gestrichen dafür aber Langzeitarbeitslose für einen Bettel zwangsverpflichtet werden.

Wenn es der Regierung mit der langfristigen Sicherung der Pensionen ernst wäre, müßte sie in Wirklichkeit alles tun, um das Beschäftigungsniveau zu heben, die Arbeitslosigkeit derart zu verringern, daß eine neue Vollbeschäftigung erreicht wird. Denn die Sozialversicherungsbeiträge der Arbeitenden sind die größte Sicherheit für das Pensionssystem.

Das VP-FP-Regierungsprogramm bewirkt allerdings das Gegenteil. Die Arbeiterkammer schätzt, daß in dessen Ergebnis 12.000 Stellen weg und 30.000 Arbeitslose mehr sein werden.

Pensionsgegenreform als Geldbeschaffungsaktion für den Euro

Die von der schwarz-blauen Regierung angekündigten und bereits vorher im SP-VP-Koalitionsabkommen vorgesehenen Maßnahmen zur Verschlechterung des Pensionsrechts sollen Einsparungen beim Bundeszuschuß zur Pensionsversicherung von 15 Mrd. Schilling jährlich ab 2004 ergeben. Der Bundeszuschuß soll nämlich bis dahin laut Prognose des Pensionsbeirats von 65 Mrd. (2000) auf 90 Mrd. also um 25 Mrd. anwachsen.

Alle Experten geben aber zu, daß diese Entwicklung nicht Ausdruck der Unfinanzierbarkeit des bisherigen Pensionssystems ist. Vielmehr plant die VP-FP- Regierung (ebenso wie die geplatzte SP-VP-Koalition) einen weiteren Rückzug des Staates aus der sozialen Verantwortung. Und zwar einzig und allein zum Zweck einer Geldbeschaffungsaktion um die Budgetverpflichtungen gegenüber der EU einzuhalten (das sind die sogenannten Stabilitäts- und Konvergenz -Kriterien, die vor der Einführung der Einheitswährung Euro beschlossen wurden).

Die PensionistInnen und zukünftigen PensionistInnen (und das sind wir alle) werden also unmittelbar zur Finanzierung des Euro herangezogen, über dessen Einführung sie weder gefragt wurden noch mitbestimmen konnten. Es ist unerträglich und unzumutbar, daß das Pensionsrecht jeweils nach Kassenlage zurechtgebogen wird.

Rückläufiger Bundesbeitrag zu den Pensionen

Noch am 8. Jänner 2000 veröffentlichte der Standard unter dem Titel Kein unmittelbarer Anlaß für einen Pensionsalarm ein Interview mit den PensionsexpertInnen des Wirtschaftsforschungsinstitutes Alois Guger und Christine Mayrhuber. Darin erklären diese wörtlich: Obwohl in den nächsten zwei, drei Jahren noch einige starke Jahrgänge in das Frühpensionsalter eintreten und für regelmäßige Alarmmeldung stark steigender Pensionszahlungen sorgen werden, gibt es für einen Pensionsalarm keinen unmittelbaren Anlaß. Denn aus demografischer Sicht ergeben sich im nächsten Jahrzehnt keine dramatischen Änderungen.

Im einzelnen erläutern die genannten Experten, daß der Anteil des Bundeszuschusses zur Pensionsversicherung insgesamt in den letzten zehn Jahren von 30 Prozent im Jahr 1988 (ein vorher nur in den 60er bis Mitte der 70er übertroffener und nachher nicht mehr erreichter Spitzenwert) auf 23,4 Prozent im Jahr 1998 zurückgegangen ist.

Dabei ging der Bundesbeitrages zu den Pensionen der Unselbständigen von 22,6 Prozent auf 15,8 Prozent zurück, während er bei den Selbständigen über zwei Drittel der Pensionsleistungen beträgt.

Ausgangpunkt des Pensionsversicherungssystems in Österreich (mit der Einführung des ASVG 1955) war die sogenannte Drittelfinanzierung: Je ein Drittel zahlen die ArbeiterInnen und Angestellten selbst, ein Drittel die Dienstgeber und ein Drittel der Staat. Der Staat hat diese Drittelverpflichtung für die Unselbstständigen allerdings nie erfüllt, sondern sich auf die Ausfallshaftung beschränkt. Seit Ende der 80er Jahre sinkt sein Anteil an der gesamten Pensionsfinanzierung ständig.

Die Wirkungen der Gegenreformen der 90er Jahre im Pensionssystem

Nun ist es richtig, daß trotz dieses relativ sinkenden Anteils die staatlichen Pensionszuschüsse absolut steigen. Dafür ist der Umstand verantwortlich, daß die Erwerbsbiografien der jetzt in Pension gehenden Generationen relativ geschlossen sind und daher höhere Pensionen (bzw. Nettoersatzraten gemessen am Aktivbezug) beziehen als früher. Dieser Tendenz haben aber die bisherigen Pensionsverschlechterungen bereits entgegen gewirkt. So wird z.B. nicht mehr die Entwicklung der Bruttobezüge der Aktiven, sondern die der Nettobezüge als Grundlage der Pensionsanpassungen zugrunde gelegt, u.a. wird auch die Arbeitslosenrate einbezogen, in einigen der letzten Jahre lagen die Pensionsanpassungen sogar unter der Inflationsrate. Für Frühpensions-AnwärterInnen wurde die Zahl der besten Jahre von 15 auf 18 ausgeweitet, die Anwartschaft auf die Frühpension von 35 auf 37,5 Versicherungsjahre angehoben und Abschläge für Frühpensionisten bis zu 10 Prozent vorgenommen. Schon früher wurden die (meist besten) Letztbezüge als Bemessungsgrundlage und die Schul- und Studienzeiten als Ersatzzeiten gestrichen.

