KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

„Wir freuen uns auf diese allösterreichische Zusammenkunft“ – Teil III

Von Rudi Gabriel (6.10.2010)

Anlässlich des 65. Jahrestages der Länderkonferenz am 24. September 1945, bringen wir einen Beitrag zur Geschichte des strukturellen Antikommunismus in Österreich – Teil III

Karl Renner gab seine Absicht eine Länderkonferenz nach Wien einzuberufen, „… sobald die Einheit des Staatsgebietes hergestellt sei …“ den Mitgliedern des Kabinettsrat am 3. Juli 1945 bekannt. Am 4. Juli und am 9. Juli 1945 regelten die Alliierten mit dem Kontrollabkommen und mit dem Abkommen über die Besatzungszonen und die Verwaltung Wiens die Rahmenbedingungen ihrer Besatzungspolitik. Um die Bedenken Grossbritanni­en's zu zerstreuen verfasste Renner einen offenen Brief an die „Times“ in dem er festhält dass: „… Österreich sich freudig nach der neuen Weltfriedensge­meinschaft hin orientieren wird“, allerdings ohne eindeutig darzulegen, wer bzw. welche Macht diese repräsentiere.

Die KPÖ sprach sich immer wieder öffentlich für Wahrung der Einheit des neu zu gestaltenden Österreich, die Einberufung der Länderkonferenz und die Durchführung freier demokratischer Wahlen aus – zuletzt auch im 3-Parteien-Organ der Demokratischen Erneuerung „Neues Österreich“: „… Es ist ohne Zweifel notwendig die provisorische Staatsregierung durch Vertreter der anderen Länder zu ergänzen … durch Vereinbarung der demokratischen Parteien die Regierung umzubilden – aber man kann der Länderkonferenz nicht das Recht eines Parlaments oder eines Bundesrates zubilligen.“ (Ernst Fischer, 15.9.1945, Neues Österreich)

„… Wir freuen uns auf diese allösterreichische Zusammenkunft. Und wir sind überzeugt, dass es bei gutem Willen nicht schwer sein kann, die provisorische Staatsregierung zu einer Regierung auszubauen, die in jeder Beziehung das gesamte Österreich repräsentiert.“ (E. Fischer, 15.9.1945, Neues Österreich)

„… Mit Freude und Genugtuung blicken wir dieser Zusammenkunft entgegen … Die Regierung werde (bei der Länderkonferenz-Anm. d. Verfassers) über ihre Tätigkeiten und Absicht berichten, noch im Jahr 1945 allgemeine Wahlen durchzuführen …“ (E. Fischer, 20.9.1945, Neues Österreich)

Franz Honner wurde nunmehr zunehmend zur Zielscheibe Nummer Eins. In erster Linie stellte die Zugehörigkeit des Innenresortleiters zur KPÖ den massgeblichen Affront dar, dem gegenüber wurde Honner Respekt und Anerkennung gezollt und er wurde in Diplomatenkreisen als „anständig, fähig und begabt“ beschrieben. Durch die konzentrierten Vorbehalte aus diplomatischer Sicht und die vehement akzentuierten antikommunistischen Ressentiments christlichsozial-konservativ-liberaler wie auch sozialdemokra­tischer Eliten geriet die KPÖ trotz oder gerade wegen der sowjetischen Rückendeckung zusehends in die Defensive. So wird Karl Renner in einem Protokoll der Sitzung des SPÖ-Parteivorstandes vom 13.9.1945 fol­gendermaßen zitiert: „… es sind Auseinanderset­zungen über die zwei wichtigsten Referate zu erwarten, die nicht in der Hand der KP bleiben dürfen!“ ( M.Mugrauer, p.208)

Diese Kompetenzen des kommunistischen Staatssektretärs für innere Angelegenheiten, insbesondere die Agenden: Verwaltung der Polizeiapparats und Vorbereitung der Wahlen wurden zur entscheidenden Verhandlungsmasse im Vorfeld der Länderkonferenz degradiert. Adolf Schärf (SPÖ) analysierte am 17.9.1945 vor dem Hintergrund des von allen Seiten auf die KPÖ ausgeübten Drucks im Parteivorstand: “… jetzt sei die gegeben Zeit da (…) um Konzessionen bei Honner zu erreichen!“ Nachdem Franz Honner einige Personalrochaden innerhalb der höchsten Polizeiführun­gskremien zu Gunsten der SPÖ abgerungen worden waren, triumphierte der spätere Bundespräsident Theodor Körner: „… das Problem Honner sei entgiftet worden!“ (M.Mugrauer, p.209)

