PARTEI
(10.12.2007)
2005 scheiterte der Entwurf einer EU-Verfassung bei der Volksabstimmung in Frankreich und den Niederlanden. Die Chance auf einen Neustart, auf ein Umdenken und die Entwicklung von Alternativen zum Europa der Konzerne, wie das die linken KritikerInnen der Verfassung gefordert hatten, wurde jedoch nicht genützt.
Im Gegenteil wurde vom politischen Establishment nach einer kurzen Schreckpause ungeachtet des politischen Desasters der alten Brief in einen neuen Umschlag (Giscard d´Estaing) gesteckt und die Verfassung mit wenigen Abstrichen als Vertrag von Lissabon neu aufgelegt. Die Ziele des neoliberalen Projekts EU als Teil der kapitalistischen Globalisierung und nicht etwa als Alternative zu dieser werden fortgesetzt.
Diese Politik des Ignorierens führt jedoch zu einem Anwachsen des Unbehagens über die EU wie die Eurobarometer-Umfragen bestätigen. Die strikte Weigerung von SPÖ, ÖVP und Grünen den EU-Vertrag einer Volksabstimmung zu unterziehen ermöglicht es den Rechtsparteien FPÖ und BZÖ sich als Demokraten aufzuspielen und ihre fremdenfeindliche Demagogie zu verstärken. Verbunden damit wachsen auch der allgemeine politische Frust und das Misstrauen über Parteien und Institutionen.
Kernpunkte des EU-Vertrages sind
eine mit der österreichischen Neutralität unvereinbare Militarisierung der EU (Schaffung einer Rüstungsagentur, Aufrüstungsverpflichtung, Euro-Armee, weltweite Interventionsfähigkeit ),
die Festschreibung des neoliberalen Wirtschaftsmodells (offene Marktwirtschaft und freier Wettbewerb, Preisstabilität als oberstes Prinzip, Binnenmarkt, Liberalisierung ),
die Hierarchisierung der EU (Ausweitung des Mehrheitsprinzips, mehr Macht für die großen EU-Länder ) und
ein anhaltendes Demokratiedefizit (Grundrechte werden durch ökonomische Zwänge unterlaufen, auch künftig ein ohnmächtiges EU-Parlament, Orientierung auf ein Zweiparteiensystem ).
Hinter dem Vertrag steht der Anspruch die EU als Europa der Konzerne zu einer mit den USA ökonomisch, politisch und militärisch gleichwertigen Supermacht zu entwickeln.
Für eine Volksabstimmung
Bereits jetzt sind rund 80 Prozent der nationalen Kompetenzen mit Zustimmung der österreichischen Regierung und des Parlaments nach Brüssel gewandert. Mit dem EU-Vertrag werden die Eingriffe in die Verfassung ausgeweitet.
Die KPÖ lehnt den EU-Vertrag als Ersatz der gescheiterten Verfassung aus grundsätzlichen Erwägungen ab, weil er allen sozialen, demokratischen und friedenssichernden Ansprüchen zuwiderläuft. Angesichts der weit reichenden Bedeutung fordert die KPÖ eine Volksabstimmung.
Österreich ist neben den grundsätzlichen Erwägungen durch Themenbereiche wie Neutralität, Transitverkehr, Atomkraft, Sozialstaat, öffentliches Eigentum und Demokratie durch den EU-Vertrag besonders betroffen. Angesichts der weit reichenden Bedeutung und weil von Regierung und Parlament der Öffentlichkeit alle wesentlichen Aspekte der Verfassung wie jetzt auch des Nachfolgevertrages verschwiegen werden fordert die KPÖ eine Volksabstimmung und eine damit verbundene breite öffentliche Debatte.
Auch namhafte Verfassungsrechtler halten eine solche Volksabstimmung für notwendig, weil der EU-Vertrag eine weit reichende Änderung der österreichischen Bundesverfassung bedeutet. Die Verweigerung dieses eigentlich selbstverständlichen demokratischen Instruments durch die Parlamentsparteien verstärkt hingegen die Politikverdrossenheit und ermöglicht rechtspopulistischen Parteien und Medien ihre nationalistische, rückwärtsorientierte Demagogie und verstärkt damit fremdenfeindliche Reflexe.
Alternativen
Im Zentrum unserer Überlegungen steht der Kampf um eine demokratische und soziale Integration Europas anstelle der imperialistischen Machtentfaltung der EU. Ein „Linkes Nein“ zum EU-Vertrag heißt, dass wir demokratische und soziale Alternativen zur kapitalistischen neoliberalen Integration entwickeln und uns von nationalistischer und rassistischer Demagogie scharf abgrenzen.
Die KPÖ tritt für die europaweite Zusammenarbeit von Gewerkschaften, Sozialbewegungen und Linksparteien ein. Die Europäische Linkspartei, welcher die KPÖ angehört, fordert in allen 27 EU-Ländern eine Volksabstimmung über den Vertrag. Die KPÖ tritt gemeinsam mit fortschrittlichen Kräften in den anderen EU-Ländern für eine Alternative zur jetzigen EU, für ein anderes Europa, nämlich für ein demokratisches, soziales, friedliches und solidarisches Europa ein und wird über die aktuelle Auseinandersetzung hinaus dafür tätig sein.
Die Absage an den EU-Vertrag verbinden wir mit der zunehmenden Notwendigkeit einer Diskussion über die Entwicklung von linken Alternativen zur jetzigen EU. Diese müssen folgende wesentliche Ansprüche beinhalten:
Ein anderes Europa ist notwendig, ein anderes Europa ist möglich!
Beschlossen vom 34. Parteitag der KPÖ am 9. Dezember 2007 in Wien
(Resolution 5 : KPÖ-Bundesvorstand)