Die durchschnittlichen Pensionen sind (wegen der niedrigen Löhne und Gehälter) aber nach wie vor relativ gering. Die durchschnittliche Alterspension der Männer im ASVG beträgt 15.000.- Schilling, die der Frauen 8779.-, die der Arbeiter 12.374.-, die der Arbeiterinnen aber nur 6582.-.

Der Durchschnitt aller Alterspensionen beträgt 11.493.- (Zahlen des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger für Dez. 1998).

Der Ausgleichszulagenrichtsatz beträgt seit 1.1.2000 für Alleinstehende 8.312.- Schilling, für Ehepaare 11.859.-.

Frauen haben generell nach wie vor wesentlich geringere Pensionen und sind zum Teil noch immer vom Pensionsanspruch des Mannes oder Lebensgefährten abhängig. Von den knapp über eine Million Frauen über 60 Jahre hatten 1995 17 Prozent keine und 24 Prozent nur eine Witwenpension. (Kurswechsel Nr. 3/98, S.63)

Staat und Unternehmer tragen immer weniger zur sozialen Sicherheit bei

Die in absoluten Zahlen angewachsenen Bundeszuschüsse zur Pensionsversicherung sind durch Abschöpfung der Arbeitslosenversicherung finanziert worden. So betrugen die Überweisungen der Arbeitslosenversicherung in die Pensionsversicherung 1995 5,1 Mrd. Schilling, 1999 aber bereits fast 13 Mrd. Schilling. Die Verpflichtung des Staates die Pensionen abzusichern wird nicht aus allgemeinen Steuermitteln, sondern durch Umverteilung aus anderen Sozialversicherungstöpfen finanziert, die von den ArbeiterInnen und Angestellten mit ihren Beiträgen gespeist werden. Ebenso versicherungsfremde Ersatzzeiten wie z.B. für Wehrdienst und Zivildienst.

Das WIFO kommt zu dem Schluß (Monatsberichte 9/99), daß der staatliche, steuerfinanzierte Anteil der Sozialausgaben langfristig sinkt. Und zwar von 37 Prozent (1980) auf 34,6 Prozent (1997).

Gleichzeitig ist im selben Zeitraum auch der Anteil der privaten Unternehmer an der Finanzierung der Sozialleistungen gesunken: von 34 Prozent auf 31,8 Prozent, der Anteil der Arbeitnehmerbeiträge aber von 19 Prozent auf 22,5 Prozent gestiegen.

Die ArbeiterInnen und Angestellten unseres Landes bezahlen also ihre soziale Sicherheit, insbesonders auch das Pensionssystem in wachsendem Ausmaß selber. Der Anteil der privaten und öffentlichen Arbeitgeber an der Finanzierung des Sozialsystems liegt sogar um 1,6 Prozentpunkte unter dem EU-Durchschnitt, der Anteil der ArbeitnehmerInnen um 4,5 Prozentpunkte darüber (WIFO, 9/99).

Das ist der wirkliche Hintergrund des ganzen Gejammers über die angeblich so unerträglich hohen Lohnnebenkosten (und das sind u.a. die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung).

Die schwarz-blaue Regierung will diese Lohnnebenkosten nun um weitere 15 Mrd. Schilling jährlich senken (Der SP-VP-Koalitionspakt hielt bei 12 Mrd.). Allein in die Töpfe der Sozialversicherung sollen um 8,5 Mrd. Schilling (darunter in die Arbeitslosenversicherung um 3,5 Mrd.) weniger fließen. Der Effekt ist klar und beabsichtigt: Der Beitrag der Unternehmer zur sozialen Sicherheit soll weiter sinken. So stellt sich die FPÖ den Schutz der kleinen Leute vor.

Anteil der Bundeszuschüsse zur Pensionsversicherung am Budget stabil

Es stimmt nicht, daß die Pensionszuschüsse des Bundes zur Sozialversicherung das Budget außergewöhnlich belasten oder gar Ursache für wachsende Defizite sind. 1997 betrug beispielweise der Anteil der Zuschüsse zur Pensionsversicherung am Budget 6,9 Prozent, im Jahr 1999 7,8 Prozent. Dieser eher geringe relative Anstieg in drei Jahren kommt aber überhaupt nur deshalb zustande, weil das Budget 1997/98 ausgabenseitig um fast 80 Mrd. S. reduziert wurde.

Der Bundesbeitrag zur Pensionsversicherung stieg von 52,3 Mrd.im Jahr 1995 auf 63 Mrd. im Jahr 1999. (Ohne Beiträge an den Ausgleichsfond der Pensionsversicherungsträger, die aus der Arbeitslosenversicherung finanziert werden und ohne Bundesbeiträge zu den Ausgleichszulagen).

Das ist zwar ein Zuwachs von 10 Mrd. Schilling oder um 20 Prozent in fünf Jahren. Im gleichen Zeitraum sind aber die Nettoeinnahmen des Bundes (Steuereinnahmen nach Abzug der Anteile von Ländern und Gemeinden sowie des EU-Mitgliedsbeitrages) um 111 Mrd. oder um 32 Prozent gestiegen. Längerfristig ist der Anteil der Budgetmittel für die Pensionsversicherung an den Gesamtausgaben des Bundes stabil.

