KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Referat von Heidi Ambrosch am 31. Parteitag der KPÖ

Die Zukunft ist weiblich

“Sozialismus oder Barbarei” nannte Rosa Luxemburg die Alternative, die der Kapitalismus hervorbringt. Die Zukunft ist weiblich ist meine optimistische Vision, denn Sozialismus und Kommunismus ist ohne Feminisierung der Politik, ohne Gewährleistung gleicher Chancen und Rechte im Sinne der Selbstbestimmung von Frauen nicht mehr denkbar; wohl aber kapitalistische Barbarei. 

“Wir erleben den tiefgreifendsten Umbau der Gesellschaft seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Ein neuer Typ des Kapitalismus wird durchgesetzt.“ heißt es in der vorgelegten Erklärung zu politischen und programmatischen Fragen. Und genau dieses Neue zu begreifen, ist die heutige Herausforderung und nicht die Feststellung, was alt am Kapitalismus ist.

Neu ist, dass das “System von sozialstaatlichen Kompromissen, die das Kapital bei seiner Herrschaftsausübung eingegangen ist “ weitgehend ausgedient hat. Mit ihm auch das der Geschlechterkompromisse. Mit der Offensive des Kapitals verbunden ist ein massiver Versuch, patriarchale Herrschaft wieder auszubauen. Der jüngste Vorstoß des „Männer“ministers Haupt gegen die Fristenregelung mit der Begründung, das können Frauen nicht allein entscheiden, ist eine gefährliche Drohung. Aber auch Frauen verweigern jenen Kompromiss, der die Diskussion über patriarchale Herrschaftsstrukturen und Mechanismen, über Sexismus als nebensächlich erklärt, ihre Forderungen als zweitrangig abgetan hat.

Die Erforschung, was der soziale und politische Umbau für die Lebensbedingungen, die Lebensweise der arbeitenden Menschen heißt, welche Widersprüche im Spannungsverhältnis von Wünschen und Bedürfnissen zu realen Chancen aufbrechen und mobilisieren könnten, sind die Fragen, die wir beantworten müssen.

Feministisch forschen heißt, die Lebensbedingungen der Mehrheit von Frauen, einem Großteil der heutigen ArbeiterInnenklasse in den Mittelpunkt zu rücken.

In einer neuen Studie, die Genossin Dr. Elisabeth Holzinger im Auftrag des AMS erstellt hat, wird  zusammengefasst: “Laut Repräsentativbefragung machen die atypisch Beschäftigten in Österreich im Jahr 1999 zusammen fast ein Drittel aller Beschäftigten aus. Der größte Anteil, etwa 17% entfällt auf Teilzeitbeschäftigungen, gefolgt von ca. 4% mit geringfügiger Beschäftigung, 3% mit befristeten Dienstverhältnissen, nicht ganz 2% Neuen Selbstständigen, 1% die zu Hause arbeiten und 0,5% (19.000) LeiharbeiterInnen. Etwa 90% der Teilzeit- bzw. geringfügig Beschäftigten, die 3/4 aller atypischen ausmachen, sind Frauen.” In dieser Analyse nicht erfasst sind jene  Beschäftigungen, die statistisch nicht als solche erfasst werden, wie die gegen Entschädigung oder gratis erbrachte sogenannte ehrenamtliche – gesellschaftlich notwendige Tätigkeit von Frauen, die das Fehlen entsprechender sozialer Infrastruktur ausgleichen soll oder auch der  Sexarbeitsmarkt. Bereits am letzten Parteitag habe ich eine diesbezügliche Studie zitiert, die zum Schluss kommt, dass bereits eine Million Frauen am informellen Arbeitsmarkt zu finden sind und diese Zahl kann sich nur vergrößert haben. Denn jede - in den letzten Jahren gerade auch von der SP bejubelte Trendwende am Arbeitsmarkt war eine, die auf die weitere Verdrängung von Frauen zurückzuführen  ist, entweder ausgesteuert, in Kurse gesteckt, vor allem auf Teilzeit- und geringfügige Beschäftigungsverhältnisse verbannt.

