Von Josef Stingl (28.5.2009)
Bundeskanzler und Außenminister haben den Dritten Nationalratspräsidenten Martin Graf (FP) wegen seiner jüngsten Entgleisung gegen den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde, Ariel Muzicant, zum Rücktritt aufgefordert. Rechtlich gibt es derzeit nämlich keine Möglichkeit der Abwahl. Nationalratspräsidentin Barbara Prammer fordert daher, dies künftig zu ermöglichen. Das wollen die schwarzen Regierungspartner aber nicht.
In gewisser Weise ähnelt diese Situation an Goethe-Ballade des Zauberlehrlings. In der Überheblichkeit und Wichtigtuerei nutzt der Zauberlehrling die Abwesenheit des Meisters für sein Vorhaben, den Besen in einen Knecht, der Wasser schleppen muss, zu verwandeln. Schon vor der Wahl zum dritten Nationalratspräsidenten war klar wer Martin Graf ist: FPÖler und überzeugtes Mitglied der rechtsradikalen Burschenschaft Olympia. Warnungen gab es genug, von den Grünen, vom Mauthausen-Komitee, vom DÖW, von der Israelitischen Kultusgemeinde, von der ÖH, von der VSSTÖ von der GPA, von der KPÖ,
Für die Zauberlehrlinge der ÖVP gesamtheitlich, für die der SPÖ mehrheitlich kein Problem: Machtbesessen wie sie sind, haben sie alle Warnungen ignoriert und der FPÖ angeboten Graf zu wählen, wenn dieser sich öffentlich von rechtsextremen Inhalten distanziert, und sein Verhältnis zur Burschenschaft klarstellt. Floskelartig erklärte Graf darauf, dass er sich auf dem Boden der Werte der Revolution von 1848 bewege und weder seine Weltanschauung noch sein Volkstumsbekenntnis ihn für Ämter in Österreich disqualifizieren könne. Den rot/schwarzen Zauberlehrlingen war's für die Wahlunterstützung Erklärung genug.
Schnell war klar, der Besen wollte nicht wie des Meisters Lehrling. Angst und Verzweiflung machte sich breit, so auch in der Bundesregierung. Graf hatte als Nationalratspräsident kein Problem den Vorstand des Fussballvereins FC Hellas Kagran vor allem mit FPÖ-nahen Personen zu besetzen. Graf hatte kein Problem die Buffetbetreiberrechte an einen seiner Mitarbeiter zu vergeben. Graf schloß im besagten Verein Spielerinnen aus politischen Gründen aus. Seine Mitarbeiter pflegen Kontakte mit dem rechtsradikalen Lager und rüsteten sich über den neonazistischen Versand Aufruhr mit Nazischeiss aus, Die Bundesregierung weiß nichts anderes als hilflos zu jammern oder zu schimpfen. Im Zauberlehrling heißt's hier in Folge: Die Geister die ich rief, die werde ich nicht mehr los so jetzt auch Faymann, Prammer, Spindelegger & Co. mit ihrer Forderung nach dem Rücktritt Grafs.
In Goethes Zauberlehrling kommt im letzten Augenblick der Meister zurück und bereinigt die Situation mit einem knappen Befehl: „In die Ecke, Besen! Besen.“ Ist im Zauberlehrling der Hexer der Meister, der den Besen wieder zur Raison bringen konnte, wäre es bei der Regierung das Souverän der WählerInnen. Ist von diesem aber in nächster Zeit zu erwarten, dass sie die Besen der Fremdenfeindlichkeit, Diskriminierung, Ausgrenzung, Antisemitismus und, und, und für immer in einer dunklen Ecke der Geschichte entsorgen?