KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Eine nationalistische Internationale

Die rechten Spitzen Europas (von links): Volen Soderov (Ataka/BUL), Franck Vanhecke (Vlaams Belang/BEL), Heinz-Christian Strache (FPOE/AUT), Jean Marie Le Pen (Front National /FRA) und Bruno Gollnisch. (Quelle: Der Standard)

Von Walter Baier (27.1.2008)

Eine Stunde mit den Patrioten". Unter diesem Titel berichtet die Wochenendausgabe der Wiener Tageszeitung „Die Presse“ über den transnationalen Formierungsprozess der europäischen Rechtsaußenpar­teien, der mit einem Gipfeltreffen und anschließender Pressekonferenz in Wien in eine entscheidende Etappe übergeleitet wurde.

In einer knappen Übersicht listet „Die Presse“ immerhin Parteien aus 15 EU-Staaten (vier aus neuen Mitgliedsländern Ost- und Mitteleuropas), die für den rechtsrechten Parteienzusam­menschluss, in dessen Zentrum neben dem Front National (Le Pen) und dem Vlaams Belang (Belgien) der österreichische FPÖ-Chef H.C. Strache steht.

Gewiss, das ambitionierte Projekt einer kontinentweiten Einigung der extremen Rechten, deren wichtigstes gemeinsames Merkmal der Nationalismus die einzelnen Gruppierungen eher trennt als verbindet, ist noch reichlich weit von seiner Realisierung entfernt. Ein erster Versuch zur Schaffung einer rechtsextremen Gruppe im Europarlament war bezeichnender Weise Ende letzten Jahres an einer gegen rumänische ImigrantInnen gerichteten Kampagne der italienischen Rechten gescheitert. Die Zusammenarbeit mit letzteren stellte sicht wiederum für die FPÖ als prekär dar, zählt doch das gegen die Integrität des italienischen Staats gerichtete Bekenntnis zu einem „freien und selbstbestimmten Südtirol“ weiterhin zum Kernbestand der österreich-patriotischen Variante des Deutschnationa­lismus.

Nur vier Parteien waren letzte Woche in Wien versammelt, zur Gründung einer politischen Partei auf europäischer Ebene wären allerdings sieben nationale Parteien erforderlich. Andererseits hat sich aber auf der extremen Rechten, auch im Hinblick auf die 2009 fälligen Europaparlamen­tswahlen durchgesprochen, dass eine geglückte Konstituierung auf europäischer Ebene nicht nur die politische Ausstrahlung der beteiligten Gruppierungen erhöhen könnte, sondern auch einen Zufluss europäischer Gelder ermöglichen würde.

Aufwind bekommt die rechts-rechte Eingung allerdings vor allem durch aktuelle politische Entwicklungen in Europa. Einerseits durch die in ganz Europa hochgeschaukelte  Islam-Feindlichkeit, keineswegs nur verkörpert in dümmlich bösartigen Verbalattacken wie etwa jener der freiheitlichen Spitzenkandidatin bei den Grazer Gemeinderatswahlen, sondern aus der Mitte der Gesellschaften kommend: Gepeist durch die von Bush's „Krieg gegen den Terror“ geschürte Hysterie oder die von konservativen Parteien wie der CDU vom Zaun gebrochene Debatte um jugendliche Gewaltbereitschaft, die ausgesprochen oder unausgesprochen jugendliche Migrantinen mit islamischen Hintergrund im Visier hat.

Das zweite Moment des neuerlichen Anlaufes zu einer kontinentweiten Mobilisierung der Rechten ergibt sich aus der verschlechterten sozialpolitischen Lage in Europa. Immer mehr Menschen reagieren auf den Sozialabbau der letzten Jahre, die von den EU-Institutionen forcierte Ausweitung prekärer und ungeschützter Arbeitsverhältnisse und die um sich greifende Armut, indem sie nationalistische fremdenfeindliche Haltungen einnehmen. Der Vermarsch der extremen Rechten könnte sich so als die Kehrseite der Krise der neoliberalen euopäischen Integration erweisen.

Für die Linke stellt dies eine ungeheure Herausforderung dar. Einerseits nämlich, der neoliberalen Zerstörung des Sozialen ein europäisches Sozialstaatsmodell gegenüber zu stellen, in dessen Zentrum die Umverteilung des gesellschaftlichen Reichtums zu den sozial Benachteiligten stehen muss. Europäische Integration wird entweder auf sozial gerechter Grundlage erfolgen oder scheitern. Andererseits und gleichzeitig gilt es aber auch, entschlossener als bisher die Auseinandersetzung mit der Demagogie der nationalistischen Rechten aufzunehmen: Soziale Sicherheit, die auch im Ausgleich der wirtschaftlichen Chancen zwischen Regionen und Völkerrn besteht, ist nicht gegeneinander sondern  nur gemeinsam im europäischen und internationalen Zusammenhang zu haben. Oder anders gesagt: Soziale Sicherheit erfordert europäische Intergration auf einen neuen Grundlage.