KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Am 18. Jänner jährt sich der zehnte Todestag von Grete Schütte-Lihotzky.

(19.1.2010)

Am 23.Jänner wäre sie 113 Jahre alt geworden.

In den zehn Jahren seit ihrem Tod ist Grete Schütte-Lihotzky weiterhin eine wichtige Persönlichkeit des österreichischen Geisteslebens geblieben. Das zeigen die zahlreichen Artikel, die über sie im In- und Ausland in dieser Zeit erschienen sind und die noch zahlreicheren Erwähnungen in den verschiedensten Publikationen im Zusammenhang mit ihrem architektonischen und politischen Wirken. 2007 gestalteten StudentInnen der Akadamie für Angewandte Kunst eine Austellung über Ergebnisse der Aufarbeitung ihres Nachlasses.

Anläßlich des zehnten Todestages erschien auch eine kleine Dokumentation der Architektin Christine Zwingl u.a. AutorInnen über den Kindergarten der ehemaligen Glanstoffwerke, den Grete Schütte-Lihotzky 1953 geplant und verwirklicht hatte. Die Doku ist beim Bundesvorstand der KPÖ erhältlich.

Grete Schütte-Lihotzky wurde am 23. Jänner 1897 geboren. 1919 schloß die damals 22jährige ihr Studium mit dem „Lobmayr-Preis“ ab. Seit 1920 engagierte sich die junge Architektin in der Siedlerbewegung, wo sie u.a. Alfred Loos kennenlernte. Die Siedlerbewegung brachte Schütte-Lihotzky schon früh in Kontakt mit den Problemen und Lebensbedingungen der Wiener Arbeiterschaft. Schütte-Lihotzky nahm das Elend der Menschen, das mit der ungelösten Wohnfrage zusammenhing, wahr und entwickelte in der Folge gerade in Auseinandersetzung mit dieser Frage ihr gesamtes Lebenswerk.

Schütte-Lihotzky sah ihre Herausforderung darin, unter Ausnützung neuer Technologien, standardisierter Massenfertigung, neuer Organisationsformen Wohnraum zu schaffen, den sich diese Menschen auch leisten konnten. Ein Prinzip, das die junge Architektin auch auf ihr wohl prominentestes Projekt, die sogenannte „Frankfurter Küche“ anwandte.

1926 war Schütte-Lihotzky nach Frankfurt/Main gegangen, wo sie sich als Architektin einen Namen machte. Die Planung der „Frankfurter Küche“ bedeutete für Schütte-Lihotzky den endgültigen Durchbruch als Architektin. Die Frankfurter Küche sollte durch die Berücksichtigung wissenschaftlicher Prinzipien eine arbeitssparende Haushaltsführung ermöglichen, womit berufstätigen Frauen eine wesentliche Arbeitserleichte­rung zuteil wurde. Rund zehntausendmal wurde „ihre“ Küche vom Frankfurter Hochbauamt im kommunalen Wohnungsbau ausgeführt.

1930 ging Schütte-Lihotzky als Architektin nach Moskau, wo sie gemeinsam mit Ernst May und seinem Team Industriestädte und soziale Einrichtungen, insbesondere für Kinder, plante.

1937 verließen Schütte-Lihotzky und ihr Mann die Sowjetunion, beide entschlossen, sich dem Widerstand gegen die Nazis anzuschließen. Um internationale Kontakte zu knüpfen, lebten sie in Paris, London und Istanbul.

1939 trat Grete Schütte-Lihotzky der KPÖ bei. 1940 kehrte sie als „KPÖ-Kurier " nach Österreich zurück. Nur wenige Wochen nach ihrer Rückkehr wurde sie gemeinsam mit Erwin Puschmann, dem damaligen Kopf des kommunistischen Widerstandes in Österreich, von der Gestapo verhaftet. 20 Monate nach ihrer Verhaftung stand Schütte-Lihotzky gemeinsam mit Puschmann und vier weiteren Angeklagten vor dem zweiten Senat des Berliner Volksgerichtshofes. Grete Schütte-Lihotzky kam mit dem Leben davon: fünfzehn Jahre Zuchthaus lautete ihr Urteil – für sie damals – "ein Wunder“. Vierzig Jahre später veröffentlichte sie “Erinnerungen aus dem Widerstand”, das Buch, mit dem sie die Zeit des antifaschistischen Widerstands darstellte.

Ihre Befreiung durch amerikanische Truppen erlebte Schütte-Lihotzky am 29. April im Zuchthaus Aichach in Bayern. Nach dem Krieg nimmt Schütte-Lihotzky sowohl ihre Tätigkeit als Architektin als auch ihr politisches Engagement wieder auf. Unter anderem arbeitet sie in Bulgarien, in Cuba und in der DDR.

Ihr politisches Engagement setzt sie in der KPÖ und als langjährige Vorsitzende des Bundes Demokratischer Frauen Österreichs fort. Dies war wohl auch der wesentliche Grund, warum Bauaufträge von öffentlichen Institutionen ausblieben.

Gemeinsam mit ihrem Mann und Professor Weber zeichnet sie für den Bau des Globus-Hauses in Wien verantwortlich, das für viele Jahre Sitz der KPÖ war.

Spät erfuhr ihre Arbeit schließlich doch noch – auch von seiten des offiziellen Österreich – entsprechende Würdigung. 1980 wurde ihr der Preis für Architektur der Stadt Wien verliehen; 1985 die Prechtl Medaille der TU-Wien. In der Folge wurde Schütte-Lihotzky mit der Ehrendoktorwürde mehrerer Universitäten ausgezeichnet. 1988 wurde ihr das Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst verliehen. Sie weigerte sich allerdings, das Ehrenzeichen aus den Händen des damaligen Bundespräsidenten Waldheim entgegenzunehmen. Erst Jahre später stimmte sie der Verleihung durch Bundespräsident Klestil und Minister Scholten zu.

1993 ehrte das Museum für Angewandte Kunst (MAK) in Wien die erste Architektin Österreichs mit einer großen Ausstellung. Anläßlich ihres hundertsten Geburtstags verlieh ihr der damalige Bundeskanzler Vranitzky (wenige Stunden bevor er zurücktrat) bei einer großen Feier im MAK einen der höchsten Orden der Republik. Ebenfalls 1997 wurde – auf Initiative des MAK – die Schütte-Lihotzky-Projektstipendien eingerichtet. Ziel der Stipendien ist es, Margarete Schütte-Lihotzkys persönliche und engagierte Bemühungen auch in Zukunft weiterzuführen und junge ambitionierte Architekten/Innen zu unterstützen und projektbezogen zu fördern.

An Politik war Schütte-Lihotzky – trotz des hohen Alters – auch in den letzten Lebensjahren interessiert. Und auch politisches Engagement ließ sich Schütte-Lihotzky nicht nehmen: 1995 klagte Schütte-Lihotzky – gemeinsam mit anderen Widerstandskämpfe­rinnen, die unter der Nazi-Herrschaft in Gefängnissen und Konzentration­slagern eingekerkert waren – Jörg Haider beim Handelsgericht Wien wegen verharmlosender Äußerungen zu den NS-Konzentration­slagern, die er als "Straflager " bezeichnet hatte. 1996 gehörte sie zu den Unterstützerinnen des Frauenvolksbe­gehren.