Gewerkschaften fordern europäischen Sozialpakt
Ein Nein zur Austeritätspolitik fordert der EGB.
(23.10.2012)
Der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) ruft für den 14. November zu einem Aktions- und Solidaritätstag auf.
Erklärung des EGB-Exekutivausschusses vom 17. Oktober 2012:
- Der EGB-Exekutivausschuss beschloss bei seiner Sitzung am 17. Oktober
2012 einen Aufruf zu einem Aktions- und Solidaritätstag. Er soll am
14. November 2012 stattfinden und Streiks, Demonstrationen, Versammlungen und
andere Aktionen beinhalten. Ziel ist es, die europäische
Gewerkschaftsbewegung für eine Unterstützung der EGB-Politik zu
mobilisieren, wie sie im europäischen Sozialpakt formuliert ist.
- Der Ausschuss erklärt seinen entschiedenen Widerstand gegen die
Kürzungsmaßnahmen, die Europa in eine wirtschaftliche Stagnation, ja eine
Rezession treiben, sowie gegen die fortdauernde Zerstörung des europäischen
Sozialstaatsmodells. Diese Maßnahmen sind weit davon entfernt, Vertrauen
wiederherzustellen, und führen nur zu einer Vergrößerung der Ungleichgewichte
und begünstigen Ungerechtigkeit.
- Der Exekutivausschuss befürwortet zwar eine solide Haushaltsführung, ist
jedoch davon überzeugt, dass die Rezession nur gestoppt werden kann, wenn
Haushaltsbeschränkungen gelockert und Ungleichgewichte beseitigt werden und
darauf hingewirkt wird, ein nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu erreichen, den
sozialen Zusammenhalt zu fördern und die in der Grundrechtecharta
niedergelegten Werte zu achten.
- Die Haushaltskonsolidierung hatte schlimmere Auswirkungen, als von
Institutionen wie der Europäischen Kommission und dem Internationalen
Währungsfonds (IWF) erwartet worden waren. Der IWF räumt mittlerweile sogar
ein, dass die Auswirkungen der Kürzungsmaßnahmen auf das Wachstum völlig
falsch eingeschätzt wurden. Diese Fehleinschätzung hat erhebliche negative
Auswirkungen auf das tägliche Leben der vom EGB vertretenen Arbeiter/-innen und
Bürger/-innen und stellt die mit dem Fiskalpakt vorangetriebene und von der
Troika auferlegte Austeritätspolitik komplett infrage.
- Der Exekutivausschuss konstatiert einen wachsenden Widerstand der
Bürger/-innen und Arbeiter/-innen in den betroffenen Ländern und bekräftigt
seine Unterstützung der Mitgliedsgewerkschaften im Kampf um menschenwürdige
Arbeits- und Lebensbedingungen. Die Situation ist auf eine mangelnde
Koordination der Wirtschaftspolitik und das Fehlen sozialer Mindeststandards
für ganz Europa zurückzuführen. Das beförderte im Zusammenspiel mit einem
freien Kapitalverkehr einen zügellosen Wettbewerb zwischen den Staaten, vor
allem auf den Gebieten Besteuerung, Arbeitskosten und Sozialleistungen.
- Die Mitglieder des Exekutivausschusses wiederholen, dass der
gesellschaftliche Dialog und Tarifverhandlungen ein zentraler Bestandteil des
europäischen Sozialstaatsmodells sind. Sie widersetzen sich energisch den
Frontalangriffen auf solche Rechte, auf nationaler und auf europäischer Ebene,
und fordern die sofortige Annahme und Umsetzung der zurzeit vom Rat behandelten
europäischen Sozialpartnerschaftsvereinbarung.
- Sie erinnern daran, das die Union vertraglich an Folgendes gebunden ist:
Sie wirkt auf die nachhaltige Entwicklung Europas auf der Grundlage eines
ausgewogenen Wirtschaftswachstums und von Preisstabilität, eine in hohem Maße
wettbewerbsfähige soziale Marktwirtschaft, die auf Vollbeschäftigung und
sozialen Fortschritt abzielt, sowie ein hohes Maß an Umweltschutz und
Verbesserung der Umweltqualität hin. Sie erinnern außerdem daran, dass die
Befürwortung des Lissabonvertrags durch den EGB hauptsächlich von der
Verfolgung dieser Ziele abhing.
- Sie nehmen zur Kenntnis, dass in den Institutionen und Regierungen derzeit
Überlegungen über die Erforderlichkeit weiterer Vertragsänderungen angestellt
werden. Ein Richtungswechsel ist notwendig. Eine Lösung der Krise in
Übereinstimmung mit den drei Eckpunkten des vom EGB vorgeschlagenen und
zunehmende Unterstützung erfahrenden europäischen Sozialpakts sollte
Priorität genießen. Er beinhaltet den gesellschaftlichen Dialog und
Tarifverhandlungen, eine auf nachhaltiges Wachstum und nachhaltige
Beschäftigung ausgerichtete Wirtschaftspolitik sowie wirtschaftliche,
steuerliche und soziale Gerechtigkeit.
- Sie betonen, dass aktive Solidarität, sozialer Fortschritt und
demokratische Verantwortung integrale Bestandteile des europäischen Projekts
sein müssen. Sie halten es für unerlässlich, dass das Ziel sozialer
Fortschritt ein integraler und operativer Bestandteil jedes neuen Vertrags ist.
Der EGB wird jeden weiteren Schritt zur europäischen Integration auf dieser
Grundlage prüfen.
http://www.etuc.org/a/10439
Aus dem Englischen übersetzt von Werner Horch
Anmerkung: Europäischer Gewerkschaftsbund (EGB)
1971 gegründet, Dachverband von 83 Gewerkschaftsbünden aus
36 europäischen Ländern (hauptsächlich aus der EU) sowie von
12 europäischen Branchenföderationen, Sitz in Brüssel
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