Neu ist, dass von den unselbständig  Beschäftigten bereits 2/3 im Dienstleistungssektor arbeiten, mehrheitlich Frauen, vor allem auch Migrantinnen. Eine steigende Zahl arbeitet in privaten Haushalten, wobei diese, wie wir es aus unserer Nachbarschaft, manche auch aus ihren eigenem Haushalt kennen, nur zum Teil angemeldet sind. Was auch bedeutet der Willkür des Hausherren oder Hausfrauen – ausgeliefert zu sein. Aber auch die Angemeldeten sind in jedem Fall unzureichend abgesichert. Das Durchschnitts- bzw. Mediankommen in der Wirtschaftsgruppe  “Private Haushalte” ist mit  8.821,- (1998) das absolut Letzte.

Neu ist, dass Frauen zunehmend in unsicheren Verhältnissen leben, sowohl was die begrenzte Dauer der Beschäftigung als auch ihre Einkommen betrifft. Das Durchschnittseinkommen lag 1998 bei 17.677,- brutto, die Differenz zu den Männerlöhnen, die fast exakt 7000,- pro Monat mehr zur Verfügung hatten,  hat sich vergrößert. Bis zu 60% weniger Lohn ergeben sich aus den absoluten Zahlen der Angestellten und ArbeiterInnen.

Die geringen Einkommen haben weitreichende Konsequenzen für Befindlichkeiten und Handlungsmöglichkeiten, vor allem aber für nichtexistenzsichernde Arbeitslosengelder oder Notstandshilfen bis zur Pension. Verschärfungen und Kürzungen in diesen Bereichen ruinieren Frauen. Dem Armutsbericht von 1999 ist zu entnehmen: “Bis jetzt leben in Österreich 1,5 Millionen Menschen an oder unterhalb der Armutsgrenze, davon sind 70% Frauen.” Was heisst, bereits jede 4.Frau muss im viertreichsten Land Europas in Armut leben.

Neu ist, dass es spätestens seit Mitte der 90er Jahre eine deklarierte Politik gibt, auch alle weiteren der neoliberalen Doktrin unterworfenen Maßnahmen auf Kosten vor allem der Frauen und MigrantInnen umzusetzen, gepaart mit einer reaktionären familienideologischen Offensive. Die jüngste Durchsetzung der gemeinsamen Obsorge war erst auf diesem Hintergrund machbar.  Gemeinsame verpflichtende Obsorge heißt, dass die Frau, bei Wohnungs- und/oder Schulwechsel z.B. das Einverständnis des Mannes einholen muss. Wo eine Trennung im beiderseitigen Einverständnis geregelt wird, braucht es kein Gesetz. Wo es im Rosenkrieg endet, führt diese gesetzliche Regelung einzig und allein zum Druck, zur Bevormundung von Frauen. Und darum ging es auch jener Gruppe von Rechtsanwälten, die seit Jahren eine vehemente Lobby für das Gesetz betrieben haben: einerseits um die steuerliche Begünstigung ihrer Alimentationszahlungen damit zu erreichen und andererseits um die weitere Abhängigkeit der Frauen und Druckmittel gegen sie zu haben, nach dem Motto: entweder du holst von mir die Einwilligung oder verzichtest auf Unterhalt.

Jedes Budget hat ein Geschlecht. Jedes Budget muss auf die geschlechterspezifischen Auswirkungen überprüft werden. Gender mainstreaming, lautet der gängige EU-Begriff, dem sich auch die österreichische Regierung verpflichtet hat. Offenbar des Englischen wenig mächtig, übersetzt sie es allerdings als Politik gegen Frauen. Diese Überprüfung muss auf den bereits erläuterten Fakten der Beschäftigung und der sozialen Lebensbedingungen von Frauen basieren und daraus folgt:

Jede Erhöhung von Verbrauchsabgaben trifft die kleinen Einkommen härter als die großen. Gebühren- und Abgabenerhöhungen gehen also im höheren Ausmaß zu Lasten von Frauen.

