KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Ursachen des Stalinismus und seine Folgen

(6.11.2009)

Walter Silbermayr im Rechenschaftsbe­richt an den 27. Parteitag:

Der Dogmatismus preßte den Marxismus in starre Formeln, die dem Leben aufgezwungen wurden. Zu seiner Charakteristik gehört der Glaube an eine Automatik und Geradlinigkeit der sozialistischen Entwicklung. Ein Grundelement des Marxismus, daß die Geschichte von Menschen gemacht wird, ging verloren. Die Verwandlung des Menschen vom Subjekt zum Objekt der Geschichte verschüttete den humanistischen Kern des Marxismus. Die Welt wurde in Schwarz-Weiß-Schema von Gut und Böse gepreßt, das den widersprüchlichen Realitäten nicht gerecht wurde. Ein zentrales Element des linken Dogmatismus war eine falsche Auffassung von der führenden Rolle der Partei, der faktisch der Besitz der „absoluten Wahrheit“ zugebilligt wurde. In dieser Sichtweise waren der Voluntarismus in der Politik und die Einengung der Demokratie in der Partei und dort, wo diese regierte in der Gesellschaft, angelegt. Die Beziehungen zwischen Partei und Gesellschaft nahmen die Form des Monologs, der Belehrung, der adminstrativen Durchsetzung an.

1991: 28. Parteitag

Auch nach dem Tode Stalins wurden die bürokratischen und autoritären Strukturen nicht überwunden. Darin liegt eine wesentliche Ursache für die Stagnation und den Zusammenbruch des Realsozialismus.

2001: KPÖ-Vorsitzender Baier anlässlich der Präsentation des Buches „Stalin und wir“

Heute mit Rehabilitierun­gsfragen beschäftigte russische Stellen schätzen die Gesamtzahl der in der Stalin-Zeit verhafteten und internierten Menschen auf mehr als zehn Millionen. Neun Zehntel der Todesurteile wurden in den Jahren 1937 und 1938, d.h. zur Zeit der drei Moskauer Schauprozesse ausgesprochen und vollstreckt. (…) Zu den düstersten Seiten des Stalinismus zählt schließlich der planmäßige Einsatz des Terrors als Faktor der Industrialisierung: (…) Anfang 1940 bestand der GULAG aus 53 Arbeitslagern, 425 Arbeitsbes­serungskoloni­en (davon 170 Industrie­betriebe) und 50 Kolonien für Minderjährige mit insgesamt 1,7 Millionen Häftlingen.

2007: KPÖ-Erklärung zu „90 Jahre Oktober-Revolution“

Die Degradierung der Sowjets zu einflusslosen formalen Institutionen und die Verlagerung der Politik aus der Rätedemokratie fast ausschließlich in die Partei, die Schauprozesse, Arbeitslager, Deportationen, eine Industrialisierung als teilweisen Gewaltakt durch Zwangsarbeit, der brutale Umgang mit als Kulaken abgestempelten Kleinbauern bei der Kollektivierung wie überhaupt das Fehlen einer konsistenten und differenzierten Politik gegenüber der Gesamtheit der agrarischen Verhältnisse prägten leider in sehr negativer Weise trotz aller sonstigen bedeutenden sozialen Errungenschaften die Entwicklung der Sowjetunion. Der Hauptfeind wurde immer mehr in den eigenen Reihen gefunden, ein wuchernder Personenkult erstickte eine lebendige Demokratie, anstelle der Diktatur des Proletariats trat eine Diktatur der Parteibürokratie.

Link-Tipps: Kommunistische Opfer des stalinistischen Terrors

Franz Koritschoner – Gewerkschaftspi­onier, Kommunist und Opfer des Stalinismus

Zensl Mühsam – Revolutionärin in den Fängen des NKWD

Carola Neher – Vom umjubelten Star der Dreigroschenoper zur „terroristischen Verschwörerin“