KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS
KPÖ-Steiermark - Landesprogramm für das 21. Jahrhundert

Analysen und programmatische Vorschläge der steirischen KPÖ - Korrigierte Fassung für gesamtösterreichische Programmdiskussion

Inhalt:

Präambel

I. Die Welt, in der wir leben

II. Der Sozialismus – unser programmatisches Fernziel

III. Mittelfristige Reformalternativen – Berührungspunkte zum sozialistischen Ziel

IV. Aktionsprogramm für einen sozialen, demokratischen, antipatriarchalen und ökologischen Umbau der Gesellschaft

V. Grundsätze unseres Wirkens als Kommunisten


Präambel


Den Beginn des dritten Jahrtausends erleben wir in einer neuen Epoche der Weltgeschichte. Der tiefgreifende Wandel der Produktivkräfte eröffnet einerseits unermessliche Möglichkeiten für den Menschheitsfortschritt. Die materiellen Grundbedürfnisse einer/s jeden könnten befriedigt, die kulturellen und politischen Freiheiten aller könnten verwirklich werden.
Andererseits ist diese neue Epoche der Weltgeschichte, in der wir leben, auch charakterisiert durch einen entfesselten Kapitalismus und eine grundlegende Veränderung der Klassen- und Machtverhältnisse im Weltmaßstab zugunsten des transnationalen Kapitals. Eine rigorose soziale Demontage, Ausgrenzung und Vertiefung der sozialen Spaltung der Gesellschaft, von Menschen hervorgerufene Umweltkatastrophen, welche die Existenz und Lebensgrundlagen von Millionen Menschen gefährden, sowie die Dramatik der Entwicklung zum ungezügelten und kriegerischen Kapitalismus droht den Menschheitstraum von Freiheit und Gleichheit, von Solidarität und Sozialismus für immer auszulöschen. Die gegenwärtige weltweite Offensive des Kapitals und die Spirale von Terror und Krieg verstärken die Gefahr des Rückfalls in die Barbarei, bevor eine sozialistische Alternative in greifbare Nähe rückt.
Die Menschheit muss in historisch kurzer Zeit einen Ausweg aus der zerstörerischen Entwicklungslogik des Kapitalismus finden. Die Geschichte kennt keine unabänderlich vorbestimmte Entwicklung. Die Entwicklung der Gesellschaft ist Resultat der fortwährenden Auseinandersetzungen und Entscheidungen über die einzuschlagenden Wege und vorherrschenden Interessen und Bedürfnisse. Ein und derselbe objektive Prozess kann völlig gegensätzlich genutzt werden. Das Ergebnis kann barbarisch oder gerecht, herrschaftlich oder emanzipatorisch, ausbeuterisch oder solidarisch sein.
Weder die Niederlage des Realsozialismus noch der entfesselte Kapitalismus schaffen die geschichtliche Möglichkeit aus der Welt, daß die Menschen - früher oder später - eine sozialistische gesellschaftliche Neuorganisation auf den Weg bringen.
Der gesellschaftliche Kampf wird gerade darum geführt, ob es den progressiven Kräften durch weltweite gemeinsame Anstrengungen gelingt, den grundlegenden Widerspruch der Gegenwart - den Widerspruch zwischen den drohenden imperialistischen Gefahren und der Schwäche der Gegenkräfte zu lösen, und eine Wende zu einer friedlichen, demokratischen und sozialen Entwicklung zu erzwingen.
In diesem historischen Entscheidungsprozess erwächst für die KommunistInnen die Verpflichtung, den Menschen zu sagen, wofür wir stehen, welche Wege und Ziele wir für die Veränderung der Gesellschaft in einem erlebbaren Zeithorizont vorschlagen und welche Ziele wir für die nachfolgenden Generationen setzen.

Globalisierung erfordert erweiterte Sichtweise

Trotz der Zuspitzung der Existenzfrage entsteht bei den Menschen nicht automatisch politisches Bewusstsein oder gar Handlungsbereitschaft. Es fehlen ihnen klassenspezifische Orientierungen. Sie sind besonders anfällig für ideologische Schablonen, die zum Teil spontan durch die Alltagspraxis entstehen oder von den Meinungsapparaten verbreitet werden. Die gesellschaftlichen Zustände erscheinen den Menschen als "naturförmig" und unüberwindbar. An diese Mystifikationen schließen die systematischen Formen des herrschenden Denkens mit ihren Vorstellungen von der "Naturgesetzlichkeit" der Globalisierung oder der "zivilisatorischen Überlegenheit der Marktwirtschaft" an.
Nur Strategien, die grundlegende Probleme einsichtig machen, und alternative Orientierungen, die den Horizont der herrschenden Verhältnisse überschreiten, können der Schicksalsergebenheit und dem weltanschaulichen Fatalismus den Boden entziehen.
Wir wollen mit diesem Programm Wesen und Funktionsweise des heutigen Kapitalismus gründlicher darstellen und erklären, was hinter den Schlagworten "Globalisierung" und "Neoliberalismus" steckt.
Wenn Menschen für kommunistische Politik gewonnen werden sollen, müssen wir ihnen nahe bringen, was Sozialismus sein könnte.
Wir erläutern unsere radikal-demokratische Reformstrategie, mittels welcher der aktuelle Kampf gegen den "Katalog der Grausamkeiten" erfolgreich geführt und ein neuer Entwicklungstyp von Demokratie und eines Sozialstaates erstritten werden könnte.
Unser aktuelles Aktionsprogramm enthält die Palette der Forderungen, die für die Durchsetzung einer sozialen, ökologischen, demokratischen und antipatriarchalen Wende der Gesellschaft notwendig sind.
Die Grundsätze unseres Wirkens als KommunistInnen werden im Schlussteil des Programms dargestellt.

Wir wollen mehr politisches Gewicht in dieser Gesellschaft damit dieser Widerstand und die Bewegung für den Sozialismus mehr Gewicht erlangt.

Ausgangspunkt: Kapitalismusanalyse

Der Ausgangspunkt ist für uns die reale Welt. Aufgaben und Ziele der kommunistischen Bewegung ergeben sich weder aus einem vorgegebenen abstrakten Geschichtsplan, noch sind sie eine Matrize eines vergangenen Sozialismusmodells. Die Bestimmung des sozialistischen Zieles und anzustrebender Entwicklungswege ergibt sich aus einer komplexen sozialökonomischen Gesellschaftsanalyse, insbesondere aus der Analyse der realen Widersprüche und Konflikte des kapitalistischen Systems, seiner destruktiven Wirkungen auf die Gesellschaft und die Umwelt, aus der Gefährdung der Menschheitsperspektiven, sowie aus der Analyse der herangereiften Entwicklungspotentiale.
Ohne diese Analyse kann man keine wissenschaftlich begründete Vorstellung von einer Welt erarbeiten, in der die Entwicklung der progressiven Kräfte der Menschen der Wohlfahrt aller und der freien Entwicklung der menschlichen Individualität dient und die Verwandlung der produktiven Kräfte in destruktive verhindert wird.

1. Die Welt, in der wir leben

Den Beginn des dritten Jahrtausends erleben wir inmitten einer neuen Etappe der Entwicklung und globalen Dominanz des kapitalistischen Systems. Worin bestehen die wichtigsten qualitativen Veränderungen des Kapitalismus unserer Zeit? Der Kapitalismus unserer Zeit wird charakterisiert durch eine sich ständig beschleunigende Entwicklung der gesellschaftlichen Produktivkräfte, deren Kern vor allem drei eng miteinander verbundene Prozesse bilden.

Eine globale Revolution

Die umfassende Entwicklung und Anwendung der auf der Mikroelektronik beruhenden Informations- Kommunikations- und Steuerungsprozesse in der materiellen und geistigen Produktion und in den anderen Bereichen gesellschaftlicher Tätigkeit und Beziehungen.
Die Entwicklung und Anwendung der Molekularbiologie, insbesondere der Biogenetik, die es gestattet, auf bisher nicht gekannte Weise in den Naturprozess, darunter in die biologische Existenz und Entwicklung des Menschen selbst einzugreifen;
Eine qualitativ neue Stufe des gesellschaftlichen Verkehrs, der prinzipiell grenzenlos, global geworden ist und die globale Vernetzung, Kombination und Wechselwirkung der gesellschaftlichen Arbeit und aller ökonomischen, sozialen und geistig-kulturellen Prozesse ermöglicht.
Die sich im 21. Jahrhundert abzeichnende Revolution der Produktivkräfte ist einmalig in der bisherigen Weltgeschichte eine globale Revolution, weil sie ausnahmslos alle Komponenten des Stoffwechselprozesses zwischen Mensch und Natur grundlegend verändert, einmalig in der universellen Wechselwirkung dieser Umwälzungen und in ihrer zeitlichen Dichte.

Das neue Antlitz der Arbeitswelt

Damit verbunden ist eine Umwälzung der Arbeits- und Lebensweise allen voran von Wissenschaft und Technik und damit aller Bereiche der Produktion, der Kommunikation und Konsumtion, ein Wandel der Arbeitswelt und der Bildung und Ausbildung. Der qualitative Umbruch in den Wirtschafts- und Arbeitsverhältnissen verwandelt den Produktionsprozess in einen wissenschaftlichen Prozeß und leitet den Übergang von einer "Industriegesellschaft" zu einer "Wissen- und Dienstleistungsgesellschaft" ein, in der sowohl industrielle Produktion also auch in anderen Bereichen gesellschaftlicher Tätigkeit unmittelbare menschliche Arbeit zunehmend durch die Anwendung von Wissenschaft und Technik ersetzt wird und immer mehr Menschen für die Kapitalverwertung überflüssig werden. Diese aktuellen Umbrüche erschüttern die gesamte moderne Zivilisation bis in ihre Tiefenschichten.
Der Anteil der Lohnabhängigen an der Gesamtheit der Erwerbstätigen war noch nie so groß wie heute und damit die sozialökonomische Spaltung der Gesellschaft in Lohnarbeit und Kapital noch nie so extrem wie heute. Zugleich wird die Gesellschaft immer stärker sozial differenziert, zersplittert und individualisiert. Rund ein Drittel aller Beschäftigungsverhältnisse sind atypisch. Besonders Frauen, die einen immer größeren Teil der gesellschaftlichen Gesamtarbeit leisten, sind von prekären Arbeitsverhältnissen und von der Abschiebung in Niedriglohnbereiche betroffen. Im Ergebnis jahrzehntelanger Zuwanderung ist die Arbeiterklasse multiethnisch und multikulturell geworden. Die klassische IndustriearbeiterInnenschaft hat sich aufgrund der wissenschaftlich-technischen Veränderungen in der Produktion und der damit verbundenen wirtschaftlichen Strukturveränderungen erheblich verringert und verringert sich weiter. Aber auch im eigentlichen Dienstleistungsbereich wie bei Banken, Versicherungen, Post und Bahn ist seit Jahren ein gigantischer Personalabbau im Gange.
Eine immer wichtiger werdende produktive Kraft sind die Wissens- und Informationsarbeiterinnen und -arbeiter. Ein neuer Typ von Arbeit zur Produktion und Programmierung der Informations- und Kommunikationstechnologien, zu ihrem Betrieb und zu ihrer produktiven Nutzung. Durch innere Konflikte ist diese Gruppe in sich selbst zerrissen. Der Kapitalverwertung untergeordnet werden die Potentiale ihres produktiven Vermögens, ihre Kreativität und schöpferische Gemeinschaftsarbeit durch hohe Abhängigkeit von kurzfristigen Verwertungsinteressen untergraben. Da die "Neue Ökonomie" nichts Grundlegendes an den ökonomischen Eigentums- und Machtverhältnissen verändert, bleiben die Arbeitsplätzefremdbestimmt. Die gemeinsamen Merkmale ihrer Stellung in den Reproduktionsprozessen und in der Beherrschung der neuen Kulturtechniken machen die Wissens- und InformationsarbeiterInnen zu einer sozialen Gruppe oder auch zu einer möglichen Klassenfraktion innerhalb des gesellschaftlichen Gesamtarbeiters.
In den computertechnologisch dominierten Bereichen, wo weniger der hochqualifizierte Programmierer typisch ist, sondern die belastenden, normierten und schlecht bezahlten Tätigkeiten, brechen innerhalb der Klasse der Lohnabhängigen neue Spaltungen auf.Um einen "hochentwickelten" Kern von qualifizierten Beschäftigten bildet sich in einer immer breiteren Zone ein neuer Typus von monotoner Arbeit und fast immer niedrig entlohnten und sozial unsicheren Arbeitsverhältnissen heraus. Massenhaft werden Menschen aus dem Lohnverhältnis herausgeworfen und in die "informellen" Sektoren abgedrängt. Klassenspezifische Verhaltensweisen haben sich vielfach verändert und sind infolge der Erosion tradidtioneller Milieus und kultureller Selbstverständigungsfähigkeiten unschärfer geworden.

Perversionen des Kapitalismus

Für das Kapital ist es völlig gleichgültig, im Ergebnis welcher Art von Arbeit es wächst, ob Medikamente oder Rauschgifte produziert werden. Der historische Gegensatz von Arbeit und Kapital erfasst nicht nur die ökonomischen, sondern alle wesentlichen Aspekte des menschlichen Lebens. Einbezogen in den permanenten Kampf um Anerkennung des individuellen Entfaltungsbedürfnisses, gegen Entfremdung und soziale Funktionalisierung wird der ganze Mensch, sein Bewußtsein, seine Psyche, seine Leiblichkeit. Hier handelt es sich weniger um den Ausdruck aautonomer Lebensgestaltung, sondern des Zwangscharakters des sozialen Reproduktionsprozesses. Durch den Zwang einer fremdbestimmten Alltagspraxis wird eine kapitalistisch instrumentalisierte Individualität und eine konkurrenzgesellschaftlich geformte Persönlichkeitsstruktur mit zum Teil falschen Bedürfnissen erzeugt. Viele Menschen fühlen sich überfordert und leiden unter dem zunehmenden Leistungsdruck. Alkoholmissbrauch und Tablettenkonsum nehmen zu. Viele flüchten in Rauschzustände, in mediale Scheinwelten. Andere benötigen fremdenfeindliche Interpretationsschablonen und zur psychischen Selbststabilisierung autoritäre Orientierungen.
Der Widerspruch zwischen der Entfaltung neuer Produktivkräfte und Unterwerfung unter die bornierten Verhältnisse der Kapitalverwertung ist allgegenwärtig. Je produktiver die Arbeit und je reicher dadurch die Gesellschaft wird, desto mehr werden die sozialen Sicherheitssysteme demontiert. Je tiefer die wissenschaftlichen Einsichten in die gefährdeten Stabilitätsbedingungen der Natur werden, desto rücksichtsloser wird die Natur ausgebeutet und verwüstet. Je größer die technischen Mittel der Medienwelt für Aufklärung und Kultur werden, desto erschreckender wird der kulturelle Niedergang, den sie verbreiten.
Der Informationskapitalismus beutet auch die kulturellen Ressourcen der Menschen aus. Die private Monopolisierung dieser Reichtümer widerspricht deren Wesen als öffentliche Güter. Nur dann, wenn kultureller Reichtum allgemein zugänglich ist, kann er auch umfassend produktiv entwickelt und genützt werden. Indem das Leben durch eine profitorientierte Kultur-, Medien- und Freizeitindustrie fast vollständig dominiert wird, wird die Fähigkeit von Menschen und Gemeinschaften, eigenständig kulturelle Zusammenhänge zu erzeugen und selbstbewusst den Sinn des Lebens zu bestimmen, untergraben.

Grenzüberschreitungen

Alle Hauptlinien der Weltentwicklung, wie sie sich im vorigen Jahrhundert, sich verstärkend in deren zweiter Hälfte und nochmals verstärkend in seinem letzten Viertel, herausgebildet haben, können nicht fortgeführt werden, ohne dass sich Krisen einstellen.
Die Weltbevölkerung kann sich nicht noch einmal verdreifachen wie im 20. Jahrhundert.
Die Stoffentnahmen aus dem Naturhaushalt werden im neuen Jahrhundert zur direkten Erschöpfung von Rohstoffen und fossilen Energieträgern führen, ebenso wie die Belastung der Natur durch Abfälle der Produktion und Konsumtion ihre Aufnahmefähigkeit zunehmend übersteigt.
Fortschreitende soziale Polarisation zwischen den reichen und armen Ländern, auch zwischen den sozialen Klassen und Schichten in den reichen Ländern, werden die sozialen Bindekräfte der Gesellschaft, die ökonomischen und kulturellen Grundlagen der parlamentarischen Demokratie untergraben.
Aus diesen Tatsachen folgt, dass die Menschheit insgesamt eine neue Art und Weise der Existenz und Entwicklung sichern muss.

Transnationalen Konzerne (TNK) beherrschen die Welt

Menschen machen ihre Geschichte selbst – unter spezifischen Umständen. Doch unter den gegebenen Bedingungen wird die Geschichte von der Profitlogik, von Weltmarktzwängen und von den großen Konzernen und Banken bestimmt. Die größte Barriere für den weltweiten gesellschaftlichen Fortschritt stellt die ökonomische, politische und ideologische Macht des Monopolkapitalismus dar. Die entscheidende Machtkonzentration liegt bei den weltweit führenden Konzernen und Banken. Die 200 größten Konzerne der Welt kontrollieren ein Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts. Die Marktmacht dieser Gruppe hat sich in vier Jahrzehnten verdoppelt. Die 20 mächtigsten Banken bestimmen weitgehend über die Weltfinanzmärkte. Einige wenige hundert Menschen – die EignerInnen, GroßaktionäreInnen und Top-ManagerInnen der weltweit agierenden Großunternehmen und die RegierungschefInnen der wirtschaftlich mächtigsten Staaten – entscheiden über das Wohl und Wehe von Hunderten Millionen Menschen. Sie handeln als Resultat einer entscheidenden Gesetzmäßigkeit: Die kapitalistische Gesellschaft wird von der Profitmaximierung bestimmt. Eine Produktion für menschliche Bedürfnisse findet nur dann statt, wenn dies profitabel ist.
Die Macht der großen Unternehmen und Banken ist zusammengeballt in drei großen Wirtschaftsblöcken – Nordamerika (Nafta), Japan und Westeuropa (EU). Diese stehen in heftiger Konkurrenz zueinander. Gleichzeitig haben sie die Zielsetzung, alles und jeden ihrer Kontrolle zu unterwerfen. Internationale Institutionen wie der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Welthandelsorganisation (WTO) agieren im Interesse der Weltkonzerne, der großen Finanzinstitute und der Regierungen der G7-Staaten. Das internationale Kapital dringt in all seinen Formen – beschleunigt durch die Deregulierung der Finanzmärkte, sowie gestützt auf die modernen Transport-, Verkehrs- und Kommunikationstechnologien – in die letzten Winkel der Erde vor. Der Weltmarkt erscheint als ein Sachzwang, der die Bedingungen von Arbeit und Leben diktiert. Auch wenn die nationale Industrie nicht für den Weltmarkt produziert, so produziert sie doch unter Weltmarktbedingungen, d.h. in Konkurrenz zu den für den Weltmarkt produzierten (Billig-) Produkten transnationaler Konzerne.
Das Maß geben also die transnationalen Konzerne vor, und zwar in bezug auf Kosten, modischer und technologischer Standards. Massenmedien, insbesondere das Fernsehen tragen dazu bei, Konsum- und Kaufgewohnheiten weltweit zu vereinheitlichen. Coca Cola und Big Mac, Toyota, Sony und Mickey Mouse prägen Welten. Regionale und lokale Märkte werden so zunehmend zerstört bzw. mit Waren der TNK überschwemmt.

