KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Haut die Alten!

Von Bärbel Mende-Danneberg (3.2.2008)

Die Raketen sind verpufft, die Weihnachtszuckerln aufgefuttert. Was bleibt im Neuen Jahr außer Papier und lange Pappnasen? – Die Post bringt allen was, auch alten Menschen. Zum Beispiel einen Brief vom Bundeskanzler: „Hand aufs Herz“, fragte er mich ganz persönlich kurz vor Weihnachten, „hatten Sie in den letzten Jahren manchmal das Gefühl, dass Sie vom Wohlstand des Landes nicht Ihren gerechten Anteil bekommen?“ (Ja, genau, habe ich!) Das soll jetzt anders werden. Denn nun, verspricht mir der SPÖ-Chef, „soll jeder sein Stück vom Kuchen bekommen, ganz besonders die ältere Generation“.

Die Frohbotschaft von der Pensionserhöhung, mit welcher Bundeskanzler Gusenbauer im alten Jahr von den alten Menschen Bonuspunkte für seine neoliberale Politik einsammeln wollte, entpuppt sich im neuen Jahr als Faschingsscherz. Denn die Freude über die Erhöhung von 2,9 Prozent für Mindestpensionen – also ganze 21 Euro – macht längst nicht die Teuerung wett, die in den letzten Jahren insbesondere die kleinen Pensionen schmälerte, zumal es seit etlichen Jahren keine Pensionserhöhungen gegeben hat. Im vergangenen Oktober betrug die Inflationsrate 2,8 Prozent, die Preise für Lebensmittel sind aber viel stärker gestiegen. Laut Statistik Austria verteuerten sich auch die Ausgaben für Wohnen, Wasser und Energie, und zwar zwischen 2000 und 2006 um 20 Prozent! Vor allem in den Haushalten von AlleinerzieherInnen und MindestrentnerInnen wird beim Heizen gespart.

Zwar ist mit Jahresbeginn für höhere Pensionen lediglich eine Steigerung von nur 1,7 bis zwei Prozent angesagt, für Pensionen, die über 2.161,50 Euro liegen, macht das 36,75 Euro mehr aus, also Peanuts. Den kleinen Pensionsbezie­herInnen würden hingegen 36,75 Euro mehr pro Monat den täglichen Milch- und Brotgenuss sichern. Die von 726 auf 747 Euro gesteigerte Mindestpension lässt jedenfalls Gusenbauers Leuchtreklame glanzlos verlöschen – „… dass niemand im Alter in Armut leben muss.“ Sieben Prozent aller PensionistInnen leben in akuter Armut, jedeR zehnte PensionistIn lebt an der Armutsschwelle.

Nun gut, über Armut ist schon viel geschrieben worden, und das Pensionsthema war ja in der Vergangenheit auch immer die Prügelmasse, mit der als „Reformen“ getarnte Verschlechterungen durchgesetzt wurden. Tatsache ist, dass es über Jahre hinweg keine Erhöhungen bei den Pensionen (außer jener des Antrittsalters) gab, während das tägliche Leben immer teurer wurde. Und wie zur Bestätigung lag mit gleicher Post wie jener aus der SPÖ-Zentrale ein Schreiben der Wien Energie im EU-genormten Hausbriefkasten. Überschrift: „Preisinformation Strom“, angereichert mit hübschen Statistiken und Grafiken über Energiepreis, Netzpreis und Abgaben lautet die Kernaussage: „Wien Energie Vertrieb GmbH & Co KG orientiert sich an den gestiegenen Börsenpreisen und muss einen betriebswirtschaf­tlich notwendigen Teil der im letzten Jahr entstandenen Mehrkosten weitergeben.“ Und zwar an mich. So geht das also. An wen gibt eigentlich ein Haushalt, der sich an einem Pensionistenpre­isindex orientiert, die im letzten Jahr gestiegenen Mehrkosten weiter?

Und hier beginnt das Betätigungsfeld konservativer, dem Neoliberalismus verschriebener Medien: Teile und herrsche. Es wird mit dem Finger auf die Alten gezeigt und argumentiert, dass Alleinerziehe­rinnen, StudentInnen, kinderreiche Familien und andere Personengruppen im Gegensatz zu den PensionistInnen keine Lobby hätten. „Wir sind die totalen Loser“, titelte der „Standard“ (15.11.07) und ortete eine „Schieflage“ im Sozialgefälle: „Die mittleren Generationen müssen für alles aufkommen: Sie soll die Jungen großziehen, die Alten erhalten und darf dann mit 75 in Pension gehen“, wetterte die Chefin des ÖVP-nahen Familienbundes. Die jüngste Pensionserhöhung sei ungerecht. Sozialwissenschaf­ter wie Theodor Tomandl sprachen gar von einem „Anschlag auf die junge Generation“. An dieser medial geschürten Empörung zeigt sich exemplarisch, wie ein Generationenkon­flikt herbei geschrieben wird. Es wird so getan, als würden die Alten auf Kosten der Jungen in Saus und Braus leben und hätten im aktiven Leben keine Sozialabgaben geleistet oder Kinder großgezogen. Der Schwarze Peter wird der Altenriege zugeschoben, die „der jungen Generation eine gewaltige Last auferlegt“, empört sich der „Standard“ (15.11.07). Und schlussfolgert: „Ein Aufstand der Jungen ist nur eine Frage der Zeit.“

Da haben wir also den Blattsalat: Es wird nur mehr darüber geschrieben, welche betroffene Personengruppe die andere betroffene Personengruppe über den Tisch zieht. Zum Beispiel ist keine Rede mehr davon, dass sich der Staat aus seiner Verpflichtung der Drittelfinanzierung von Pensionen verabschiedet hat und die Privatvorsorge favorisiert. Und schon gar nicht ist die Rede davon, dass heute in Österreich ein Prozent der Bevölkerung ein Drittel des Vermögens besitzt, weitere neun Prozent ein weiteres Drittel, während sich 90 Prozent das letzte Drittel teilen müssen. Die bereinigte Lohnquote – also der Anteil der Löhne und Gehälter am Volkseinkommen – sank von 1981 bis 2003 von 71 auf 59 Prozent, umgekehrt stieg der Anteil der Gewinne von 29 auf 41 Prozent. So stiegen 2006 die Dividenden von 19 ATX-Unternehmen um 33 Prozent, der Gewinn vor Steuern um 27 Prozent, die Vorstandsgagen um 14, pro Kopf gar um 17 Prozent … (aus: „Es ist genug für alle da“, steuerpolitische Forderungen der KPÖ)

Seit Jahrzehnten wird lamentiert, dass die Kluft zwischen Arm und Reich immer tiefer wird. Und seit ewigen Zeiten werden von der Politik Trostpflästerchen verteilt, die beruhigen sollen. An das wirklich Eingemachte traut sich aber niemand heran. Das liegt im Trockendock der Banktresore oder schwirrt im spekulativen Finanznirwana herum und vermehrt sich ohne Arbeit, geschützt von einer Politik, die die entsprechenden gesetzlichen Rahmenbedingungen schafft: Abschaffung der Vermögenssteuer, Senkung der Besteuerung der Gewinne von Kapitalgesellschaf­ten von 34 auf 25 Prozent, Verzicht auf Besteuerung spekulativer Gewinne, Einrichtung von Privatstiftungen, in welchen heute steuerschonend geschätzte 55 Mrd. Euro geparkt sind – um nur einige Freiheiten des neoliberalen Kapitalismus zu nennen.

Erschien zuerst im „Uhudla“

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