Er betrug zwischen 1990 und 1999 um die 8 Prozent.

WIFO weist nach: Sozialquote sinkt

Die absoluten Zuwächse der Leistungen der Pensionsversicherung, sowie der Budgetmittel zur Pensionsversicherung sind allerdings wenig aussagekräftig, setzt man sie nicht in Bezug zu gesamtwirtschaftlichen Daten.

Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, daß der Sozialversicherung insbesondere der Pensionsversicherung nicht ein demogafisches Problem droht, sondern ein verteilungspolitisches.

Die Sozialquote (alle Sozialausgaben) gemessen am BIP hat sich langfristig von etwa 16 Prozent (1955) auf 26,6 Prozent(1980) und auf 29,8 Prozent (1995) entwickelt. Es gibt keine Anzeichen dafür, daß in all diesen Jahren der zunehmenden Sozialquote der Kapitalismus in Österreich zusammengebrochen wäre, auch ist Österreich weder in seiner wirtschaftlichen Entwicklung gegenüber vergleichbaren Ländern zurückgeblieben, noch haben die Unternehmer keine wachsenden Profite gemacht. Im Gegenteil.

Seit Beginn der 80er Jahre sinkt der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen, d.h an der gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung, ständig, was bedeutet, daß der Anteil der Profite ebenso ständig steigt.

In der bereits genannten Studie des WIFO (Monatsberichte 9/99, S.651) wird nun festgehalten, daß die Sozialquote seit Mitte der 90er Jahre rückläufig ist.

Das Sinken der Sozialquote seit 1995 zeigt an, daß das Profitwachstum aus dem Sozialabbau zusätzlich gespeist wird.

Können wir uns das Sozialsystem nicht mehr leisten?

Der Anteil der Pensionsleistungen aus dem Pensionsversicherungssystem am BIP stagnierte in den 90er Jahren bei 11 Prozent, der Anteil des Bundesbeitrages zur Pensionsversicherung seit 1995 bei 2,2 Prozent (WIFO-Monatsberichte 9/99). Zu Beginn der 90er Jahre betrug er noch 2,9 Prozent. Unter Einrechnung der Pensionen des öffentlichen Dienstes weist das volkswirtschaftliche Pensionskonto (Anteil aller Pensionen am BIP) seit 1985 sogar eine sinkende Tendenz auf (WISO Nr 3/99).

Es stimmt daher auch nicht, daß die Ausgaben für die Alterssicherung die Wirtschaftsleistung des Landes übermäßig beanspruchen. Ganz abgesehen von der Menschenfeindlichkeit dieser Problemstellung . Aber genau das wird mit der Behauptung unterstellt, die PensionistInnen fräßen die Jüngeren auf, der sogenannte Generationenvertrag sei gefährdet.

Die Ausgaben für die Alterssicherung sind in Österreich bisher lediglich im Ausmaß der gesamten Wirtschaftsleistung gewachsen. Nachdem in den 90er Jahren der Anteil der Alterssicherung an den gesamten Sozialausgaben mit 38 Prozent (WIFO 9/99) ebenfalls stagnierte, haben diese auch keinen überproportionalen Anteil am Ansteigen der Sozialquote bis 1995 gehabt.

Kurz und gut, zieht man gesamtwirtschaftliche Daten heran, wird deutlich, daß die Behauptung, wir könnten uns das System der sozialen Sicherheit im allgemeinen und das der Altersicherung im besonderen nicht oder nicht mehr leisten, absurd ist.

Wertschöpfungsabgabe unverzichtbar

Anders schaut es aus, wenn man sich die Grundlagen der Beitragserstellung vor Augen führt. Die Beiträge der ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen zur Pensionsversicherung basieren, wie auch die anderen Beiträge zur Sozialversicherung auf fixen Prozentsätzen auf die Lohnsumme. Diese geht aber, wie schon erwähnt, anteilsmäßig am Volkseinkommen zurück.

Die wachsende Produktivität kam in den letzten Jahren fast ausschließlich den Unternehmerprofiten zugute, die absolut und relativ gesehen rascher wuchsen. Profite werden aber, ganz abgesehen von der in Österreich lächerlich geringen Besteuerung, zur Absicherung sozialer Anforderungen nicht herangezogen. Die Reallöhne stagnieren und werden trotzdem steuerlich und durch Sozialabgaben stärker belastet.

Dazu kommt, daß die in den 90er Jahren dramatisch angewachsene Arbeitslosigkeit und die prekären Arbeitsverhältnisse das Wachstum des Beitragsvolumens zusätzlich bremsen.

Dieses in der Tendenz strukturelle Defizit kann nur durch die Umstellung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozial- und Pensionsversicherung auf eine Wertschöpfungsbasis entgegengewirkt werden, wie das der ehemalige Sozialminister Dallinger bereits in den 80er Jahren vorgeschlagen hat. Das würde bedeuten, daß nicht nur die Lohnsumme, sondern auch die anderen Bestandteile der Bruttowertschöpfung eines Unternehmens wie Abschreibungen, Gewinne, Kreditzinsen, Mieten und Pachten, sowie Sozialkosten und Steuern als Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge einbezogen würden. Das würde auch kapitalintensive Unternehmen und die Rationalisierungsgewinne stärker heranziehen.