Rendite als Maßstab der Wirtschaft

Typisch für die neue Entwicklungsstufe des Kapitalismus sind Megafusionen, die Herausbildung einer Spitzengruppe transnationaler Konzerne und die Stärkung der Wirtschaftsblöcke USA, EU und Japan/asiatisch-pazifischer Raum. Das Finanzkapital und die Finanzmärkte sind zum beherrschenden Faktor des Wirtschaftsgeschehens in den einzelnen Ländern und in der Weltwirtschaft geworden, wobei sich deren Entwicklung zunehmend von den realen wirtschaftlichen Prozessen gelöst hat, ihrerseits aber deren Bewegung bestimmt. Zum Maßstab der Ökonomie wird allein der Shareholder-Value, die Rendite der GroßaktionärInnen und der Börsenwert der Unternehmen auf den internationalen Finanzmärkten. Unproduktives Kapital flüchtet um die Welt, sichert den Eigentümern riesenhafte Profite und eröffnet die Möglichkeit, mit privatem fremden Kapital nationale Volkswirtschaften zu destabilisieren.
Die Polarisierung von Reichtum und Armut zwischen den kapitalistischen Metropolen und der übrigen Welt ist derart extrem, dass die in der Welt von den Vereinten Nationen gezählten 358 MilliardäreInnen ein ebenso großes Einkommen haben, wie 45 Prozent der ganzen Menschheit. Die kapitalistischen Metropolen nutzen ihre beherrschende Stellung in der Weltwirtschaft, ihre industrielle und wissenschaftlich-technische Überlegenheit zur Ausbeutung der menschlichen und natürlichen Ressourcen der weniger entwickelten und armen Länder. Sie diktieren diesen niedrige Preise für Rohstoffe und Produkte und fordern andererseits hohe Preise für eigene Exportgüter aller Art. Zu Niedrigstlöhnen und -kosten werden durch das Kapital arbeitsintensive, gesundheitsschädliche und ökologisch gefährliche Produktionen in den ärmeren Ländern genutzt und/oder in diese verlagert. Die kapitalistischen Metropolen nehmen die ärmeren Länder in Zinsknechtschaft und erzwingen maximale Verwertungsbedingungen des transnationalen Kapitals. Die imperialistische Globalisierung erweist sich als eine neue Form des Kolonialismus.
Milliardenfach wird die Würde der Menschen in der Welt von heute missachtet, durch Verletzung des Grundsatzes, dass alle Menschen gleich sind, in ihren Rechten auf Leben, Wohlergehen, Selbstbestimmung. Ungleichheit ist eine der schlimmsten Geißeln, mit denen die Mehrheit der Menschen geschlagen wird. Die Abnahme von Gleichheit, die Zunahme von Ungleichheit reißt die Gesellschaft schroff weiter auseinander.

Profitwirtschaft durchdringt gesamte Lebensweise

Immer größere Teile der Bevölkerung der kapitalistischen Länder werden in sozial ungesicherte Arbeitsverhältnisse, Niedriglöhne und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse abgedrängt oder völlig ihrer sozialen Existenzbedingungen beraubt. Bildung, Kultur, Gesundheitswesen, Alterssicherung usw. werden abgebaut, privatisiert und den Prinzipien der Kapitalverwertung unterworfen. Die zunehmende Unsicherheit der Arbeitsplätze und die soziale Demontage treffen alle Lohnabhängigen und KleineigentümerInnen. Nach Wegfall des Systemgegensatzes werden die in Jahrzehnten im Klassenkampf errungenen sozialen und politischen Rechte und Positionen der ArbeiterInnen und Angestellten systematisch zugunsten des großen Kapitals eliminiert.
Die rechtliche Gleichheit wird durch die soziale Ungleichheit relativiert. Die Macht der MillionärInnen ist meistens wirkungsvoller als die Einflussmöglichkeiten der Millionen.

Profitdominanz gefährdet Umwelt

Die Orientierung des transnationalen Kapitals auf maximalen Profit führt zu einem immer gravierenderen Raubbau an den natürlichen Ressourcen, zur Zerstörung der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschen, die zunehmend unumkehrbar wird und auf Dauer die Existenz der Menschen selbst gefährdet. Bereits heute leidet ein großer Teil der Menschheit an Hunger, verfügt über keine hinreichenden Trinkwasserressourcen, ist ohnmächtig den durch Klimaveränderungen bedingten Naturkatastrophen ausgeliefert und wird durch Umweltvergiftungen, Krankheiten und Seuchen bedroht. Auch in den kapitalistischen Metropolen gefährdet die kapitalistische Profitwirtschaft auf vielfältige Weise durch Einsatz von Chemikalien, Pestiziden und Antibiotika, gentechnische Veränderungen bei Pflanzen und Tieren mit unkontrollierbaren Folgen sowie immer häufiger werdende Fälle der kriminellen Verseuchung von Lebensmitteln die Gesundheit der Menschen unmittelbar.

Das Wesen des Neoliberalismus

Die Globalisierung ist sowohl ein objektiver Prozess als auch ein Resultat der Politik und ebenso ein politisch instrumentalisierter Mythos. Das politische und ideologische Instrumentarium der kapitalistischen Wirtschaft liefert der Neoliberalismus. Der Neoliberalismus ist Ausdruck des politischen Willens des weltmarktorientierten transnationalen Kapitals, alle Hebel zur Entfesselung des Weltmarktes in Bewegung zu setzen. Im Neoliberalismus entfalten sich auch die Interessen der parasitären Finanz- und Börsenspekulation.
Statt um mehr Verteilungsgerechtigkeit und um mehr Schutz des Bürgers vor den Kräften des kapitalistischen Marktes geht es dem Neoliberalismus um "Verschlankung" und "Privatisierung" öffentlicher Tätigkeit. "Haushaltskonsolidierung" wird zum Vorwand, die Besteuerung von Unternehmensgewinnen und Vermögenseinkommen zurückzufahren oder abzuschaffen. Diese Politik bedeutet Verzicht auf die Möglichkeiten des Staates, im Interesse des Gemeinwohles, im Interesse von Zukunftsinvestitionen in öffentliche Güter, im Interesser der Schaffung neuer Arbeitsplätze, auf die wirtschaftliche Entwicklung Einfluss zu nehmen.

Neue, weltweite Krisenerscheinungen

Der Kapitalismus bringt unausweichlich neue ökonomische Krisen hervor. Massenarbeitslosigkeit erschien in Österreich und in anderen westeuropäischen Ländern lange Zeit ein Alptraum der Vergangenheit zu sein. Es entstand die Ideologie vom Wirtschaftswunder. In den letzten zwei Jahrzehnten verstärkten sich erneut die Krisentendenzen. Ganze Regionen wie die "Tigerstaaten" wurden förmlich über Nacht von Wachstumszonen in Krisenregionen verwandelt. Die gesamte "New Economy" wurde von einer weltweiten Krise erfasst. Mit dem Platzen der riesigen Spekulationsblase des neuen Marktes, die hunderte Firmen und zehntausende Arbeitskräfte aus dem Markt fegte, platzte auch eine der großen Erzählungen der Globalisierungspropheten: Der krisenfreie Kapitalismus, die Wertschöpfung aus dem Nichts. Unter den Trümmern dieser Phantasiegebilde macht sich die harte Erkenntnis breit, dass auch die New Economy die Gesetze des Kapitalismus nicht auf den Kopf stellen kann. Die Crashs und Turbulenzen haben wieder deutlich gemacht, dass Finanzkrisen einschneidende realwirtschaftliche Rückkoppelungen hervorrufen, deren Ausmaß und Ausbreitung kaum vorhersehbar sind. Die weltweite New Economy-Krise geht einher mit strukturellen und zyklischen Krisenerscheinungen in den High-Tech-Branchen, in der Automobilindustrie und in der Baubranche. Mitte des Jahres 2001 geriet die gesamte kapitalistische Weltwirtschaft in eine Phase der Stagnation. Auch in Österreich steigt die Arbeitslosenquote. Besonders gestiegen ist die Jugendarbeitslosigkeit. Die Tendenzen einer ansteigenden Massenarbeitslosigkeit und eines sehr niedrigen Wirtschaftswachstums bzw. einer Stagnation setzen sich sehr widersprüchlich und regional unterschiedlich durch. Die wirtschaftlichen Krisenprozesse vergrößern die soziale Ungleichheit, führen zu steigender Massenarbeitslosigkeit und erhöhen den Druck auf die Arbeitskraft. Die Kampfbedingungen der ArbeiterInnenbewegung werden in den nächsten Jahren von Krisenprozessen geprägt sein.

Medienkonzerne und Meinungsbildung

Mit der weiteren Ausprägung der Herrschaft des Großkapitals, der Verknüpfung seiner auf dem Eigentum an den entscheidenden Produktionsmitteln beruhenden Dominanz in der Wirtschaft und der Macht des Staates geht eine umfassende politische und ideologische Manipulation der Bevölkerung einher. Diese ist nur scheinbar in Gestalt der bürgerlichen Parteiendemokratie an der Entscheidung ihrer Lebensfragen beteiligt, während die wirkliche Macht direkt oder indirekt durch das große Kapital, Banken und Konzerne und die von ihnen abhängigen politischen Institutionen und Parteien ausgeübt wird. Mit der Herausbildung immer mächtigerer privater Medienkonzerne werden heute die wichtigsten Mittel der öffentlichen Meinungsbildung in der Einheit von Kapitalverwertung und Ideologieproduktion gesteuert. Nach wie vor ist der Antikommunismus wesentlicher Bestandteil des herrschenden Zeitgeistes und dient vor allem der Diskreditierung aller alternativen sozialistischen Gesellschaftsvorstellungen. Gestützt durch soziale Verhältnisse und auf die Politik und Ideologie der herrschenden Klasse gewinnen Nationalismus und Chauvinismus, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Neofaschismus an Boden.

Transnationale Konzerne und Nationalstaat

Paradoxerweise spielen die Nationalstaaten, die als Hindernis für die weitere Entwicklung des Weltmarktes betrachtet werden, eine bedeutende Rolle im Prozess der Globalisierung.
Da die wirtschaftliche Entwicklung stark vom Fluss der Investitionen abhängt, sind die Staaten gezwungen, transnationale Unternehmen anzulocken. Denn diese bringen in der Regel modernste Technologie und initiieren die Ansiedlung zahlreicher regionaler oder lokaler Zulieferer. Staatliche Politik hat die Aufgabe, den Standort für den internationalen Vorteilsvergleich des transnationalen Kapitals attraktiv zu machen.
Zusätzlich gibt der Staat mit der Privatisierung strategischer Sektoren (Telekommunikation, Verkehr, Energie) alle Mittel für ökonomische Einflussnahme und Regulierung aus der Hand. Auf diese Weise verliert die bürgerliche Demokratie immer mehr ihren Inhalt. Unter Beibehaltung formaler Demokratie wird ein Übergang vom "Sozialstaat" zum schlanken, autoritären "Sicherheitsstaat" vollzogen.
Der "eigene" Nationalstaat reicht immer weniger aus, die Reproduktion des weltweit agierenden Kapitals zu sichern. Zur Sicherung der Reproduktion des transnationalen Monopolkapitals muss dieses alle Nationalstaaten seiner Macht unterwerfen. Aus dem Staat der nationalen Monopole bildet sich der Staat des transnationalen Monopolkapitals heraus.
In dem Maße wie die Nationalstaaten die Globalisierung im Interesse der transnationalen Konzerne vorantreiben, unterhöhlen sie die eigene Regulierungsfähigkeit. Die Macht der Märkte wird allgemein. Über internationale Abkommen soll den Staaten nur noch das Recht und die Pflicht zugestanden werden, für politische Sicherheit und ein günstiges Investitionsklima zu sorgen und den freien Gewinntransfer zu garantieren.
Die transnationalen Konzerne haben fast ausschließlich ihren Sitz in den USA, der EU und Japan. Die Führungen von einigen Weltkonzernen und internationalen Großbanken haben gemeinsam mit den Regierungen weniger Staaten die weitgehende Kontrolle über die wichtigsten internationalen Institutionen erlangt.
Weltkonzerne organisieren sich derzeit noch hauptsächlich nicht als Multis, sondern als transnationale Konzerne. Das ist kein Widerspruch zu ihrem internationalen Operationsfeld.
Die Formel der neoliberalen Strategie aller konservativen und sozialdemokratischen Regierungen, welche die EU-Doktrin umsetzen, lautet:
Entlastung der Monopole nach innen,
Expansion nach außen.

Gewalt und Weltherrschaft

Die hochentwickelten kapitalistischen Länder bauen forciert ihr militärisches Machtpotential aus, entwickeln die Mittel der Massenvernichtung weiter und setzen ihre militärische Macht, falls die politischen und wirtschaftlichen Druckmittel nicht hinreichen, rigoros zur Durchsetzung der Interessen des großen Kapitals international unter Bruch des Völkerrechts ein.
Je mehr weltweit dereguliert, privatisiert und liberalisiert wird,
je mehr Investitionen im Ausland liegen,
je größer die Bedeutung ausländischer Märkte für die Reproduktion des Kapitals wird,
je schärfer der Widerspruch zwischen Nord und Süd, Reich und Arm wird, desto wichtiger wird ein Gewaltapparat, der global die Interessen der imperialistischen Hauptmächte absichert und die weitere Globalisierung zu ihren Bedingungen garantiert. Ihre Rivalitäten werden diesem Ziel zeitweise untergeordnet. Die USA sind zur stärksten Militärmacht der Welt geworden und beanspruchen – gestützt auf die NATO – unumwunden das Recht der militärischen Intervention in allen Staaten, die sich ihrem Weltherrschaftsanspruch und ihren Profitinteressen widersetzen. Das war auch die Botschaft des Afghanistankrieges. Auch die EU will, zusätzlich zur NATO, mit einer hochtechnologischen Interventionsmacht international und gegebenenfalls unter Bruch des Völkerrechts militärisch operieren können. Anstelle des Systemwettbewerbes tritt der Kampf um die innerimperialistische Vormachtstellung. Wer gibt die globalen Spielregeln vor? Wer übernimmt die Technologie Führerschaft? Wer beherrscht den Zugriff auf die strategischen Rohstoffe? Wer die Spielregeln setzt, sichert sich das größte Stück vom Kuchen. - Der Kampf der Kapitale um die Anteile am Weltmarkt transformiert sich im Kampf der Großmächte um den Weltmarkt. In dem Maße wie die Widersprüche zwischen den Wirtschaftsblöcken wachsen und die gemeinsame Sicherheitspolitik der EU (GASP) Gestalt annimmt., werden die Differenzen der EU zu den USA in strategischen und taktischen Fragen auch politikrelevant.

Der Terrorismus, dessen Nährboden die ungelösten Konflikte zwischen Arm und Reich sind, ist dazu ein verwerfliches und völlig ungeeignetes Mittel. Der Terrorismus ist seiner Natur nach zu keiner konstruktiven gesellschaftlichen Alternative fähig. Ziel des Terrorismus ist die Lähmung und Zerstörung weiter Teile des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens.Sein Konzept ist das Chaos, die zivilisatorische Barbarei. Von der US-Waffenindustrie, den Ölkonzernen und den Mediennetzen kontrolliert, stilisiert die amerikanische Aussenpolitik die Gefahr des Terrorismus zur monströsen Psychose hoch. Sie will damit von den eigentlichen Ursachen des Terrorismus und ihrer globalen Habgier ablenken.

Privatisierung – Katalog der Grausamkeiten

Die Kapitaloffensive in Österreich und die Praktiken der transnationalen Konzerne verhalten sich wie kommunizierende Gefäße. Auch in Österreich sind nach der fast totalen Privatisierung die TNK und die Finanzmärkte zum beherrschenden Faktor des Wirtschaftslebens geworden.
Nahtlos setzt die blau-schwarze Regierung mit Riesenschritten die Politik der früheren SP-VP-Regierungen fort, die Staatseigentum im Werte von 103 Milliarden verkauft, und den Umbau von Staat und Wirtschaft zu einer hemmungslos brutalen Kapitalherrschaft eingeleitet haben. Es waren sozialdemokratische Vorstanddirektoren, die mit Billigung von SP-GewerkschafterInnen und SP-BetriebsrätInnen die verstaatlichten Industriezentren an obskure Pensionsfonds aus den USA und Westeuropa verscherbelt haben, die nur eines im Sinn haben: ihre AktionärInnen mit einem Dividenden-Geldregen zu überschütten.
Das ÖIAG-Gesetz 2000, sieht den Verkauf sämtlicher ÖIAG-Beteiligungen vor. Das sind die noch bestehenden Minderheitsbeteiligungen der Republik Österreich an der ehemaligen Verstaatlichten. Darunter sind die VA-Stahl, die VA-Tech, OMV, Böhler Uddeholm, Alpine Donawitz und Böhler-Kapfenberg, Post und Telekom.
Die ÖIAG ist in eine reine Privatisierungsagentur verwandelt worden, die ausschließlich darauf Bedacht nimmt, rasch einen Verkaufserlös für den Mythos vom "Nulldefizit" zu erzielen und das öffentliche Eigentum durch private EU-Monopole zu ersetzen. Im Jahr 2000 ging bereits die PSK an die BAWAG. Der Börsegang der Telekom war ein Flop, wobei wieder tausende KleinaktionäreInnen getäuscht wurden.

Vermarktung der Daseinsvorsorge

Wie die "Reformen" in Osteuropa und der ehemaligen Sowjetunion bedeutet auch die Zerstörung der verstaatlichten Industrie und der Betriebe der verstaatlichten Banken in Österreich die Enteignung des Staates durch das private Kapital. Das gleiche passiert nun auch mit den Ver- und Entsorgungsbetrieben auf kommunaler Ebene.
Die EU treibt nun ihre Mitgliedsstaaten dazu an, den gemeinwirtschaftlichen Sektor, Betriebe zur Strom- und Wasserversorgung der Städte und Gemeinden, sowie den öffentlichen Verkehr, rascher zu privatisieren.
Bei der Auslieferung der öffentlichen und kommunalen Versorgungsbetriebe an das private Kapital geht es auch um die Autonomie der Gemeinde. Ihre Betriebe sind Machtfaktoren, die wie früher die Banken und Industriebetriebe in Staatshand den privaten Eigentümern auf gleicher Ebene gegenübertreten konnten. Was nach der Enteignung des Staates bleibt, ist der abhängige Sicherheitsstaat. Was nach der Enteignung der Gemeinden bleiben wird, ist die Statthalter-Gemeinde.
Die Befürworter der Privatisierung der E-Wirtschaft argumentieren mit billigerem Strompreis durch mehr Konkurrenz, verschweigen jedoch, dass Liberalisierung der E-Wirtschaft letztlich Arbeitsplatzvernichtung, Lohn- und Sozialabbau, sowie Versorgungsrisiken für die Kunden durch Abbau von Reservekapazitäten, Umweltbelastung durch Zwang zu Billigkraftwerken und Vernachlässigung der Netze bedeutet.
Die EU-Strompreisliberalisierung zielt auf Marktbereinigung durch einen massiven Preiskampf, der letztlich durch den Zwang zu Billigkraftwerken auf Kosten der Versorgungssicherheit, der Qualität der Netze, ökologischer Aspekte und auch der Kraftwerkssicherheit geht. Am lukrativsten für möglichst hohe Dividenden sind dabei Atomkraftwerke, die möglichst billig mit Volllast gefahren werden können. Die Stromkonzerne werden zunehmend zu Stromhändlerinnen, die auf Spotmärkten billige Energie zukaufen und weiterleiten. Die Vorsorge für Spitzenlast, produktionsschwache Zeiten etc. wird zunehmend vernachlässigt. Bei der Privatisierungspolitik der VP-FP-Regierung geht es jetzt zusätzlich um die Milliardenvermögen der österreichischen Bundesforste, einschließlich der Rechte an Quellgebieten.

Kommunale Betriebe – Spielball internationaler Konzerne

Mit dem Abbau des öffentlichen Sektors in den Bereichen Energie- und Wasserversorgung, öffentlicher Verkehr und Post wird das Rad der Wirtschafts- und Sozialgeschichte zurückgedreht. Alle diese Bereiche waren vor 100 und mehr Jahren privatkapitalistisch organisiert. Die Folge waren Verhältnisse, die sich für die menschliche Gesundheit als ruinös und für das kulturelle Niveau der durchschnittlichen Bevölkerung katastrophal erwiesen. Der Kampf der Gewerkschaften und die Einsicht von demokratischen Kräften führten dazu, dass diese Bereiche der direkten Kontrolle des privaten Kapitals entzogen und zu öffentlichen und Solidarsystemen wurden. In über hundert Jahren mit Steuergeldern und der Arbeit von Generationen aufgebaut, liefern z.B. die Grazer Stadtwerke Jahr für Jahr Gewinne an die Stadtkasse ab. Nun sollen sie nach Verkauf an multinationale Konzerne zum Spielball internationaler Spekulationen werden. Energieriesen und Atomstromkonzerne sind am Stromnetz interessiert, große Wassermultis strecken ihre Fangarme nach der Trinkwasserversorgung und der Abwasserentsorgung aus. Privatunternehmen müssen den Ansprüchen der AktionärInnen genügen und höchstmögliche Profite erwirtschaften. Diese Ziele werden nur durch die Abschaffung von Arbeitsplätzen, den Verkauf von möglichst viel Energie und Wasser und der Einsparung von Umweltmaßnahmen erreicht. Die Kommunen hingegen sind dem Gemeinwohl verpflichtet, die Gewinne können in die Modernisierung von Anlagen, in den Umweltschutz oder in andere kommunale Bereiche gesteckt werden.
Die KPÖ betrachtet die Elektrizitäts- und Wasserwirtschaft, den öffentlichen Verkehr, die Telekommunikationsbetriebe und die Post als wesentlichen Teil der elementaren Grundversorgung, der politisch gestaltet und daher von der öffentlichen Hand geführt werden muss.

