KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Portugal: Rettung für wen?

Foto: esf-east

Von Walter Baier (10.4.2011)

Bei der Aufrechterhaltung des europäischen Systems der Privilegierung und Bereicherung kann ein frei gewähltes Parlament nur stören. Portugal zeigt vor, wie im Ernstfall mit Widerstand verfahren wird.

Drei drastische Sparprogramme hat Portugal bereits hinter sich. Die Jugendarbeitslo­sigkeit beträgt durchschnittlich 20 Prozent, in einzelnen Regionen sogar 40 Prozent. Vor zwei Wochen war Portugals Regierung aufgrund der Weigerung des Parlaments zurückgetreten, ein neuerliches Sozialabbauprogramm zu beschließen, das die Finanzminister der EU-Staaten und der Internationale Währungsfonds zur Voraussetzung für einen Milliardenkredit gemacht hatten. Daraufhin erklärten Portugals Banken, dass sie der Regierung alle weiteren Kredite sperren, worauf sich der bereits zurückgetretene aber bis zu den Wahlen geschäftsführende Premierminister in einer Rede ans Volk wandte und erklärte, er werde, die EU-Kredite nun ohne Parlament in Anspruch nehmen und alle geforderten Auflagen erfüllen. Vor wenigen Tagen trafen sich nun die Finanzminister der EU mit ihrem portugiesischen Kollegen, um die Sache fix zu machen. Portugals Bevölkerung wird mit einem bisher ungekannten Sozialabbau, Lohnsenkungen und Privatisierungen bestraft. Dabei ist die Voraussetzung für das Fließen der Milliarden, dass sich  nicht nur die Regierung, sondern auch die (bürgerlichen) Oppositionsparteien zur Umsetzung des drastischen Programms verpflichteten.

Bei der Aufrechterhaltung dieses Systems der Privilegierung und Bereicherung kann ein frei gewähltes Parlament nur stören. Daher werden vor den Augen der europäischen Öffentlichkeit die bevorstehenden portugiesischen Wahlen zur Farce gemacht. Es erweist sich, dass die europaweit durchgesetzte Sparpolitik, nur ein anderes Wort für die konzertierte Aktion zur Senkung des Lebensstandards ist, sich immer weniger mit demokratischen Mitteln bewerkstelligen lässt.

Man denke auch nicht, dass der portugiesische Staat sich durch eine solche Rosskur von den Schulden befreien wird. Im Gegenteil, die von der EU bereitgestellten Milliarden dienen ausschließlich zur Refinanzierung der Staatsschuld, das heißt dazu, Schulden durch neue Kredite zu ersetzen und die dafür anfallenden Zinsen zu zahlen. Vom weiteren Kaputtsparen der Gesellschaft profitieren mithin ausschließlich Banken und große Kapitalinvestoren. Ein Ringelspiel, das am Laufen gehalten wird, indem reiche Leute keine (oder zu wenig) Steuern zahlen, weswegen sich der Staat das fehlende Geld bei ihnen ausborgen muss. Dafür verlangen und erhalten sie Zinsen, für die sie wiederum keine (oder zu wenig) Steuern zahlen und so weiter …

Schauplätze dieser Ausplünderung sind nicht nur Griechenland, Irland und Portugal. In der nächsten Runde werden sich die Finanzmärkte Spanien, Italien und Belgien vorknöpfen, selbst Frankreich und Großbritannien gelten inzwischen als Kandidaten für die Rosskur. Und Österreich? Dreimal darf man raten, wohin die durch eine simple Veränderung der Berechnungsweise festgestellte Erhöhung des österreichischen Budgetdefizits durch die EU-Kommission vergangene Woche zielt.

Illusionslos betrachtet sind Europas Bevölkerungen, zum Teil eingeschüchtert durch die Finanzkrise 2007 und 2008, mit einem Angriff auf ihren Lebensstandard und den in den Jahrzehnten nach dem Krieg erkämpften sozialen Fortschritt konfrontiert. Der sogenannte „Europakt“, den die konservative Mehrheit des Europa-Parlaments Anfang Juni beschließen will, soll diesen Angriff rechtlich absichern.

Auf einen solchen konzertierten, europaweiten Angriff müssen die Gewerkschaften, die sozialen Bewegungen, die politische Linke, ja die Bevölkerungen insgesamt, eine europäische Antwort geben. Die 40.000 Menschen, die gestern einem Aufruf des Europäischen Gewerkschaftsbundes folgend in Budapest gegen den Sozialabbau demonstriert haben, haben damit ein wichtiges Zeichen gesetzt.