KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Hans Landauer ist verstorben

Hans Landauer (im Vordergrund) bei der Verabschiedung der Internationalen Brigaden am 28. Oktober 1938 in Barcelona

(22.7.2014)

Der ehemalige Spanienkämpfer, Zeitzeuge und jahrzehntelange ehrenamtliche Mitarbeiter des DÖW Hans Landauer starb in der Nacht vom 19. auf den 20. Juli 2014 im Alter von 93 Jahren. Nachfolgend der Nachruf des DÖW, dem sich die KPÖ nur anschließen kann.

Das DÖW, die Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spanischen Republik 1936–1939 und die KZ-Gemeinschaft Dachau verlieren mit ihm einen unersetzlichen Weggefährten. Die Trauerfeier findet am Freitag, den 25. Juli 2014 um 15.00 Uhr auf dem Friedhof Oberwaltersdorf statt. Auf Wunsch des Verstorbenen ist von von Blumen- und Kranzspenden abzusehen.

Hans Landauer, 1921 in Oberwaltersdorf (NÖ) geboren und in einem sozialdemokra­tischen Umfeld aufgewachsen, war einer jener rund 1400 Österreiche­rInnen, die sich nach Ausbruch des Spanischen Bürgerkriegs entschlossen, auf Seiten der Spanischen Republik zu kämpfen. Kaum sechzehnjährig fuhr er im Juni 1937 nach Paris. Um nach Spanien weitergeschickt zu werden, gab er sich drei Jahre älter aus, als er war. Mit Erfolg – ab Mitte 1937 gehörte er unter dem Namen Hans Operschall den Internationalen Brigaden an.

„Am 20. Juli [1937], also einen Monat und einen Tag, nachdem ich von zu Hause weg bin, war ich bereits an der Front, und zwar in Quijorna. Wir sind gerade in ein Schlamassel hineingekommen, einen Rückzug. Die Faschisten haben vehement angegriffen und bombardiert. In El Escorial war die Base der Brigade, wir hätten auf Madrid hinuntersehen können, aber Madrid war nie zu sehen, denn es war brütend heiß, diese Dunstglocke über dem Hochland. Man hat nur Rauchwolken und Staubwolken gesehen. Denn zwischen Madrid und El Escorial ist das Kampffeld gewesen. Den ganzen Tag sind die Junkers geflogen, die Ju 52 haben da abgeladen. Eines Abends hat es geheißen: ‚So, meine Herren, jetzt fahrt ihr auch nach vorne, heute Nacht. Ihr seid jetzt Verstärkung für das 4. Bataillon‘, das vor dem Brunete-Feldzug gebildete ‚12. Februar‘-Bataillon. Wir sind über Villanueva de la Cañada nach Quijorna, in der Nacht. Und da habe ich zum ersten Mal in meinem Leben den Leichengeruch in der Nase gehabt, denn auf diesem Feld lagen Hunderte Tote, in den letzten vier Wochen waren dort unheimlich viele Leute umgekommen, und Tierkadaver. Also alles in Verwesung, unter dem Schutt der zusammengebombten Dörfer. Villanueva de la Cañada war dem Erdboden gleichgemacht. Brunete war dem Erdboden gleichgemacht. Man musste mit dem LKW ausweichen.“

Interviewauszug aus dem DÖW-Projekt Erzählte Geschichte

Nach Ende des Spanischen Bürgerkriegs (1936–1939) war Hans Landauer in Frankreich in den Lagern Argelès, Saint-Cyprien und Gurs sowie im Gefängnis von Toulon interniert. Im November 1940 wurde er in Paris festgenommen. Am 17. April 1941 von der Gestapo Wien erkennungsdien­stlich erfasst, wurde er im Juni 1941 in das KZ Dachau überstellt.

