KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

„Wir freuen uns auf diese allösterreichische Zusammenkunft“

Karl Renner auf der Länderkonferenz 1945 - Bildausschnitt

Von Rudi Gabriel (27.9.2010)

Anlässlich des 65. Jahrestages der Länderkonferenz am 24. September 1945, bringen wir einen Beitrag zur Geschichte des strukturellen Antikommunismus in Österreich – Teil I

Die Stunde der Wiedererstehung Österreichs nach der Annexion durch Hitlerdeutschland schlug, als Ende März 1945 die 3. Ukrainische Front die Offensive gegen Wien eröffnete und die Hauptstadt unseres Landes am 13. April nach einwöchigem, schwerem Kampf befreite. 18.000 Sowjet­soldaten mussten dabei ihr Leben lassen. Die Sowjetsoldaten erreichten deutlich früher das (heute wieder) österreichische Staatsgebiet als andere alliierte Kräfte.

Einzelne Versuche von Widerständlern innerhalb des von Nazitruppen besetzten Gebietes mit den West-Alliierten Kontakt herzustellen, wie zum Beispiel die Bemühungen der Gruppe O5 waren von keinem strategischen Erfolg gekrönt.

Zudem konnte während der gesamten Zeit der Hitlerdiktatur keine allgemein anerkannte österreichische Exilregierung aufgebaut werden, die ein tragendes Konzept für die politische Zukunft des befreiten Österreichs hätte vorlegen können.

Diesen Freiraum wollte die Sowjetregierung so bald als möglich zur Bildung einer ihr genehmen Regierung nutzen. Mit dem Auftrag zur Suche nach Karl Renner, unmittelbar nach dem Einmarsch der ersten Rotarmisten in Österreich, setzte Stalin erste Schritte in diese Richtung.

Am 4. April meldete das Kommando der 103. Gardeschützen­division, dass sich der gesuchte Karl Renner im Raum Gloggnitz aus eigenem Antrieb gemeldet und sich bezüglich einer Regierungsbildung zur Verfügung gestellt hatte.

Dazu Renner: "… nach längerem Ringen entschloss ich mich, alle Risiken auf mich zu nehmen, um möglicherweise doch Österreich die Chance zu geben, die verhängnisvolle Bindung an Hitler-Deutschland selbst zu zerreißen Anderseits war mir klar bewusst, dass ich niemals als Beauftragter Russlands die Mission übernehmen und durchführen konnte. (Karl Renner: Schriften. S. 203.)

Stalin fasste diesen Entschluss auch gegen den Willen der KPÖ, die ja aufgrund öffentlicher Aussagen des ehemaligen Staatskanzlers der ersten Republik durchaus Vorbehalte anmeldete.

Bezug nehmend auf folgende Aussage von Karl Renner nach der Annexion Österrechs:

„… ich müsste meine ganze Vergangenheit als theoretischer Vorkämpfer des Selbstbestimmun­gsrechtes der Nationen wie als deutschösterre­ichischer Staatsmann verleugnen, wenn ich die große geschichtliche Tat des Wiederzusammen­schlusses der deutschen Nation nicht freudigen Herzens begrüßte …“ (INTERVIEW K. Renner im Neuen Wiener Tagblatt, 3.4.1938), meinte Erwin Scharf, im April 1945 Vertreter der revolutionären Sozialisten im Parteivorstand und Zentralsekretär der SPÖ später:

„Dass ausgerechnet Renner, der sich von den Nazis agitatorisch für die Sanktionierung der Okkupation Österreichs hatte missbrauchen lassen, mit der Regierungsbildung beauftragt wurde, blieb unbegreiflich (…) Tatsächlich waren Franz Honner und andere führenden Funktionäre der KPÖ nicht der Ansicht, dass man nach der militärischen Befreiung sofort eine provisorische Regierung bilden sollte. Denn vorher musste man die demokratischen Organisationen aufbauen, eine feste Einheit aller Demokraten und Patrioten schaffen, den opportunistischen Spreu vom antifaschistischen Weizen scheiden, und dann erst könnte man, gestützt auf die neuen politischen Gruppierungen, eine Regierung bilden.“ (Scharf: Mit Sinnen. S. 111 ff. )

Tatsächlich sind zahlreiche enttäuschte Kommentare von österreichischen Exilkommunisten aus dem Jahr 1945 bezüglich der Bestellung von K. Renner zum Chef der provisorischen Regierung in Österreich bekannt geworden und dokumentiert.

Die Spitze der österreichischen KPÖ-Exilanten in Moskau war mit einem ausgearbeiteten Konzept einer „Österreichischen Freiheitsfront“ in die Heimat zurückgekehrt, dieses enthielt detaillierte Pläne zur stufenweisen Errichtung eines neuen demokratischen und ungeteilten Österreich. Die Entscheidung Stalins bzw. der politischen Führung der Sowjetunion bezüglich der Etablierung einer Regierung unter Renner erfolgte unter strategischen Gesichtspunkten angesichts des bereits grauenden Morgen des beginnenden kalten Krieges.

Georgij Dimitrov, Vorsitzender der Abteilung für internationale Information und auch zuständig für die Kontakte mit der KPÖ übermittelte an J.Koplenig: „… Wir wissen gut, wer Renner ist, ein eingefleischter Reformist und Opportunist (…) ein schlauer Fuchs. Doch unter den gegeben Umständen ist er die geeignete Person (…) um der Gefahr einer Zerreißung des Landes zu begegnen. Man muss mit ihm zusammenarbeiten!“ (M. Mugrauer, p.45)

Friedl Fürnberg stellte später rückblickend fest: „… Renners Erhabenheit über jeden Verdacht des Linksradikalismus sollte ihn auch für die westlichen Verbündeten akzeptabel erscheinen lassen.“ (M. Mugrauer, p.44)

Teil II

Teil III

Quellen:

Böröcz, Vinzenz, „Kampf um Boden und Freiheit“

Kriechbaumer, Robert, „Liebe auf den zweiten Blick, Die Länder und der Bund 1945“

Mugrauer, Manfred, „Die Politik der KPÖ in der Provisorischen Regierung Renner“

Wikipedia