Es geht also um Fragen der gesamtgesellschaftlichen Verteilung und Umverteilung zwischen dem Kapital auf der einen, den Arbeitenden und den PensionistInnen auf der anderen Seite und nicht um eine angeblich drohende demografische Katastrophe, die uns der zivilisatorische Fortschritt in der Gestalt höherer Lebenserwartung beschert.

Droht eine demografische Katastrophe ?

Nimmt man die demografische Entwicklung der letzten Jahrzehnte, hätte sich die von den Totengräbern der öffentlichen Pensionsversicherung für die Zukunft prognostierte Katastrophe bereits ereignen müssen. Denn erstens stieg seit 1970 die Lebenserwartung für Männer von 66 Jahren auf knapp 75 und die der Frauen von 73,4 auf 81 Jahre. Zweitens entwickelte sich schon bisher die sogenannte Pensionsbelastungsquote von 469 Pensionisten auf je 1000 Beitragszahler im Jahr 1978 auf 592 im Jahr 1998. (Wiener Zeitung 2.8.99). Und drittens ist die Pensionserwartung, also die Zeit, in der PensionistInnen tatsächlich ihre Pension genießen können, seit 1970 von 4,6 Jahren auf 16,5 Jahren für Männer und von 13 auf 24,2 Jahren für Frauen gestiegen (Wr.Ztg.,10.1.2000).

Eine dramatischere Entwicklung als in diesen 30 Jahren ist für die nächsten 30 Jahre für alle diese Komponenten gleichzeitig kaum zu erwarten. Ein weiterer Anstieg der Lebenserwartung um 10 Jahre ist vielleicht bis zum Jahr 2050 möglich (Kurswechsel 3/98 S.43).

Das öffentliche Pensionsversicherungssystem auf der Grundlage des Umlageverfahrens (die Beiträge der Aktiven finanzieren direkt die Pensionen) hat sich aber in den vergangegen 30 Jahren als stabil erwiesen, die Eigenfinanzierungsquote ist in den letzten 20 Jahren um 10 Prozentpunkte auf 84,2 Prozent gestiegen und kann sich, wie auch das gesamte System der sozialen Sicherheit, weiter behaupten. Nicht zuletzt, weil das Verhältnis zwischen erwerbsfähiger und zu erhaltender Bevölkerung (PensionistInnen und Jugendliche insgesamt) langfristig stabil ist (Kurswechsel 3/98 S.72).

Für die letzten 20 Jahre ist diese demografische Belastungsquote sogar stark rückläufig und auch das Verhältnis zwischen Erwerbstätigen und Nichtbeschäftigten ist leicht gesunken (WIFO- Monatsberichte 7/97, S.615). Die Erwerbsquote der erwerbsfähigen Bevölkerung zwischen 15 und 60 Jahren ist in den letzten 30 Jahren von 67,8 Prozent auf fast 75 Prozent gestiegen.

Die für die Finanzierung der Pensionen letztlich ausschlaggebende Zahl der beitragszahlenden Berufstätigen ist durch die Wirtschaftspolitik beeinflußbar.

Die finanziellen Erfordernisse, die durch die tatsächlichen demografischen Verschiebungen der nächsten Jahrzehnte zu erwarten sind, vor allem zwischen der Zahl der Berufstätigen und der Zahl der PensionistInnen, sind durch neue gesellschaftliche Verteilungsrelationen zwischen Kapital und Arbeit, siehe Wertschöpfungsabgabe, lösbar. Umgekehrt: Ohne Wertschöpfungsabgabe wird das System der sozialen Sicherheit in eine langfristige Finanzierungskrise gestürzt oder auf eine Restfunktion abgedrängt.

Das WIFO hält in einer Studie fest: Eine Wertschöpfungsabgabe hat mit hoher Wahrscheinlichkeit den Vorteil der langfristigen größeren Ergiebigkeit, da unter den Bedingungen zunehmender Globalisierung weiterhin von einem leicht sinkenden Lohnanteil an der Wertschöpfung auszugehen ist. Im Zeitraum 1980/93 wuchs die Wertschöpfung um etwa 13 Prozentpunkte rascher als die Lohn- und Gehaltssumme. (Monatsberichte 9/97)

Die Profite von heute - die Pensionen von morgen ?

Letztlich steckt hinter dem Argument, daß eine stark wachsende Zahl von PensionistInnen im Verhältnis zu den Berufstätigen, wie sie ab dem Jahr 2010 erwartet wird, nicht zu den bisherigen sondern nur zu wesentlich schlechteren Bedingungen erhalten werden kann, eine unbewiesene Behauptung. Diese besagt, daß in einer Gesellschaft für die Lebensbedürfnisse der Menschen nur eine bestimmte Summe - Löhne, Sozialleistungen und Pensionen - zur Verfügung stehen könne. Ein Zuwachs sei ausschließlich durch das Wirtschaftswachtum möglich. Dieses aber sei letztlich durch die Einkünfte des Kapitals, den Profiten bestimmt. Die Profite von heute seien die Investitionen, Arbeitsplätze und Arbeitseinkommen und damit die Pensionen von morgen.

Diese Behauptungen von gestern sind durch die reale Entwicklung der kapitalistischen Wirtschaft von heute widerlegt.