Die Einschnitte im Pensionssystem treffen wegen Unterbrechungszeiten und niedriger Einkommen verstärkt Frauen.

Staatsausgabensenkungen im Bereich der sozialen Infrastruktur, im öffentlichen Verkehr, im Gesundheitswesen- im Kultur- und Bildungsbereich treffen überproportional Frauen.

Der geplante Stellenabbau von 15.000 Personen bis 2003 im öffentlichen Dienst bedeutet für Frauen in noch stärkerem Ausmaß als für Männer eine deutliche Einschränkung ihrer Berufsperspektiven. Gerade der öffentliche Dienst hat durch das Gleichstellungsgesetz vielfältige Arbeitsplätze für Frauen geboten, von denen - hinsichtlich der Arbeitsbedingungen und Entlohnung, flexiblerer Arbeitszeiten, die sich an den Bedürfnissen der Frauen orientieren oder dem Behalten nach der Karenz - Frauen in der Privatwirtschaft nur träumen können.

Mit der im Regierungsprogramm festgeschriebenen “Förderung des Unternehmen Haushalt” wird das gesellschaftspolitische Ziel der Verdrängung von Frauen aus dem offiziellen Arbeitsmarktsgeschehen untermauert. Statt erhöhter Ausgaben für Kinder- und Altenbetreuung wird Erziehungsgeld - von manchen ein minimaler Hausfrauenlohn - in Aussicht gestellt.

Und auch die geplante Verlagerung von Tarifverhandlungen auf die betriebliche Ebene wird die Lohnunterschiede zwischen Männern und Frauen nicht angleichen, sondern weiter verschlechtern.

Der Rückzug des Staates aus seiner sozialen Verantwortung heißt aber auch Mehrarbeit für Frauen - unbezahlt versteht  sich - deshalb ist es so wichtig die Familie zu preisen. Wo das soziale Netz reißt, soll die Familie, sprich Frau einspringen. Ob Kinderbetreuungsscheck, Haushaltsmanagerin oder Lohn für Hausarbeit - das alles sind Kampfbegriffe, um Frauen auseinander zu dividieren, und Männer in ihrer bevorzugten Stellung am Arbeitsmarkt und ihrer Entlastung von Familienarbeit gegen Frauen aufzubringen. Umso bedeutender ist es, den Kampf um die positive Besetzung von Feminismus in seinem ursprünglichen Sinn, den Kampf um Frauenrechte als primär aufzunehmen.

„Der Blick auf die historische Arbeiter- und proletarische Frauenbewegung zeigt, dass die revolutionäre Absicht nicht in jedem Fall ein Fortschritt für die Sache der Frauen war“, schreiben wir im Frauenprogramm und genau darum geht es, wenn wir den Kommunismus neu besetzen, ihn von frauen- und demokratiefeindlichen Verzerrungen zu befreien.  

Feministisch heißt, die Lebensbedingungen von Frauen als auch Frauen als handelnde Subjekte in den Mittelpunkt des Denkens und Handelns zu stellen; heißt, den gesamten weiblichen Lebenszusammenhang zu betrachten, den strukturellen Zusammenhang von Produktion und Reproduktion, Öffentlich und Privat zu begreifen. Und das heißt, Geschlecht ebenso wie Klasse als soziale Strukturkategorie zu denken, die soziale Ungleichheiten und Machtverhältnisse, Privilegien und Diskriminierungen beschreibt und mit der Klassenstruktur verknüpft, dennoch gegenüber dieser Eigenständigkeit besitzt. Nicht nur und auch nicht in erster Linie um ökonomische Ausbeutung geht es,  sondern um das gesamte sexistische System in seiner Verflechtung und eigenen Qualität von ökonomischer und patriarchaler Unterdrückung. Das zu erforschen braucht es weiblichen Raum, weibliche Identität, Eigenständigkeit, Parteilichkeit und Autonomie. Das ist die Position des Frauenprogramms und das steht konträr zu Aussagen des Thesenpapiers einiger Bundesvorstandsmitglieder, was ich als Versuch werten muss, die erst am letzten Parteitag beschlossene frauenpolitische Orientierung zurückzunehmen. Ich zitiere aus den Thesen:

