KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Bärbel Danneberg (Wien)

Und wieder einmal: Quoten-Quatsch?

In ihrem Kommentar zur Geschlechterstruktur politischer Systeme (Argument spezial Nr. 45) schreibt Genossin Heidi Ambrosch, daß die weibliche “Partizipation innerhalb patriarchaler Strukturen immer wieder zu Anpassung und zum Mitmachen dieser Regeln und Normen führt”. Genossin Petra Stöckl scheint das einige Seiten später zu bestätigen: “Das Geschlecht als einziges Kriterium halte ich fast schon für sexistisch”, meint sie zur 50-Prozent-Quote des Wahlvorschlags für den Bundesvorstand. Soll da vielleicht das Kind mit dem Bad ausgeschüttet werden? (Und vertraute Verhältnisse hergestellt werden nach dem Motto: Jeder nach seinen Fähigkeiten – weshalb Männer auch in KPÖ-Gremien überzählig sind ….). Die Halbe-halbe-Quote für die in den Bundesvorstand zu wählenden GenossInnen sieht jedenfalls nicht einzig das Geschlecht als Auswahlkriterium vor, sondern gleichzeitig sind Qualifikation, Betätigungsfeld, Erfahrungshintergrund, Arbeitseinsatz usw. wichtige Mitbringsel von künftigen BundesvorstandsmitgliederInnen. Doch das nur nebenbei.

Die Ablehnung gegenüber quotierter Teilhabe an politischen Prozessen ist nicht neu. In der Regel wurde sie vor allem von konservativen Männern geäußert, die in der Frauenquote “haßerfüllten Radikalfeminismus” (Dieter Lenhardt in der “Presse”) wittern. Doch auch fortschrittliche Zusammenhänge kennen Quoten-Skepsis, denn “Frausein allein ist kein Programm” und “Männer und Frauen gemeinsam sind stark”. Auch das EU-Gericht (damalige Besetzung: elf Männer, keine Frau) urteilte vor fünf Jahren gegen die positive Diskriminierung, die besagt, daß bei Stellenbesetzungen den Frauen bei gleicher Qualifikation wie jener von Männern solange der Vortritt gelassen werden muß, bis die 50-Prozent-Parität erreicht ist.

Trotz dieser Widerstände (man erinnere nur die Aufregung um die Halbe-halbe-Aktion der ehemaligen Frauenministerin Helga Konrad) haben sich Parteien und Organisationen dieser Frage nicht verschließen können. Sie alle führen Quotenfrauen in ihrer Sammlung, sie alle legen Wert auf “vorzeigbare” Frauen in ihren vorderen Reihen – und neuerdings ganz vorneweg die FPÖ. Dort wird bei Ministerpostenbesetzung sogar gegen die Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gewettert – etwa F-Landesrätin Ursula Haubner, die anläßlich der öffentlichen Empörung, daß ein Mann jetzt Frauenminister geworden ist, wacker Gleichbehandlung für Herrn Haupt einforderte. So also ist das mit der Gleichbehandlung gemeint.

Das Neue – nicht nur an der Quoten-Diskussion – ist: Rückschritte im weiblichen Lebenszusammenhang werden als Fortschritt bezeichnet und schwülstig mit feministischen Versatzstücken drapiert. So etwa fordert VP-Generalsekretärin Maria Rauch-Kallat “Mehr Frauen in die Politik!” und meint gleichzeitig zur Bestellung des Frauenministermannes: “Man muß dem neuen Kollegen jetzt einmal zumindest die Chance geben, sich einzuarbeiten.” Gleichzeitig geißelt sie den “linken Feminismus” als überholt und gescheitert und beklagte das “ständige Gejammer über die Opferrolle der Frau”.

Vermehrt sprechen sich nun auch Frauen selbst gegen eine Quotierung aus (“Ich will um Gotteswillen keine Quotenfrau sein …”). Dies macht einerseits den frauenpolitischen Rückschritt der letzten Jahre deutlich und andererseits zeigt es Resignation – wohl auch, weil Quotierung an realen Machtverhältnissen wenig geändert hat. Auch geben die blauschwarzen Vorzeigefrauen wenig Anlaß zur Hoffnung, daß es Frauen zum Vorteil ihrer Geschlechtsgenossinnen grundsätzlich besser machen. Aber ist das ein ausreichender Grund, gegen Quotierungen zu sein? Nur weil es mit der Demokratie nicht so hinhaut, ist man ja auch nicht gleich dagegen.

 

Das Gleichbehandlungsgesetz und die Frauenförderpläne haben trotz aller Unzulänglichkeiten zumindest eines bewirkt: Frauen konnten nicht mehr gar so selbstverständlich lediglich als Beiwerk in der Männerwirtschaft gesehen werden. Und immerhin haben zumindest einige Frau real davon profitiert und wurde öffentliches Bewußtsein für diese Frage geschaffen, auch wenn damit noch lange nicht Patriarchat und Kapitalismus aus den Angeln gehoben wurden. Nun aber will die schwarzblaue Regierung durch ein “Objektivierungsgesetz” im Beamtenbereich auch jene Bestimmungen im Gleichbehandlungsgesetz aushebeln, die Frauen bei der Postenbesetzung bis zur 50-Prozent-Quote bevorzugen. Wie sie auch diverse andere, mühselig erkämpfte Errungenschaften Schritt für Schritt rückgängig macht.

Zu glauben, Chancengleichheit (auch in unserer Partei) käme durch freundliches Bemühen zustande und frau könne auf “erzwungene” Quoten und radikalen Kampf (auch gegen Männerprivilegien) verzichten, ist gewagt. Das gesellschaftspolitische Klima weist nämlich zur Zeit in eine ganz andere Richtung, und zwar zielgerade vorbei an gleichberechtigter Teilhabe der Frauen am öffentlichen Leben und eigenständiger Existenz. “Man sagt, wir Frauen brauchen keine Extrawurst gebraten. Ich aber sage, solange wir Frauen noch unter einem Ausnahmerecht in der bürgerlichen Gesellschaft leben, brauchen wir allerdings Extrawürste”, meinte schon die sozialistische Frauenrechtlerin Minna Reichert zu Beginn der proletarischen Frauenbewegung. Die KPÖ sollte, auch was den “Quoten-Quatsch” betrifft, nicht hinter ihren eigenen Erkenntnistand zurückfallen. Vermutlich würde sich das auch positiv auf das Diskussionsklima im Bundesvorstand auswirken.


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