Unsoziale "Treffsicherheit

In immer größerem Umfang werden soziale Funktionen des Staates reduziert. Bildung, Kultur, Gesundheitswesen, Alterssicherung, Frauenförderung usw. werden abgebaut und privatisiert und den Prinzipien der Kapitalverwertung unterworfen. Unter dem Titel "soziale Treffsicherheit" wird ein Umbau des Sozialstaates in Richtung Armenfürsorge in die Wege geleitet und eine ständige Sozialschmarotzerdebatte provoziert. Im Pensionsbereich werden in regelmäßigen Abständen Einschnitte vorgenommen, im Gegenzug wird private Pensionsvorsorge mittels steuerlicher Begünstigung attraktiver gemacht.
Der Pensionsraub erfolgt nicht wegen "Unfinanzierbarkeit" des Sozialsystems. Der wahre Grund ist eine kurzfristige Geldbeschaffungsaktion zur vorfristigen Erfüllung der Konvergenzkriterien und damit des Euro-Projekts, über dessen Einführung die Betroffenen weder gefragt wurden noch mitbestimmen konnten.
Der Zweck dieser Privatisierung sozialer Risken besteht einzig und allein darin, die Hunderte Milliarden Schilling Pensionsbeiträge, die jetzt noch an den Versicherungs- und Bankenkonzernen vorbeigehen, diesen zu übertragen, damit sie ein zusätzliches Geschäft machen können.
Das Ziel eines "Nulldefizits" wird als Vehikel benützt, um den funktionierenden Sozialstaat zu demontieren und Investitionen in die Zukunft (Bildung, Forschung, Infrastruktur) dem willkürlichen Erfolgskriterium "Nulldefizit" zu opfern. Die Dramatisierung des Nulldefizits ist auch ein Vorwand, um Opferbereitschaft für den Sozialabbau zu erzeugen.
Das öffentliche Pensionsversicherungssystem auf der Grundlage des Umlageverfahrens (die Beiträge der Aktiven finanzieren direkt die Pensionen) hat sich in den vergangenen 30 Jahren als stabil erwiesen, die Eigenfinanzierungsquote ist in den letzten 20 Jahren um 10 Prozentpunkte auf 84,2% gestiegen und kann sich, wie auch das gesamte System der sozialen Sicherheit, weiter behaupten.

Wertschöpfungsabgabe unverzichtbar

Die Beiträge der ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen zur Pensionsversicherung basieren, wie auch die anderen Beiträge zur Sozialversicherung auf fixen Prozentsätzen auf die Lohnsumme. Diese geht aber anteilsmäßig am Volkseinkommen zurück. Die wachsende Produktivität kam in den letzten Jahren fast ausschließlich den Unternehmerprofiten zugute, die absolut und relativ gesehen rascher wuchsen. Profite werden aber, ganz abgesehen von der in Österreich lächerlich geringen Besteuerung, zur Absicherung sozialer Anforderungen nicht herangezogen. Die Reallöhne stagnieren und werden trotzdem steuerlich und durch Sozialabgaben stärker belastet.
Diesem in der Tendenz strukturellen Defizit kann nur durch die Umstellung der Arbeitgeberbeiträge zur Sozial- und Pensionsversicherung auf eine Wertschöpfungsbasis entgegengewirkt werden. Die Einführung einer Wertschöpfungsabgabe würde bedeuten, dass nicht nur die Lohnsumme, sondern auch die anderen Bestandteile der Bruttowertschöpfung eines Unternehmens wie Abschreibungen, Gewinne, Kreditzinsen, Mieten und Pachten, sowie Sozialkosten und Steuern als Bemessungsgrundlage für die Arbeitgeberbeiträge einbezogen würden. Es geht also um Fragen der gesamtgesellschaftlichen Verteilung und Umverteilung zwischen dem Kapital auf der einen, den Arbeitenden und den PensionistInnen auf der anderen Seite und nicht um eine angeblich drohende demografische Katastrophe, die uns der zivilisatorische Fortschritt in der Gestalt höherer Lebenserwartung beschert.


II. Der Sozialismus – unser programmatisches Fernziel

Immer deutlicher wird, daß der Kapitalismus keine Zukunft hat, daß er unfähig ist, die ihm innewohnenden Widersprüche zu lösen. Auch wenn ein sozialistischer Anlauf in Österreich und in den kapitalistischen Metropolen nicht in Sicht ist: Objektiv ist die Epoche des entfesselten Kapitalismus zugleich eine Epoche, in der die neue Produktionsweise der künftigen kommunistischen Gesellschaftsformation heranreift. Kapitalismus und Kommunismus sind verbunden durch ein Scharnier, dass auf der einen Seite des absterbenden Systems "Imperialismus" heißt und auf der Seite des neuen Systems "Sozialismus", als der ersten Stufe der Epoche des Kommunismus. Die tiefste innere Triebkraft dieses welthistorischen dialektischen Prozesses ist die Internationalisierung, die Vergesellschaftung der Arbeit unter kapitalistischen Bedingungen, die sich im globalisierten Kapitalismus mächtig entfaltet.

Sozialismus ist keine Utopie

Mit einer neuen Produktionsweise auf der Basis der modernen Produktivkräfte und dem damit verbundenen rasanten Wachsen der Vergesellschaftung der Produktion und der Arbeit bilden sich im Schoße des modernen Kapitalismus mit ständig zunehmender Geschwindigkeit wesentliche Elemente einer sozialistischen Zukunft heraus. Die "sozialistische Welt" existiert bereits in "alter kapitalistischer Form" als eine gewaltige, nur bisher ungenutzte Potenz. Aus diesem Verständnis der gegenwärtigen Epoche kann die revolutionäre Bewegung einen möglichen Gang der Weltgeschichte in Richtung einer kommunistischen Zivilisation nützen und weiterführen. Aus dieser Sicht wird deutlich, dass der europäische "reale Sozialismus", der als Frühsozialismus einerseits die kapitalistische Ausbeutung und dadurch bedingte Grundgebrechen des Kapitalismus beseitigte, andererseits aber wesentliche Grundlagen sozialistischer Gesellschaftsentwicklung nicht lösen konnte, nicht als Matrize eines künftigen Sozialismus gelten kann. Er wird als positives wie negatives "Erfahrungsobjekt" für eine sozialistische Neuorganisation der Gesellschaft fungieren.
Ungeheuer erschwerend wirkt, dass der letzte Sozialismusversuch von der Geschichte gewogen und zu leicht befunden wurde und im Massenbewusstsein ein Zerrbild aus Negativselektionen verankert ist.

Bilanz des Realsozialismus

Wer den Sozialismus will, muss die Geschichte des Realsozialismus bilanzieren, sich der historischen Wahrheit stellen, mit allen Plus und Minus. Die Geschichte des Sozialismus ist nicht nur eine Folge des eigenen Wollens und Handeln, des eigenen Vermögens und Unvermögens der herrschenden Kräfte. Eine vielseitige Analyse muss Wirkung und Gegenwirkung, die Wechselwirkung zwischen eigenem Wollen und die Einwirkung der mächtigen Gegenkräfte berücksichtigen. Die Politik des Realsozialismus war teils richtige, teils verfehlte, teils vereitelte Politik. Positiv war u.a. der rechtlich gesicherte Zugang zu existenzsichernder Arbeit; die Möglichkeit der freien Aneignung von Bildung und Kultur als Voraussetzung, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen; soziale Sicherheit als ein zentrales Gut menschlichen Lebens. Dazu zählten Wohnen, Gesundheitsfragen, Schutz vor Kriminalität. Die Ergebnisse der gesellschaftlichen Produktion wurden prinzipiell gerechter verteilt. Und der Realsozialismus war friedfertig. Er vermochte der Epoche zeitweilig einen fortschrittlichen Stempel aufzudrücken (Sieg über den Faschismus, Zerfall des Kolonialsystems, internationale Friedenssicherung). Berücksichtigt man, dass der Realsozialismus der ärmere Teil Europas war, verkörpert er gegenüber den heutigen vom Kapitalverhältnis geprägten Zuständen gesellschaftlichen Fortschritt.
Die Betonung der Vorzüge darf aber nicht zur Leugnung oder Vertuschung seiner schlechten und dunklen Seiten, seiner Mängel und Deformationen führen. Die unlöslich mit der Person Stalins verbundenen, das sozialistische Wesen verunstaltenden Verbrechen und der Terror dürfen nicht verharmlost werden. Sie dürfen in den marxistischen Sozialismusvorstellungen keinen Platz finden.
Entscheidend für das Scheitern des Realsozialismus waren letztlich die eigenen Fehler, Mängel und Deformationen. Ohne schonungslose radikale Kritik des Stalinismus ist es unmöglich, neue, richtige und anziehende Sozialismuskonzeptionen zu entwickeln. Die Ursachen des beispiellosen historischen Misserfolges sind vielfältig, die praktische und theoretische Aufarbeitung ist dringlich.
Hauptübel des realen Sozialismus war das überdimensionierte bürokratisch-zentralistische Kommandosystem, sowie die unkontrollierte Konzentration der Macht im Führungszentrum der regierenden kommunistischen Partei. Diese ersetzte die Prinzipien der Demokratie und der Kollektivität durch Administrieren, Diktat, Willkür und zeitweise durch Terror. Die Sowjets mutierten zu einer von den Massen entrückten Herrschaftsstruktur. Sie waren immer weniger imstande, den Fortschritt befördernde Maßnahmen zu setzen.
Kommandosystem und das Administrieren machten die Menschen – die wichtigste Produktivkraft – zu mechanischen VollstreckerInnen der Verwaltungen. In der Praxis bedeutete dies das Ignorieren der Schöpferrolle der arbeitenden Menschen. Schließlich verloren Staat und Partei die Fähigkeit, die Wirklichkeit zu erfassen und den Knäuel von Widersprüchen zu entwirren.
Die gegängelte marxistische Theoriebildung verlor auf dem Gebiet der politischen Ökonomie ihre innovative Fähigkeit, weil ihr verlässliche Kriterien zur Lösung aktueller Probleme fehlten. Es fehlte das Verständnis für den "Springpunkt der politischen Ökonomie", für die abstrakte Arbeit, für den Wert und das Wertgesetz. Schritt um Schritt wurde dadurch das Wertgesetz außer Wirkung gesetzt und der Realsozialismus unfähig, die Probleme der internationalen Arbeitsteilung und der Demokratie zu lösen. Aus dem theoretischen Defizit resultierte die Notwendigkeit einer allgegenwärtigen aufgeblähten Bürokratie. Stalins Auffassung, der Imperialismus sei nicht mehr fähig sich auf dem eigentlichen ökonomischen Gebiet zu entwickeln und auf politischem und ideologischen Gebiet Initiative zu entfalten hatte verhängnisvolle Auswirkungen.
Aus der marxistischen Philosophie eliminierte Stalin das dialektische Grundgesetz der Entwicklung von der Negation der Negation, das die Kontinuität der Entwicklung ausdrückt: Die Negation als Aufhebung des Niederen durch das Höhere, des Alten durch das Neue, bei der aber auf der höheren Entwicklungsstufe alles Positive beibehalten wird, das dem Gegenstand auf der vorhergehenden Entwicklungsstufe eigen ist. Stalins Vereinfachungen, Einseitigkeiten, Verabsolutierung, die Gleichsetzung von Negation und Vernichtung, sein Hang, Gegensätze für starr und unvereinbar zu halten, sein Bruch mit dem wissenschaftlichen und humanistischen Wesen marxistischer Sozialismusideen, der ganze Dogmatismus in seiner Geisteshaltung haben den Realsozialismus immens negativ beeinflusst.
Das bürokratisch-administrative zentralistische Herrschaftssystem hat Stalin überlebt, es war reproduzierbar. Der Stalinismus nach Stalin brach mit dem Terror, aber nicht mit den Deformationen und den undemokratischen Methoden, die sich weiter verfestigten. Deshalb hat der Terminus "Stalinismus" seine Berechtigung. Nach Stalin gab es keine Überlegungen über eine grundsätzlich neue Art und Weise, wie man auf den Widerspruch zwischen dem umfassenden Führungsanspruch der Partei und den Anforderungen des Staates und der Volkswirtschaft unter den Bedingungen der wissenschaftlich-technischen Revolution auf neue Art reagieren müsste. Es blieb ein Tabu, die Frage nach Lockerung oder Abschaffung der umfassenden Machtbefugnisse der Parteispitze auch nur zu stellen. Eine Theorie zur Lösung aktueller Probleme der Ökonomie des Sozialismus wurde bis zum Zusammenbruch des Realsozialismus nicht ausgearbeitet.
Der Stalinismus war in seinen Grundzügen nicht allein ein Phänomen des Realsozialismus, sondern wurde auch der kommunistischen Weltbewegung aufgezwungen. Aufgabe unserer Zeit ist die Wiederherstellung einer starken, international operierenden kommunistischen Bewegung, deren objektive Grundlagen die realen kapitalistischen Produktions- und Vergesellschaftungsprozesse sind. Gemessen an dieser Aufgabenstellung ist der Stalinismus ein Synonym für Dogmatismus, Verflachung, Einengung, Realitätsverlust, ein Anachronismus.
Unsere Haltung, zu der wir auf schmerzhafte Weise gefunden haben, bedeutet keine Verurteilung und Totalkritik der Sozialismusversuche im 20. Jahrhundert, sondern verpflichtet uns dazu, aus der Kritik an Abirrungen vom Marxismus Schlussfolgerungen für heutige und zukunftsweisende Politikkonzepte zu ziehen.
Für die Erneuerung der Sozialismuskonzeptionen und der kommunistischen Bewegung machen formelhafte öffentliche Distanzierungen vom Stalinismus wenig Sinn, die zu innerparteilichen Querelen oder sogar zu Ausgrenzungen führen können. Es kommt auf etwas anderes an. Wir müssen uns bewusst und kritisch den theoretischen Erkenntnissen und Erfahrungen der österreichischen und internationalen ArbeiterInnenbewegung stellen. An kritisches kommunistisches Denken muss der Anspruch gestellt werden, gesellschaftliche Wirkungszusammenhänge aufzudecken und darauf basierend die Erneuerung von Theorie und Praxis der Sozialismuskonzeptionen und der kommunistischen Parteien voranzutreiben. Die globale Revolution und die qualitativ neue Stufe aller ökonomischen, sozialen und geistig-kulturellen Prozesse erfordern eine Sozialismuskonzeption, die weit über das heute bekannte und bis 1989 in Europa praktizierte sozialistische Modell hinausgeht.

Sozialismus und Demokratie

Die sicherste Methode, um den Menschen die Einsicht zu verstellen, dass der Kapitalismus immer mehr menschenverachtende Züge annimmt, ist es, die Ressentiments gegen den Sozialismus und gegen die KommunistInnen so auszubauen, dass die Möglichkeit der sozialistischen Alternative an der Mauer des Vorurteils zerschellt.
Die Furcht vor dem Machtantritt der KommunistInnen ist unbegründet. Erstens hat die KPÖ auch programmatisch nicht den Anspruch auf das Monopol der Macht erhoben und zweitens haben wir aus den Demokratie-Defiziten der ehemaligen realsozialistischen Länder grundlegende Schlussfolgerungen gezogen. Wir sind für ein demokratisches Mehrparteiensystem, für Meinungsvielfalt. Die KPÖ ist gegen eine allumfassende staatliche Planung der Wirtschaft und für Pluralismus in den Eigentumsformen. Es ist der Neoliberalismus, der mit seiner blindwütigen Feindschaft gegen alle Formen von gesellschaftlichem Eigentum den viel beschworenen Pluralismus Lügen straft.
Die KPÖ ist gegen jegliche Privilegien in Wirtschaft und Politik. Das hat aber nichts mit Gleichmacherei zu tun, sondern bedeutet die Anerkennung der Leistung jeder einzelnen Person. Eine künftige sozialistische Gesellschaft wird ein offenes, demokratisches und variantenreiches Projekt mit dem Ziel sein, eine klassenlose, ausbeutungsfreie und herrschaftslose Gesellschaft aufzubauen, in der die freie Entfaltung einer/s jeden zur Bedingung für die freie Entwicklung aller ist.
Nach diesem Gesellschaftsentwurf, der erst in einer höheren Phase des Kommunismus voll zum Tragen kommt, basiert sozialistische Demokratie im radikalen Unterschied zur bürgerlichen Demokratie, die auf die Erhaltung der Sonderinteressen der herrschenden Klasse gerichtet ist, auf der Idee der vollständigen und konsequenten Demokratisierung der Wirtschaft und der Produktionsverhältnisse, sowie des Staates und der Zivilgesellschaft, auf dem Ineinandergreifen von gesellschaftlicher Entwicklung und massenweise individueller Entfaltung. Die sozialistische Demokratie ist ein neuer Demokratietyp, der als Demokratie für das Volk zugleich dessen Herrschaft durch den sozialistischen Staat realisiert. Eine Vergesellschaftung der Produktionsmittel ist nicht möglich ohne die Vergesellschaftung des Staates. Ohne strenge Kontrollmechanismen, ohne Offenlegung aller politischen Entscheidungsvorgänge, ohne Rechenschaftslegung und sofortige Abwahlmöglichkeiten, ohne wirkliche Presse- und Versammlungsfreiheit stirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, entstehen auch in Gesellschaften, die auf soziale Gerechtigkeit ausgerichtet sind, neue oligarchische und patriarchale Herrschaftsverhältnisse. Gleichberechtigte Stellung aller Mitglieder der Gesellschaft als EigentümerInnen bei Vielfalt der sozialistischen Eigentumsformen bedarf der denkbar vollkommensten Demokratie in den politischen Strukturen, ebenso wie der demokratischen Rechte der ArbeiterInnen und Angestellten in den Betrieben. Selbständige Entfaltung der ökonomischen Einheiten in Produktion, Handel, Finanzwesen, Kommunalwirtschaft und dergleichen ist – allerdings innerhalb der ökonomischen Gesetze des Sozialismus – unabdingbar. Um das sozialistische Eigentum im allseitigen Interesse der Gesellschaft zu verwalten und zu mehren, bedarf es wettbewerbsfähiger Produktion, lebendiger Verflechtungen mit der internationalen Wirtschaft, sowie starker Banken, die den bestimmenden Einfluss der gesellschaftlichen EigentümerInnen unantastbar gewährleisten.
Echte Mitbestimmung, Selbstbestimmung ist die Voraussetzung der positiven Identifizierung der Menschen mit der sozialistischen Gesellschaft. Nur so kann sich der Sozialismus ökonomisch, kulturell und sozial so entwickeln, dass die Menschen ihr individuelles Interesse in Übereinstimmung mit der gesellschaftlichen Entwicklung begreifen. Demokratie muss im alltäglichen Leben erlebbar gemacht werden. Indem die Massen ihre Kräfte in der praktischen Aktion erproben und damit zugleich die gesellschaftlichen Verhältnisse weiterentwickeln, ist sozialistische Demokratie eine Massenbewegung.
Macht kann im Sozialismus nur auf der Basis einer Mehrheit der Bevölkerung ausgeübt werden. Eine neue Macht wird sich auf die Einhaltung der Verfassung stützen, die gesellschaftspolitische Reformziele festschreibt und demokratische und soziale Rahmenbedingungen festlegt, welche zur unabdingbaren Beachtung der Menschenrechte verpflichtet, sowie weitgehende Kontrollmechanismen und demokratische Eingriffsmöglichkeiten vorsieht, um Missbräuche zu verhindern. Erfahrungen des Klassenkampfes lehren, dass die Monopolbourgeoisie, wenn sie ihre Macht und Privilegien bedroht sah, stets versucht hat, den gesellschaftlichen Fortschritt mit allen ihr zu Gebote stehenden Mitteln bis hin zur Errichtung faschistischer Diktaturen und zur Entfesselung von Bürgerkriegen zu verhindern. Eine genügend mächtige und entschlossene Volksbewegung kann den Widerstand der reaktionären Kräfte überwinden und ein solches Übergewicht der zum Sozialismus strebenden Kräften erreicht werden, dass die Anwendung blutiger, konterrevolutionärer Gewalt verhindert wird und der für das arbeitende Volk günstigste Weg zum Sozialismus durchgesetzt werden kann. Die Machtausübung muss dem revolutionären humanistischen Standpunkt der Arbeiterklasse verpflichtet sein, alle Verhältnisse umzuwerfen, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes, ein verächtliches Wesen ist.