“Wir betrachten die ökonomische Unabhängigkeit von Frauen als unabdingbare Voraussetzung für Gleichberechtigung, wiewohl Emanzipation sich nicht in sozialer Gleichstellung erschöpft”? Nonanet oder „erst wenn Sozialismus, dann? Geht es hier nicht um die jahrzehntelang von kommunistischen Parteien erfolgte unmarxistische Verengung der sozialen Frage auf die Ökonomie? Eben um die - erst wenn Sozialismus, dann-Antworten? Denn prompt folgt weiter im Text: “Völlige Gleichberechtigung von Frauen und Männern wird es erst dann geben, wenn Frauen sich die Welt in all ihren Facetten angeeignet haben...” Diese Aussage war für mich – piefkinesisch gesprochen - echt ein Hammer. Heißt das Männer haben sich die Welt in all ihren Facetten bereits angeeignet? Wie? Mit der Muttermilch eingesogen oder doch genetisch angelegt, logisches Denken vielleicht? Die Aussage zeugt von jenem patriarchalen Kulturverständnis, dass Feministinnen entlarvt haben. Wo der Mann zum Maßstab erhoben ist, die Frau die Abweichung von der Norm darstellt, die nachzuholen hat!

Es mag Männern schwerer fallen, sich ihrer Defizite bewusst zu werden. Aber die Überwindung patriarchaler Politikformen und -strukturen erfordert nicht nur von Frauen, Selbstbehauptung zu lernen, Selbstbewußtsein zu erarbeiten und nicht immer nur zu denken, dass wir nichts wichtiges einzubringen hätten. Es erfordert auch, dass Männer ihr oft selbstherrliches Agieren in diesen Zusammenhängen überdenken müssen. Ob es wirklich um ein neues Argument geht oder man sich selbst nur gerne reden hört, warum man sich eigentlich selten auf Frauen, fast ausschließlich nur auf Männerwortmeldungen bezieht. Und Zuhören können ist m.E. nicht gerade männliche Stärke. Gleichen wir gegenseitige Defizite aus, indem wir unsere unterschiedlichen Stärken wahrnehmen und vielleicht daraus lernen können. Aber genau das wird verweigert. Denn ich zitiere weiter: 

“Wir verwehren uns gegen angeblich “wissenschaftliche” Untermauerungen von bestehenden Ungerechtigkeiten”. Frage: welche? Doch wohl die, der Strukturkategorie Geschlecht, die der weiblichen Sichtweise auf den Gang der Geschichte, in der Frauen, weil überwiegend von Männern geschrieben, bestenfalls als Randerscheinungen oder Fußnoten Erwähnung finden. Und so braucht es nicht verwundern, dass zwar der Anspruch formuliert wird, dass Fragen, die vor allem Frauen betreffen, nicht in Zusatzkapiteln abzuhandeln sind, sich allerdings im ganzen übrigen Dokument in keiner Zeile diesbezügliches finden lässt.

Und ganz im Sinne, was hat Mann mit Reproduktionsarbeit zu tun, feiert die alte einfache Lösung der gesellschaftlichen Verantwortung Auferstehung, die die Frauen in den ehemals sozialistischen Ländern keineswegs von Doppel- und Dreifachbelastung befreit hat. Bei aller Wertschätzung für die Errungenschaften sozialer Leistungen in diesen Ländern, die Familienarbeit blieb den Frauen, das Politbüro den Männern. 

Auch wenn diese GenossInnen im letzten Satz des Kapitels kommunistische Frauenpolitik überzeugt sind: “Eine neue Gesellschaft kann nicht ohne Frauen gebaut werden” bleibt mir der Nachgeschmack, dass wir als Trümmerfrauen und Basisarbeiterinnen allemal gefragt waren. Ich halte dieser Aussage meine Überzeugung entgegen:

Eine neue Gesellschaft kann nicht mehr auf den Rücken von Frauen gebaut werden.

