Von Conrad Schuhler (19.12.2011)
Die vier Überschussländer haben den Defizitländern Kredite über 630 Milliarden Euro Kredite gewährt, damit die die Waren aus den wettbewerbsstärkeren Ländern bezahlen konnten. Ohne einen Ausgleich in den Handelsbilanzen, ohne eine Erhöhung der Binnennachfrage in den Überschussländern, vor allem in Deutschland, und ohne eine Qualifizierung der Wirtschaftsstrukturen in den jetzigen Defizitländern eine Verbesserung ihrer produktiven Leistung, nicht einer Verschlechterung der Löhne und Sozialleistungen wird es keine Rettung des Euro geben.
Zweitens erleben wir beileibe keine Krise des Sozialstaats, dessen angeblich zu hohe Kosten nun ihren Tribut fordern würden. Die Staatsquoten der Anteil der Staatsausgaben am Bruttoinlandsprodukt sind in allen Euro-Staaten von 1980 bis 2008 gesunken, und erst im Jahr der Lehman- Pleite in die Höhe geschnellt, aber nicht, weil die Sozialausgaben gestiegen wären, sondern weil man die Banken retten musste. Nicht wir haben über unsere Verhältnisse gelebt, sondern der Masse der Bevölkerung wurden die Verhältnisse ständig verschlechtert, während die Reichen immer reicher wurden, ihre Steuerlast immer geringer, ebenso wie ihre Lust, in die Realwirtschaft zu investieren, weil die Profite dort begrenzter waren. Die Massennachfrage blieb zurück, weil die Masseneinkommen im Verhältnis zur Produktivität ständig zurückblieben. In den einzelnen Euro- Ländern sank die Lohnquote von 1990 bis 2010 um durchschnittlich 10 Prozentpunkte. Da mussten die Reichen ihr Geld doch in Finanzprodukte stecken. Das weltweite Problem des Kapitalismus und so auch der Eurozone ist die ungleiche Verteilung von Einkommen und Vermögen. Während die Bruttolohn- und -gehaltssumme sich in Deutschland seit 2000 kaum verändert hat, sind die Gewinne und Vermögenseinkommen real um über 40 % gestiegen. Von unten fehlt die Nachfrage, und oben hat man mehr Geld denn je.