KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Pflegenotstand besteht weiter

Von Bärbel Mende-Danneberg (28.11.2007)

Der vom vorletzten ÖVP-Bundeskanzler noch heftig abgestrittene Pflegenotstand besteht nach eineinhalb Jahren Pflegedebatte weiterhin, auch wenn die Koalitionsregierung sich im Sozialausschuss nun darauf geeinigt hat, die Pflege-Amnestie für die 24-Stunden-Betreuung per 1. Jänner 2008 auslaufen zu lassen.

Die Verlängerung der Amnestieregelung für die 24-Stunden-Betreuung von Pflegebedürftigen in den eigenen vier Wänden, die von der ÖVP angestrebt wurde, ist damit vom Tisch. Das heißt, die umstrittene „böhmische Lösung“, mit welcher Pflegekräfte aus den neuen EU-Ländern Osteuropas zu billigen Pflegediensten nach Österreich geholt werden, ist ab kommendem Jahr nicht mehr illegal. Voraussetzung dafür ist, dass die geschätzten 40.000 illegal beschäftigten ausländischen Pflegekräfte angemeldet werden. Dafür gibt es zwei Varianten: Entweder wird eine Pflegekraft über das Hausangestellten­gesetz beschäftigt, oder eine freiberufliche Pflegekraft beantragt einen Gewerbeschein, gründet also eine sogenannte „Ich-AG“. Beide Varianten werden ab der Pflegestufe 3 sowie einem ärztlichen Nachweis staatlich gefördert. Weiters sieht das Pflege- und Betreuungsmodell eine Vereinheitlichung in den Bereichen Förderhöhe, Rechtsvorschriften, Qualitätsstandards und Aufteilung der Mittel zwischen Bund und Ländern (60 zu 40 Prozent) für die 24-Stunden-Betreuung vor.

Um diese Förderung wurde in den letzten Wochen auch am heftigsten gestritten. Sozialminister Buchinger hatte als Voraussetzung für die staatliche Förderung den Zugriff auf das Vermögen von Pflegebedürftigen angestrebt, was von der ÖVP vehement abgelehnt wurde. Niederösterreich und Vorarlberg hatten angekündigt, auszuscheren und keine Vermögensgrenze einzuziehen, was von Wirtschaftsminister Bartenstein gegrüßt wurde: „Die Menschen wollen nicht, dass ihr Vermögen angetastet wird, wenn sie sich in Pflege begeben müssen“, meinte er. Ein scheinheiliges Argument, denn jeder Mensch, der sich z.B. in ein Pflegeheim begibt, muss sein Erspartes bis auf ein Taschengeld (20 Prozent vom Einkommen) auf den Tisch legen. Erst wenn das Ersparte aufgebraucht ist, wird der Pflegeplatz gefördert. Zur Deckung der Pflegeheimkosten werden das Einkommen (z.B. Pension, Rente, Pflegegeld, Miet- und Zinserträge) und das Vermögen (Bargeld, Sparbücher, Wertpapiere, Immobilien und Liegenschaften) herangezogen. Falls Einkommen und Vermögen des Pflegebedürftigen nicht ausreichen, springt der Sozialhilfeträger ein und zahlt vorerst die Differenz, versucht aber, sich diese Zuschüsse von den unterhaltspflichti­gen Angehörigen zurückzuholen.

Das Gefeilsche um die Vermögensgrenze ist ein Scheingefecht, denn die meisten Menschen werden sich die Kosten für die Pflegedienste daheim sowieso nicht leisten können. Die wirklich Reichen haben nämlich andere Möglichkeiten der Betreuung, zum Beispiel in einer noblen Altenresidenz. Es kann doch also nur darum gehen, generell für alle pflegebedürftigen Menschen den Zugriff auf ihr sauer Erspartes abzuschaffen, denn jene, die das große Geld haben, besitzen andere Wege, es vor staatlichem Zugriff zu sichern.

SPÖ und ÖVP haben sich nun darauf geeinigt, die Vermögensgrenze für die 24-Stunden-Pflege bei 7.000 Euro anzusetzen. Lediglich Vorarlberg und Niederösterreich wollen darauf verzichten, der wahlkämpfende ÖVP-Landeshauptmann Pröll möchte damit wohl Stimmen keilen. Sozialminister Buchinger hat nun in letzter Minute zugesagt, dass der Bund den Zuschuss auch dann bezahlen wird, wenn Vorarlberg bei der 24-Stunden-Pflege keine Vermögensgrenze einzieht.

Der Pflegenotstand ist mit dem Auslaufen der Amnestie allerdings nicht gelöst. Die 24-Stunden-Pflege daheim wird sich vermutlich teurer als angenommen erweisen, noch dazu, wo der Aufwand etwa für Wohnungserhaltung, Unterbringung oder Verköstigung der Pflegekraft einkalkuliert werden muss. Das wird von einer Mindestpension nicht zu leisten sein und drängt Pflegedienste weiterhin in den Graubereich der Schwarzarbeit. Auch wird das Lohngefälle zwischen heimischen und ausländischen Pflegekräften ein Problem bleiben. Viel wahrscheinlicher aber wird wieder verstärkt auf das unbezahlte weibliche Ehrenamt gebaut, denn 80 Prozent der häuslichen Pflege wird sowieso von Angehörigen geleistet. Es kann letztlich nur darum gehen, mehr Mittel für die menschenwürdige Pflege von Hilfsbedürftigen und für die Unterstützung von pflegenden Angehörigen zu veranschlagen, was im achtreichsten Land der Welt kein wirkliches Problem sein dürfte.

Stellungnahme des GLB-Tirol Keine Pflege ist illegal - ein Positionspapier der KPÖ
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