Zurecht hat meines Erachtens die Anfang November durchgeführte Frauenversammlung die Thesen in ihrer gesamten Diktion im autoritären und patriarchalen Denken verhaftet charakterisiert.

Der Mensch steht im Mittelpunkt, war die Losung unseres letzten Parteitages und die größte theoretische Herausforderung vor der wir stehen, ist die im steirischen Programmantrag des letzten Parteitages formulierte Position “warum von der Hauptströmung des kritischen Protestpotentials eine sozialistische Systemalternative abgelehnt wird, birgt den Kern und den Schlüssel all unserer strategischen Überlegungen.”

KPÖ, dass steht in der Öffentlichkeit, soweit es uns gelingt zu ihr vorzudringen, immer noch für eine Gleichsetzung mit der ehemals sozialistischen Staatengemeinschaft, für Stalinismus oder „Gescheitertes“, wenngleich wir auch neue SympathisantInnen, FreundInnen und Mitglieder gewinnen konnten. Sei es durch die kommunale, betriebliche Verankerung, durch Interessenskämpfe der Jugend und StudentInnen im Bildungs- und Hochschulbereich. Sei es durch unser Engagement gegen den Natokrieg, wo die Volksstimmeberichterstattung eine bedeutende Rolle gespielt hat, sei es durch unsere verlässliche Rolle in vielen außerparlamentarischen Initiativen und Bewegungen, vor allem auch jener gegen schwarz-blau oder der Frauenbewegung. Aber das Bild einer erneuerten Partei ist für viele nicht erkennbar. KPÖ ist somit auch keine wahlpolitische Alternative oder eine verlorene Stimme. Dazu kommt, dass wir aus uns selbst heraus nur schwer unsere Kommunikation verändern können, die Sprache unserer Materialien oft sektenhaft bleibt. Der Erfolg der FPÖ liegt auch in der Anwendung neuester Methoden aus der Kommunikationswissenschaft. Aber wenn - wie in der vorliegenden Erklärung zumindest versucht wurde - an gängigen Begrifflichkeiten anzuknüpfen, den Sprachgewohnheiten der Mehrheit dieses Landes ein Stück näher zu kommen, kommt gleich die ideologische Zensur, wie Manfred Mugrauer es in seinem schriftlichem Diskussionsbeitrag einforderte, es bedarf “der programmtischen Strenge”. Frage: was heißt diese Strenge für den umstrittenen Begriff „Feminismus“? Dass wir - wie vor hundert Jahren gültig - proletarische und bürgerliche Frauenbewegung unterscheiden müssen? Nicht, dass ich Manfred unterstelle, das gemeint zu haben. Aber - geht es nicht darum, neue weitreichende Differenzierungen in den Lebensbedingungen von Frauen und theoretischen Positionen der feministischen Bewegung wahrzunehmen und damit auch um neue Begrifflichkeiten? Ich nenne, die Gegenüberstellung von Feminismus, der in allen zeitgeistigen Magazinen als überholt charakterisiert wird – mit dem Femailismus, jenem aus den USA stammenden neoliberalen Kampfbegriff, den sich Magazine wie Profil und Format unterworfen haben und der in der ÖVP-Kampagne stark.schwarz.weiblich. seinen Ausdruck findet. Kern der Ansage: Frau schafft alles, jede Karriere, wenn sie sich nur auf ihre Weiblichkeit besinnt und einfach schön ist.

Zentrales Anliegen bleibt für mich die Frage, wie wir unsere Positionen lebensnäher vermitteln können.

