KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS
Prive Friedjung, Österreichs älteste Kommunistin, ist gestorben
Gin. Friedjung 1991
Copyright: Wolfgang Voglhuber


Die KPÖ betrauert den Tod von Prive Friedjung, einer Kommunistin, in deren Leben die Errungenschaften und Tragödien des 20. Jahrhunderts eingraviert waren, das aber selbst Spuren gelegt hat, denen zu folgen ihren politischen und persönlichen FreundInnen ein Anliegen bleibt.

Prive Friedjung kam 1902 in einer streng gläubigen jüdischen Familie als jüngste von zwölf Geschwistern in Zadowa bei Czernowitz zur Welt. Im Ersten Weltkrieg floh die Familie vor den zaristischen Truppen nach Oberösterreich, wo die Vierzehnjärige als Fabriksarbeiterin überlebte. Nach dem Krieg kehrte sie zunächst in ihre Heimat zurück. Sie wurde von der rumänischen Diktatur verfolgt und eingesperrt. Die soziale Perspektivlosigkeit, aber auch die politische Verfolgung veranlaßte Prive aber wie auch viele ihrer Geschwister 1924 nach Wien zu gehen, wo sie sich bessere berufliche Chancen erwartete.

Ihr politisches Engagement - zuerst in einer linken zionistischen Bewegung - führte sie schließlich in die Reihen der KommunistInnen. “Liebte Gott die Armen, gäbe es keine Reichen”, sagte sie.

In Wien schloß sich Prive der jungen KPÖ an und verband ihren Beruf als Näherin so gut es ging mit ihrem unermüdlichen Engagement bei den vielen, schließlich auch illegalen Aktionen der Partei. Die Heirat mit dem sozialdemokratischen Stadtrat Friedjung ermöglichte ihr die Annahme der österreichischen Staatsbürgerschaft. Trotzdem wurde sie nach dem Verbot der Partei faktisch zur Ausreise gezwungen. Die sozialen Verhältnisse unter denen sie in diesen Jahren lebte waren von der Wirtschaftskrise, der Arbeitslosigkeit und schließlich von Wohnungslosigkeit geprägt.

Prive Friedjung ging 1934 in die Sowjetunion, wo sie zunächst Arbeit und Ausbildungsmöglichkeiten fand. Sie heiratete einen ungarischen Emigranten, ihr Sohn Wolodja kam 1941 zur Welt.

In diesen Jahren entstand ihre enge Beziehung zur russischen Sprache und Literatur, die sie Zeit ihres Lebens nicht aufgab. Aber auch in der Sowjetunion, der sie sich eng verbunden fühlte - sie nahm die sowjetische Staatsbürgerschaft an -, holte sie der Krieg und der stalinistische Terror ein. Sie überlebte den Krieg unter den schwierigsten Bedingungen als alleinerziehende Mutter in Sibirien.

Auf Grund einer Initiative der KPÖ konnte Prive Friedjung 1947 nach Österreich zurückkehren, wo sie nunmehr zum fünften Mal die Staatsbürgerschaft wechselte. Sie arbeitete als Dolmetscherin in der damaligen SMV, der späteren ÖMV, sie konnte aus dem Obdachlosenasyl erstmals in eine eigene Wohnung übersiedeln. Natürlich arbeitete sie politisch in der KPÖ.

Nach 1968/69 trat Prive Friedjung aus der KPÖ aus. Eigentlich wollte sie ihre Mitgliedschaft nur ruhen lassen. Aber die damaligen Bezirkssekretäre waren da unerbittlich. Erst 1983 kam sie wieder in Kontakt mit AktivistInnen der Partei, die in der Österreichisch-Kubanischen Gesellschaft aktiv waren und die im Erdgeschoß von Prives Haus auf der Wieden ihr Lokal hatten.

Prive trat der KPÖ erneut bei, denn sie hatte nie ihren Frieden mit dem Kapitalismus gemacht. "Eine Gesellschaft, die vier Fünftel verhungern läßt und deren ein Fünftel einen Müllberg ihrer eigenen Wegwerfpolitik produziert, der ihr schließlich über den Kopf wächst, hat ihr Lebensrecht verwirkt", sagte sie später in einem Interview, nach Erscheinen ihres Buches “Wir wollten nur das Paradies auf Erden” 1995. Gemeinsam mit Albert Lichtblau und Sabine Jahn hat Prive Friedjung darin die Stationen ihres langen, wechselvollen und entbehrungsreichen, aber an Erfahrungen reichen Lebens aufgezeichnet.

“Mein Anliegen, daß meine – unsere Überlegungen Menschen außerhalb unserer Partei, doch auch Genossen der Kommunistischen Partei erreichen, scheint teilweise in Erfüllung zu gehen, was mich sehr freut”, schrieb sie mir, überrascht von dem verhältnismäßig starken Echo dieser Veröffentlichung als Widmung in ihr Buch. Noch in den 90er Jahren schrieb sie Artikel und beschäftigte sich mit den Klassikern des Marxismus.

Prive Friedjung hat Zeit ihres Lebens keine öffentlichen Funktionen bekleidet, auch nicht in ihrer Partei. Aber sie wirkte dank ihrer Persönlichkeit mit und durch ihren Freundeskreis auf viele Menschen. Und in aller Bescheidenheit. Es sind solche Menschen, die das beste unserer Bewegung verkörpern und auf die der Kommunismus der Zukunft aufbauen wird.


Michael Graber

Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links