KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Jugendwohlfahrt in der Krise?

Von Maria Wiener (27.5.2008)

Nach einer Reihe medial ausgeschlachteter Fälle von Gewalt gegen Kinder, Vernachlässigungen mit tödlichem Ausgang und über Jahre misshandelten und missbrauchten Kindern und Frauen ist die Jugendwohlfahrt ins Gerede gekommen. Über Beamte wurde da geschrieben, denen die Gummibäume in ihren Büros wichtiger seien als die Kinder, für deren Schutz sie zuständig sind.

Nur schwer lässt sich die veröffentlichte Meinung davon überzeugen, dass Hilfe und Schutz für Kinder und Jugendliche noch weniger geeignet ist, Klischees und Vorurteile gegen Beamte zu bedienen als andere Bereiche in denen öffentlich Bedienstete arbeiten. Umso mehr verdienen nun erste öffentliche Aktivitäten von SozialarbeiterInnen aus dem Wiener Jugendamt, die heute gegen Personalmangel und Ressourcenknappheit eine Protestversammlung beim Rathaus abhalten, Solidarität.

Die Bedingungen unter denen Jugendwohlfahrt gewährleistet werden soll, stoßen in aber in zweifacher Hinsicht zunehmend an Grenzen. Im Einzelfall hilft Einzelfallhilfe und diese kostet Geld. Sie muss mit ausreichend qualifiziertem Personal in ausreichendem Ausmaß mit entsprechender Infrastruktur geleistet werden und sie soll vor der Katastrophe ansetzen und ihren Schwerpunkt in der Präventiv-Arbeit haben.

Trotzdem denken Politiker, dass dies durch Imagekampagnen, Anzeigenpflichten oder Täterdämonisierung ersetzt werden kann. Vielleicht weil diese Ersatzhandlungen keine Kosten verursachen. Allgemeine gesellschaftliche Kosten werden ja, seit sie zunehmend individuell aufgebracht werden müssen, nicht mehr berechnet.

Darüber hinaus weisen – scheinbar unmotivierte – gewalttätige Übergriffe von Jugendlichen auf PassantInnen, die Situation in manchen Schulen und polizeiliche Wegweisungen von Jugendlichen aus der elterlichen (meist mütterlichen) Wohnung, auf eine Krise in der Sozialisierung von Jugendlichen hin. Was nicht funktioniert, erkennt man besonders gut und zuerst dort, wo es auf besonders krasse Weise nicht funktioniert: Die neoliberale Zurichtung versagt bei Kindern und Jugendlichen – letztlich zu deren Schaden – an den Rändern der Gesellschaft.

Kinder, die nicht von klein auf zur Selbstführung, dem ständigen Arbeiten an der eigenen Verbesserung im Sinne der kapitalistischen Verwertbarkeit, trainiert wurden, trifft voll die andere Seite des Neoliberalismus: Autoritarismus, Gewalt und Ausgrenzung. Und das ist es dann auch, was sie in der Hauptsache zu geben im Stande sind.

Die Personalvertretung der Jugendämter in Wien und der Berufsverband der SozialarbeiterInnen haben ein 10-Punkte-Programm zur Qualitätssicherung der Arbeit in der Jugendwohlfahrt vorgelegt. Das muss rasch umgesetzt werden – in Wien hat das die SPÖ-Alleinregierung in der Hand. Darüber hinaus müssen die Desintegration­sprozesse von immer mehr Jugendlichen  – auch, aber bei weitem nicht nur, im Bildungs- und Berufswesen – angeschaut und durch den Bruch mit der neoliberalen Verfasstheit der Gesellschaft angegangen werden.

Eine Gesellschaft, die sich einen beträchtlichen Teil ihrer jungen Generation, nicht in deren pubertätsbedingter Abgrenzung, sondern von sich aus und so weitgehend entfremdet, wie es heute den Anschein hat, hat eigentlich andere Sorgen, als welche der elf Männer einen Ball öfter in das Tor der jeweils anderen schießen können.