Dabei geht es auch um das komplizierte Verhältnis zwischen individuellem und gesellschaftlichen Bewusstsein. Um die Erkenntnis Gramcis, dass etablierte Sozialsysteme die Fähigkeit der Konsensbildung auf Basis der Grundorientierungen und Interessen der herrschenden Klasse haben. Mit immer entwickelteren Methoden bedienen sich Massenmedien und die herrschenden Parteien der Meinungsmanipulation. Wir erleben tagtäglich, wie sich die Menschen scheinbar freiwillig neoliberalen Orientierungsmustern unterwerfen, um ihre soziale Existenz zu sichern, und das erfordert dem Bild des Tüchtigen und Schönen zu entsprechen.  Disziplinierungseffekte sind dabei allgegenwärtig:

  • in der Unsicherheit um den Erwerbsarbeitsplatz, 55 Prozent der ÖsterreicherInnen fühlen sich von möglicher Arbeitslosigkeit bedroht,

  • den materiellen Existenzgrundlagen, ca. 1,5 Millionen Menschen leben in einem Zustand der längerfristigen Prekarisierung,

  • aber auch durch überkommene Rollenklischees, reaktionärster Familienideologie, die Haus-, Kinder- und Pflegearbeit den Frauen überantwortet und scheinbar die letzte Möglichkeit bietet, wenn sonst schon keine gesellschaftliche Anerkennung gegeben ist, auf Liebe im engsten Kreis zu setzen.

Individuelle Anpassungsstrategien sind die Reaktion darauf, wie z.B. die  Reduzierung von Krankenständen, aber auch die Übernahme reaktionärer Weltansichten, wie die AusländerInnen gefährden meinen Arbeitsplatz oder die Weitergabe des Druckes an die nächst Schwächeren, durch Gewalt an Frauen und Kindern.  Auf Frauenseite erleben wir eine erschreckend ansteigende Zahl von Esstörungen Betroffene, denn die Femail-Karrierefrau ist schön und das vorgeschriebene Schönheitsideal heißt magersüchtig. Jede 3.Schülerin in Wien zwischen 15-17 Jahren hat bereits mit Bulemie- sprich Fress- und Brechreizattacken zu kämpfen. Prinzessin Diana und Männerblicke formen Frauenkörper. 

Und ganz Österreich rubbelt und rubbelt, um auch zu denen da oben zu gehören. Denn in allem steckt der Glaube an den Götzen Kapital, dem man immer größere Opfer bringen muss, um das Unheil vom eigenen Haus abzuwenden, das - trotz immer größerer Brocken - dennoch über immer mehr Menschen - hereinbricht. Um diesen herrschenden Konsens oder anders, gegen die Hegemonie der Herrschenden in den Köpfen der Unterdrückten muss es uns gehen. Sie aufzubrechen verlangt, die Praktiken und Mechanismen, die Mittel der Manipulation, der Repression, der Entsolidarisierung zu erfassen, auf die sich die herrschende Macht stützen kann. Welche Weltbilder, Verhaltensweisen und Interpretationsmuster sind wahrnehmbar und wo stehen sie welchen Enttäuschungen, Bedürfnissen, Hoffnungen der Menschen im Alltag gegenüber, und schaffen so Ansatzpunkte für die Herausbildung alternativer gesellschaftlicher Orientierungen? Das sind Fragestellungen, die wir nur aus unseren Erfahrungen  im vielfältigsten politischem Handeln und in offener und gleichberechtigter  Auseinandersetzung mit anderen mittelfristig beantwortet werden können.

Die Erfahrungen aus der Frauenbewegung, die Auseinandersetzung mit feministischen  Positionen und Bewegungen sind dabei von herausragender Bedeutung. Es ist wohl die einzige breite politische Bewegung, in der – verfolgt man die Auseinandersetzung der letzten Jahre - eine tiefgehende Selbstkritik bezüglich sozialer und rassistischer Ausgrenzung stattgefunden hat. Die gelernt hat, die Differenz in der Gleichheit zu begreifen und die heute, die sozialen und ethnischen Unterschiede zum Ausgangspunkt in der Entwicklung ihrer Forderungen macht. 

