Von Leo Furtlehner (29.5.2008)
Rudolf Hundstorfer fühlt sich wirklich betroffen und kann sich das nicht unkommentiert gefallen lassen. Die Rede ist von einer Mailaktion an ihn und seinen sozialpartnerschaftlichen Geistesbruder Leitl, in welcher massive Kritik am Sozialpartnerkonzept für eine Gesundheitsreform geübt wird. Konkret werden bei dieser Aktion der Angriff auf die ArbeitnehmerInnen, Enteignung und ein demokratiepolitischem Skandal kritisiert. Übrigens wurde diese Aktion von der FSG der oö Gebietskrankenkasse, also den Fraktions- und ParteikollegInnen des ÖGB-Präsidenten organisiert
Hundstorfer beklagt, dass die Kassen mehr ausgeben als sie einnehmen und daher gehandelt werden müsse. Aber warum vergisst er darauf hinzuweisen, dass es vor allem von der Regierung von 2001 bis 2006 den Kassen aufgezwungene Leistungen sind, die für diese Defizite verantwortlich sind?
Seine Parteifreundin, die oö SPÖ-Gesundheitslandesrätin Stöger rechnet ihm vor: 566 Millionen für volle Abgeltung der versicherungsfremden Leistung Wochengeld, 358 Millionen Ausgleich für Unterdeckung der Krankenversicherung für Arbeitslose, 388 Millionen Spitalsfinanzierung laut Rechnungshofvorschlag und 322 Millionen für volle Abgeltung des Mehrwertsteueraufwandes durch den Bund, im Schnitt 272 Millionen pro Jahr.
Oder warum vergisst der Präsident darauf hinzuweisen, dass die Unternehmen mit 934 Millionen Euro (Stand Ende 2006) Beiträgen im Rückstand sind, darunter fast die Hälfte Dienstnehmerbeiträge die den Beschäftigten im Wege der Lohnverrechnung abgezogen wurden? Bei konsequenter Eintreibung wäre das hochbeschworene Defizit der Kassen schlagartig weg.
Hundstorfer schreibt über die Kompetenzen der Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertretungen im Hauptverband. Warum spricht er nicht über die Versicherten, die im System der Selbstverwaltung eigentlich das Sagen haben müssten? Dass letztlich nämlich die Versicherten alle Beiträge erarbeiten auch den sogenannten Dienstgeberanteil geht bei dieser Debatte überhaupt unter. So gesehen ist die von Hundstorfer voll akzeptierte Parität in den Gremien überhaupt eine Zumutung.
Da die Gesundheitsausgaben mit rund zehn Prozent des BIP seit 1999 nicht gestiegen sind, muss das Problem wohl woanders liegen. Nämlich darin, dass zwar die Produktivität steigt und steigt, die Realeinkommen aber seit Mitte der 90er Jahre stagnieren und damit auch das Beitragsvolumen für die Sozialversicherung. Von einer offensiven Lohnpolitik will aber der ÖGB-Präsident nichts hören und auch nicht von einer Wertschöpfungsabgabe um dieser Rationalisierung Rechnung zu tragen.