Profite werden immer weniger in reale Neuinvestitionen und damit in Arbeitplätze gesteckt, sondern in spekulative Anlagen und in Firmenaufkäufe. Immer weniger Menschen haben Anteil am Produktivitäts- und Wirtschaftswachstum und die Pensionen werden trotz des wachsenden gesellschaftlichen Reichtums in Frage gestellt. Ein Kern des neoliberalen Umbaus der kapitalistischen Gesellschaft besteht gerade darin, Löhne und Sozialleistungen vom Wirtschaftswachstum abzukoppeln.

Klar ist, daß eine solche Verteilungs- und Wirtschaftsordnung eine soziale Altersicherung nicht bewerkstelligen kann. Und deshalb wird immer wieder verkündet: Entweder stabile Pensionen und weniger Gehalt oder stabile Einkommen der Aktiven, aber dann weniger Pensionen. Wirtschafts-, Produktivitäts- und Profitwachstum werden dabei grundsätzlich ausgeklammert.

Solange die Verhältniszahl der Senioren zu den berufstätigen Menschen langsamer steigt als die Produktivität der Berufstätigen , handelt es sich eigentlich um kein demografisches Problem, sondern um ein Verteilungsproblem , so Hans Sallmutter, Präsident des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger in der Wiener Zeitung vom 2.8.99.

Während heute je 1000 Berufstätige um ein Viertel mehr PensionistInnen erhalten als vor 20 Jahren, ist das reale BIP pro Erwerbstätigen, also die gesamtwirtschaftliche Produktivität im selben Zeitraum um 55 Prozent, also um mehr als das doppelte des Zuwachses der Pensionsbelastungsquote gestiegen.

Sind die FrühpensionistInnen schuld ?

Nun ist es eine Tatsache, daß immer mehr Menschen nicht nur in Frühpension , also vor dem gesetzlichen Regelpensionsalter von 65 bzw.60 Jahren, sondern auch schon vor dem gesetzlichen Pensionsantrittsalter von 60 bzw. 55 Jahren in Pension gehen. Es handelt sich aber dabei um gänzlich verschiedene Sachverhalte und gilt in erster Linie für Männer. So beträgt deren faktisches Pensionsantrittsalter im Durchschnitt 58,2 Jahre (einschließlich des öffentlichen Diensts). Bei den Frauen liegt es bei 56,7 Jahren, also über dem derzeitigen gesetzlichen Pensionsantrittsalter von 55 Jahren (Wr,Ztg.10.1.2000).

Mehr Menschen als früher können in die normale Frühpension , in die vorzeitige Alterspension gehen, weil sie eine durchgehende Erwerbsbiografie haben, also ihr Leben lang gearbeitet haben und hohe Versicherungs- und Beitragszeiten aufweisen. Deshalb sind auch nicht mehr über 40 Prozent der über 60 Jährigen erwerbstätig, wie noch vor 40 Jahren, sondern nur mehr 9,5 Prozent. Jede Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters verlängert auf kaltem Weg für diese die Lebensarbeitszeit, ohne daß sie deshalb in der Pension besser gestellt würden, im Gegenteil, sie werden massiv verlieren.

Die Inanspruchnahme der Frühpension ist ein erkämpftes Recht und gleicht den wesentlich intensiver gewordenen Leistungsdruck und Arbeitsstreß während des gesamten Arbeitslebens aus. Für Frauen ist dieses Recht noch lange nicht gegeben, wie die obigen Zahlen beweisen.

Ein Ausdruck dieser Entwicklung ist auch die wachsende Zahl von Invaliditäts- und Berufsunfähigkeitspensionen. Immer weniger Menschen erreichen trotz wachsender Lebenserwartung die normale Alters-, ja nicht einmal die Frühpension . Sie sind Opfer der immer unmenschlicher werdenden Belastungen am Arbeitsplatz.

Vor gar nicht so langer Zeit forderte deshalb der ÖGB noch Pensionen von 80 Prozent der Bemessungsgrundlage bei Vorliegen von mindestens 35 Versicherungsjahren für alle ASVG-Versicherten (12.ÖGB-Kongress 1991).

Gleichzeitig werden immer mehr ältere Beschäftigte wegen der hohen Arbeitslosigkeit in die industrielle Reservearmee abgedrängt. So ist die Arbeitslosenquote der über 50-jährigen zwischen 1996 und 1999 von 16,6 Prozent auf 22,2 Prozent gestiegen. 54 Prozent der FrühpensionistInnen sind derzeit vor dem Pensionsantritt arbeitslos. Zählt man noch die Zahl der InvaliditätspensionistInnen dazu, dann gehen zwei Drittel der PensionistInnen nicht freiwillig in Frühpension .

Gerade diese werden aber durch die Pläne der blau-schwarzen Regierung durch das verschärfte Abschlagsystem doppelt bestraft. Sie haben die geringsten Pensionen und die höchsten Abschläge.

Einen besoneren Trick hat sich die Regierung mit den Menschen ausgedacht, die bereits 45 Jahre ununterbrochen arbeiten und Pensionsbeiträge zahlen. Für diese soll die Anhebung des Pensionsantrittsalters ganz im Sinne von Haiders Fleißigen und Tüchtigen nicht gelten. Von den jährlich über 75.000 Pensionsneuzugängen bringen es aber vielleicht 500 Männer im 60 Lebensjahr auf 45 ununterbrochene Beitragsjahre! Und für Frauen mit 55 sind 40 Beitragsjahre ebenfall utopisch (Analyse des FP-VP -Regierungsprogramms, AK 16.2.2000). Gehören die restlichen 99 Prozent Pensionsneuzugänge aber zu den Tachinierern? Kann man noch zynischer mit den arbeitenden Menschen umgehen?

