KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Wetten gegen den Zusammenbruch …

Von Nikolaus Lackner (22.12.2011)

Gerade noch rechtzeitig. Selbst die fleißigsten Finanztechnokraten und Spekulanten blickten schon schwitzend auf ihre Blackberries. Obwohl die Nasen der meisten Privatjets in letzter Zeit ohnehin immer Richtung Karibik geparkt sind, machten sich die Insider Sorgen. Schließlich haben Märkte GEGEN den Zusammenbruch des Kapitalismus über die Feiertage gewettet. Würde das unendliche Füllhorn diesmal noch rechtzeitig kommen?

Am Mittwoch ließ die EZB endlich wieder einmal das Füllhorn über Europas Banken ausschütten. Hurra alles ist gerettet. Zumindest für die nächsten Monate – falls nicht wieder was passiert. Und was so alles passieren kann wenn man das unendliche Füllhorn auspackt, zeigt ein Blick zurück.

Meine Großmutter hatte auf ihrer Kommode eine alte Holzkiste mit allerlei Kleinzeug darin. Neben Knöpfen, Spielkarten und abgerissenen Kordeln seit Jahrzehnten auch ein Packerl Geldscheine. Es war das einzige Geld, mit dem ich als Junge spielen durfte. Die Scheine waren abgegriffen und graubraun verfärbt. Sie trugen aberwitzige Zahlen. Millionen, Milliarden. Einige waren überstempelt und mit neuen Wertangaben versehen worden.

Ob die äußerst gefährliche andauernde Injektion hoher und höchster Dosen der Droge Geld in die Kreisläufe des suchtkranken Finanzsystems die erste kontinentale Hyperinflation der Geschichte auslösen kann, vermag wohl nur von Ökonomen beurteilt werden.

Abgesehen von der himmelschreienden Ungerechtigkeit, die BürgerInnen Europas einerseits mit Sparpaketen zu drangsalieren und dafür andererseits 523 Banken mit dem Geld aller zu überschütten, ist es eine Chuzpe, wenn man ebendiesen BürgerInnen auch noch erklären will, sie machten dabei ein gutes Geschäft.

Ein Prozent Zinsen bekommt die EZB von den Banken. Und die leihen es um ein Vielfaches davon an die BürgerInnen zurück. Wir lassen uns praktisch zum Wohle der Bankenprofite ums eigene Geld bringen. Wie bereits bei den vorherigen Konstruktionen zur Rettung des Finanzsystems sind die Phrasen zur Beschreibung so hohl, dass nur die Wenigsten verstehen, was dahintersteckt.

Es geht wie immer um Umverteilung von unten nach oben. Ich habe aufgehört zu zählen, wieviele dieser institutionellen Instrumente zur beschleunigten Ausbeutung der europäischen ArbeiterInnenschaft in den letzten Jahren schon beschlossen wurden.

Aber dieses mal kommt ein ungutes Gefühl dazu. Die Rochaden und Rangeleien rund um die Führung in der Europäischen Zentralbank. Die Einsetzung von demokratisch nicht legitimierten Regierungen unter der Leitung von „Wirtschaftsex­perten“ in Griechenland und Italien. Man muss kein Verschwörungsthe­oretiker sein um das im Lichte der letzten Ereignisse mit Argwohn zu betrachten.

Ähnlich sieht es im „SPIEGEL“ Hanno Beck, Wirtschaftspro­fessor an der Hochschule Pforzheim. Er fürchtet, dass die Geldflut über kurz oder lang zu steigender Inflation führt. „Die EZB wirft für drei Jahre eine gigantische Liquidität in den Markt“, sagt der Experte. „Das kann sie nicht mehr kontrollieren, das ist ein Spiel mit dem Feuer.“

Seit geraumer Zeit erinnere ich mich immer mal wieder an die Scheine in Großmutters Kästchen. Denn sie erinnern mich auch daran, welche Geschichten Oma erzählte. Dass ihr Vater abends mit einem Koffer Geld nachhause kam, ihrer Mutter übergab, diese rannte damit zum Bäcker und bekam dafür gerade noch einen Laib Brot. Solche Geschichten prägen sich ein, und im Geschichtsbuch nachzulesen ist angesichts der derzeitigen Lage angebracht.