Sozialismus und Freiheit

Der Sozialismus, dieses zutiefst universalistische Projekt der menschlichen Emanzipation ist keine Utopie aber auch kein Paradies auf Erden. Er ist mit dem Fortschreiten "von der Utopie zur Wissenschaft" (F. Engels) mit dem marxistischen Anspruch auf wissenschaftliche Zukunftserhellung verbunden - ohne Anspruch auf absolute Wahrheit. Im Sozialismus bleiben gesellschaftliche Widersprüche, es bleiben "Muttermale" (Karl Marx) von vergangenen Gesellschaftsordnungen und persönlichen Konflikten. Aber er befreit die Menschheit von den Geißeln der Ausbeutervergangenheit: er überwindet alle Verhältnisse, in denen der Mensch ein erniedrigtes, ein geknechtetes, ein verlassenes Wesen ist, er befreit die Menschen von Ausbeutung, von Unterdrückung und Armut, von Krisen, von Umweltzerstörung und von Kriegen und so von der Gefahr des Untergangs der menschlichen Zivilisation. Sozialistische Gesellschaftsgestaltung ist nicht auf die Lösung des Klassenwiderspruchs zwischen Kapital und Arbeit beschränkt; sie muss zugleich die gesamten von der Ausbeuterzivilisation hervorgebrachten antagonistischen Widersprüche aufheben, die sich zum Teil auch in den neuen Herrschaftsverhältnissen reproduzieren. Die Menschen müssen zum begreifenden Denken, Fühlen und Handeln im Sinne des Menschheitsfortschritts befähigt werden und zu kompetenten MitgestalterInnen der gesellschaftlichen Angelegenheiten werden. In einem langen Prozess müssen kapitalistisch instrumentalisierter Individualismus und eine konkurrenzgesellschaftlich geformte Persönlichkeitsstruktur, die keine Rücksichten und Selbstbeschränkungen kennt, überwunden werden. Es müssen Voraussetzungen geschaffen werden, dass der/die Einzelne eine sinnvolle Verknüpfung von Gesellschafts- und Individualentwicklung, ein humanistisches Verhältnis zu seinem sozialen Bezugssystem und zu seinem eigenen Selbst im Interesse der Selbstentfaltung aller, herstellen kann.
Die historische Funktion des Sozialismus ist es, die Übereinstimmung von Mensch und Natur herzustellen und damit den Weg der Selbstvernichtung der Menschheit zu beenden. Die Emanzipation des Menschen ist das Ziel des Sozialismus. Denn erst hier erhält er die Chance, mit dem zu beginnen, was das Ziel des Lebens ist: wirkliche Freiheit. Der Sozialismus ist eine Bedingung dieser menschlichen Freiheit. Der Sieg über die Armut ist hierfür Grundvoraussetzung – aber zugleich verlangt dies die eindeutige Absage an eine maximale Produktion und Konsumtion als oberste Ziele der Gesellschaft.
Ziel unseres Kampfes ist eine Gesellschaftsordnung, in der die Kategorie Geschlecht uninteressant dafür ist, wie wir als Menschen behandelt werden. Das ist der Sinn unserer antipatriarchalen Orientierung. Frauen brauchen deshalb einen selbständigen Frauenkampf gegen Ungleichheiten, die sich auf die Geschlechtsunterschiede berufen, genauso wie sie gemeinsam mit Männern gegen Kapitalismus und Frauenunterdrückung kämpfen.
Demokratie und Menschenrechte sind objektive Existenzbedingungen des Sozialismus. Das Recht auf Arbeit, das Recht auf Eigentum, das Recht auf Selbstverwaltung, auf Gesetzlichkeit und Rechtssicherheit, das Recht auf Schutz des Lebens sowie seine Entfaltung nach den Prinzipien des Humanismus und der sozialen Gleichheit und viele andere soziale Menschenrechte werden sozialistische Realität. Das grundlegende sozialistische Menschenrecht ist das Recht auf Selbstverwirklichung, da es der Persönlichkeit ein befriedigendes menschliches Leben ermöglicht. Dieser Sozialismus wird als Erbe die zivilisatorischen Errungenschaften bisheriger Menschheitsentwicklung auf politischem, staatlichem und rechtlichem Gebiet auf höherer humanistischer Stufe fortsetzen. Er wird alles Progressive und Vernünftige der Zivilisation und Kultur fortführen, das mithilft, in welthistorischer Perspektive der Menschheit den Weg zu neuen kommunistischen Ufern zu bahnen.

Die Frage des Eigentums

Die Aufhebung des kapitalistischen Eigentums an den "großen" Produktionsmitteln ist die entscheidende Grundvoraussetzung, um den Sozialismus aufzubauen. Es muss nicht bloß in Verfügung- sondern auch in Eigentumsverhältnisse eingegriffen werden, um die ökonomischen Gesetze des Kapitals außer Kraft zu setzen.
In der bürgerlichen Gesellschaft ist der entscheidende Hebel für das Funktionieren des Mechanismus der Aneignung des Mehrwerts durch die KapitalistenInnen die bürgerliche Rechtssetzung, nach der alle Arbeitsergebnisse Eigentum der KapitalgeberInnen sind. Nach dem tatsächlichen Sachverhalt seiner Entstehung aber ist der Mehrwert Frucht der Arbeitsleistung der Lohnabhängigen. Daher steht diesen sowohl moralisch als auch tatsächlich die Forderung zu, das Recht auf Eigentum mit dem Wertschöpfungsakt in Übereinstimmung zu bringen: Ursprüngliche/r EigentümerIn eines Wertes ist sein/e unmittelbare/r ProduzentIn. Die Umsetzung dieser Rechtsforderung der Lohnabhängigen bedeutet einen revolutionären Prozess, der die politische Entmachtung der KapitalistInnenklasse zum Ziel und als Voraussetzung hat.
Der Sozialismus ist durch eine solche Vergemeinschaftlichung großer Produktionsmittel gekennzeichnet, bei der Eigentum und Verfügung in den Händen der assoziierten ProduzentInnen liegen. Dadurch wird es möglich, die Produktion real zu vergesellschaften, die gesellschaftlichen Grundbereiche zu planen, langfristig die Produktionsweise bei Dominanz des gesellschaftlichen Eigentums an den entscheidenden Produktionsmitteln und Existenz von Genossenschaften und anderen Eigentumsformen zu gestalten sowie die kapitalistische Warenproduktion in eine sozialistische Warenproduktion umzuwandeln. Es ist der Weg, wonach an "die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen – eine Assoziation (tritt), worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entfaltung aller ist." (K. Marx / F. Engels). Das Individuum wird im Sozialismus nicht verwaltet, sondern ist selbst aktiv gestaltendes Glied des Ganzen.

Sozialismus und Landwirtschaft

Auch die Landwirtschaft wird im Sozialismus von einer Vielzahl von Formen des Genossenschaftswesens geprägt sein.
Seit dem Beitritt Österreichs zur europäischen Union werden die Interessen der Klein- und Mittelbauern/bäuerinnen und der Nebenerwerbsbauern/bäuerinnen verstärkt dem Primat des Profits und der "Euro-Kriterien" unterworfen. Diese Entwicklung der Landwirtschaft ist gekennzeichnet durch das Diktat der Agrar- und Pharmaindustrie und durch enorme Überproduktion. Während Millionen Menschen verhungern, werden landwirtschaftliche Produkte im großen Stile vernichtet, um dem Preisverfall entgegenzuwirken. Diese Widersprüche sind durch das BSE- und MKS-Drama zu Tage getreten. Vielleicht am deutlichsten zeigt der landwirtschaftliche Sektor, dass vernünftige Produktion an den Bedürfnissen von Mensch und Tier orientiert werden muss.
Landwirtschaftliche Genossenschaften werden nicht wie im vergangenen Realsozialismus als eine zweitrangige, nicht voll entwickelte Form des Sozialismus behandelt werden, vermieden werden soll auch jede Gigantomanie.
Wenn man die riesigen Ausgaben der öffentlichen Hand für die Behebung der Umweltschäden berücksichtigt, die durch den Eingriff der Chemie verursacht werden, dann sind landwirtschaftliche Betriebe ab einer bestimmten Größenordnung weder ökonomisch noch ökologisch rentabel.
Die Alternative zur agrarischen Großproduktion ist der bäuerlich-ökologische Landbau mit Kreislaufwirtschaft bei Einsparung von industriell erzeugtem Dünger. Auch in der Landwirtschaft sind grundlegende Strukturreformen fällig. Erfolgreicher bäuerlicher Landbau erfordert die Zurückdrängung und Überwindung des Einflusses des agrarindustriellen Komplexes, eine allseitige Kooperation und Integration der Bauern/Bäuerinnen in Produktion, Verarbeitung und Vermarktung sowie Kooperation der Bauern/Bäuerinnen mit dem Handel, dem regionalen Handwerk und anderen Wirtschaftsbetrieben und nicht zuletzt auch Zusammenarbeit mit Interessensverbänden der KonsumentInnen.
Agrarindustrielle Betriebe sollten z.T. Eigentum bäuerlicher Genossenschaften bzw. im Rahmen des zu schaffenden öffentlichen Industriesektors organisiert werden.

Sozialismus und Kommunismus

Als Werk von Generationen findet der Sozialismus seine volle Ausformung im kommunistischen Gesellschaftszustand – als der künftigen Existenzform der menschlichen Gesellschaft, deren Grundprinzip die volle und freie Entwicklung des Menschen ist.
Der Sozialismus ist in einem zugleich sowohl die Negation des Kapitalismus als höchster Entwicklungsstufe der antagonistischen Zivilisation als auch die erste Phase der kommunistischen Gesellschaftsformation. In diesem Übergangsfeld der Menschheitsgeschichte von der kapitalistischen Ausbeutergesellschaft zu einer wirklich menschlichen, auf solidarischen Subjektbeziehungen basierenden kommunistischen Gesellschaft muss der Sozialismus das von der gesamten ausbeuterischen Zivilisation hervorgebrachte Widerspruchssystem "verarbeiten". In diesem Prozess muss er unterscheiden zwischen dem, was beim revolutionären Übergang negiert und beseitigt werden muss, und dem, was vom Alten durch Umbau und Veränderung mit den individuellen und den menschlichen Allgemeininteressen in Übereinstimmung gebracht werden kann. Auch im Sozialismus gibt es, in umgestalteter Form, Warenproduktion und Lohnsystem. Der Sozialismus "erbt" das alte System der Gliederung der Menschen nach Merkmalen der Arbeitsteilung. Er "erbt" die Unterschiede zwischen körperlicher und geistiger Arbeit sowohl im Einkommen als auch auf kulturellem Niveau. Diese Muttermale vergangener Epochen kann man nicht einfach abschaffen. Im Sozialismus werden die aus Ausbeuterverhältnissen resultierenden unversöhnlichen Klassenunterschiede in einem lang andauernden widersprüchlichen Prozeß beseitigt. Es bleibt die ArbeiterInnenklasse und die Klasse der Bauern/Bäuerinnen, es bleiben breite soziale Schichten von Intellektuellen und Werktätigen.
Längere Zeit existiert im Sozialismus auch privates Eigentum an Produktionsmitteln, wo nicht nur Familienangehörige, sondern auch fremde Arbeitskräfte beschäftigt sind. Das heißt, auf längere Zeit wird es auch im Sozialismus Ausbeutung und Klassenkämpfe geben. Allerdings sollten gemeinwirtschaftliche Betriebe so aufnahmefähig sein, dass niemand gezwungen ist, sich in Privatbetrieben der Ausbeutung zu unterwerfen.
Die Klassenteilung der Gesellschaft, sozialistische Warenproduktion, sozialistisches Lohnsystem, gesellschaftliche Arbeitsteilung sowie wesentliche Unterschiede zwischen körperlicher und geistiger Arbeit und im kulturellen Niveau werden erst in einem langen und allmählichen, Generationen dauernden Prozess, verschwinden.
Die KPÖ strebt an, schon im Sozialismus damit zu beginnen, den Staat zugunsten von Selbstverwaltung abzubauen. Dieser Abbau des Staates – "Absterben" bei Marx und Engels, – setzt die schrittweise Aufhebung der Klassen voraus. Der Kampf der ArbeiterInnenklasse muss von Anfang an die Abschaffung aller besonderen Klasseninteressen zum Inhalt haben. Die ArbeiterInnenklasse braucht ihre Macht, d.h. ihren Staat nur, um Sonderinteressen abzuschaffen, d.h. mit allen Klassen auch sich selbst aufzuheben. Alles ist danach zu bewerten, ob es die Gesellschaft diesem Ziel näher bringt oder nicht. Wenn man dies nicht betont, hat man weder die Erfahrung des Untergangs des Realsozialismus – der "Nomenklatura", die ihre Sonderinteressen verteidigte noch den wesentlichen Unterschied zwischen "Demokratie" als Herrschaft der Mehrheit über die Minderheit, also der Herrschaft von Menschen über Menschen und der "Verwaltung von Sachen und der Leitung von Produktionsprozessen", die im Kommunismus die Demokratie ablösen, richtig verarbeitet.
Nicht akzeptabel ist, wie es eine einflussreiche Strömung in der kommunistischen Bewegung tut, aus der marxistischen Terminologie den Begriff Sozialismus, ein Sysnonym für die "erste Phase des Kommunismus" zu streichen. Mit der Wortschöpfung "neuer Kommunismus" soll nicht nur ein durch die realsozialistische Praxis belastetes Wort ersetzt werden. Ausgeblendet aus der gesellschaftlichen Auseinandersetzung werden auch Begriffe wie antagonistische Klassen und Klassenkampf sowie im Umgestaltungsprozess der ersten Phase zwingend notwendige revolutionäre Brüche wie die Enteignung der Eigentümer der transnationalen Konzerne und deren Vergesellschaftung. Die Zwei-Phasentheorie Sozialismus - Kommunismus ist der Kernpunkt des ganzen Marxschen formationstheoretischen Ansatzes, seiner Konzeption des Kommunismus als Fortschritt zur gesellschaftlichen Entfaltung der produktiven Kräfte der Menschheit.
Wir hielten es für einen strategischen Fehler, den "neuen Kommunismus" in einen programmatischen Rang zu erheben.
Ein geschlossenes, allgemeinverbindliches Modell des Sozialismus wird es nicht geben. Die künftige sozialistische Gesellschaft wird ein offenes und variantenreiches Projekt sein. In Zukunft wird es verschiedene "Sozialismen" geben, die universell ein menschenwürdiges Leben aller Menschen sowie die Versöhnung der Menschheit mit der Natur und mit sich selbst ermöglichen.

Wie ist es im Kommunismus?

Im Kommunismus gibt es keine Klassen und keine sozialen Unterschiede. In den Produktionsverhältnissen herrscht absolute Gleichheit. Die Menschen leben nach dem Prinzip: "Jede/r nach ihren/seinen Fähigkeiten, jede/r nach ihren/seinen Bedürfnissen". Es gibt keinen Staat als politische Institution mehr. Er ist bereits abgestorben.
Der Kommunismus ist eine klassenlose, ausbeutungsfreie und herrschaftslose, auf Selbstverwaltung begründete Zivilgesellschaft. Die Zivilisation, entstanden beim ursprünglichen Übergang der Menschheit von urkommunistischen Zuständen zu einer auf Ausbeutung des Menschen durch den Menschen beruhenden Klassengesellschaft ist unlöslich verbunden mit den Ausbeutergesellschaften sowie mit der Entfremdung des Menschen von der Natur und von einander. Der Kommunismus ist die Negation der Negation aller bisherigen Zivilisation, er befreit die Zivilisation von der inhumanen Last der Ausbeutergesellschaften. Er hebt die Entfremdung des Menschen von der Natur und von sich selbst auf. Gleichzeitig bewahrt er alle Errungenschaften der Zivilisation und hebt sie durch neue zivilisatorische Errungenschaften auf eine höhere humanistische Stufe.
Was verbleibt im Kommunismus? Es verbleibt die natürliche Ungleichheit und Verschiedenheit der Menschen. Eine/r ist begabt für Kunst, andere für Wissenschaften, eine/r hat flinke Hände, andere haben einen flinken Kopf. Es bleiben die "natürlichen Privilegien" (Karl Marx) der Menschen. Ungleichheit und Verschiedenheit der Menschen wird es immer geben. Diese Unterschiede machen den Menschen zum Menschen. Die kommunistische klassenlose Gesellschaft ist eine unumgängliche Voraussetzung, um diese "natürlichen Privilegien" entfalten zu können.
***
Der Übergang zur vollen Reife des Kommunismus wird vermutlich Jahrhunderte dauern.


III. Mittelfristige Reformalternativen –Berührungspunkte zum sozialistischen Ziel

In unserer heutigen Situation ist das unmittelbare Problem der Linken nicht die "Revolution", sondern die Frage der Reformen. Seit den 70er-Jahren hat keine im Interesse der arbeitenden und bedürftigen Menschen liegende Reform stattgefunden, die eine gewisse Tendenz zu emanzipatorischen Veränderungen mit sich gebracht hätte. Die mit Deregulierung, Privatisierung und Abbau von Sozialleistungen einsetzende Offensive des Neoliberalismus kennt nur asoziale und inhumane Gegenreformen. Ohne Widerstand wird es immer barbarischere Abstriche von Lebensqualität und Humanismus geben. Außerparlamentarische Bewegung, Aktion, Druck, Öffentlichkeit, Protest und Streiks gegen unsoziale und undemokratische Maßnahmen sind unerlässlich, sowohl für die Abwehr neuer Verschlechterungen als auch für den Zugewinn neuer Errungenschaften. Verteidigung des sozialen Besitzstandes und der Kampf für progressive Reformen gehören zusammen, sie bedingen einander gegenseitig.

Revolutionäre Brüche sind notwendig

Ausgehend von den heutigen konkreten Umständen geht unsere Strategie von folgender Annahme aus: Der Machtergreifung durch die ArbeiterInnenklasse geht eine lange Periode radikaldemokratischer Reformen voraus, durch die dem kapitalistischen System durch Brüche in der Eigentumsstruktur und in den Machtverhältnissen grundlegende soziale und demokratische Rechte abgerungen werden. Im Voranschreiten radikaler Reformen werden Momente eines künftigen Sozialismus sichtbar.
Radikaldemokratische Reformpolitik hat nichts zu tun mit dem Reformismus sozialdemokratischer Prägung. Dieser hat an den Schnittpunkten der Geschichte, 1918 und 1945, versagt und eine revolutionäre Entwicklung Österreichs verhindert. Schließlich ist aus dem Reformismus die heutige von sozialdemokratischen Regierungen betriebene Politik "neoliberaler Antireformen" hervorgegangen.
Auch innerhalb kommunistischer Parteien gibt es die Auffassung, es sei möglich durch "Transformation" , also durch Reformen schon heute von der bürgerlichen Demokratie zur sozialistischen Demokratie vorwärts zu schreiten. Das ist jedoch eine Illusion. Demokratie ist keine Zutat, die im Kapitalismus und im Sozialismus gleich vorkommt, nur in verschiedenen Anteilen. Durch quantitative Vermehrung demokratischer Errungenschaften, die im Kapitalismus erkämpft werden entsteht keine sozialistische Qualität. Wer das erwartet, hat den Kampf um um eine reale sozialistische Alternative jenseits des Kapitalismus aufgegeben, predigt die Utopie eines "Sozialismus" auf dem Boden und im Rahmen des Kapitalismus selbst. Jeder wirkliche bedeutende gesellschaftliche Fortschrift erfordert einen Bruch in allen grundlegenden Bereichen der Gesellschaft, vor allem einen Wechsel, in der Art des Eigentums an den wesentlichen materiellen Werten im Land. Um diesen Wechsel muß ein erbitterter gesellschaftlicher Kampf geführt werden. Der Klassenkampf ist unter all den unterschiedlichen Kämpfen, die für den gesellschaftlichen Fortschritt notwendig sind, der anspruchsvollste und zugleich der alles entscheidende.

