KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Sarah Wagenknecht zum Problem Staatsverschuldung

(18.10.2011)

Auf dem Berliner Kongress "Kurs halten", zu dem die Linken in der Partei "Die Linke" eingeladen hatten, hielt Sarah Wagenknecht das Eingangsreferat. Die Abkoppelung der Staatsfinanzierung von den Kapitalmärkten war ein Thema in ihrer Rede.

UZ: Oskar Lafontaine hat auf dem Parteitag der Europäischen Linken im Dezember 2010 den Vorschlag von Eurobonds eingebracht, gekoppelt mit dem Ziel, die Finanzierung der Staaten vom Finanzmarkt zu lösen. Jetzt sprechen zwar alle von Eurobonds, aber keiner von der Abkoppelung von den Finanzmärkten.

Sahra Wagenknecht: Also das klassische Verständnis von Eurobonds ist ja eigentlich nur, dass der gesamteuropäische Steuerzahler für die Schulden jedes einzelnen Landes in Europa haftet, dass aber nach wie vor diese Schulden finanziert werden über die Banken, über die Finanzmärkte. Der Unterschied zum jetzigen System wäre dann lediglich, dass es diese gemeinschaftliche Haftung gibt und nicht nur jedes Land einzeln haftet. Faktisch haben wir das jetzt schon. Denn wenn sich der EFSF, der sogenannte Rettungsschirm, auf den Märkten finanziert, dann sind das faktisch Eurobonds, weil alle Länder dafür bürgen. Und wenn die Europäische Zentralbank Staatsanleihen aufkauft, dann ist das praktisch auch so etwas, dass die gesamte Gemeinschaft für die Staatsanleihen bürgt.

Wir als Partei sind allerdings nicht der Meinung, dass dies die Lösung sein kann. Weil es dann dabei bleibt, dass die Staatsverschuldung ein Bombengeschäft für Banken, Versicherungen und andere Finanzhaie ist. Und deshalb sagen wir, es kann nicht sein, dass einzelne Investmentbanker oder einzelne Rating-Agenturen über die Zinsen der Staaten entscheiden, um sich damit goldene Nasen zu verdienen. Wir wollen, dass die Staaten direkt oder über eine öffentliche Bank sich Geld von der EZB leihen können und zwar zu den Zinsen, die die EZB festlegt, zurzeit wären das aktuell 1,5 Prozent. Dies wäre erstens wesentlich billiger, zurzeit zahlen ja selbst solche Länder wie Deutschland etwa 3 Prozent auf den Märkten, und es wäre zweitens eine Unabhängigkeit. Man ist nicht mehr davon abhängig, ob die Rating-Agenturen und die Investmentbanker den Daumen heben oder senken.

UZ: Wie steht es um den Plan der Europäischen Linken, im nächsten Jahr, wenn in Europa das Europäische Volksbegehren möglich ist, die Frage der Staatsfinanzierung als gemeinsame Aktion aller Linksparteien in Europa zu einer internationalen Aktion der Solidarität zu machen.

Sahra Wagenknecht: Ich denke die Frage nach Abkopplung der Staatsfinanzen von den Kapitalmärkten und damit die Befreiung von der Diktatur der Finanzhaie, dies ist eine hochaktuelle Frage. Dies ist jetzt ja gerade in dem Kontext zu sehen, dass, wenn Griechenland einen Schuldenschnitt macht, es als nächste wohl Spanien und Italien treffen wird. Dann werden diese Länder sich nur noch zu extrem hohen Zinsen oder gar nicht mehr finanzieren können. Und um dieses System zu durchbrechen, braucht man diese Direktfinanzierung.

UZ: In Manhattan hat die Protestbewegung „Occupy Wall Street“ immer mehr Zulauf. In den europäischen Ländern formiert sich der Widerstand. Aber es ist kein gemeinsamer Widerstand. Es scheint der Bourgeoisie noch zu gelingen, die einzelnen Staaten und die Arbeiterklasse gegeneinander auszuspielen.

Sahra Wagenknecht: Ich glaube, entscheidend ist einfach, zu sehen, dass die Schulden der Staaten die Vermögen der reichen Leute sind und dass von den ganzen Rettungspaketen, die jetzt aufgelegt werden, nicht etwa der griechische Rentner oder der irische Arbeitslose profitiert, sondern es sind immer nur die Banken, die Zocker, die Finanzhaie, die am Ende davon profitieren. Und deswegen ist im Grunde auch klar, hier dürfen sich nicht die Länder, die Menschen gegeneinander ausspielen lassen, sondern sie müssen ganz klar sehen, wer sind hier die Profiteure und wer sitzt oben.

Das Gespräch für die „UZ“ führte Michael Maercks

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