Die KPÖ – eben der Rückendeckung durch die Sowjets sicher – war allerdings bei den Vorverhandlungen und der tatsächlichen Länderkonferenz nicht bereit, den von den westlichen Bundesländern geforderten Verzicht auf ihren bisherigen Einfluss in der provisorischen Regierung aufzugeben. Zum Beispiel parierte Honner die spitzfindig vorgetragene Verhandlungsva­riante Renner‘s im Kabinettsrat am 19.9.1945: Zitat Renner: „Wenn ein Ressort stark angefochten wird kommt auch in Betracht, dass man eine innere Reorganisation des Ressorts ins Auge fasst“, gekonnt mit dem simplen Hinweis auf mögliche (österreichweiten) Spaltungstendenzen: Zitat Honner: „… dann werden wir eben vier Polizeiverwaltungen haben!“

Letztlich verständigte sich die sozialdemokratische Parteiführung einen Tag vor der Länderkonferenz „sich an Angriffen an den Gen. Honner nicht zu beteiligen“.

Karl Renner lehnte daher bei der Konferenz unter Bedachtnahme der Interessen der sowjetischen Besatzungsmacht eine von Karl Gruber forcierte und im Hintergrund durch die Briten nach wie vor unterstützte Maximalvariante – das hätte bedeutet: Demission mit nachfolgender von der Länderkonferenz sanktionierten Neubestellung der Provisorischen Regierung ohne Franz Honner und Ernt Fischer – strikt ab.

Heftige Diskussionen innerhalb der sogenannten politischen Kommission der Länderkonferenz sind protokollarisch nicht dokumentiert und der Geschichtsschre­ibung nur durch Memoiren und mündlichen Berichte zugänglich, wie Robert Kriechbaumer schreibt.

In stundenlangen nächtlichen Gesprächsrunden der Mitglieder der politischen Kommission standen die Verhandlungen auf des Messers Schneide. Karl Gruber drohte offen mit der Rückreise in den Westen nach Abgabe eines Minoritätsvotums. Ein Scheitern hätte durchaus die Teilung Österreichs bedeuten können. Der Linzer Sozialdemokrat Ernst Koref brachte den entscheidenden Vermittlungsvor­schlag einer Erweiterung der provisorischen Regierung ein. Die bedeutsamste Veränderung der Regierung war die Bestellung des Dr. Josef Sommer (ÖVP) als Unterstaatssekretär im Innenministerium unter der Leitung von Franz Honner mit der Agenda zur Vorbereitung der ersten freien Wahlen in Österreich nach 1930.

Karl Gruber (ÖVP) erhielt ein Unterstaatsse­kretariat für Auswertige Angelegenheiten und resümmierte in einer Publikation 1953: „… die gemäßigte Mitte hatte ihre Kraft gezeigt. Der kommunistische Bann war gebrochen!“

Am 30. September 1945, wenige Tage nach der Länderkonferenz in Wien referierte Dr. Ludwig Leser (SPÖ) bei der Bezirkskonferenz der SPÖ in Neusiedl: „Was die Zusammenarbeit (mit der K.P. – Anm. des Verfassers) betrifft, so besteht sie nur auf dem Papier. Sie besteht praktisch nicht.

Die K.P. besteht aus primitiven Leuten, ein großer Teil hat sich sogar dazu hergegeben, mit den Russen stehlen zu gehen.

Die Anerkennung der Regierung macht wegen Honner (England) Schwierigkeiten. Würden wir Honner fallen lassen würde uns Russland nicht anerkennen. Russland ist im Kriege zu weit vorgeprellt, was nicht vorauszusehen war. England und Amerika bemühen sich, die Russen bis zu ihren Grenzen zurückzubringen.

Die KP hat schlechte Aussichten. Sie wird sich noch verkriechen müssen wie heute die SS.

Es haben sich zwischen den Großmächten Differenzen ergeben, die sich auf diplomatischem Wege nicht lösen lassen. ( )

Die Lieferungen der Russen stehen nur auf dem Papier, sie haben uns bisher nur genommen und nichts gegeben.

Den Nazis wird nicht so viel geschehen, wie man anfangs geglaubt hat. Von den Nazis sollten wir den größten Teil an uns ziehen. Die ärgsten Gegner zu uns waren sie nicht. Sie waren immer gegen die Christlichsozialen.

Wir wollen den größten Teil der Nazis bei der Wahl an uns ziehen.

Gegen eine gemeinsame Liste mit der K.P.

Ich werde mit Mödlagl (KPÖ) und Karall (ÖVP) schon fertig!!" (Gedächnisprotokoll – Rochus u. Martin Biernbaum)

Eine glatte Fehleinschätzung – nach der Landtagswahl am 25. November 1945 wurde Dr. Lorenz Karall zum Landeshauptmann des Burgenlandes gewählt, jener Karall, der vor der „Volksabstimmung“ am 10. April 1938 seine Anhänger aufrief, mit „Ja!“ zu stimmen und Hitler als den größten Staatenlenker aller Zeiten pries.

Teil I

Teil II