Auch in neuen, schon sozialistischen Herrschaftsverhältnissen werden weiterhin Widersprüche erzeugt, deren Wurzeln im Widerspruchssystem der gesamten Ausbeuterzivilisation liegen, beispielsweise Widersprüche zwischen den Geschlechtern und zwischen Völkern und Nationen. Soll vermieden werden, dass solche Widersprüche wie in der ehemaligen Sowjetunion und in Jugoslawien schreckliche Folgen zeitigen, müssen auch solche oft in uralten Ausbeutungsverhältnissen wurzelnde Widersprüche rechtzeitig durch grundlegende Reformen gelöst werden. Das Neue kann sich immer nur auf revolutionäre Art durchsetzen.
Unsere radikal-demokratische Reformstrategie knüpft an die täglichen Sorgen und Nöte der Menschen an. Das Besondere an ihr ist, dass sie aktuelle soziale, ökonomische, ökologische und politische Aufgaben mit mittelfristigen antikapitalistischen Politikkonzepten und mit der sozialistischen Perspektive verbindet. So wahrt sie die Sicht auf die Erfordernisse der Gegenwart und verstellt nicht den Blick über das Heute hinaus, Teilschritte und Reformen müssen eine eigene Logik haben: Den dauerhaften Machtwechsel zugunsten heute scheinbar ohnmächtiger Mehrheiten und fundamentale Veränderungen der gesellschaftlichen Strukturen. Reformen sind wichtige Bestandteile unserer Strategie, wegen unserer grundsätzlichen Kritik am Kapitalismus denken wir schon im Kampf um Reformen über diese hinaus und streben deshalb neue gesellschaftliche antikapitalistische Strukturen an. Ohne dieses klare Ziel wird – wie die Geschichte der Sozialdemokratie beweist – aus reformistischer Logik, sich "Sachzwängen" unterordnen zu müssen, eine Politik der Gegen- und Konterreformen.
Die Möglichkeit sowohl punktueller und kurzfristiger, als auch stabiler breiter Massenbewegungen und die Formierung gesellschaftlicher Mehrheiten für den Kampf um grundlegende gesellschaftliche Veränderungen in Richtung Sozialismus steht und fällt mit der Durchsetzung eines realistischen, gangbaren und zukunftsweisenden radikal-demokratischen Alternativkonzeptes.
Theoretisch geht es um das Verstehen der Dialektik vom Demokratie und Sozialismus und um die Bedeutung der Rolle strategischer Etappen. Praktisch geht es darum durch Widerstand und Gegenmacht einen neuen Klassenkompromiss zu erzwingen, aus dem ein neuer Entwicklungstyp von Demokratie und Sozialstaat hervorgeht.

Für einen progressiven Sozialstaat

Ohne tiefgreifende Demokratisierung ist es weder möglich, eine antikapitalistische Wirtschaftspolitik durchzusetzen, noch ein auf Überwindung des Kapitalismus gerichtetes Gesellschaftssystem zu errichten. Der Staat und andere Institutionen des politischen Überbaus stehen mit der Wirtschaft und den Produktionsverhältnissen in Wechselwirkung; sie bedingen sich gegenseitig, weshalb radikal-demokratische Reformen in allen gesellschaftlichen Bereichen einheitlich, umfassend und konsequent durchgesetzt werden müssen.
Prioritäten eines anzustrebenden neuen progressiven Sozialstaates, der grundlegende menschliche Bedürfnisse sichert:
Neue machtpolitische Verhältnisse: Die Vorherrschaft des Neoliberalismus in Wirtschaft, Staat und Zivilgesellschaft muss gebrochen, eine neue Hegemonie eines gesellschaftlichen Konsenses für eine demokratische, emanzipatorische, ökologische, soziale und kulturelle Umgestaltung muss erzwungen werden.
Die Effektivität der Wirtschaft darf nicht länger im Interesse der Rentabilität des Kapitals gemessen werden, sondern an der Erfüllung der sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Menschen. Deshalb Brechung der Macht der großen Konzerne.
Die Arbeit muss sich am Leitbild eines neuen Typs von Vollbeschäftigung orientieren.
Das Wachstum der Produktivität hat das Wachstum der Produktion und der Dienstleistungen überflügelt. Im 21. Jahrhundert wird die Menschheit ihren Bedarf an Waren und Dienstleistungen mit einem Fünftel der heute benötigten Arbeit befriedigen. Gleichzeitig steigt jedoch der Bedarf an sozialen, gesundheitlichen und kulturellen Tätigkeiten, die keinen Profit erzielen, aber gesellschaftlich notwendig sind. Die Gesellschaft muss sich deshalb auf eine völlig neue Art von Vollbeschäftigung gründen.
Verhindert werden kann das Freisetzen von Arbeitskräften nur durch radikale Arbeitszeitverkürzung sowie durch Neuverteilung der Arbeit und Neuanstellungen, wobei kürzere Arbeitszeiten nur dann genügend Arbeitsplätze schaffen, wenn sowohl die Wochen- und Jahresarbeitszeit als auch die Lebensarbeitszeit reduziert wird, im Gesamteffekt um mindestens 20 Prozent. So schafft die Produktivkraftrevolution im Grundsatz die materiellen Voraussetzungen für die Lösung der sozialen Frage im globalen Maßstab, für die Bewältigung der Zivilisationskrise. Mangelnder Reichtum der Weltgesellschaft wird als Erklärungsgrund für soziale Degradation hinfällig.

Lebenswichtige Strukturen der Gesellschaft, wie Wohnen, Gesundheit, Bildung, Kultur und Verkehr müssen der Diktatur des Marktes entzogen werden.
Der soziale und ökologische Umbau der gesamten Produktions- und Lebensweise muss mit der Umverteilung der Einkommen und Vermögen verknüpft werden.
Politische Freiheitsrechte und Wirkungsmöglichkeiten der Bevölkerung müssen durch Formen der direkten Demokratie erweitert, die Rechtsstaatlichkeit ausgebaut, Gewaltentrennung und Unabhängigkeit der Gerichte strikt gewahrt werden.

Entscheidende frauen- und kinderfreundliche Strukturen in allen Bereichen der Gesellschaft müssen als wichtige Voraussetzung für die schrittweise Beseitigung des Patriarchats geschaffen werden.
Ein Gesundheitswesen ohne Zweiklassenmedizin, das allen Menschen gleichermaßen offen steht.

Hauptstoß gegen Eckpfeiler des herrschenden Systems

Wir haben nicht die Absicht, das private Eigentum an Produktionsmitteln in ganzer Breite anzugreifen. Wir messen Klein- und Mittelbetrieben in Bezug auf Versorgung mit Konsumartikeln und Innovation, eine hervorragende Bedeutung zu. Angebot und Nachfrage sind sinnvolle Kriterien für überschaubare Sektoren wie ein lokales Handwerk.
Befinden sich große Produktionsmittel und Ressourcen der Gesellschaft – Bodenschätze, wichtige Rohstoffe, Industriezweige und große Unternehmen – in Privateigentum und werden sie einem anonymen Markt überlassen, dann mündet dies in eine immer größere Konzentration des privaten Eigentums an großen Produktionsmitteln. Die Herrschaft von Menschen über Menschen, die jedem kapitalistischen System eigen ist, wird zur Macht weniger MilliardärInnen und zur Ohnmacht von Millionen. Dabei wirkt die bestehende kapitalistische Wirtschaftsordnung, die allein vom Prinzip der Profitmaximierung angetrieben wird, rücksichtslos gegenüber Mensch, Umwelt und Natur.
Kommunistische Politik führt den Hauptstoß gegen die Macht der Konzerne und Großbanken und damit gegen die Eckpfeiler des herrschenden Systems. Große, zunehmende Teile des Gewinnes, vor allem Gewinne aus Vermögen, speziell die Gewinne aus Kursgewinnen bei Aktien, Spekulationen u.a. haben nichts mehr mit innovativer und effizienter Wirtschaft zu tun. Gewinnstreben führt – ohne entsprechende Rahmenbedingungen und ohne gesellschaftliche Regulierung – zu ökologisch und sozial äußerst negativen Resultaten.
Wirtschaftsdemokratie und demokratische Kontrolle über die Banken und andere Finanzinstitutionen sowie eine gesellschaftliche Regulierung und Kontrolle der Produktion und Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums sind für die linke Wirtschaftspolitik unverzichtbar.
Ein vergesellschafteter Industrie- und Bankenkonzern müsste die wichtigsten Bereiche der Hochtechnologie umfassen und eine nationale industrielle Führungsrolle übernehmen. Auf dieser Grundlage wäre es möglich, Rahmenbedingungen für eine innovative und zukunftsorientierte gesamtgesellschaftliche Wirtschaftpolitik zu schaffen, in der Wirtschaftsdemokratie, Kontroll- und Einwirkungsmöglichkeiten von unten nach oben bestehen und den öffentlichen Zugriff auf das Sozialprodukt sichern.
Beim Eingriff in das großkapitalistische Eigentum geht es zunächst um qualitativ neue Mitbestimmungsrechte der Belegschaften in den Unternehmen. Betriebsräte und Gewerkschaftsvertrauensleute müssen mitentscheiden können bei Struktur- und Fusionsentscheidungen, die Bedeutung für die Zentralisierung und Konzentration des Kapitals haben, bei Produkt- und Verfahrensinnovationen, bei Rationalisierungsinterventionen, Verlagerungen von Produktionsstätten ins Ausland.
Die demokratischen Mitbestimmungsrechte in den Unternehmen müssen ihre Ergänzung finden durch Mitbestimmungsrechte der Gewerkschaften im volkswirtschaftlichen Maßstab. Auch staatliche Regulierungsmaßnahmen wie Auflagen und Verbote beschränken die Verfügungsgewalt des Großkapitals. Im öffentlichen Industriesektor geht es auch um die Frage, ob es über Selbstverwaltungsorgane der Arbeitskollektive gelingen kann, Breschen in die kapitalistische Produktionsweise zu schlagen, um in der Person des arbeitenden Menschen den/die Werktätige und den/die Eigentümerin zu vereinigen.

Demokratische Wende – eine Machtfrage

Die Überführung des Eigentums von Konzernen und Großbanken in Gemeineigentum wäre nicht mit der Überwindung des kapitalistischen Systems, mit Sozialismus, identisch, aber zusammen mit anderen Maßnahmen ein Schritt in diese Richtung, zu grundlegender demokratischer Gesellschaftsveränderung, die an die Grenze des Systems stößt und über dieses hinausweist. Ein erst zu erkämpfender neuartiger progressiver Sozialstaat, in dem der Haupteinfluss von der Mehrheit der arbeitenden Bevölkerung ausgeübt wird, würde mit dem gesellschaftlich erzeugten Reichtum wirklich den allgemeinen Wohlstand mehren, die Armut beseitigen, die Arbeitszeit verkürzen und die materiellen und geistigen Ressourcen für arbeitsplatzschaffende und umweltfördernde Maßnahmen, für Bildung, Kunst und Kultur verwenden. Statt Sozialabbau gäbe es wieder emanzipatorische Fortschritte in der Kultur- und Sozialpolitik.

Zivilgesellschaft und Klassenkampf

Die bürgerliche Gesellschaft hat bedeutende zivilisatorische Errungenschaften hervorgebracht, die es zu bewahren und zu mehren gilt. Jedoch darf nicht ignoriert werden, dass der Kapitalismus keineswegs zur Demokratie drängt, sich in seinen Zentren sehr wohl aber nichtdiktatorischer Formen der Abhängigkeit und Unterdrückung bedient. Der Fortschritt wird immer wieder durch die zerstörerische Eigendynamik des Kapitalismus in Frage gestellt. Leider leben wir nicht, wie manche Linke meinen, in einer von vorwärtsstrebenden Kräften dominierten zivilisationsgeschichtlich progressiven Phase. Im Gegenteil. Die vielgerühmte Zivilisierung der Weltgemeinschaft hat den Rückwärtsgang eingelegt.
Mit gesetzlichen und ungesetzlichen Mitteln, offiziell wie inoffiziell verselbständigt sich der Polizeiapparat unter dem Deckmantel des Bürgerschutzes, jenseits jeglicher demokratischer Kontrolle.Vordergründig dient die Perfektionierung des Überwachungsstaates durch Grossen Lauschangriff, Rasterfahndung und Aushöhlung des Datenschutzesn der Bekämpfung er rasnten Kriminalitätsentwicklung.In Wirklichkeit birgt die Bespitzelung durch Polizei- und neuerdings auch durch die Geheimdienste des Bundesheeres für dieBürgerinnen mehr Gefahren alsNutzen und bedeutet Abbau von bürgerlichen Rechten.
Die zerstörerische Dynamik des Kapitalismus transformiert das Prinzip der Profitmaximierung in die Kultur und Ideologie. Deshalb darf man aus der Anerkennung einer relativen Selbständigkeit und der spezifischen soziokulturellen Artikulationsebene der Zivilgesellschaft nicht den Schluss ziehen, dass sich Politik, soziale Bewegung und Kultur der totalisierenden kapitalistischen Vergesellschaftungstendenz entziehen könnten. Es darf nicht unberücksichtigt bleiben, in welch hohem Grade Hegemonie und Herrschaft des Kapitals in all ihren Formen, Ebenen und Lebensbereichen sowohl parlamentarische und exekutive Strukturen als auch einen Großteil zivilgesellschaftlicher Organisationsformen in das Verwertungsinteresse des Kapitals integriert, sie unterordnet, abhängig macht, aufkauft, ausgrenzt und letztlich Kapitalismuskritik absorbiert.
Mit der Macht der transnationalen Medienkonzerne wird eine geistige Diktatur über alle Nationen und menschlichen Gemeinschaften erreichtet. Die Expansions- und Unterdrückungspolitik wird mit der Aura von Demokratie und Menschenrechten umgeben. Kapitalismuskritische, sozialistische Ideen haben nur marginalen Einfluss. Im Fernsehen sind kommunistische Sichtweisen praktisch überhaupt nicht vertreten.
Die Zivilgesellschaft ist kein Gegenpol zu kapitalistischer Macht. Die Zivilgesellschaft ist das Ensemble einer ganzen Palette von Institutionen, die zwischen Staat und Ökonomie geschaltet sind, durch die eine herrschende Klasse, jenseits des herrschenden Zwangs, die freiwillige Zustimmung zu ihrer Produktionsweise, Politik, Ideologie und Kultur herstellt und sichert. In Ausbeutergesellschaften, insbesondere im entwickelten Kapitalismus ist die Zivilgesellschaft die allgemeine, alltägliche und kulturelle Sphäre, in der das Kapitalverhältnis eingebettet ist und in der sie sich reproduziert, wobei die geistige Macht, die aufs Engste mit Kultur verwoben ist, subtil und durch tägliche Gewohnheiten verbreitet wird.
Die Zivilgesellschaft ist gleichzeitig der Ort des Klassenkampfes, an dem um das Bewusstsein der Massen gerungen wird und an dem sich der Kampf um die Hegemonie abspielt. Evolutionspotentiale der bürgerlichen Gesellschaft mussten immer dem bestehenden Machtsystem abgerungen werden. Auch mögliche Zivilisationsgewinne des 21. Jahrhunderts werden das Ergebnis der Kämpfe der ArbeiterInnenbewegung und progressiver demokratischer Bewegungen sein. Geistige, ideologische Vorherrschaft ist die Voraussetzung für den siegreichen Kampf um die Macht.
Heute, wo der entfesselte Kapitalismus Forschrittspotentiale der parlamentarischen Demokratie durch destruktive Maßnahmen fortwährend einengt, ist es notwendiger denn je, auch auf dem Gebiet der Zivilgesellschaft die Angriffe auf zivilisatorische Errungenschaften abzuwehren und für die Durchsetzung neuer zu kämpfen.
Die Tatsachen, dass derzeit derzeit nur ausserparlamentarische Bewegungen das reaktionäre Politikkonzept von Kapital und Regierung bezwingen können, entbindet Kommunist/innen nicht der Verpflichtung Fragen zu thematisieren, wie die Stärkung der Legislative gegenüber der Exekutive und ihrem bürokratischen Apparat und insbesondere dasRingen um dieZurückdrängung des in der Verfassung gar nicht vorgesehenen Einflusses des Grosskapitals auf Legislative und Exekutive, auf das politische und geistige Leben der Gesellschaft. Demokratisiert werden müssen die Verwaltungen, diese bürokratisch verselbständigten Subsysteme. Verwaltung ist vor allem Macht. die Bürokratie hat die Tendenz, Menschen zum Willensvollstrecker der Verwaltung herabzuwürdigen. Die Verwaltung zu demokratisieren heisst repressive Funktionen abzubauen, soziale, bildungspolitische und konfliktbeseitigende und konfliktvorbeugende Funktionen auszubauen, Dienstleistungen von der Phrase zur Realität werden zu lassen. Im Rahmen der Gewaltenteilung müssen Strukturen von Gegenmacht installiert werden, in denen die Bürger ihre Interessen artikulieren und durchsetzen können. Es geht um die vielfältige Einbeziehung Betroffener in die Vorbereitung von Verwaltungsentscheidungen, denn da werden die Weichen gestellt, z.B. durch die Wahl von Volkskontrollausschüssen sowie durch Entwicklung von mehr sozialer Demokratie in den Betrieben, wo Betriebsräten bei Personalentscheidungen ein Vetorecht eingeräumt werden sollte. Im Bereich plebiszitärer Elemente und damit direkter unmittelbarer demokratischer Mitgestaltungsrechte der Bürger als ergänzende Funktion der Legislative besteht verfassungsrechtlicher Handlungsbedarf.
Ziel kommunistischer Politik muss es deshalb sein, die noch irregeführte und passive Mehrheit, politisch sozial und kulturell zu sensibilisieren, damit sie die geistigen Fesseln des Kapitals abstreifen können. Zur gesellschaftlichen Bewusstseinsänderung muss eine radikal emanzipatorische Kritik des Kapitalismus beitragen. Eine kommunistische Partei muss Strategien gegen den Integrationssog und gegen den Anpassungsdruck entwickeln.

