Von Pressemitteilung der KPÖ-Graz (23.10.2012)
Alle in Medien veröffentlichen Umfragen sind mit großer Vorsicht zu genießen. Es stimmt, dass viele Menschen in Graz unsere Arbeit schätzen. Das bedeutet aber nicht, dass sie uns auch wählen. Entscheidend wird sein, ob es gelingt, dass sich viele von denen, die sich von der herkömmlichen Politik abgewendet haben und sich bei anderen Wahlgängen nicht beteiligen, am 25. November dafür entscheiden, uns ihre Stimme zu geben.
Das erklärte die Grazer KPÖ-Stadträtin Elke Kahr in einem Interview für die linke Monatszeitung Volksstimme, das demnächst erscheinen wird. Im Gespräch mit dem Journalisten Lutz Holzinger nimmt sie auch zu anderen Wahlkampfthemen Stellung:
Welche Faktoren tragen möglicherweise dazu bei, dass die KPÖ aus der Wahl verstärkt hervorgeht?
Möglich ist vieles. Ob es zur Wirklichkeit wird, hängt von sehr vielen Faktoren ab. Wären Wahlen mit einer Zeugnisverteilung zu vergleichen, wäre ich optimistisch. In Wahlkämpfen reden die meisten Parteien aber nicht von dem, was sie getan oder nicht getan haben, sie reden nur von der Zukunft und von Visionen. Sie lenken von den wirklichen Problemen der Mehrheit der Bevölkerung ab. Außerdem ist der Einfluss der ausländerfeindlichen Grundstimmung auf sehr viele Menschen nicht zu unterschätzen. Aufklärung und eine rationale Haltung haben auf diesem Gebiet leider auch in Graz einen schweren Stand.
Spielt der radikale, antisoziale Sparkurs der steirischen Landesregierung
im Grazer Wahlkampf eine Rolle?
Es ist bezeichnend: ÖVP und auch SPÖ reden in Graz von allen möglichen Dingen, nur nicht von den konkreten Auswirkungen der Kürzungs- und Belastungspolitik auf Landesebene. Bürgermeister Nagl will Graz anders denken, sagt aber kein einziges Wort zur drohenden Privatisierung des LKH West und zur Streichung von 451 Spitalsbetten, die im Raum steht. Wir versuchen, darauf hinzuweisen und arbeiten im Rahmen der Plattform 25 daran mit, möglichst viele Personen in die laufenden Protestaktionen einzubeziehen. Auch unser Stadtblatt ist eine Plattform für Bürgerinitiativen gegen die Belastungen.
Als Wohnungsstadträtin hast Du ein wichtiges Ressort inne: Welche Erfolge
sind Dir in dem Bereich in der jüngsten Legislaturperiode gelungen?
Wir haben in der ablaufenden Periode einiges durchgesetzt. Ein punktuelles
Abkommen mit ÖVP und Grünen hat ein Sonderwohnbauprogramm ermöglicht,
500 neue Gemeindewohnungen sind entweder errichtet worden oder im Bau. Wir
haben die Initiative Ein Bad für jede Gemeindewohnung erfolgreich
abgeschlossen, die Richtwert- und Kategoriemietzinse in den Grazer
Gemeindewohnungen sind nicht erhöht worden, das Grazer
Mietzinszuzahlungsmodell ist weiter in Kraft. (Miete und Betriebskosten machen
in gemeindeeigenen Wohnungen nicht mehr als ein Drittel des Haushaltseinkommens
aus) und wir haben im Wohnungsamt einen Kautionsfonds eingeführt.
Wichtig ist auch die konkrete Hilfe. Bekanntlich gebe ich Jahr für Jahr einen
Großteil meines Stadträtinnenbezugs (etwa 55.000) Euro für soziale Zwecke
aus.
Seit der GRW 2008 habe ich 14.177 einzelne Gesprächstermine mit hilfesuchenden Menschen gehabt, davon mit 2614 Personen mehr als einmal.
Welche weiteren Initiativen wurden von der KPÖ in Graz vorgetragen
und/oder unterstützt?
Seit fast 20 Jahren fordert die KPÖ einen Sozialpass für Menschen mit
niedrigem Einkommen. Im Herbst 2012, wenige Wochen vor der Wahl, wurde er in
abgespeckter Form und mit dem Namen Sozialcard im Konsens aller Parteien
verwirklich. SPÖ, ÖVP und Grüne machen damit Reklame. Ich hoffe aber, dass
die Bevölkerung nicht vergessen hat, wer diese Sozialleistung immer wieder
eingefordert hat. Die Vorschläge der KPÖ sind oft nicht die schlechtesten.
Derzeit führen wir eine Unterschriftensammlung für einen Tarif- und
Gebührenstopp durch. ÖVP und Grüne haben nämlich (noch in ihrer Koalition)
beschlossen, dass Kanal- und Müllgebühren Jahr für Jahr ohne Befassung des
Gemeinderates automatisch um die offizielle Inflationsrate angehobenwird. Auch
die Öffi-Tarife steigen bei uns automatisch. Wir fordern, diese Beschlüsse
rückgängig zu machen.
Wir beteiligen uns an der Bewegung gegen ein Murkraftwerk in Graz, das negative
Umweltfolgen haben würde.
Wichtig sind unsere Aktionen zum Schutz der Grazer Altstadt und des Grünraums
vor Immobilienspekulanten.
Leider haben wir in der abgelaufenen Periode nicht verhindern können, dass ÖVP
und Grüne wichtige Bereiche wie die Abfallwirtschaft ausgegliedert und fit für
die Privatisierung gemacht haben. Der zuständige ÖVP-Finanzstadtrat hat im TV
festgestellt, dass diese Operation nur mit den Grünen möglich
gewesen ist.
Wie sieht das Team aus, mit dem die KPÖ Graz sich den Wählerinnen und
Wählern stellt?
Neben den bewährten GemeinderätInnen gibt es diesmal 4 JungkandidatInnen
unter den ersten 20. Martina Thomüller, die auf Platz 5 (damit an wählbarer
Stelle) kandidiert, ist 21 Jahre alt und von Beruf Bäckerin. Unser AK-Rat Kurt
Luttenberger steht auf Platz 10, der Buslenker Selcuk Ugras auf Platz 18. Ich
meine, dass unsere KandidatInnenliste ein gutes Angebot an die Bevölkerung
ist.
Wir können auch darauf hinweisen, dass Klubobfrau Ina Bergmann im
Kontrollausschuss eine sehr gute Figur gemacht hat. Manfred Eber hält als
Planungs- und Verkehrssprecher den Kontakt mit vielen Bürgerinitiativen, Uli
Taberhofer ist Expertin für Migrations- und Frauenfragen. Andreas Fabisch
kümmert sich um den Altstadtschutz und die Kultur und der Justizwachebeamte
Christian Sikora hat im Gemeinderat die Interessen der Beschäftigten im
öffentlichen Dienst gut vertreten.
Betrachtest Du das überraschende gute Abschneiden der KPÖ in Krems als
positives Signal?
Selbstverständlich. Wir haben die Arbeit unserer Genossen Mahrer und Kral schon im Vorfeld verfolgt und waren von einem guten Abschneiden überzeugt, weil dort eine bodenständige und prinzipienfeste Politik gemacht wird. Der Wahlausgang in Krems hat uns Rückenwind gegeben. Interessant war auch, dass die ÖVP schwer verloren und die SPÖ stagniert hat.