Das Problem des faktischen unterhalb des gesetzlichen Pensionsantrittsalters ist nicht auf bürokratischem Weg, sondern nur durch gravierende Änderungen in der Arbeitswelt und durch eine Rückkehr zu einer Politik der Vollbeschäftigung lösbar. Die Abschaffung des Rechts auf die normale Frühpension stellt aber einen nachhaltigen Eingriff in erkämpfte soziale Recht dar und ist durch nichts, schon gar nicht aus finanziellen Problemen oder Zwängen des Pensionssystems oder wegen höherer Lebenserwartung zu rechtfertigen.

Pensionen im öffentlichen Dienst

Von den ca.1,9 Million Menschen in Österreich die zumindest eine Pension beziehen sind etwa 237.000, die eine Beamtenpension erhalten. Davon sind allerdings nach Ausgliederung von Bahn und Post nur etwa 50.000 Pensionsbezieher des Bundes. Dazu kommen noch 27.000 Witwenbezüge. Der Bund mußte für diese Pensionen (einschließlich Landeslehrer) 1998 40 Mrd.S.aufwenden, für Bahn und Post 33 Mrd. Dem standen Pensionsbeiträge von knapp 19 Mrd. gegenüber.

Die mittlere Pension im öffentlichen Dienst (ohne Bahn und Post) betrug 1997 27.530.- .Bezieht man Bahn und Post ein und betrachtet man den öffentlichen Dienst differenziert (niederer und mittlerer Verwaltungsdienst), dann liegen die meisten Pensionen aber darunter. Die Angleichung der Pensionssysteme nach unten während der letzten Jahre haben vor allem die kleineren und mittleren Pensionsanwärter und Pensionsbezieher im öffentlichen Dienst zu tragen gehabt.

Die wirklichen Pensionsprivilegien der Spitzenverdiener im öffentlichen Dienst und vor allem die Politikerprivilegien sind dagegen unangetastet geblieben.

Die wirksamste Maßnahme um diese Ungerechtigkeit zu beseitigen wäre die Einführung einer Höchstbeitrags- und Höchstbemessungsgrundlage im öffentlichen Dienst wie im ASVG.

Private Pensionsfonds - eine sichere Alternative ?

Fast jede Werbung der Banken und Versicherungen für die private Pensionsvorsorge beginnt mit den Worten: Die berechtigte Sorge um die Verläßlichkeit des staatlichen Pensionssystems wird immer größer . Daraus wird abgeleitet, daß nur eine private Pensionsvorsorge Sicherheit im Alter bieten könne, und zwar nicht nur für Spitzenverdiener, die mehr als die Höchstbeitragsgrundlage von derzeit 43.200.- verdienen, sondern auch für Durchschnittsverdiener. Nur so sei der Lebensstandard gegenüber dem jetzigen Pensionsniveau auch in der Zukunft zu halten.

Hier geht es nicht darum, gegen jene zu argumentieren, die eine zusätzliche Pensionsversicherung eingehen, weil sie es sich leisten können oder wollen, sondern gegen die Behauptung, daß diese Kapitalversicherungen sicherer seien als das öffentliche Umlageverfahren.

Erstens. Worin besteht der Unterschied in der Finanzierung? Im Umlageverfahren finanzieren die Beiträge der Aktiven unmittelbar die Pensionen. Bei den kapitalgedeckten Pensionszahlungen müssen diese aus den Erträgen, also aus Zinsen und Dividenden der Wertpapiere und Aktien, in denen das Kapital veranlagt ist, finanziert werden. Diese Erträge stammen aber aus der Wertschöpfung der Unternehmen. Veranlagen die Pensionsfonds in staatliche Anleihen, so werden die Zinsen daraus aus den Steuern und daher auch aus der Wertschöpfung der aktiv Berufstätigen gezahlt. In beiden Fällen zahlen also die Aktiven für die Pensionisten. Warum soll das eine sicherer sein als das andere?

Zweitens sind allerdings die Pensionsinvestmentfonds vom Kapitalmarkt, von der Börse abhängig und damit vom Wert der Papiere, den Kursen, und der Ausschüttungsfähigkeit der Veranlagungen. Eine Vorausschau über deren Entwicklung über 20, 30 Jahre ist unmöglich. Dazu kommt, daß die Pensionsinvestmentfonds nur das eingesetzte Kapital verzinsen, aber nicht die Inflation abgelten. Warum soll die Entwicklung der Finanzmärkte über so lange Zeit sicherer sein als die Entwicklung der finanziellen Grundlagen des Staates?

Drittens zahlt jeder in die private Pensionsversicherung nur für seine Pension ein. Warum soll das Verhältnis von 1 zu 1 zwischen Einzahler und Empfänger sicherer sein als ein System in das alle Versicherten zugunsten vieler PensionistInnen einzahlen?

Und schließlich viertens: Private Pensionsvorsorge wird neuerdings steuerlich gefördert und mit staatlichen Prämien ausgestattet (während der staatliche Zuschuß zum öffentlichen Pensionssystem gekürzt und die freiwillige Höherversicherung in das bestehnde Pensionssystem abgeschafft wird). Warum sollen aber staatliche Prämien und steuerliche Förderungen für Privatversicherungen sicherer sein als staatliche Zuschüsse und Eigenleistungen zum öffentlichen Pensionssystem?

