Von Josef Stingl (22.12.2009)
Ab sofort gibt's die Pille danach rezeptfrei. Die Reaktionen sind unterschiedlich: Die FPÖ trommelt dabei ihren rechtes Familien-Gesudere und meint jede Frau kann ihr verantwortungsloses Sexualverhalten praktisch ungeschehen machen, für die ÖVP ist die rezeptfreie Abgabe falsch, da es sich um eine Hormonbombe und kein Verhütungs- bzw. Notfalls-Verhütungsmittel handelt, für die SPÖ ist die Entscheidung begrüßenswert, da damit eine langjährige Forderung umgesetzt wurde und bei Grünen herrscht Riesenfreude, weil Frauen nun endlich einen barrierefreien Zugang zu einem Notfallsverhütungsmittel haben. Ja, die Entscheidung war richtig, ob aber Freude angebracht ist, das steht auf einem anderen Blatt Papier.
Der Zugang zu dem Präparat ist zweifelsfrei leichter geworden, aber barrierefrei ist er noch lange nicht: Man muss sich jetzt eben bei dem/der ApothekerIn offenbaren und deren jetzt gesetzlich vorgeschriebene Strafpredigt über sich ergehen lassen. Und natürlich gratis ist das Notfallsmittelchen auch nicht. 11,90 Euro klingt zwar nicht viel, kann aber für Schülerinnen, Alleinerzieherinnen, Sozialhilfebezieherinnen, durchaus zu einem Problem werden. Und, im Gleichklang gleich alle Verhütungsmittel kostenlos abzugeben, das wurde gar nicht einmal angedacht.
Aber auch die Vorgangsweise der Rezeptfreistellung ist unerfreulich. Freigegeben wurden nicht die Wirkstoffe, sondern ausschließlich das Präparat Vikela. Es wird in Österreich derzeit noch von der Bartenstein-Firma Gerot Pharmazeutika , und ab 2010 von Sanova Pharma vertrieben. Keine Angst, die Bartensteins haben's sich sicher gerichtet, dass es für Ilse und Martin trotz dieser Vertriebsübergabe zu keinen Einkommensverlusten kommt.
Wie hoch politisch brisant alles ist, zeigt, dass der Antrag, den Gerot Pharmazeutika aus der Firmengruppe von Ex-Wirtschaftsminister Martin Bartenstein zur Freigabe von Vikela schon vor einigen Jahren gestellt hatte, von der damaligen ÖVP-Gesundheitsministerin Maria Rauch-Kallat aus politischen Gründen zurückgelegt wurde. Bis zuletzt hatte es noch geheißen, dass der jetzige SPÖ-Gesundheitsminister Alois Stöger eine Freigabe des Wirkstoffs plane, aber ein für Bartenstein glücklicher Zufall, ließ weder Sanova, noch das Pharma-Unternehmen Kwizda sich um die Befreiung für ihre Produkte mit identem Wirkstoff bemühen. Sanova kann sich dafür schon jetzt mit dem neuen Vertriebsvertrag ab 2010 freuen. Und wird Kwizda wegen ihrer noble Zurückhaltung in Folge profitieren?
Wenn die ÖVP meint, ihr Bartenstein habe damit nichts zu tun, dann empfehle ich ihnen einen Blick in ihre eigene Homepage. Da steht: <LINK http://oevp.blogspot.com/…-danach.html _blank>Die Firma Gerot,( )gehört, zumindest zum Teil, ( ) Martin Bartenstein.( ) Mittels eines Firmengeflechts, in dessen Mittelpunkt die Lannacher GmbH (ehemaliger GF: Bartenstein, nunmehr Prokura: Ilse Bartenstein, Frau des Ministers, Anm.) und die Bartenstein-Holding stehen, kontrollieren Bartenstein und seine Gattin die Firma Gerot und sind Teileigentümer. Frau Bartenstein ist im Vorstand der Gerot Holding und Geschäftsführerin der Gerot GmbH.