Von Lutz Holzinger (9.1.2010)
Unsere, am 1. April 1960 geborene Genossin Eugenie (Jenny) Kain, ist am 8. Jänner 2010 nach langer schwerer Krankheit in Linz gestorben. Als Tochter des Schriftstellers und Journalisten Franz Kain ist sie in einem kommunistischen Elternhaus aufgewachsen. Sie entwickelte große Sensibilität für soziale Fragen. Vermutlich das Motiv, sich einerseits ebenfalls der Partei anzuschließen und andererseits diese Thematik in den Brennpunkt ihres literarischen Werks zu stellen. Es sind die vermeintlichen „Mindestleister“, denen in der Produktion allerdings der Mehrwert zu verdanken ist, die Jenny Kain gewissermaßen vor den Vorhang bittet und im Bewusstsein ihrer Leserinnen und Leser verankert.
Als Schriftstellerin arbeitete sie seit ihrem Debüt 1976 nebenberuflich. Von 1984 bis 1990 war sie Redakteurin der Tageszeitung Volksstimme. Dort habe ich sie als ebenso überlegte wie zielorientierte Schreiberin kennen gelernt. Die Bedächtigkeit beim Schreiben war eine Funktion ihrer Genauigkeit, die sie stets angestrebt und in ihrem literarischen Werk in hohem Maß erreicht hat. Im Klappentext zu ihrem 2009 erscheinen Erzählband Schneckenkönig heißt es: Eugenie Kein verleiht nicht den Lauten und schrillen ihre Stimme, sondern den Leisen, kaum Wahrnehmbaren. Denen die an den Rand gedrängt oder in sich gefangen sind, denen niemand zuhört. Doch wir hören sie durch die Autorin und werden wundersam berührt.
In der Realismusdebatte der frühen 30-er Jahre hat Anna Seghers verlangt, dass Literatur die Buntheit der Märchen erreichen müsse. Jenny Kain hat dieses Ziel nicht nur angepeilt; sie hat es immer und immer wieder erreicht. Ein Musterbeispiel dafür ist der Band Flüsterlieder, in dem sie sich auf geradezu hinreißend einfühlsame Weise mit dem ebenfalls viel zu frühen Tod ihres Mannes, des Musikers Gust Maly, auseinander gesetzt hat.
Nach dem Wiener Intermezzo war Jenny Kain nach Linz zurückgekehrt, wo sie unter anderem als Sozialarbeiterin tätig war. Neben ihrer literarischen Arbeit beteiligte sie sich auch noch nach dem Ausbruch ihrer schweren Krankheit an der Parteiarbeit. Sie las regelmäßig beim Linken Wort am Volksstimme-Fest, wirkte in Linz an alternativen Kunst- und Medienprojekten mit. Der Skandal, den die Endlichkeit des menschlichen Lebens darstellt, ist im Fall von Jenny Kain besonders groß und bedauerlich.
Die KPÖ wird ihr Andenken als herausragende Schriftstellerin wahren. Unser Beileid gilt der Mutter und Tochter von Jenny Kain.
Werke:
Schneckenkönig Erzählungen, Otto Müller Verlag, 2009
Flüsterlieder Erzählungen, Otto Müller Verlag 2006
Hohe Wasser Erzählungen, Otto Müller Verlag 2004
Atemnot Roman, Residenz Verlag 2001
Sehnsucht nach Tamaransset Erzählungen, Residenz Verlag 1999
Preise:
Max von der Grün Preis 1983
Buch-Preis 2003
Staatsförderpreis für Literatur 2006
Kulturpreis des Landes Oberösterreich 2007
Die Verabschiedung von Jenny findet am Freitag, 15. Jänner 2010 um 12 Uhr am Urnenfriedhof in Linz-Urfahr statt.