„Wir sind am 5. Juni 1941 von Wien weggefahren, sind die Nacht durchgefahren, am 6. Juni – das werde ich nie vergessen, denn drei Jahre später war die Invasion – sind wir auf dem Hauptbahnhof in München angekommen. Wenn heute Österreicher und Deutsche in Mauthausen, in München oder sonstwo sagen, sie haben nichts gewusst von alldem, was seinerzeit passiert ist, ist das ein Witz. Es war zeitig in der Früh, der Hauptbahnhof von München war stark bevölkert, und wir sind in einem normalen Waggon angekommen, begleitet von der Schutzpolizei. Und wie wir bei den Fenstern rausschauen, heißt es: ‚Raus, raus, raus, Tempo, Tempo!‘ Draußen haben wir etwa zehn SS-Leute sehen können, Totenkopf auf der Mütze und braune Gesichter. Man hat sehen können, sie sind das ganze Jahr draußen in der Sonne, und jeder hielt einen Ochsenziemer in der Hand. Nach der dritten oder vierten Gleisanlage ist ein Mannschaftstran­sportwagen gestanden mit Bänken. Wie wir vom Waggon runtergestiegen sind, hat der Erste schon einmal eine mit dem Ochsenziemer übers Kreuz gekriegt, und es war ein Hasten und Laufen über die Gleise in Richtung dieses Mannschaftstran­sportwagens. Und dort auch wieder: Wir waren ungefähr 40 Mann und andererseits zehn SS-Leute – aber die haben einen derartigen Terror ausgeübt und einen derartigen Schrecken eingeflößt, dass auch nur der leiseste Widerstand oder auch nur ein Nicht-Laufen uns überhaupt nicht eingefallen wäre.“

Interviewauszug aus dem DÖW-Projekt Erzählte Geschichte

In Dachau blieb Hans Landauer bis zur Befreiung Ende April 1945 in Haft.

„Wenn man heute vom Widerstand im Lager redet, dann bestand der Widerstand ja vor allem darin, dass man überlebte, denn allzu viel Widerstand hat man nicht leisten können. Wenn in irgendwelchen Werken in oder um das Lager auch nur der Verdacht der Sabotage aufkam, musste das Arbeitskommando antreten und zwei Leute von diesem Kommando sind aufgehängt worden. Meistens waren es Russen. Es gab da ein Kabelwerk. Für Flugzeuge sind bestimmte Kabelstränge gemacht worden, und das hat man natürlich immer wieder prüfen müssen. Man ist daraufgekommen, dass einmal eines durchgeschnitten war. Na, wer arbeitet in dem Kommando? Die und die. Aufgehängt, öffentlich im Lager vor dem ganzen Kommando.“

Interviewauszug aus dem DÖW-Projekt Erzählte Geschichte

Nach seiner Rückkehr nach Österreich war Hans Landauer im Polizeidienst tätig – zunächst in Österreich, später auf Zypern und im Libanon. Ab 1983 ehrenamtlicher Mitarbeiter des DÖW, baute er hier die in ihrer Art herausragende Spezialsammlung Spanien-Dokumentation auf, die vielfältigste Unterlagen (Kopien amtlicher Dokumente, Fotos, Briefe, Zeitungsartikel, autobiographische Texte) über die Beteiligung von ÖsterreicherInnen am Spanischen Bürgerkrieg enthält. Waren zu Beginn seiner Tätigkeit Dokumente über rund 50 ehemalige Spanienkämpfer in den allgemeinen Beständen des DÖW vorhanden, umfasst die Spanien-Dokumentation nunmehr Quellenmaterial über rund 1400 Österreiche­rInnen im Spanischen Bürgerkrieg. Diese Sammlung wurde von Hans Landauer, solange es seine Gesundheit erlaubte, selbst betreut. Aktiv tätig war er auch für die Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der Spanischen Republik 1933–1939, die er lange leitete, sowie für die KZ-Gemeinschaft Dachau.

Nicht zuletzt betätigte sich Hans Landauer oft und gern auf publizistischem Gebiet. Gemeinsam mit Erich Hackl veröffentlichte er etwa das Album Gurs. Ein Fundstück aus dem österreichischen Widerstand (2000) und das Lexikon der österreichischen Spanienkämpfer (2003, 2. erw. u. verb. Aufl. 2008), unverzichtbare Standardwerke über das Engagement von ÖsterreicherInnen im Spanischen Bürgerkrieg.

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