Überdies ist der Verwaltungsaufwand in der öffentlichen Pensionsversicherung konkurrenzlos niedrig.

Ein Turbo für das Finanzkapital

Banken und Versicherungen rechnen mit jährlich über 30 Mrd.Schilling, die in die Pensionsinvestmentfonds fließen, an deren Zinsen sie ja auch verdienen wollen. Das ist ihnen schon einige Dutzend Werbemillionen wert. Es geht aber um mehr.

Den politischen Kräften, die für die Zurückdrängung der öffentlichen zugunsten der privaten Pensionsvorsorge agieren, geht es nicht um mehr Sicherheit im Alter, sondern um ein gesellschaftpoltisches Ziel. Langfristig soll das Interesse der PensionistInnen nicht an ein hohes Beschäftigungsniveau, von dem die Finanzierung des öffentlichen Pensionsversicherungssystems abhängt, gebunden bleiben, sondern auf hohe Dividenden und Zinsen orientiert werden, also an eine Wirtschaftspolitik zugunsten des weiteren neoliberalen Umbaus der kapitalistischen Gesellschaft.

Das öffentliche Pensionsversicherungssystem unterliegt der politischen Einflußnahme der WählerInnen und der Gewerkschaften, sowie der Versicherten in den Selbstverwaltungen. Die Pensionsinvestmentfonds sind dagegen der politischen und sozialen Auseinandersetzung entzogen, sie werden von einigen Fonds-, Banken- und Versicherungsmanagern geführt, die daraus auch hohe Einkommen beziehen.

Letztlich sollen die privaten Pensionsbeiträge in den Pensionsinvestmentfonds als Turbo für eine gesellschaftliche Entwicklung dienen, die zur weiteren Entsolidarisierung zwischen Beschäftigten und Ausgegrenzten führt; zwischen jenen, die auf staatliche, soziale Mindeststandards angewiesen sind und jenen die hohe private Versicherungsprämien zahlen können oder müssen; zwischen jenen, die für höhere Löhne und Gehälter kämpfen und jenen, die darin eine Schmälerung der Profite als Grundlage der Dividenden und Zinsen für die Pensionserträge der Pensionsinvestmentfond befürchten müssen.

Wenn etwas den sogenannten Generationenvertrag gefährdet, dann ist es die Privatisierung der Pensionsbeiträge und deren Verwandlung in Bestandteile des Finanzkapitals.

Statt Abfertigung - Zwangssparen für zweite Säule ?

Das schwarz-blaue Regierungsabkommen sieht die Einführung einer betrieblichen Pensionsvorsorge als zweite Säule des Pensionsversicherungssystems, entsprechend dem von der FP propagierten Dreisäulenmodell vor, das in der einen oder anderen Form auch von den anderen Parlamentparteien (einschließlich der Grünen) angestrebt wird. Zu diesem Zweck sollen die Abfertigungen in (über)betriebliche Pensionskassen eingezahlt werden. Diese veranlagen die Gelder in die bereits genannten Pensionsinvestmentfonds.

Diese Reform soll nicht nur zur weiteren Untergrabung des öffentlichen, umlagefinanzierten Pensionssystems führen, sondern auch die Lohnnebenkosten der Unternehmer verringern. Die Verringerung der Lohnnebenkosten ergibt sich daraus, daß die Unternehmer nach dem ersten Beschäftigungsjahr maximal 2,5 Prozent der Lohnsumme in die Pensionskasse einzahlen. Allerdings nur für 25 Jahre nach dem ersten Beschäftigungsjahr. Ältere ArbeitnehmerInnen oder SaisonarbeiterInnen fallen daher um ihre Abfertigungsansprüche um.

So werden die Abfertigungsansprüche in Zwangssparen verwandelt, also aus einem Entgeltbestandteil, für den schon in früheren Jahren Lohnverzicht geleistet wurde, in eine Pensionsleistung überführt.

Dem propagierten Vorteil, daß damit auch Abfertigungs- bzw. Pensionsansprüche bei Selbstkündigung entstehen, stehen die gravierenden Nachteile gegenüber, daß ältere Beschäftigte keinen Anspruch mehr erwerben können, diese ausschließlich auf die Verzinsung des Guthabens angewiesen sind und bei Selbstkündigung es keine Wahlmöglichkeit zwischen Auszahlung der Abfertigung und Verbleib in der Pensionkasse gibt.

Dieses System benachteiligt insbesondere Frauen, die erst nach den Kindererziehungszeiten eine durchgehende Erwerbstätigkeit aufnehmen können und ArbeiterInnen und Angestellte, die mit höherem Alter höhere Einkommen beziehen. Sie werden weniger Pensionsanspruch aus der betrieblichen Pensionskasse erwerben und diesen erst oft später realisieren können als jetzt durch den bestehenden Abfertigungsanspruch.

Anstatt dieses neue System des Zwangssparens fordern wir eine überbetriebliche Abfertigungskasse in Selbstverwaltung.

Über die Sicherheit der Pensionskassen gilt das gleiche wie das für die Pensionsinvestmentfonds beschriebene. Am 25.Jänner 2000 schrieb die Neue Zürcher Zeitung über die in der Schweiz verpflichtenden Pensionkassen: Einige Pensionskassen dürften (im letzten Jahr) die gesetztlich geforderte Mindestverzinsung von 4 Prozent nicht erreicht haben .