Die hohe Zustimmung zum Frauenvolksbegehren war ein Indiz, dass die Zurückwerfung der Frauen ins letzte Jahrhundert  Sprengstoff  birgt, weil es ein gestiegenes Selbstbewusstsein gibt. Eine Studie zum Wertewandel 1990 – 2000 besagt, dass Frauen heute als Merkmale einer guten Partnerschaft  glückliche sexuelle Beziehungen, gegenseitiger Respekt und den Haushalt gemeinsam machen benennen, im Gegensatz vor nur zehn Jahren, wo gute Wohnverhältnisse und Kinder als wichtiger genannt wurden. Und fast 79 Prozent der Frauen sind der Meinung, dass hinsichtlich Gleichberechtigung noch einiges getan werden müsste. In Zeiten des Rollback ein Spannungsverhältnis, das mobilisieren könnte.

Immer wieder wird in unterschiedlichsten Diskussionszusammenhängen der Wunsch nach einer Frauenpartei ausgedrückt. Dafür gibt es derzeit keine reale Grundlage, aber eine diesbezügliche wahlpolitische Bündnisoption sollte ernsthaft diskutiert werden. Immer mehr Frauen wollen Frauen wählen und die Rücksetzung der Frauen bei den Grünen oder in der SPÖ hat diesen Parteien gekostet.

Die österreichische Frauenbewegung hat sich in den letzten drei Jahren unter unserer Mitwirkung inhaltlich und organisatorisch vernetzt. Der feministische Widerstandskongress Anfang Oktober dieses Jahres hat einen halbjährlichen Aktionsplan erarbeitet. Kleinere eigenständige Frauen-Aktionen wie die Besetzung der AMS-Zentrale, eine überraschende Sparschweinübergabe an Minister Grasser, eine Verkettungsaktion des Wirtschaftsministeriums wurden ebenso umgesetzt wie die Beteiligung an gemeinsamen Aktionen der Widerstandsbewegung, sei es bei den wöchentlichen Donnerstagsdemos in Wien oder bei CheckpointAustria, wo ein eigener Blockadepunkt mit ca.50 Frauen am Westbahnhof durchaus erfolgreich war. E-Mail-Kampagnen - wie die von den GPA-Frauen initierte Bewerbung als Frauenministerin machen immer wieder die Runde übers Netz. Bundesweit läuft derzeit eine Aktion an, die unter dem Motto jeden Dienstag Frauenstreik längerfristig Verbreitung finden soll. Die entsprechenden Materialien findet ihr auf den Tischen oder am Büchertisch. Inhaltlich wird bis zum Jänner eine feministische Budgetalternative diskutiert, die die wesentlichen sozialen und budgetären Umverteilungsforderungen enthält und Grundlage für vielfältigste Aktionen zum internationalen Frauentag abgeben kann. Der Bruch mit neoliberaler Logik wurde in weiten Teilen der Frauenbewegung längst vollzogen. Sie stellt somit eine verlässliche Bündnispartnerin im Kampf um grundlegende Alternativen dar.

Die vom Bundesvorstand mehrheitlich beschlossene und gemäß der Diskussionen überarbeitete Erklärung hat nicht den Anspruch Programm zu sein. Allerdings beschreibt sie in zentralen Fragen, in welche Richtung sich die KPÖ erneuern will, dass kommunistische Bewegung und Ziele untrennbar verbunden sind mit Demokratie im Sinne von Selbstbestimmung und dem Emanzipationskampf von Frauen. Es gibt mehrere Anträge, den Parteitag über nichts programmatisches abstimmen zu lassen, es gibt eine drohende Resolution des steirischen Landessekretariats. Im Klartext bedeuten das nichts anderes als beim Punkt Null zu beginnen. Ich sehe ich keinen Grund von den erarbeiteten Positionen der letzten Parteitage abzugehen. Die Erklärung fußt auf unserem gemeinsamen Willen, in der Einheit von Kontinuität und Erneuerung die KPÖ zeitgemäß zu entwickeln. Es liefert in wichtigen Punkten unserer Darstellung nach außen ein Positionspapier zur Auseinandersetzung.

“Ein Zurück zu überwundenen dogmatischen Positionen gibt es für uns nicht.” hieß es im steirischen Programmantrag vom letzten Parteitag. Wenn das gelten soll, wäre es ein fatales Signal, es nicht mit entsprechenden Beschlüssen an diesem Parteitag zu dokumentieren.

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