Schlüsselfrage: kämpferische Gewerkschaftsbewegung

Objektiv könnten die Gewerkschaften die Hauptkraft des Widerstandes sein. Sie haben die erforderliche organisatorische Stärke. Was fehlt, ist ein strategisches Konzept einer antikapitalistischen Reformpolitik und die Bereitschaft, der Offensive des Kapitals die organisierte Kraft der Betroffenen entgegenzusetzen, wozu auch die Streikbereitschaft gehört.
Das entscheidende Hindernis für wirkungsvollen gewerkschaftlichen Widerstand ist die jahrzehntelang praktizierte "Konsenspolitik" zwischen ÖGB und Arbeiterkammer auf der einen Seite und den Unternehmer- und Industrieverbänden auf der anderen Seite. Diese Politik des Verzichts auf Einsetzung der Kampfkraft der Gewerkschaft für die sich der Begriff "Sozialpartnerschaft" etabliert hat, führte zu einem ständigen Sinken des Anteils der Arbeitseinkommen am Volkseinkommen und zu einer Polarisierung der Einkommen und der Vermögen.
Im Laufe der Zeit hat sich daraus ein Filz von demokratisch nicht legitimierten Institutionen und Gremien entwickelt, die unter Beteiligung der jeweiligen Regierung für die Lohn- und Preispolitik und das Sozialsystem die Rahmenbedingungen vorgegeben und damit Gesetzgebung und Kollektivvertragsverhandlungen präjudiziert hat. Damit haben sich die Gewerkschaften selbst die Hände gebunden. Nicht zuletzt war dieses System auch der Hintergrund für den Privilegiensumpf, der auf allen Ebenen dieser Sozialpartnerschaft entstanden ist.
Die Sozialpartnerschaft ist zur Sicherung von Profiten und politischer Hegemonie des Kapitals nicht mehr erforderlich.
Die Angriffe auf das System der Sozialversicherung, die Zerschlagung der Selbstverwaltung und das Funktionsverbot für GewerkschafterInnen stellen den ÖGB vor die Alternative: entweder totale Integration in das neoliberale Herrschaftssystem oder Wandlung der Gewerkschaft in kämpferische Interessensvertretung.
Eine lebendige, kämpferische Gewerkschaftsbewegung könnte die Belegschaften in die Gewerkschaften hineinziehen und mobilisieren, eine organisatorische und politische Plattform aller abhängigen Beschäftigten bilden, unter Einbeziehung der Arbeitslosen und Scheinselbständigen. Auch im Kampf gegen die schleichende Privatisierung der Pensionsversicherung müsste sich der ÖGB in Solidarität mit den PensionistInnenverbänden voll einschalten und seine Mitglieder mobilisieren. Der ÖGB müsste zum Motor eines gesellschaftlichen Bündnisses für Vollbeschäftigung und solidarische soziale Sicherung im Alter werden. Die Gewerkschaften sollten auch versuchen, den Scheinselbständigen und "Selbstvermarktern" zu helfen, dem zunehmenden Konkurrenzdruck und der tendenziellen Verschlechterung ihrer Arbeits- und Lebensbedingungen durch Gründung einer kollektiven Interessensorganisation entgegenzuwirken und so neues Solidaritätsverständnis zu entwickeln. Die Gewerkschaften müssten zur Hauptschiene im Widerstand gegen den Sozialabbau und für die Bewegung zur Durchsetzung radikal-demokratischer Reformen werden. Angesichts des kriegerischen Szenarios der Weltlage müssensich die Gewerkschaften ihrer historischen Erfahrung besinnen und zum aktiven Bestandteil der Friedensbewegung werden.

Gemeinden – Brennpunkte gesellschaftlicher Widersprüche

Eine zweite Hauptschiene, auf welcher der Widerstand und progressive Reformen transportiert werden können, sind die Gemeinden. Das politische Engagement der Menschen ist dort am wichtigsten, wo sie leben und selbst Teil der gesellschaftlichen Verhältnisse sind. Hier sind die Erwartungen der BürgerInnen an das politische Engagement auch am größten. Deshalb sind Kommunen ein entscheidendes Gebiet für die politische Auseinandersetzung. Als unterste staatliche Einheit, die ihr Recht auf Selbstverwaltung immer weniger wahrnehmen können, hätten sie allen Grund, gemeinsam gegen dieses System der Benachteiligung und Entmündigung zu kämpfen. Leider geschieht das bisher nicht. Auch Städtebund und Gemeindebund werden ihrer Verantwortung nicht gerecht.
Wenn sie gemeinsam mit Sozialverbänden, PensionistInnen- und MieterInnenorganisationen, BürgerInnen- und Fraueninitiativen, oder auch parallel handeln würden, könnte vieles bewegt werden. Im Ringen um solche Bündnisse liegt heute die wichtigste Verantwortung linker Politik.
Die Gemeinden in Österreich werden immer mehr zu Brennpunkten gesellschaftlicher Widersprüche. Während die arbeitenden Menschen von den Gemeinden zu Recht umfassende soziale Dienstleistungen und demokratische Mitentscheidungen fordern, werden die Möglichkeiten, diese Ansprüche auch einzulösen, durch die Untergrabung der finanziellen Grundlagen der Gemeinden und durch restriktive Bestimmungen der EU und des Gesetzgebers in Österreich auf kommunaler Ebene zunehmend eingeschränkt. Der allen Parlamentsparteien gemeinsame neoliberale Grundkonsens wirkt sich wie auf allen Ebenen der Gesellschaft auch für die Gemeinden ökonomisch, politisch, sozial und kulturell aus. Die zum Dogma erklärte Privatisierung und Deregulierung stellt dabei einen "roten Faden" dar, sie wirkt sich für die Gemeinden in Form von Ausgliederung und Privatisierung von Einrichtungen und Leistungen sowie mit dem Argument der Kostendeckung als wachsender Druck zur Erhöhung von Tarifen und Gebühren aus.
Der Finanzausgleich ist mehr denn je ein Dreh- und Angelpunkt der Kommunalpolitik schlechthin. Durch die ungleiche Verteilung der gemeinschaftlichen Bundesabgaben einerseits und den zusätzlichen Druck einer Euro-konformen Budgetsanierung verbunden mit dem Stabilitätspakt von Bund, Ländern und Gemeinden sowie dem Dogma des Nulldefizits hat sich die finanzielle Lage der meisten Gemeinden enorm zugespitzt.
EU, Bund und Länder engen durch Abschaffung (Getränkesteuer) oder Beschneidung kommunaler Steuern (Werbesteuer), durch Ausdünnung oder Abschaffung von Fonds zur Gewährung günstiger Kredite (Wasserwirtschaftsfonds) oder durch willkürliche Bedarfszuwendungen die vielstrapazierte Autonomie der Gemeinden immer mehr ein.
Auch auf kommunaler Ebene erfolgt die massive Umverteilung zum Finanzkapital auf Kosten der SteuerzahlerInnen, die ihren Ausdruck in den Budgets in Form hoher Zinszahlungen für die wachsenden Schulden der Gemeinden findet.
Eine wesentliche Auswirkung der neoliberalen Politik ist die Ausdünnung der regionalen und lokalen Infrastruktur im Zuge der Budgetsanierung (Bezirksgerichte, Gendarmerieposten, Postämter, Finanzämter, Regionalbahnen usw.).
Durch eine zunehmende Zersiedelung im Umland der Städte und im ländlichen Raum und die durch die vier Grundfreiheiten der EU geradezu zum Dogma erklärte wachsende Mobilität steigt der Verbrauch natürlicher Ressourcen sprunghaft an und wirkt sich etwa in Bodenversiegelungen, Umweltbelastung durch wachsenden Verkehr und hohe Aufschließungskosten aus.
Die Wohnungsfrage hat einen zentralen Stellenwert in der Kommunalpolitik. Wohnen ist ein elementares Lebensbedürfnis und ein Grundrecht. Daher kommt den Gemeinden als örtlicher Institution des Staatswesens eine besondere Verantwortung für die Wohnungspolitik zu.
Die Autonomie der Gemeinden als ein Eckpfeiler des bürgerlich-parlamentarischen Selbstverständnisses über den Platz der Gemeinden in der Gesellschaft wird durch wachsende Vorgaben in Form von Gesetzen und Verordnungen von EU, Bund und Land immer mehr ausgehöhlt.
Der Widerspruch zwischen den Vorgaben und den realen Möglichkeiten sowie zwischen den Ansprüchen der örtlichen Bevölkerung und den finanziellen Möglichkeiten der Gemeinden wird immer größer.
Als schleichender Prozess findet auch auf kommunaler Ebene eine Entdemokratisierung statt, die ihren Ausdruck etwa in einer verstärkten Machtkonzentration bei BürgermeisterInnen und Gemeindevorstand, in der Straffung der Gemeindeordnungen, der Entwertung des gewählten Gemeinderates, Verlagerung von Entscheidungen auf Gemeindeverbände, ausgegliederte Betriebe und ganz allgemein in einer vermehrten Berufung auf Sachzwänge findet.
In der Gemeinde ist andererseits aber das medial vermittelte Surrogat von Politik, welches auf Bundesebene vorherrscht, weniger stark gegen uns wirksam. Wohnen, soziale Unterstützung, Kinderbetreuung, öffentlicher Verkehr, Stadtentwicklung, Gesundheit, die Situation der Frauen: Anhand solcher und ähnlicher Themen kann die KPÖ auf kommunaler Ebene gesamtgesellschaftliche Widersprüche aufzeigen und gleichzeitig Lösungsvorschläge machen, die bei einer Änderung der Prioritäten auch realistisch sind.
Unsere Kommunalpolitik steht immer im Spannungsfeld zwischen einer sozialen Servicefunktion und damit verbundener pragmatischer Selbstbeschränkung einerseits und einem gesellschaftsverändernden Anspruch andererseits. Sie zielt auf solidarisches und sozial orientiertes Handeln und Ermunterung zur Selbsttätigkeit anstelle von Stellvertreterpolitik.
Die Landespolitik von VP, SP und FP spielt im gesamtgesellschaftlichen Zusammenhang keine selbständige Rolle. Sozialabbau, Belastungen der arbeitenden Menschen, Privatisierungen von Landeseigentum und Privilegien werden von den herrschenden Parteien auch auf dieser Ebene umgesetzt.
Die Möglichkeiten, die progressiven Potentiale des Föderalismus im Sinne der arbeitenden Menschen auszunützen, werden missachtet. Im Gegenteil: Die Forderung maßgeblicher LandespolitikerInnen nach Zusammenlegung von Landtagen und nach Schaffung größerer Regionen innerhalb Österreichs zeigt den vorauseilenden Gehorsam gegenüber der EU.

Macht und Klassenkampf

Auch wenn antikapitalistische Alternativen für die große Mehrheit erstrebenswert und objektiv machbar sind:
Vernunftgründen ist das Kapital nicht zugänglich. Nie wird es für die Gestaltung eines neuen Typs des Sozialstaates oder für den Sozialismus votieren. Kein einziger Programmpunkt kann durchgesetzt werden, ohne den Widerstand der herrschenden Kräfte zu brechen.
Die Macht des Kapitals gründet in ökonomischen Verhältnissen, im Eigentum an Produktionsmitteln. Die eigentlich Mächtigen, die großen Monopole und Konzerne setzen ihren Willen und ihre Interessen über politische Institutionen und Repräsentanten, Unternehmerverbände und andere Machtformen durch und beherrschen die Gesellschaft, obwohl sie nie demokratisch gewählt werden. Die Neugestaltung der Gesellschaft setzt den Wechsel des Inhabers von Macht und des Inhabers von Eigentum an großen Unternehmungen und Banken voraus. Das lässt sich nur im Klassenkampf erreichen. Wer die Machtfrage nicht stellt, akzeptiert den Kapitalismus als letzte Antwort der Geschichte.
Infolge der Schwäche der Gewerkschaften und überhaupt der Gegenkräfte sowie des Wegfalls der sozialistischen Alternative ist die Situation von einer außerordentlichen politischen Hegemonie des Kapitals geprägt. Der sozialstaatliche Klassenkompromiss der fünfziger, sechziger und siebziger Jahre ist aufgekündigt. Der Staat zeigt sich deutlicher als je zuvor als Machtinstrument des Großkapitals zur Sicherung der Verwertungsbedingungen des großen Kapitals und seiner Herrschaft.
Sozialdemokratische wie ehemals kommunistische Parteien – nach neoliberaler Sprachregelung "Reformparteien" – haben den antikapitalistischen Anspruch aufgegeben und sich von Marxismus und Sozialismus verabschiedet, weshalb neoliberale Ideen ungehindert in die Reihen der Lohnabhängigen einsickern können.

Arbeiterklasse – "revolutionäres Subjekt

Unter den Bedingungen der Differenzierung der Sozialstruktur der Gesellschaft, insbesondere mit den Veränderungen in der Klasse der Lohnabhängigen, ihrer rasanten Differenzierung und Individualisierung ist die Bildung von Klassenbewusstsein mehr als früher das Resultat komplizierter Bewusstseinsprozesse.
Isolierung der Arbeitsplätze sowie die Flexibilisierung bewirken eine Zergliederung der betrieblichen Erfahrungszugänge. Fließband und Akkordarbeit, bei der man keinenanderen Einfluß auf dieProduktion hatte als möglichst schnell zu arbeiten, verschwinden mehr und mehr. Gruppenarbeit und Projektarbeit fordern von den Arbeiterinnen und Arbeitern, ihre Arbeit selbst zu organisieren und zu kontrollieren. Längerfristig hat das die persönliche Identifizierung der Arbeitenden mit ihrer Arbeit und dem Unternehmen zur Folge. Den Managern gelingt es leichter, in den Köpfen der Belegschaften die Interessen der Firma mit den vermeintlichen eigenen Interessen zu verankern. Unter kapitalistischen Konkurrenzverhältnissen rückt der gemeinsame Klassenkampf mit der Belegschaft anderer Betriebe in den Hintergrund. Technische und organisaotrische Modifikationen sowie die Umstrukturierung der Lebensverhältnisse machen die gemeinsamen Interessen der ArbeiterInnenklasse immer weniger unmittelbar erfahrbar. Sie überdecken und verzerren den Klassenkonflikt, der den Betroffenen in einem anderen Licht erscheint. Die Unübersichtlichkeit der Differenzierungs- und Dequalifizierungsprozesse ändert aber nichts am grundlegenden Klassenantagonismus und die primäre ökonomische Klassenstrukturierung wird nicht aufgehoben.
Die Polarisierung der Sozialstruktur in Reiche und Superreiche auf der einen Seite und Lohnabhängige, Arme und Ausgegrenzte auf der anderen Seite beweist: Am grundlegenden unversöhnlichen Klassenwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit hat sich nichts geändert. Er ist weiterhin die bestimmende Achse des ganzen Gesellschaftssysystems. Der Tendenz, die Problematik der gesellschaftlichen Antagonismes zu verharmlosen muss entschieden entgegengetreten werden.
Klassenkampf ist keine Frage subjektiver Beliebigkeit oder theoretischer Konstruktion, sondern ein objektiver geschichtlicher Tatbestand mit vielfältig sich wandelnden historischen Inhalten und Formen. Nötig ist die Wiedergewinnung eines Bewußtseins gemeinsamer Interessen und einer Perspektive der Solidarität, auch wenn die Bedingungen für Solidarität komplizierter geworden sind. Die Frage nach dem Subjekt der Befreiung ist nicht erledigt, sie stellt sich radikaler und dringlicher denn je, vor allem konkreter.
Wir sehen den Kern des kommunistischen Parteiverständnisses so: Die abhängig Beschäftigten müssen in einem gemeinsamen politisch-praktischen Lernprozess die Fähigkeit erlangen, sich selbst aus ihrem Zustand der Ohnmacht und Sprachlosigkeit zu befreien und als Akteure des Geschichtsprozesses ihr Schicksal selbst zu gestalten. Erst im Kampf für ihre eigenen Interessen erkennen sie ihr gemeinsames "Schicksal", die Existenzform der "freien" Lohnarbeit, die sie zwingt, ihre Arbeitskraft an die Eigentümer der Produktionsmittel so teuer wie möglich zu verkaufen. Erst ihre Politisierung macht die Lohnabhängigen aus einer bewusstlosen "Klasse an sich" zu einer "Klasse für sich", die sich ihrer revolutionären Aufgaben und Ziele bewusst wird.
Das Klassenbewußtsein im Sinne eines politischen revolutionären Bewußtseins kann die Arbeiterklasse jedoch nicht allein auf Grund der eigenen Erfahrungen im Klassenkampf erwerben. Es muß auch von außen in die Arbeiterklasse hinein getragen werden.
Aufgabe der KommunistInnen ist es, die Selbsttäuschung der Betroffenen zu problematisieren und ihnen entfetischisierte Denkmodelle anzubieten, die es ihnen ermöglichen, sich selbst und ihre Stellung in der Welt zu begreifen. Niemand nimmt den KommunistInnen die schwer zu bewältigende Aufgabe ab, die darin besteht, den Menschen die gesellschaftlichen Zusammenhänge zu erklären und die alltägliche Lebenserfahrung zu ihnen in Beziehung zu setzen. Eine solche Politik-Vermittlung ist nur auf der Basis eines kritischen Gesellschaftsverständnisses und durch Einbezieung der Alltagsmotivation möglich.
Als "revolutionäres Subjekt" muss die politische Arbeiterklasse eine Strategie entwickeln, die die Politik, das Soziale, die Kultur und die Ideologie revolutioniert. Als Gegenmacht kann sie sich nur etablieren, wenn es ihr gelingt alternativen Kulturen eine emanzipatorische Richtung zu geben. Im Wege praktischer Erfolge im Kampf gegen die dem Kapitalismus eigenen systemimmanenten Schranken für Freiheit, soziale Gerechtigkeit und Gleichheit, Solidarität und Brüderlichkeit, für die Aufhebung patriarchalischer Verhältnisse, die Gleichstellung der Geschlechter, aller Ethnien, für die Verwirklichung der Menschenrechte, für die Erhaltung der Natur und des Friedens können sich die progressiven sozialen Kräfte durch eigene Erfahrungen davon überzeugen, dass Systemreparaturen nicht genügen, sondern die Aufhebung dieses Systems selbst, der Bruch mit den kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnissen und die Errichtung einer sozialistischen Gesellschaftsordnung notwendig sind. Die Arbeiterklasse ist dann revolutionär, wenn sie sich der Idee der Hegemonie bewußt ist und sie in die Tat umsetzt. Das "Hegemoniebewußtsein" entwickelt sich nur aus der Einsicht in die gesellschaftlichen sozialen und politischen Machtstrukturen. Ohne geschichtsmächtige Subjekte gibt es keine sozialistische Alternative. Von ihrer Formierung und ihrem Handeln für den gesellschaftlichen Fortschritt hängt es ab, ob es zu einem epochalen Übergang vom Kapitalismus zum Sozialismus kommen wird.
Eine Kommunistische Partei hat letztlich keinen anderen Daseinszweck als die ArbeiterInnenbewegung und den wissenschaftlichen Sozialismus zu verbinden und die Massen zu befähigen, eine revolutionäre Situation auch tatsächlich auszuschöpfen.

Aktionseinheit – international

Lohnabhängige "Kerne" sind die Arbeiter und Angestellten in der Industrie, in der Energiewirtschaft, im Transport-, Bau- und Nachrichtenwesen, der Kommunalbetriebe Beschäftigte im Bildungs-, Sozial- und Gesundheitswesen, sowie der Banken und Versicherungen. Sie sind stark von Strukturveränderungen betroffen. Teile von ihnen stehen dem Monopolkapital unmittelbar gegenüber.
Es ist offensichtlich, dass der betriebliche Rahmen für die Entfaltung von Gegenmacht nicht ausreicht.Mehr als in der Vergangenheit überschreitet der Kreis der an der Mehrwerterzeugung Beteiligten durch das Netzwerk der gesellschaftlichen Arbeitsteilung jeden betrieblichen Rahmen. Damit ist jedoch nicht gesagt, dass die politische Bedeutung der schrumpfenden Kernbereiche der Arbeiterklasse als Orte der Mehrwerterzeugung gesunken wäre. Gerade dort müssen den Lohnabhängigen die entscheidenden Aspekte Ausbeutung und Mehrwertaneignung bewusst gemacht werden. Politisch falsch ist jede Theorie der Exklusivität der Kernbereiche. Es kommt vielmehr darauf an, die Zentren untereinander national und international mit den verschiedenen Segmenten der Arbeitswelt zu vernetzen und eine breite alle Lohnabhängigen und Ausgebeuteten, Arbeitslosen und Ausgegrenzten umfassende Bewegung der Solidarität zu initiieren und zur Entfaltung zu bringen.
Ausschlaggebend im Klassenkampf könnten die Belegschaften der Konzerne und ihrer Zulieferbetriebe werden. Durch die Konzentration der strategisch wichtigsten Bereiche in die Heimatbasis, sowie den dadurch bedingten Zugriff auf staatliche Potentiale wie Forschung und Entwicklung und die staatliche Infrastruktur werden Konzerne zum Ort nationaler und internationaler Arbeitsteilung, zum Vernetzungsort von Wissens- und Informationsarbeitern, hochqualifizierten Facharbeitern und Angestellten, und dem riesigen Bereich angelernter Arbeiter und der Hilfsdienste.
Über standortfixiertes Denken hinweg muss international abgestimmter gewerkschaftlicher und demokratischer Massenkampf, Widerspruch und Widerstand organisiert werden.
Zum Wichtigsten gehört auch breiteste Interessensvertretung der Wissenschaftler, Künstler, Bauern, Handwerker und Gewerbetreibenden, verbunden mit konsequenter Kapitalismuskritik, mit dem Aufdecken systembedingter Ursachen der Gebrechen des Kapitalismus.

