KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Erpressung

Von Mirko Messner (5.4.2011)

Was am vergangenen Freitag bei den Gesprächen zwischen von Landes-, Bundes- und Minderheitenfunktionären über zweisprachige Ortstafeln herauskam, war die Fortschreibung traditioneller restriktiver österreichischer Minderheitenpolitik …

… überraschend daran war im Grunde nur die Uneingeschränktheit der prinzipiell positiven bis euphorischen Resonanz in den österreichischen Medien, vor allem auch in jenen, die etwas von ihrer Qualität halten.

Erstens: Als »Schwelle« für die Aufstellung zweisprachiger Ortstafeln wurden 17,5 Prozent »Slowenischsprachi­ger« genannt. »Slowenischsprachig­keit« wird bei Volkszählungen erhoben. Dass diese über die reale Slowenisch- und Zweisprachigkeit eines Landstrichs nur in sehr beschränkten und minimierenden Ausmaß Auskunft geben können, ist in vielen vernünftigen Büchern (auch auf deutsch) hinlänglich dokumentiert und analysiert.

Zweitens: Die von der FPÖ-Linie anvisierten (und von SPÖ und ÖVP mitgetragenen) 17,5 Prozent sollen als Verfassungsgesetz beschlossen werden; damit werden die vom Verfassungsge­richtshof festgelegten zehn Prozent unterlaufen, die ihrerseits sowieso schon Geist und Buchstaben des Artikels 7, Staatsvertrag ignorieren. Dort, im Absatz 3, ist nämlich keine Rede von irgendeiner Prozentschwelle, sondern davon, dass »in den Verwaltungs- und Gerichtsbezirken Kärntens, des Burgenlandes und der Steiermark mit slowenischer, kroatischer oder gemischter Bevölkerung … die slowenische oder kroatische Sprache zusätzlich zum Deutschen als Amtssprache zugelassen (wird) … und in solchen Bezirken … die Bezeichnungen und Aufschriften topographischer Natur sowohl in slowenischer oder kroatischer Sprache wie in Deutsch verfaßt« werden ( siehe Staatsvertrag, Wiener Zeitung-online ). Die Bezirke, von denen hier die Rede wird, sind amtsbekannt und können unter anderem dem gültigen Minderheitenschul­gesetz entnommen werden, in dem das zweisprachige Gebiet Kärntens halbwegs korrekt definiert wird.

Dass im Artikel 7 keinerlei Bevölkerungsan­teile als Voraussetzung für amtliche Zweisprachigkeit genannt werden, ist kein Zufall, sondern Absicht, wie aus der Verhandlungsges­chichte um den Artikel 7 ersehen werden kann. Die ehemaligen Vertragsschli­eßenden bzw. jene, die sich textlich durchgesetzt haben, waren sich offensichtlich der Tatsache bewusst, dass jegliche anteilsmäßige Festlegung von der österreichischen deutschnationalen Rechten, die 1955 wieder in Amt und Würden saß, als Einladung zur Minimierung verstanden würde; genau das läuft heute auch ab. Dem Vernehmen hat der FP-Landeshauptmann die Sprecher der slowenischen Organisationen wissen lassen, dass, sollten sie den 17,5 Prozent nicht zustimmen, sie das Geld für die zweisprachigen Kindergärten und die slowenische Musikschule vergessen könnten.

Bundeskanzker Faymann nennt das Ganze »Aufeinander zugehen« und gratuliert den »Verhandlern«.

Was dabei herauskommt, wenn die Bundesregierung ihrer verfassungsmäßigen Verpflichtung zum Minderheitenschutz nicht nachkommt und auf einer von der (nicht erst jetzigen) Bundesregierung gebauten »Brücke« erpressbare Minderheitensprecher auf Landesfürsten treffen, die dem österreichischen Deutschnationa­lismus und der extremen Rechten auf europäischer Ebene verbunden sind, wurde soeben vorgeführt. Nicht nur werden die Minderheitensprecher gezwungen, den Kakao, durch den sie gezogen werden, auch noch zu trinken (unerheblich, dass dieser dem einen oder anderen vielleicht sogar schmeckt); »ausgehebelt« werden bei diesem Verfahren nicht nur verfassungsmäßig garantierte Minderheitenrechte, sondern mit diesen auch der antifaschistische Auftrag des Österreichischen Staatsvertrags.

orf-online: Ortstafeln: Kompromiss „hebelt Judikatur aus“ orf-online: Slowenenvertreter skeptisch Kurier-online:Slowenenvertreter: "Empörung ist groß". Kärnten: Der Obmann des Rats der Kärntner Slowenen Valentin Inzko ist mit der Ortstafelregelung unzufrieden.