KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Irrational ist was anderes

Mirko Messner im Interview (am VolksstimmeFest 2008 in Wien)

Von Mirko Messner (3.3.2009)

Zum Wahlausgang in Kärnten.

„Irrational“ sei das Ergebnis der Kärntner Landtwagwahlen gewesen, meint der SPÖ-Kandidat Reinhart Rohr, und beruft sich dabei auf dieselben „Meinungsforscher“, die einen Tag zuvor der Kärntner SPÖ ein „Kopf-an-Kopf-Rennen“ mit dem BZÖ attestiert hatten. Vielleicht, wenn Irrationalität als Ausdruck eines durch und durch rationalen Systems verstanden wird, mit dem wir es auch in Kärnten zu tun haben.

Unter den vielen „hausgemachten“ und allgemeinen Faktoren, die das Kärntner Wahlresultat bewirkt haben, scheinen mir folgende die wichtigsten zu sein:

Erstens, das BZÖ hat im Kärntner Landtag keine linke Opposition, sondern lediglich Konkurrenten. Die Grünen und die SPÖ hatten im Parlament gemeinsam mit den anderen Parteien für das 100-Milliarden-Bankenpaket gestimmt. Da muss dann das Lamento über die Verschwendungssucht des BZÖ, das seine Politik und die Landesgaben an ausgewählte Teile der Bevölkerung aus der Verscherbelung öffentlichen Eigentums finanziert, vielen Menschen berechtigterweise recht seltsam vorgekommen sein.

Zweitens, da halten sich viele Menschen ganz rational lieber an das im Land fest verankerte Netz gegenseitiger sozialer Abhängigkeiten, das die Haider-Partei im Lauf der Jahre – und abgeschaut von der nunmehr verbleichenden Landes-SPÖ – geknüpft hat, und das besonders in der Ahnung zunehmender Krise.

Drittens, das BZÖ hat auch in punkto „Bauchpolitik“ und Nationalismus keine grundsätzliche Opposition im Landtag; die grüne Partei kommt in punkto Nationalismus nicht über die Feststellung hinaus, sie wäre im Gegensatz zum BZÖ für eine „Konsenslösung“ (mit dem Heimatdienst), und die Kärntner Sozialdemokraten sind diesbezüglich nicht um einen Beistrich besser als das BZÖ; die „Verfassungskri­minalität“ (© Peter Weibel) der Landespolitiker wird zum Bestandteil öffentlichen Geistesgutes.

Viertens, der rechte kulturelle Hegemonieanspruch fährt in die nationalistisch aufbereitete Kärntner Landschaft ein wie in vorgewärmte Butter. Die Landeskulturab­teilung, BZÖ-dominiert, hat 200 Angestellte. Das Netz der „Volks-“ und Eventkultur ist effizient organisiert und produziert ideologisch genau das, was von seinen historischen Erfindern und aktuellen Erben erwartet wird. Ein prinzipieller Widerstand von anderen Landtagsparteien ist nicht existent.

Und fünftens wird das Hausgemachte durch den allgemeinen europäischen Trend verstärkt; so widersprüchlich er ist, scheint ein Grundmuster vorzuliegen: Der Wegfall der Systemkonkurrenz hat, wie vielerseits bekannt, der klassischen Sozialdemokratie des Fordismus den Boden unter den Füßen weggezogen; oder anders gesagt: Ihre sozialen Präventionsdienste, die sie auf den Schultern ihres bösen Bruders – des Kommunismus – erledigt hat, sind von keiner besonderen Bedeutung mehr. Die österreichische Sozialdemokratie samt ihrer Kärntner Rechtsaußen-Landesorganisation hat zwar ihren historischen Platz schon längst verlassen, aber ihren neuen nicht gefunden. Sucht sie ihn weiterhin rechts, wird sie ihn auch nicht finden. Insofern ist das Kärntner Wahlergebnis ein Preview darauf, was passieren wird, wenn Österreich auf Kärnten kommen wird. Denn ersteres trägt das zweite in sich, und die politische Szene in Kärnten als vertrottelt zu bezeichnen, ist vielleicht erleichternd, aber versperrt den Blick auf das Allgemeine, das hier im Einzelnen am Kärntner Wahlsonntag präsentiert wurde.

Was die KPÖ betrifft, so hat sie in Kärnten zwei unterschiedliche Ergebnisse zu verzeichnen: einerseits waren die Gemeinderatswah­lergebnisse in Klagenfurt, Villach und St. Veit, wo der Landes-Spitzenkandidat Christian Knees mit einer Namensliste angetreten ist, unter dem geblieben, was erhofft wurde. Was allerdings, so die einhellige Einschätzung des stark verjüngten und im Zuge der Wahlvorbereitungen merkbar größer gewordenen Klagenfurter Parteiaktivs, auch nicht verwunderlich ist, schließlich sei die KPÖ in der Landeshauptstadt und Villach in den vergangenen Jahren nicht in der Lage gewesen, in der Öffentlichkeit kommunalpolitisch praktisch präsent zu werden; so war es dann auch nicht möglich, den Erfolg von 2003 (Vervierfachung in Klagenfurt) zu halten. Anders sieht es mit dem Landtagswahler­gebnis aus: wenn die Briefstimmen ausgezählt sein werden, wird die KPÖ annähernd beim selben Resultat landen wie das letzte Mal, das heißt, sie hat ihre Stimmen – knappe 2.000 im Land – gehalten. Und das wird von der Kärntner KPÖ angesichts des Sogs nach rechts berechtigterweise als Erfolg gewertet. Jedenfalls sind die Kärntner KPÖ-AktivistInnen bei aller Nachdenklichkeit über den verstärkten Rechtstrend im Land guter Dinge, was die eigenen Pläne und Aussichten zur Stärkung der KPÖ-Präsenz im Land betrifft. Und dies trotz der Tatsache, dass null Geld da ist (10.000 € umfasste das gesamte Wahlbudget der Kärntner KPÖ, und das waren dann auch schon ihre Ersparnisse) und der Zugang zu Medien äußerst beschränkt ist.

Die wahlpolitische Frage, die sich nicht nur der KPÖ, sondern darüber hinaus allen linken – sprich systemkritischen, antikapitalis­tischen Kräften in Österreich – auch angesichts des Kärntner Ergebnisses stellt, ist damit allein freilich noch nicht beantwortet: es ist die Frage nach der Erringung gesellschaftlich wirksamer, über das Regionale hinausgehende Handlungsfähigkeit, die auch die unerträglichen, die bestehenden Verhältnisse zementierenden parlamentarischen Kräfteverhältnisse ändert. Dass immer mehr Menschen darauf ene Antwort suchen, ist ermutigend.

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