Konzept der Gegenmacht

Gesellschaftlicher Fortschritt in Richtung auf Alternativen zum heutigen Kapitalismus mit seiner hochkomplexen Vergesellschaftung und seinen hochentwickelten Technologien ist wohl nur erreichbar, wenn sich Trägergruppen der heute modernsten Technologien, die Wissens- und Informationsarbeiter, real als Klassenfraktion formieren und sich als solche an den Auseinandersetzungen im gesellschaftlichen Raum der sozialen Konflikt aktiv beteiligen.
Es gibt eine Vielfalt von neuen Gegenkräften, die unterschiedlich wirksam werden. Z.B. werden in den Metropolen in Nord, Süd, Ost und West die Proteste gegen Globalisierung, die Macht der Konzerne und Banken und gegen die Regierungen der mächtigsten Staaten auf Straßen und Plätze getragen. Bei den Demonstrationen von Seattle gegen die "Millenniumsrunde" der Welthandelsorganisation (WTO) und Genua marschieren erstmals seit Jahrzehnten wieder gemeinsam Gewerkschaften und rebellierende StudentInnen, UmweltschützerInnen, Land- und Arbeitslose und protestierende KünstlerInnen. Diese Einheit und die massenhafte Beteiligung stellt eine neue politische Qualität der international gewordenen Protestbewegung dar. Darüber hinaus sind Bündnisse und Bewegungen verschiedener sozialer und gesellschaftlicher Kräfte, die sich mit der Zuspitzung verschiedener gesellschaftlichen Probleme immer wieder neu bilden, wesentliche Voraussetzung zur Veränderung der Politik - aktuell und in Perspektive. Heute kommt es darauf an, zersplitterte Kräfte zusammenzuführen, die sich der Entwicklung nach Rechts widersetzen und bereit sind, sich im Widerstand zu vereinigen.
Mittelfristig oder auf längere Sicht ist ein radikal-demokratisches Reformkonzept in der Lage bei der Schaffung gesellschaftlicher und politischer Voraussetzungen marxistischer und anderer fortschrittlicher Kräfte mitzuwirken und sich als ein radikal-demokratisches alternatives Regierungsprogramm zu profilieren. Eine entscheidende Frage ist herauszufinden, welche gesellschaftlichen Kräfte eine solche Umwandlung der Gesellschaft zu tragen bereit sind bzw. dafür gewonnen werden können. Es geht um die Suche nach "Schnittstellen" der Übereinstimmung mit Klassen und Schichten und mit politischen Kräften, um das Auslosten punktueller und strategischer Bündnismöglichkeiten.
Alternative Strukturen müssen sich jenseits der Machtstrukturen und hegemonialen Institutionen der Zivilgesellschaft über Gegenöffentlichkeit zu Gegenmacht entwickeln und zugleich ein kulturelles Gegenmodell darstellen.
Gegenmacht muss als Bündelung des Widerstandes gegen die Macht des Kapitals und dessen Politik begriffen werden. Gegenmacht verkörpert Opposition, die ihren politischen und kulturellen Einfluß nicht durch Parlamentspackelei, sondern als Repräsentantin von Protestpotential gegen die Politik der Herrschenden ausübt. Es gibt keine Macht, die sich auf Dauer halten könnte, wenn die große Mehrheit neue Machtverhältnisse haben möchte und bereit ist, in einem organisierten Kampf auch individuelle Verantwortung zu übernehmen.
Die Protestbewegung benötigt mittel- und langfristig eine alternative Konzeption für Gesamteuropa. Nur so ist sie fähig, die jetzige Entwicklung zu stoppen und für ein soziales, demokratisches und internationalistisches Europa zu kämpfen.



IV. Aktionsprogramm für einen sozialen, demokratischen, antipatriarchalen und ökologischen Umbau der Gesellschaft

1.Sinnvolle, existenzsichernde Arbeit für alle

Wir sehen in der Massenarbeitslosigkeit die gefährlichste Belastung der Gesellschaft. In der Vergangenheit zeigte sich: allein größere Arbeitszeitverkürzungen konnten die Arbeitslosigkeit reduzieren, oder deren Anstieg bremsen. Auch heute sollte dies die Hauptstoßrichtung sein.
Verwirklichung des Rechts auf sinnvolle und existenzsichernde Arbeit für alle und leistungsgerechte Bezahlung. Das erfordert auch die Neubewertung der Arbeit von Frauen.
Sofortige Einführung der 35 Stundenwoche bei vollem Lohnausgleich als ersten Schritt zu einer generellen Arbeitszeitverkürzung auf 32 Stunden.
Gesetzliche Begrenzung der Möglichkeit von Überstunden. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit, für Männer und Frauen. Denn das Einkommen der Frauen beträgt zur Zeit durchschnittlich nicht mehr als zwei Drittel des Einkommens von Männern in vergleichbarer Position und mit vergleichbarer Ausbildung.
Tarifbindung und gesetzliche Festschreibung von Mindestlöhnen für alle Unternehmen in allen Wirtschaftsbranchen.
Uneingeschränktes Streikrecht für alle abhängig Beschäftigten. Verbot der Aussperrung.
Ausweitung der paritätischen Mitbestimmung der Beschäftigten auf alle Fragen der Unternehmensführung. Sicherung umfassender Kontrollrechte der Betriebs- und Personalräte sowie der Gewerkschaften. Gesetzliche Pflicht zu Bildung von Betriebsräten in allen Unternehmen mit mehr als 10 Beschäftigten und zur Schaffung von Gesamtbetriebsräten in allen nationalen und transnationalen Konzernen.

2. Für die Einschränkung der Macht der Konzerne und Großbanken. Für Wiedererrichtung eines öffentlichen strategischen Industriesektors

Wir sind für die Überführung strategisch wichtiger Konzerne und Gemeineigentum, für die Rückgängigmachung der schon beschlossenen Privatisierung auf den Gebieten Bahn, öffentlicher Nahverkehr, Post, Telekommunikation, Energie- und Wärmeversorgung, Wasser- und Abfallwirtschaft und für ihre Generelle Überführung in öffentliches und gemeinnütziges Eigentum. Konkret fordern wir:
Umwandlung der ÖIAG aus einer reinen Privatisierungs- bzw. Finanzholding in eine Beteiligungsgesellschaft zur langfristigen Wahrnehmung der Eigentumsrechte des Bundes im Sinne von gesetzlich klar definierten strategische Zielsetzungen.
Halten qualifizierter strategischer Beteiligungen an den ÖIAG-Industrieunternehmungen.
Stadtwerke dürfen nicht privatisiert werden.
Investitionsorientierte öffentliche Arbeitsbeschaffungsprogramme als Hebel für echte Vollbeschäftigung. Integraler Bestandteil muß der Bereich Frauenförderung mit differenzierten Qualifizierungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten und auch eine Festlegung von Quoten sein.
Entflechtung der profitorientierten Konzerne von Presse, Rundfunk, Fernsehen und Film. Abkoppelung der Medienunternehmen vom Profitstreben. Gesetzlich abgesichertes Mitbestimmungs- und Kontrollrecht von Organisationen der Interessensvertretung der Bürger in den Aufsichtsorganen der öffentlich-rechtlichen, gemeinnützigen und privaten Medienunternehmen.
Regionale Strukturpolitik zur Förderung regionaler Wirtschaftskreisläufe auf der Grundlage öffentlicher, kleiner und mittlerer Unternehmen.
Einführung eines öffentlich geförderten Wirtschaftssektors, der Aufgaben übernimmt, die weder vom privatwirtschaftlichen Sektor noch vom öffentlichen Dienst ausreichend wahrgenommen werden – beispielsweise in den Bereichen Gesundheit, Umwelt und Kultur. Die Arbeitsplätze in diesem Sektor müssen voll sozialversicherungspflichtig sein; Löhne und Gehälter müssen den geltenden Tarifverträgen entsprechen. Förderung und Entwicklung neuer (oder selten praktizierter) Formen von Gemeineigentum: für genossenschaftliche, kommunale Betriebe und für öffentlich geförderte Projekte in Trägerschaft von Vereinen und Bildungseinrichtungen.
Wirksame Förderung des öffentlichen Verkehrs.
Die Einführung einer kilometerabhängigen oder leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) für alle Fahrzeuge mit einem Gesamtgewicht von über 3,5 Tonnen, wie sie seit 1. Jänner 2001 in der Schweiz gilt.
Eine Nahverkehrsabgabe der Unternehmer nach dem Vorbild der Wiener U-Bahnsteuer für die Förderung des ÖPNV.
Planung staatlicher Investitionen auf Bundes-, Landes und Kommunaler Ebene unter Kontrolle der Öffentlichkeit. Besondere Förderung von Wissenschaft und Forschung und Sicherung ihrer Freiheit und Unabhängigkeit gegenüber den Profitinteressen des großen Kapitals.
Präzisierung der Steuergesetzgebung und Durchsetzung einer effektiven Steuerfahndung, um die Gewinnverschleierung und Steuerminimierung durch Großbanken, Konzerne und Versicherungen zu verhindern.
Progressive Besteuerung der Gewinne von Unternehmen und aller Gewinne aus Aktienbesitz. Schutz des Kleinaktienbesitzes vor BörsenspekulantInnen.
Staatliche Kontrolle der Finanzmärkte und Besteuerung des Kapitalexports.
Umwandlung staatlicher Subventionen für Großunternehmen zur Schaffung bzw. Erhaltung von Arbeitsplätzen und zur Förderung wissenschaftlich-technischer Forschung und Entwicklung in Beteiligungen der öffentlichen Hand an den Unternehmen.
Soziale Staffelung der Agrarförderung: Die fünf größten Subventionsempfänger in der Landwirtschaft sind Gutsbesitzer, sie erhalten insgesamt über 60 Millionen S pro Jahr. Der Großteil der Bauern/Bäueinnen bekommt dagegen jährlich weniger als 50.000 S an Flächenförderung.

3. Für mehr soziale Gerechtigkeit – das soziale Netz erhalten und ausbauen

Soziale Sicherheit bedeutet außer dem bereits angeführten Grundrecht auf existenzsichernde Arbeit gleiches Recht für alle auf bezahlbares menschenwürdiges Wohnen, auf gleiches Recht auf Alterssicherung und das Recht auf präventive, heilende und nachsorgende medizinische Betreuung. Im Detail fordern wir zur Finanzierung des Sozialstaates:
Wiedereinführung des früheren Spitzensteuersatzes für Unternehmensgewinne und Privateinkommen sowie der Vermögenssteuer.
Anhebung der Profit- und Kapitalbesteuerung auf das Durchschnittsniveau in der EU, was 50 bis 70 Mrd. jährlich erbringen könnte. Einheitliche und strikte Begrenzung möglicher Steuerabschreibungen.
Stopp der weiteren Umverteilung von unten nach oben, der Erosion der Steuereinnahmen des Staates und der damit verbundenen Finanzierbarkeit staatlicher Ausgaben auf sozialem und kulturellen Gebiet.
Senkung der Mehrwertsteuer auf alle Güter des notwendigen Lebensunterhalts, auf Dienstleistungen von Handwerk und Kleingewerbe und Einführung einer erhöhten Mehrwertsteuer für Luxusgüter.
Rückgängigmachung aller Schritte zur Privatisierung der Altersvorsorge. Für eine eigenständige Altersversorgung für alle Mitglieder der Gesellschaft, um insbesondere weibliche Altersarmut zu verhindern.
Einbeziehung aller sozialen Gruppen und Einkommensarten in das System der solidarischen gesetzlichen Pensions- und Krankenversicherung bei gleichzeitiger Begrenzung der Höchstbezüge. Paritätische Beteiligung der Unternehmen an den Sozialversicherungen gemessen an ihrem Gewinn.
Abschaffung der zusätzlichen Pensionskürzungen bei Pensionsbeginn mit 55 bzw. 60 Lebensjahren. Die systematische Diskriminierung der Frau im Erwerbsleben sowie die Zuweisung unbezahlter Frauenarbeit setzen sich im Pensionsrecht fort. Daher Aufhebung der pensionsrechtlichen Benachteiligung der Frauen. Rund 70 Prozent der AusgleichszulagenbezieherInnen sind weiblich, Frauen stellen das Gros der DauersozialhilfeempfängerInnen, ihre durchschnittliche Alterspensionshöhe in der gesetzlichen Pensionsversicherung liegt weit unter der männlichen.
Aufhebung der pensionsrechtlichen Benachteiligung der Frauen.
Keine Erhöhung des Pensionsanfallsalters.
Beseitigung der diskriminierenden Maßnahmen für die EmpfängerInnen von Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Arbeitszwang und entwürdigende Kontrollen von Unterstützungszahlungen lehnen wir ab.
Gesetzliche, am gesellschaftlichen Durchschnittseinkommen orientierte soziale Grundsicherung einschließlich Wohnung für alle BürgerInnen.
Soziale Staffelung der Agrarförderung.
Wohnen darf keine Ware sein
Wiederaufnahme des sozialen Wohnbaus durch die Gebietskörperschaften (Gemeinden, Land und Bund)
Stopp des Verkaufs der bundeseigenen Wohnungsgesellschaften
Begrenzung möglicher jährlicher Mieterhöhungen auf die allgemeine Inflationsrate. Sanierung statt Abriss des vorhandenen Wohnungsbestandes.
Einführung eines Wohnungszuzahlungsmodells nach Grazer Vorbild. Keine Wohnung darf (inklusive Betriebskosten) mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens kosten.
Mietzinsobergrenzen für alle Wohnungen.
Erhöhung der Mietzinsbeihilfe des Bundes (bei Wohnungssanierungen). Dort sind die Einkommensgrenzen seit 1984 nicht mehr erhöht worden.
Abschaffung der Mehrwertsteuer auf Mieten und Betriebskosten.
Verbot von Maklerunwesen und strafrechtliche Verfolgung von Ablösewucher.
Für soziale Gesundheitsversorgung
Abschaffung jeder Form von "Selbstbeteiligung" in der Krankenversicherung – keine Klassen-Medizin: Alle Menschen haben ein gleiches Recht auf Gesundheit – Gesundheit darf keine Ware sein!
Gewährleistung einer nicht durch kommerzielle Interessen eingeschränkten Gesundheitsversorgung als öffentlicher Dienst, auf den jeder Bürger in gleicher Weise Anspruch hat.
Maximale Förderung behinderter Menschen und ihre umfassende Integration in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.
Einführung eines einkommensabhängigen Karenzgeldes mit existenzsicherndem Sockelbetrag und Höchstgrenze (erhöht Anreiz der Väter, in Karenz zu gehen).
Höheres Karenzgeld für Alleinerziehende und gleich lange Karenzzeiten für AlleinerzieherInnen und Paare.
Flächendeckende Kinderbetreuungseinrichtungen bis zum 14. Lebensjahr (Kinderkrippen, Kindergärten, Betriebskindergärten, Horte, Ganztagsschulen), deren Öffnungszeiten den Arbeitszeiten der Eltern entsprechen.
Verpflichtung der Länder zur Schaffung von Betreuungseinrichtungen (bestimmte Ziele pro Jahr festlegen), verbunden mit Qualitätssicherung im Betreuungsbereich durch bundeseinheitliche Standards.

4. Für die Rechte der Frauen

Die marxistische Emanzipationstheorie fordert nicht nur die Gleichstellung und Emanzipation der Geschlechter, sondern die Veränderung einer strukturell patriarchalen Welt und ihrer Wertvorstellungen. Diese Perspektive verlangt die Abschaffung der systematischen Unterdrückung der Frau und die Beseitigung der männlichen Privilegien. Eine wesentliche Voraussetzung dafür ist die Überwindung der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung in der Produktion und im Bereich der Reproduktion. Dabei ist – wie dies im Frauenprogramm der KPÖ (1997) dargelegt wird – die Frage des Eigentums in Verbindung mit Demokratie eine Schlüsselfrage. Gemeinschaftliches Eigentum an den wichtigsten Produktionsmitteln bedeutet nicht, dass Gegensätze zwischen den Geschlechtern gelöst sind. Es ist aber Voraussetzung dafür, dass das ökonomische Interesse des Kapitals an der Minderbewertung der weiblichen Arbeitskraft entfällt und so die bewusste Gestaltung menschlicher Beziehungen in den Vordergrund treten kann.
Diese Orientierung erfordert Alternativen, die nicht einseitig eine Vereinbarkeit von Beruf und Beziehungsarbeit/Haushalt für Frauen anstreben, sondern für beide Geschlechter ermöglichen. Dazu sind gesellschaftliche Maßnahmen notwendig, welche die Produktion und den privaten Bereich grundlegend umgestalten, beide Bereiche umfassend demokratisieren .
Für das Selbstbestimmungsrecht der Frauen über ihren Körper – gegen alle Formen von Gewalt und sexueller Ausbeutung, Menschenhandel, medizinischer Versuche und gentechnologischer Entwicklungen, die auf Kosten der Gesundheit der Frauen und ihres Gebärvermögens gehen.
Die Einführung eines Anti-Diskriminierungsgesetzes, das auf allen gesellschaftlichen Ebenen Frauen die Gleichstellung sichert.
Aufhebung der geschlechtshierarchischen Arbeitsteilung, deren Kern die einseitige Zuweisung der Hausarbeit an die Frauen bildet. Auch diese Reproduktionsarbeit ist Teil der Ausbeutung, denn das Kapital ist bestrebt, die Kosten für die Reproduktion der Arbeitskraft möglichst gering zu halten. Die rapide Zunahme von staatlichen Einsparungen von Sozialleistungen verdeutlicht, dass die Frauen gezwungen werden, noch mehr unentgeltlich erbrachte Arbeiten, wie z.B. die Pflege kranker oder alter Familienangehöriger, zu leisten. Umverteilung und Neubewertung von bezahlt und unbezahlt geleisteter, gesellschaftlich notwendiger Arbeit.
Das Steuer- und Sozialrecht ist gegenüber allen Formen des Zusammenlebens (Wohngemeinschaften, Ehe- und Lebensgemeinschaften, gleichgeschlechtliche Paarbeziehungen, Singles, AlleinerzieherInnen) neutral zu gestalten. Ein Abgehen von der Individualbesteuerung hin zu Ehegatten- oder Familiensplitting ist ebenso abzulehnen wie Bestrebungen, die Pflichtversicherung durch eine Versicherungspflicht abzulösen, mit der die private soziale Vorsorge forciert wird zugunsten der Profite von Versicherungsgesellschaften. Notwendig ist die individuelle materielle Absicherung für alle, unabhängig von der jeweiligen Lebensform. Deshalb lehnen wir es ab, dass die Ehe als einzige Form des Zusammenlebens staatlich geschützt und subventioniert wird.
Emanzipation kann am wirkungsvollsten in organisierter Form – durch Zusammenarbeit mit engagierten Frauen in Bündnissen auf allen Ebenen – erreicht werden. Ohne den politischen Kampf gegen Männerprivilegien, ohne den kollektiven, aber auch individuellen Kampf jeder einzelnen Frau kann sich die weibliche Subjektwerdung nicht entfalten.

5. Für finanzstarke und selbstbewusste Gemeinden

Umverteilung der staatlichen Steuereinnahmen zugunsten der Kommunen zur Finanzierung infrastruktureller, sozialer und kultureller Aufgaben und zumutbarer Tarife für kommunale Dienstleistungen. Befreiung der Kommunen von finanziellen Lasten, die als allgemeine Kosten der Gesellschaft vom Bund getragen werden müssen.
Umverteilung der Mittel im Finanzausgleich zugunsten der Gemeinden.
Streichung des Beitrages der Gemeinden an der EU-Finanzierung.
Einsparung der steirischen Vertretung bei der EU, Verteilung der dadurch ersparten Steuermittel an die Gemeinden.
Abschaffung der Landesumlage.
Befreiung der Gemeindeeinlagen von der KEST.
Gleiche Beteiligung der Gemeinden am steuerlichen Mehraufkommen wie der Bund.
Ausbau der kulturellen Infrastruktur. Verhinderung des weiteren Abbaus kultureller Einrichtungen. Sicherung erschwinglicher Preise, die allen Bevölkerungsschichten den Zugang zu Kultureinrichtungen und Kulturschätzen ermöglichen.
Ausbau und finanzielle Absicherung von Frauenberatungsstellen und Fraueninitiativen.
Erhöhung des Frauenanteils auf kommunaler Ebene.
Einführung eines Sozialpasses für Menschen mit geringem Einkommen.