Die österreichischen Pensionskassen rechnen aber mit einer Verzinsung von mindestens 7,5 Prozent!

Zusammenfassung, Forderungen und Alternativen

Wir stehen vor einem langwierigen Kampf um die Erhaltung des Systems der sozialen Sicherheit und des öffentlichen Systems der Pensionsversicherung. Dabei wird es vor allem auch auf die Gewerkschaften ankommen, die bei der Bildung der schwarz-blauen Koalition Widerstand angekündigt haben.

Das österreichische System der sozialen Sicherheit und das Pensionsversicherungssytem sind weder krank noch in einer finanziellen Krise.

Der Ausgangspunkt der jetzigen Angriffe auf dieses System ist die Absicht einen weiteren Schritt des Rückzugs des Staates von sozialer Verantwortung durchzusetzen. Die Budget- und Finanzpolitik wird im Rahmen der allgemeinen Offensive neoliberaler Strategien einzig und allein auf die Bedürfnisse der Einheitwährung Euro ausgerichtet. In diesem verschärften Klassenkampf von oben bleibt kein Platz für soziale Prioritäten.

Die Pensionen werden ins Gerede gebracht, weil die gesellschaftlichen Verteilungsverhältnisse mehr denn je der Umverteilung nach oben, von den Arbeitenden zu den Unternehmern, von den unteren und mittleren Einkommensschichten zu den Reichen, unterstellt werden.

Das ist der einzige wirkliche Sachzwang , der hinter der neuerlichen Pensionsgegenreform steht.

Geschickt werden aber in der Öffentlichkeit Horrorzahlen über Finanzierungslücken, Pensionsbelatungsquoten und über den Skandal höherer Lebenserwartung in den Raum gestellt und das, nachdem noch vor kurzem die Pensionen bis weit über das nächste Jahrzehnt als sicher erklärt wurden.

Die Unsicherheit, die auf diese Art erzeugt wird, dient einmal mehr dazu, den kapitalistischen Markt auch auf dem Gebiet der Pensionsversicherung als einzig sicheres Element darzustellen. Bezweckt wird damit ein weiterer Umbau der kapitalistischen Gesellschaft, weg von sozialen und solidarischen Einrichtungen des Staates und der Selbstverwaltung und hin zu noch größerer Abhängigkeit des einzelnen von den großen Banken, Versicherungen und Kapitalgesellschaften.

Die Totengräber des Systems der Sozialversicherung sind aber auf die Verbreitung von Halbwahrheiten, Verzerrungen der Wirklichkeit und auch auf Lügen angewiesen. Es zahlt sich daher aus, diese im einzelnen zu korrigieren.

Die wichtigste Frage bleibt die Umstellung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozial- und Pensionsversicherung auf eine Wertschöpfungsbasis.

Es geht dabei jetzt und in Zukunft um folgende Forderungen:

Die Pläne der schwarz-blauen Regierung zur Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters und weitere Verschlechterungen im Pensionsrecht müssen verhindert werden, die Abschläge für vorzeitige Alters-, Invaliditäts und Berufsunfähigkeitspensionen müssen abgeschafft werden.

Weitere Privatisierungen, die das öffentliche Pensionsversicherungs-system untergraben, müssen ebenfalls verhindert werden.

Die Ausfallshaftung des Bundes zur Pensionsversicherung darf durch keine anderen fiskalpolitischen Maßnahmen eingeschränkt werden. Versicherungsfremde Leistungen sind nicht aus Mitteln der Sozialversicherung, sondern aus allgemeinen Steuermitteln zu finanzieren.

Die Rückkehr zu einer Politik der Vollbeschäftigung ist auch im Sinne der Sicherung der finanziellen Grundlagen des Pensionsversicherungssystems notwendig.

Die Arbeitgeberbeiträge zur Sozial- und Pensionsversicherung sind auf Wertschöpfungsbasis umzustellen und die Leistungen der Pensionsversicherung der wachsenden Produktivität und der gesamten Wirtschaftsleistung anzupassen.

Eine Harmonisierung der Pensionsversicherungssysteme darf nur nach oben mit dem Ziel einer 80 Prozentigen Pension von der Bemessungsgrundlage nach 35 Versicherungsjahren für alle erfolgen. Im öffentlichen Dienst ist eine Höchstbeitrags- und Höchstbemessungsgrundlage einzuführen. Die Pensionsprivilegien der Politiker sind abzuschaffen.

Jedem Menschen muß das Recht auf eine Grundpension, die das Existenzminimum nicht unterschreiten darf, gewährleistet werden. Anzustreben ist eine Mindestpension, die 80 Prozent des Mindestlohnes beträgt.

Die Forderung des Frauenvolksbegehrens, daß alle Frauen einen eigenständigen, ausreichenden Pensionsanspruch erwerben können müssen, ist zu verwirklichen.

Dazu ist eine Ausrichtung des Pensionsrecht auf die typischen Erwerbsbiografien der berufstätigen Frauen und die Einbeziehung aller Beschäftigungsverhältnisse einschließlich Kindererziehung und Pflegearbeit in das Sozialversicherungssystem notwendig.

Das System der Selbstverwaltung in der Pensions- und Sozialversicherung muß demokratisiert, die Wahl von Versichertenvertretern durch die Versicherten selbst muß ermöglicht und dadurch die Voraussetzungen für die Wahrnehmung ihrer Kontrollfunktion verbessert werden.

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