KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Erneutes Beben auf den Finanzmärkten

Von Joachim Bischoff (1.10.2008)

US-Repräsentantenhaus kippt den Notplan, Deutsche Bundesregierung rettet Hypo Real Estate

Ein Ende der seit über einem Jahr wütenden globalen Finanzkrise ist weiterhin nicht in Sicht. Das Krisenpotenzial wird die Finanzmärkte und die Investoren noch bis weit in das Jahr 2009 beschäftigen und schwebt wie ein Damoklesschwert über den Aktienmärkten.

Mit der Abstimmungsni­ederlage im US-Repräsentantenhaus über den von Präsident Bush und Finanzminister Paulsen eingebrachten Mega-Notplan über 700 Mrd. Dollar wurde ohne Zweifel die Krisenpanik der Anleger und Bankkunden verstärkt. An der Wall Street hatte die überraschende Ablehnung des Rettungsprogramms für die US-Finanzbranche am Montagabend blankes Entsetzen ausgelöst. Die Kurse brachen deutlich ein und auch in Japan sackte der Aktienindex um vier Prozentpunkte auf den tiefsten Stand seit drei Jahren.

Am folgenden Tag hatten sich die Börsianer überwiegend gefangen; leichte Aufwärtstrends an den Weltbörsen drücken die Hoffnung aus, dass das US-Repräsentantenhaus das 700 Mrd. Dollar schwere Hilfsprogramm doch noch verabschieden werde. Das Paket muss und wird kommen, nur es wird wohl für die Banken deutlich schlechter ausgestattet sein. Die entscheidenden Fragen und Kritikpunkte:
1. Zu welchen Kursen werden notleidende Kreditpakete in staatliche Pension genommen, d.h. wie wird gesichert, dass auch die Finanzinstitute an den Verlusten beteiligt werden?
2. Gibt es zugleich eine strukturelle Reform, wenn der Zusammenbruch des überlieferten Banken- und Finanzsystems verhindert wird?
3. Wie kann eine demokratische Kontrolle der staatlichen Interventionspo­litik organisiert werden?
4. Wie kann den vielen Millionen Hauseigentümern geholfen werden, den mit Zwangsverstei­gerungen eine Vertreibung von ihren Grundstücken droht?
5. Wie wird dem Überschlagen in eine schrumpfende Realökonomie entgegengewirkt?

Das Rettungspaket in den USA wird kommen, auch wenn die konkrete Fassung noch nicht feststeht. Zum Kampf gegen die Finanzpanik gehören weiterhin das offensive Agieren der Notenbanken, die den Bankenkreislauf mit reichlich Liquidität versorgen. Mit immer neuen Rettungsaktionen stemmen sich auch Regierungen in Europa gegen den Sog der weltweiten Finanzmarktkrise. Die irische Regierung garantiert alle Guthaben und Verbindlichkeiten der sechs in Irland registrierten Banken. Belgien, Frankreich und Luxemburg gewähren der Dexia-Bank eine Finanzspritze in Milliardenhöhe.

Auch die große Koalition in Berlin leistet ihren Beitrag: Der große Immobilienkre­ditkonzern Hypo Real Estate wird durch einen Staatskredit gestützt. Mit den Mitteln, verbürgt vom Staat mit rund 26,6 Mrd. Euro, soll der unter Liquiditätspro­blemen taumelnde Immobilienfinan­zierer zunächst vor großen Wertberichtigungen abgesichert werden. Anders als bei einer sofortigen Insolvenz könnte eine geordnete und Substanz schonende Neustrukturierung der HRE-Gruppe durch einen den Wert erhaltenden Verkauf der Bank-Töchter oder von deren Vermögensteilen ermöglicht werden. Ohne ihre lukrativen Töchter aber wäre die HRE in die Insolvenz gegangen.

Die Staatseite – das Finanzministerium, die Bundesbank und Bafin (die Finanzaufsicht) – erklärt: „Eine ordnungspolitisch nicht vertretbare Schonung der Vermögenspositionen der Aktionäre an der börsennotierten HRE-Holding wird dadurch vermieden, dass die Aktien der HRE-Gruppe als Sicherheit zur Verwertung abgetreten werden.“ Und schlimmer noch für die Aktionäre: „Unterstellt, dass die Verkaufserlöse dabei nicht die Beteiligungsbuchwer­te in der Bilanz der HRE-Holding erreichen, werden auch die Risikokapitalgeber der HRE-Gruppe (Aktionäre der HRE-Holding) einen gehörigen Anteil an den Kosten des Rettungskonzepts tragen.“Am Ende des Rettungsprozes­sessteht die Auflösung der HRE. Finanzminister Peer Steinbrück hatte von Anfang an von einer „geordneten Abwicklung“ der HRE auf Grundlage des vereinbarten Rettungskonzeptes gesprochen. Die Grundüberlegung: Es kann nicht sein, dass man staatliche Hilfe organisiert und dann am Ende, nach ein, zwei Jahren, die Aktionäre wieder kräftige Dividenden haben und der Staat auf den Verlusten sitzen bleibt.

Weltweit kämpfen Notenbanken und Regierungen also mit neuen Liquiditätsspritzen und Bürgschaften gegen die Auswirkungen der Finanzkrise. All diese Maßnahmen für die Finanzinstitute sorgen für eine relative Stabilisierung; vor allem gibt es Entwarnung vor der Gefahr eines reihenweise Zusammenbrechen europäischer Banken.

Zu erwarten sind weitere Bankenpleiten in den USA, eine rasche Abwärtsbewegung der US-Wirtschaft und ein Abrutschen in die Rezession. Das Wirtschaftwachstum wird wegen der internationalen Finanzkrise im kommenden Jahr nach Einschätzung der Bundesregierung deutlich geringer ausfallen als die bislang angenommenen 1,2%. Über die Tiefe der Rezession und deren Länge zeichnet sich nach wie vor kein Konsens ab. Sobald die Schrumpfung der Realökonomie erkennbar wird, dürften erneut Spannungen aufkommen, ob der schon deutlich reduzierte Finanzüberbau nicht doch noch zu gewichtig ist.

Quelle: http://­www.sozialismus­.de/socialist/kom­mentar.php?id=1

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