6. Bildung: Chancengleichheit für alle

Schaffung eines Schulsystems, das allen Kindern und Jugendlichen gleiche Chancen zum Wissenserwerb garantiert. Unentgeltliche Schulbildung einschließlich der Versorgung mit den erforderlichen Unterrichtsmaterialien. Grundsätzlich sind an allen Schulen Klassenstärken von durchschnittlich 20 Kindern bzw. Jugendlichen anzustreben und eine Obergrenze von 25 anzusetzen. Keine Erhöhung der Unterrichtsverpflichtungen für Lehrerinnen und Lehrer, heißt: In unserem Land herrscht ein flächendeckender, akuter Mangel an (beschäftigten) Lehrerinnen und Lehrern!
Schaffung einer gemeinsamen Interessensvertretung aller HochschülerInnen (Studierende an ordentlichen Hochschulen, Fachhochschulen, Pädagogischen Akademien, Privathochschulen) sowie deren soziale Gleichstellung in Bezug auf Studienbeihilfen, Ermäßigungen, etc.
Abschaffung der Studiengebühr an den Hochschulen und Universitäten. Freier unentgeltlicher Zugang aller SchülerInnen, StudentInnen und Auszubildenden zu wissenschaftlichen Erkenntnissen mittels modernster Kommunikationsmittel.
Demokratische und autonome Hochschulen statt Auslieferung des Bildungswesens an die Interessen des Großkapitals
Erhöhung der Kinderbeihilfe auf ein existenzsicherndes Niveau. Gewährleistung einer unentgeltlichen gesellschaftlichen Betreuung der Kinder in Kinderkrippen, Kindergärten, Ganztagsschulen und Schulhorten.
Gegen Jugendarbeitslosigkeit
Viele Unternehmen kommen aus puren profitegoistischen Gründen ihrer sozialen Verantwortung der Lehrlingsausbildung nicht nach und rationalisieren Lehrplätze einfach weg. Die Industrie hat sich von der Lehrlingsausbildung, von wenigen Ausnahmen abgesehen, verabschiedet. Diese Unternehmer warten auf kapitalfreundliche Regelungen, wo ihnen per Gesetz faktisch Lehrlinge und deren Arbeitskraft "geschenkt" werden. Die Vision ist klar. Lehrlinge als BilligsthilfsarbeiterInnen, inklusive Sozialdumping, einsetzbar je nach Bedarf und Belieben.
Jede/r Jugendliche hat ein Recht auf Arbeit und Bildung und muss einen qualifizierten Ausbildungsplatz in einem zukunftsorientierten Beruf bekommen. Keine Unterordnung der Lehre unter die Kapitalinteressen, sondern ein öffentliches Berufsausbildungswesen. Die Regierung in Bund und Land und große Unternehmen müssen gesetzlich verpflichtet werden, für die Schaffung der dafür notwendigen Zahl von Ausbildungsplätzen zu sorgen. Das Recht auf Ausbildung muss gegen Bund und Land einklagbar sein.
Alle Betriebe (Unternehmen, Konzerne usw.) werden mittels einer gesetzlichen Ausbildungspflicht verpflichtet, Ausbildungsplätze in einer Größenordnung von mindestens 10 Prozent der Arbeitsplätze in den betreffenden Unternehmen bereitzustellen. Das betriebliche Ausbildungsangebot muss durch Vollausbildung in überbetrieblichen Jugendausbildungszentren und Lehrwerkstätten flächendeckend ergänzt werden. Durch entsprechende Kontrollen ist zu gewährleisten, dass die Auszubildenden nicht als billige Hilfsarbeiter/innen benutzt werden, sondern eine gute, zukunftsorientierte Ausbildung erhalten, die eine breite Grundausbildung in den verschiedenen Tätigkeiten des betreffenden Berufszweiges einschließt.
Für selbstverwaltete Freizeiteinrichtungen ohne Konsumzwang
Verstärkte Förderung von Kindererholungsaktionen gemeinnütziger Vereine durch Land, Gemeinden und Sozialversicherungseinrichtungen.

7. Für die Rechte von MigrantInnen – gegen Rechtsextremismus

Entschiedener Kampf gegen alle Erscheinungsformen und die sozialen, politischen und ideologischen Ursachen von Rechtsextremismus, Rassismus, Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit. Verbot aller faschistischen Organisationen, ihrer medialen Einrichtungen und Erzeugnisse sowie ihrer öffentlichen Auftritte. Verschärfung der entsprechenden Strafgesetze und deren Umsetzung in jedem Fall ohne zeitliche Verzögerung.
Gewährleistung humanistischer, antimilitaristischer und antifaschistischer Erziehungs- und Bildungsinhalte an allen staatlichen Bildungseinrichtungen, die der Jugend von Anbeginn die Überzeugung von der unantastbaren Würde jedes Menschen, von der Freiheit jedes Menschen in solidarischer Gemeinschaft aller vermitteln.
Wiederherstellung des vollen Asylrechts. Aufhebung des Arbeitsverbots und der Sachversorgung für Asylbewerber. Abschaffung der Abschiebehaft. Abschaffung des Ausländergesetzes und daraus abgeleiteter Verordnungen. Aufhebung jeglicher ethnisch begründeter Regelungen des Staatsbürgerschaftsrechts.
Schaffung eines Anti-Diskriminierungsgesetzes, das allen in Österreich lebenden Menschen, unabhängig von ihrem Geschlecht, ihrer sexuellen Identität, ihrer ethnischen Herkunft und anderer Unterschiede die gleichen politischen und sozialen Grundrechte gewährleistet.
Freier Zugang und entsprechende Förderungsmaßnehmen auf allen Ebenen des Bildungssystems und Zugang zu genossenschaftlichen und kommunalen Wohnungen sowie zum kommunalen Wahlrecht.
Abschaffung der Diskriminierung von MigrantInnen im Rahmen der Familienbeihilfe.
Verstärkte Integrations- und Förderprogramme für MigrantInnenkinder bzw. -familien und für Kinder bzw. Familien mit speziellen Betreuungsbedürfnissen.

8. Für Demokratisierung des politischen Systems

Ausbau von verbindlichen Formen der Volksgesetzgebung (Volksinitiative, Volksbegehren, Volksentscheid) auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene.
Demokratisierung der Bezirkverwaltungen. Direktwahl der Bezirkshauptleute.
Direkte Wahl der RichterInnen auf allen Ebenen unmittelbar durch die Bevölkerung.
Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre und des Alters der Wählbarkeit auf 18 Jahre. Abschaffung der Fünfprozent-Sperrklausel für Parteien.
Begrenzung der Wählbarkeit in allen Volksvertretungen und der Ämter von MinisterInnen und StaatssekretärInnen auf zwei Legislaturperioden.
Koppelung der PolitikerInneneinkommen an ein zu schaffendes gesetzliches Mindesteinkommen. Der Bundespräsident/Die Bundespräsidentin darf nicht mehr als das Zehnfache dieses Mindesteinkommens verdienen. Gesetzliche Begrenzung und unbedingte Offenlegung aller Nebentätigkeiten von Abgeordneten sowie dadurch erzielter Einkünfte. Beseitigung der privilegierten Pensionsansprüche und Gestaltung der letzteren gemäß den allgemeinen Regeln der gesetzlichen Pensionsversicherung.
Unterbindung jeglicher Einflussnahme der Konzerne und Großbanken auf Staatsapparat und Parlamente. Strenge strafrechtliche Verfolgung aller Formen direkter und indirekter Korruption, einschließlich des Kaufs politischer Macht seitens der Konzerne und Großbanken.
Österreich muss in den internationalen Institutionen dafür eintreten, dass die Todesstrafe weltweit abgeschafft wird.
Konsequente Umsetzung einer Quotenregelung, um Frauen in allen gesellschaftlichen Bereichen Zugang zu ermöglichen.
Anerkennung der slowenischen Volksgruppe in der Steiermarkgemäß Artikel 7 der Staatsvertrages.

9. Für Neutralität und Frieden

Es geht darum, die aggressive, kriegerisch gewordene Politik zu überwinden, Krieg und militärische Gewalt zu ächten und für immer aus dem Leben der Völker zu verbannen
Stopp aller Kriegshandlungen der USA und ihrer NATO-Verbündeten.
Auflösung der Militärstützpunkte der USA in Europa. Abschaffung aller Atomwaffen in Europa.
Vollständiges Verbot der Entwicklung, Produktion und Lagerung von atomaren, biologischen und chemischen Waffen. Entwicklungs- und Produktionsstop für neu Waffensysteme. Generelles Verbot von Rüstungsexporten.
Aufrechterhaltung der österreichischen Neutralität. Streichung des Kriegsparagraphen 23 f aus der Verfassung.
Kein Kauf von neuen Abfangjägern. Zeltweg und Graz-Thalerhof dürfen keine NATO-Stützpunkte werden.
Reduzierung des Bundesheeres und Abrüstung. Keine Osterweiterung, sondern Auflösung des imperialistischen Militärbündnisses NATO. Verhinderung der Militarisierung der Europäischen Union und des Aufbaus eigenständiger Interventionsstreitkräfte. Schaffung eines kollektiven Europäischen Sicherheitssystems auf der Grundlage der OSZE.
Frauen den Dienst im Bundesheer zu ermöglichen, dient nicht der Emanzipation, sondern ist Ausdruck der zunehmenden Militarisierung und Brutalisierung der Gesellschaft. Nicht Öffnung des Heeres für Frauen, sondern schrittweiser Abbau aller militärischen Strukturen, bis hin zur Abschaffung des Bundesheeres und Umverteilung der freiwerdenden Mittel für soziale und demokratische Reformen schaffen bessere Bedingungen für die Gleichberechtigung.

10. Für ein demokratisches Europa und eine gerechte Weltwirtschaftsordnung

Ehebaldigst möglicher Austritt Österreichs aus der EU. Bis dahin Eintreten für:
Beseitigung der undemokratischen Verfasstheit der Europäischen Union. Aufhebung der entsprechenden Strukturen und Verträge von Maastricht, Amsterdam und Nizza.
Volle Rechenschaftspflicht aller Exekutivorgane und Institutionen der Europäischen Union gegenüber einem demokratisch gewählten Europaparlament. Stärkung der Entscheidungsmöglichkeiten der nationalen Parlamente, der regionalen und kommunalen Volksvertretungen.
Für eine neue Weltwirtschaftsordnung, die Unterentwicklung, Ausbeutung und Ausplünderung beendet. Ein erster Schritt ist die Streichung der Auslandsschulden der armen Länder des Südens.

V. Grundsätze unseres Wirkens als Kommunisten

Humanismus als oberstes Prinzip unseres Kampfes

Kommunistinnen und Kommunisten leben und handeln in der Überzeugung, dass die Menschen imstande sind, hilfreich und gut zu sein. Sie halten es für möglich, dass in einer von Freiheit, Gleichheit und Solidarität durchdrungenen Gesellschaft die freie Entwicklung einer jeden und eines jeden zur Bedingung für die freie Entwicklung aller wird.
Kommunisten sind kämpferischen Humanismus verpflichtet. Eintreten im eigenen Land und international für Menschenwürde und Menschenrechte, für Frieden und Völkerverständigung ist stets oberster Grundsatz ihres Wirkens. Darum: nicht Anpassung an die bestehende Ordnung und Integration in das kapitalistische System, sonder Auseinandersetzung mit diesem System und entschiedene Opposition zum Kurs der Herrschenden, Formierung von Widerstand in Österreich, in der Europäischen Union und weltweit, Aufbau von Gegenmacht gegen das große Kapital und seinen Staat sind geboten. Das ist zugleich auf lange Sicht der Weg aus der Defensive der kommunistischen Bewegung.

Partei der ArbeiterInnenklasse – Verbindung der Tages- und Zukunftsinteressen

Wir wollen die KPÖ als eine Partei der ArbeiterInnenklasse und aller von den verschärften Verwertungsbedingungen des Finanz- und Monopolkapitals betroffenen werktätigen Schichten und Intellektuellen entwickeln.
Kommunistische Politik verknüpft ihr Eintreten für unmittelbare und künftige soziale Interessen der Werktätigen mit der Verteidigung der demokratischen und sozialen Prinzipien, dem Widerstand gegen die Rechtsentwicklung und neofaschistischen Gefahren, gegen die vom Imperialismus ausgehende Bedrohung des Friedens und der natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit. Sie verbindet den Kampf um elementare Tagesforderungen mit dem Ringen um radikale, gegen das große Kapital gerichtete Reformen und für den Sozialismus.

Verbindung des außerparlamentarischen und parlamentarischen Kampfes

Kommunisten setzen auf Kraftentfaltung, den Erfahrungs- und Erkenntniszuwachs der Werktätigen im außerparlamentarischen Kampf, erblicken in deren Mobilisierung den Hauptweg der Entwicklung von Widerstand und Gegenmacht, initiieren und unterstützen soziale und ökologische, antimilitaristische und antifaschistische, demokratische politische Aktionen. Sie gehen davon aus, dass entscheidend für die Veränderung des Kräfteverhältnisses und die Verwirklichung radikal-demokratische Programmatik das Zustandekommen einer starken progressiven außerparlamentarischen Bewegung und deren Voranschreiten sind. KommunistInnen unterstützen daher die Betriebs- und Personalräte der Arbeiter und Angestellten, die Initiativen der Arbeitslosen, der Ausgegrenzten und Armen, der Verbraucher und Mieter, kleinen Pächter sowie Genossenschaften in Stadt und Land, die demokratischen Frauen-, Jugend- und Kulturorganisationen, die antifaschistischen und antimilitaristischen Zusammenschlüsse, die Bewegungen für den Frieden, für den Schutz der Bürger- und Menschenwürde, für die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen, für die Linderung der Not der Menschen in der Dritten Welt. Sie kämpfen zugleich für starke parlamentarische Vertretungen von Linken auf allen Ebenen, die eng mit den Wählern verbunden sind, ihre Hauptstützen in der außerparlamentarischen Bewegung haben und alle parlamentarischen Möglichkeiten ausschöpfen, um diese voranzubringen.

Konsequenter Internationalismus

KommunistInnen sind InternationalistInnen, verknüpfen ihr Wirken im nationalstaatlichen Rahmen und in der Europäischen Union mit dem internationalen Kampf gegen den Imperialismus. Kommunistische Politik hat aktiv zur Ausweitung der globalen Protestaktionen gegen die Politik von IWF, WTO und Weltbank und zur Entfaltung einer breiten internationalen Bewegung gegen die vom Weltherrschaftsstreben des Imperialismus ausgehende Gefahr eines Wettrüstens in neuen Dimensionen beizutragen. Sie nimmt die Auseinandersetzung um eine uni- oder multipolare Welt als neue Herausforderung für Linke auf und betrachtet als ihr wichtigstes Anliegen, den Kampf für den Frieden und für eine demokratische und soziale Weltordnung zu fördern.
Jeglicher Terrorismus ist zu bekämpfen und zwar an seine Wurzeln: durch gerechtes Teilen und Beteiligen, wirtschaftlich und sozial, durch zurückdrängen der Religion auf den Privatbereich, durch Verzicht auf jede Unterscheidung nach Ethnie und Rasse, durch den Dialog aller Kulturen.
KommunistInnen verteidigen das sozialistische Kuba, die Souveränität der Volksrepublik China, Vietnams und anderer Länder mit alternativen, antiimperialistischen Entwicklungswegen. Sie sind solidarisch mit allen Fortschrittskräften der Welt, die gleichfalls für einen anderen Entwicklungsweg einstehen. Ihr Handeln folgt einem Verständnis von Internationalismus, das die Gemeinsamkeiten hervorkehrt und für Toleranz und Respekt im Umgang mit politischen, ideologischen und weltanschaulichen Unterschieden eintritt. Dieses Verständnis hält uns nicht von der Kritik an Deformationen und Menschenrechtsverletzungen ab, wo immer sie auch vorkommen mögen.

Aktionseinheit aller antiimperialistischen Kräfte

KommunistInnen engagieren sich für umfassende Koordinierung der antiimperialistischen und pro-sozialistischen Kräfte auf der Basis von Freiwilligkeit, Übereinstimmung und Gleichberechtigung, ohne in eurozentrische Auffassungen abzugleiten. Sie stellen sich der EU als reales Kampffeld und wirken für ein Netzwerk der linken Parteien und Organisationen Europas, das niemanden ausgrenzt. Sie treten für den Bruch mit der Logik der Verträge von Maastricht und Amsterdam und für ein gemeinsames Europakonzept ein, das als Alternative zum Europa der Monopole und Großbanken elementare Gegenwartsforderungen der Werktätigen und radikaldemokratische Reformen im nationalstaatlichen Rahmen sowie in der EU zu einem geschlossenen Programm für einen demokratischen Integrationsprozess zusammenführt, der für alle Länder des Kontinents offen ist und neue Wege zum Sozialismus eröffnen kann.

Gegen die Zersplitterung der kommunistischen Bewegung, für gemeinsames Handeln

Wir sind entschieden gegen jegliche weitere organisatorische Zersplitterung der kommunistischen Bewegung. Wir setzen uns mit ganzer Kraft für ein enges partei- und organisationsübergreifendes Zusammenwirken der marxistischen Kräfte, von organisierten und parteilosen Marxisten, Kommunisten, Sozialisten, für ihre Formierung und ihr Erstarken auf allen Gebieten ein. Vor allem im entschlossenen und gemeinsamen Widerstand gegen die antisoziale, umweltzerstörende und großmachtorientierte Politik der Regierenden sowie im Kampf um grundlegende politische und soziale Verbesserungen müssen sie zusammenfinden und ihre Positionen in einer gemeinsamen politischen Praxis überprüfen und abstimmen. Als MarxistInnen leisten wir unseren Beitrag zum Zusammengehen der kommunistischen und linken Organisationen und Bewegungen auf allen Ebenen und in allen Bereichen. Wir treten für die Aktionseinheit und weltanschaulicher Bindung ein und wirken für ein weit darüber hinausgehendes gemeinsames Vorgehen von Menschen aller Klassen und Schichten für Frieden und sozialen Fortschritt.

Bewahrung der Erfahrungen und Traditionen des revolutionären Kampfes

Kommunistisches Engagement speist sich aus vielen Quellen. Pluralität ist ein Zugewinn für die kommunistische Bewegung, die es gilt für deren Ziele wirksam zu machen. Als Marxisten sind wir besonders dem Erbe der Klassiker des wissenschaftlichen Sozialismus, dem Vermächtnis anderer marxistischer Denker und Revolutionäre der österreichischen und internationalen Arbeiterbewegung, den revolutionären Traditionen des Kampfes der Arbeiterklasse, des antiimperialistischen und antifaschistischen Befreiungskampfes der Völker verbunden. Wir befragen die Geschichte der Systemauseinandersetzung, des Entstehens und der Entwicklung des Realsozialismus nach Bewahrenswerten und Defiziten und den Ursachen ihres Untergangs, nach weiterführenden Erfahrungen und Erkenntnissen.

Entwicklung der wissenschaftlichen Grundlagen der kommunistischen Bewegung

Wir lassen uns davon leiten, dass kommunistische Bewegung einer auf dem Marxismus fußenden Theorie bedarf, einer wissenschaftlich begründeten Grundorientierung und Programmatik, um den Kampf für eine antikapitalistische, sozialistische Alternative erfolgreich führen zu können. Bewahren und Weitertragen des wissenschaftlichen Sozialismus, seine Verbindung mit den sozialen, ökologischen und politischen Bewegungen, den Klassenkämpfen der Gegenwart und Zukunft, die Verbreitung sozialistischer Ideologie wider den vorherrschenden Zeitgeist sind entscheidende Grunderfordernisse und Ansprüche an unser Wirken. Wir wissen, dass der Marxismus kein Dogma ist und die Vielfalt schöpferischen marxistischen Denkens für den Kampf um die revolutionäre Erneuerung der gesellschaftlichen Verhältnisse nutzbar gemacht werden muss. Die Linke braucht eine "theoretisch rücksichtslose", von allen Bevormundungen und Weisungen unabhängige Wissenschaft. In Theorie und Praxis neue zu beantwortende Fragen, produktives weiteres Nachdenken über sozialistische Programmatik und Politik erfordern nicht nur nicht dem Zeitgeist folgend vom Marxismus Abschied zu nehmen, sondern ihn entsprechend den sich verändernden gesellschaftlichen Bedingungen weiterzuentwickeln.


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