KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Die neuen Frauen von Welt

Von Roman Gutsch (28.1.2008)

Für die neuen Dienstmädchen im Zeitalter der Globalisierung findet sich in der Fachliteratur mitunter die Bezeichnung global woman. Wird die Arbeits- und Lebenssituation dieser „globalen Frauen“ beschrieben, verfliegt der Flair, der mit diesem Begriff einhergeht, denn mit mondänen „Frauen von Welt“ haben sie nichts gemein, außer den Haushalt, in dem sie arbeiten, mitunter sogar wohnen (müssen) und der den anderen gehört.
Am „Weltmarkt“ der weiblichen Migration, die im Steigen begriffen ist und im Durchschnitt bereits die Wanderungsanteile von Männern erreicht hat, ist der Privathaushalt, gefolgt von Gastronomie und Prostitution, das größte Betätigungsfeld. Und die Nachfrage nach Haushaltsarbe­iterinnen flaut nicht ab, im Gegenteil. Der Grund hierfür ist einerseits erfreulich, andererseits mehr als ärgerlich.
Die höhere Bildungsbeteiligung von Frauen, die zweifellos ein Fortschritt ist, hat dazu geführt, dass heute mehr Frauen mit dem männlichen Karrieremodell konform gehen können. Viele stiegen zu „global workers“ auf, denen es unmöglich ist, den Haushalt selbst zu führen. Dieser erfreuliche Aspekt verursacht aber vor dem Hintergrund, dass das patriarchale Geschlechterregime unverändert blieb und sich das Wohlfahrtsregime gewandelt hat, eine neue Ungleichheit von Frauen.  
Die Partner jener Frauen, die weltweit zu der privilegierten Minorität gehören, die sich mit dem maskulinen Projekt der Globalisierung arrangieren konnten, fühlen sich natürlich nach wie vor nicht für die Führung des Haushaltes zuständig. Zeitstudien widerlegen das ganze Gerede von den neuen, partnerschaftlichen Männern empirisch.
Folglich müssen Frauen, die eine berufliche Gleichstellung mit ihren männlichen Kollegen erreicht haben, die Last der Hausarbeit an andere Frauen delegieren. In der Regel an (illegale) Migrantinnen, die aufgrund ihrer prekären Lage miserable Arbeitsbedingungen akzeptieren müssen. In Haushalten stehen Arbeitsrechte am Papier und Unterbezahlung und Schikanen auf der Tagesordnung. Selbst für in Haushalten legal Beschäftigte herrschen in Österreich Bedingungen, die sie laut AK „rechtlich schlechter stellen als alle sonstigen ArbeitnehmerInnen“ (Stichwort: Dienstleistun­gsscheck).
Das Problem der Vereinbarkeit von Beruf und Reproduktionsarbeit wird um so häufiger durch die Beschäftigung von billigen Haushaltshilfen gelöst, desto fortgeschrittener der Wandel vom Sozial- in Richtung nationaler Wettbewerbsstaat bereits vollzogen wurde. Der Staat nur als Wirtschaftsstandort gedacht und politisch durchgesetzt führt zu einer Zerstörung des öffentlichen Sektors. Die damit eingeläutete Reprivatisierung von sozialen Dienstleistungen betrifft Frauen ungleich mehr als Männer. Die Hausarbeit, die Pflege- und Erziehungsarbeit beinhaltet, wird wieder den einzelnen Frauen zugespielt. Der Sozialabbau verschärft also die beschriebene Mistress-Magd-Problematik und spaltet Frauen entlang ihrer Schichtzugehörig­keit und ethnischen Herkunft.
Die Antwort auf die Ausdifferenzierung der Frauen, die mit dem ökonomischen Erfolg von Frauen aus der oberen Mittelschicht zunimmt, kann jedenfalls nicht Selbstaufgabe lauten. Frauen sollen nicht auf ihre Karriere verzichten und/oder Entfaltungsmöglichke­iten ungenutzt lassen. Mögen reaktionäre Kreise noch so die Selbstaufopferung von Frauen loben, d.h. fordern, und gleichzeitig die steuerliche Förderung von Haushaltshilfen umgesetzt wissen.
Eine Debatte, die nur um die besseren staatlichen Fördermaßnahmen kreist, Pro und Kontra der Angebots- bzw. Nachfrageförderung diskutiert, greift jedenfalls zu kurz. Eine ÖVP, die jetzt Haushaltshilfen steuerlich absetzbar machen möchte, pflegt diesen reduzierten Diskurs. Ihre Sache ist es nicht, die transnationalen Dienstleistungen der „neuen Dienstmädchen“ in den Kontext von Migrations-, Wohlfahrts- und vor allem Geschlechterregime zu stellen. Aber genau das ist notwendig, um entsprechend radikale und komplexe Antworten finden zu können, um die Lebenssituation sowohl der „Mägde“ als auch der „Hausherrinnen“ einschließlich jenen Frauen verbessern zu können, die weder fremde Haushalte putzen müssen, noch den eigenen putzen lassen können.
Eine massive Arbeitszeitver­kürzung ohne Lohnverlust könnte dazu führen, dass Männer und Frauen Erwerbs- und reproduktive Eigenarbeit unter veränderten Rahmenbedingungen gerechter verteilen könnten. Ohne dem Brechen der patriarchale Dominanzkultur wird es aber nicht zu einer Neuverteilung der Hausarbeit kommen, selbst dann nicht, wenn der Trend zur Reprivatisierung der Versorgungsarbeit und Pflege gestoppt werden könnte. Auf der anderen Seite müssen Bedingungen geschaffen werden, die Haushaltshilfen in ein abgesichertes Beschäftigungsver­hältnis bringen. Dabei geht aber nicht bloß um steuerliche Förderungen, um Schwarzbeschäfti­gung nicht soviel lukrativer erscheinen zu lassen als angemeldete Dienstverhältnisse, sondern u.a. um die Abschaffung von Illegalität als Straftatbestand, der Bekämpfung des strukturellen Rassismus, der die österreichische Migrationspolitik bestimmt.

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