KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Michael Gehmacher (Gewerkschaftssprecher der Sozialistischen LinksPartei)

Anmerkungen zum Entwurf: “Feministisch. Demokratisch. Kommunistisch”

Im Dokument werden wichtige Themen für die Zukunft der ArbeiterInnenbewegung angesprochen. Auf das Thema “Feminismus” gehe ich nicht ein, weil es dazu Berufenere gibt.

Das erste Kapitel handelt von den sozialen Veränderungen innerhalb der ArbeiterInnenklasse. Welche Schlussfolgerungen zieht man aus diesen Veränderungen? Welche Rolle spielen “neue Schichten” und “Kernschichten”? Gibt es gemeinsame Klasseninteressen? Das vorliegende Dokument läßt unterschiedliche Antworten auf diese Fragen zu. Ich meine: Trotz aller Veränderungen in der Klasse ist ein gemeinsames Klasseninteresse weiterhin vorhanden.

Als Beispiel: Eine freischaffende Akademikerin, ein Stahlarbeiter und eine türkische Bedienerin haben auf den ersten Blick wenig miteinander gemeinsam. Die Akademikerin ist als “Freie Dienstnehmerin” vollkommen von ihrem Auftraggeber abhängig. Die Bedienerin hat eine total “flexible” Diensteinteilung in der Firma. Der Stahlarbeiter kommt unter den Flexibilisierungsdruck der Industrie. Neben der Lohnabhängigkeit ist allen Dreien gemeinsam, daß sie nicht eigenständig über ihre Arbeits- und Lebenszeit verfügen können.

Im 2. Kapitel geht es um die neuen Bewegungen gegen Sexismus, Rassismus, Umweltkatastrophen und Neoliberalismus. Bewegungen wie jene in Seattle sind wichtige Phänomene unserer Zeit. Der Protest von Seattle war erfolgreich, weil mit Gewerkschaften ein Bündnis gelang. Zu den Bewegungen gegen Neoliberalismus gehören aber genauso “traditionelle” Kampfformen wie Streiks, etwa 1995 in Frankreich. Die große Arbeitslosenbewegung in Frankreich (AC) fiel nicht vom Himmel, sondern wurde von Aktivisten linker Gruppen (z. B. der LCR) aufgebaut. International wie in Österreich sind neue Bewegungen auf den Plan getreten. “Diese Bewegungen in ihrer Radikalität mit ihren neuen Formen der Aktion und Kommunikation sind Ansätze einer neuen Linken und Arbeiterbewegung. Zwischen ihnen und der traditionellen Linken besteht heute noch eine große Distanz. Diese Trennung ist ein zentraler Aspekt der Krise der Linken.”

Ein viel wesentlicher Aspekt ist die weitgehende Unfähigkeit der Linken, die vom Neoliberalismus getroffenen Menschen zu mobilisieren! Diese Aufgabe muß eine marxistische Partei angehen. Wie die KPÖ das tun will, darüber steht im vorliegenden Entwurf leider wenig. Bei dieser Mobilisierung geht es auch darum, “im Kleinen” (z.B. im Betrieb)  zu zeigen, was “im Großen” möglich wäre und damit die Entstehung von neuen kämpferischen Strukturen voranzutreiben.

Bezeichnend ist das Verhältnis dieses Dokuments zur Staatsmacht. Der Satz: “Wir haben uns von einem Politikmodell getrennt, daß die Aufgabe der Kommunistischen Partei darin sah, mittels der Ergreifung der Staatsmacht die Gesellschaft ausschließlich von oben her zu gestalten.” Was heißt in diesem Zusammenhang “ausschließlich von oben”? Natürlich strebt eine revolutionäre Partei eine Gesellschaftsgestaltung “von unten”, also durch die Betroffenen, an. Gerade die Oktoberrevolution zeigt dies. Der revolutionäre Prozeß ab dem Februar 1917 brachte die Herrschaft der Unterdrückten in jenem Teil der Gesellschaft, den heute viele als “Zivilgesellschaft” bezeichnen. Das öffentliche Leben, weite Teile der Armee, der Landwirtschaft und Industrie wurden von demokratisch gewählten Arbeiter-, Soldaten und Bauern-Räten verwaltet. Im Gegensatz herrschte auf Staatsebene noch ein Regime im Dienst der alten Gesellschaft. Die revolutionäre Partei, als Instrument der Klasse und bewußte Führung, konnte das revolutionäre Potential voll entfalten und den Umbau “von unten” ermöglichen. Dazu mußte die Staatsmacht übernommen und der bürgerliche Staat zerschlagen werden.

Man darf den Kampf um den Einfluß in der Gesellschaft und den Kampf um die Staatsmacht nicht gegeneinander ausspielen! Ein großer politischer Einfluß in Wohngegenden, Betrieben, im alltäglichen Leben ist eine wesentliche Voraussetzung für die Eroberung und folgend die Verteidigung der Staatsmacht.

Um eine solche Veränderung zu erreichen, brauchen wir eine revolutionäre Partei. Das Dokument der KPÖ schafft darüber keine Klarheit. Wie eine solche Partei entstehen kann, ist aber eine Debatte, die dringend notwendig ist!


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