„Jugend, das stand einmal für Aufbegehren. Die 20– bis 40-jährigen von heute nehmen kommentarlos hin, dass ihnen der Staat mit Schulden und einem unfinanzierbaren Pensionssystem die Zukunft verbaut.“ So hebt der Leitartikler Christian Ultsch in der Sonntags-„Presse“ zu einer Generalabrechnung mit einer Generation an, die man eigentlich zwischen dem 13. und 21. Lebensjahr vermuten würde. Kein Idealismus, keine Aufsässigkeit, kein Aufbegehren. Menschen, die resigniert haben, bevor sie überhaupt ans Kämpfen gedacht haben, die kein „Wir“ kennen, sondern nur das „Ich“, die sich kaum organisieren, und sich, wenns hoch kommt, über Rechtsextreme empören.
Um keinen Zweifel an seiner Verachtung aufkommen zu lassen, nennt er sie die „Generation Teschek“ (im Wiener Dialekt bezeichnet der Begriff einen, der immer ausgenützt wird). Anlass zu dieser harschen Abkanzelung ist das Ausbleiben der Revolte der Tescheks gegen das Rentnerparadies in Österreich, speziell die Hacklerregelung, die er als kostspieligen Unsinn bezeichnet. Die Hoffnung auf Verhaltensänderung hat er aufgegeben und sieht die hilf- und wehrlose Generation demografisch überrollt und von der Gerontokratie (Herrschaft der Alten) zur Kasse gebeten.
„Die Jugend schweigt, sie muckt nicht auf, wenn die Lobby der Alten in der größten Wirtschaftskrise seit 1945 auf eine 2%ige Pensionserhöhung pocht.“ Es bewahrheitet sich da offensichtlich der Spruch: „Wer den Schaden hat, braucht für den Spott nicht zu sorgen.“
Meiner Meinung müßte das bürgerliche Leitblatt das Ergebnis jahrzehntelanger neoliberaler „Individualisierung“ und kritikloser Anpassung an das kapitalistische System doch begrüßen. Zufrieden sein, dass zunehmende Prekarisierung, steigender Leistungsdruck, Unplanbarkeit von Lebensabschnitten und steigende Verarmung den Menschen kaum Luft lässt, über die Existenzsicherung hinaus gesellschaftlich aktiv zu werden. Noch dazu bei einer Problemlage, bei der sich weder Wirtschaft noch Politik eine verlässliche Aussage über die nächsten Jahre zutrauen.
Özlem Onaran, 38, Dozentin am Institut für Arbeitsmarktheorie an der WU in Wien, und nach dem Verständnis von Ultsch Teil der Teschek-Generation, sieht im Sonntag „Standard“ wiederum keine Anzeichen, dass die Eliten weltweit aus dem Crash gelernt hätten. „Ich sehe keine Signale, dass der Wandel erfolgt. Die Lobbys im Hintergrund verteidigen ihre engen Interessen und verhindern den Umstieg auf ein nachhaltiges Wirtschaftssystem. Das wird zu massivem Druck der Bevölkerung auf die Regierenden führen. Die Rezession wird noch lange andauern. Millionen werden auf die Straße gehen. Soziale Unruhen sind die logische Folge.“
Es werden die Tescheks über kurz oder lang zu der von Herrn Ultsch vermissten Widerstandsfähigkeit kommen.
In den nächsten Jahren, wenn die Staatsverschuldungen abgebaut werden sollen, werden sich genug Möglichkeiten ergeben, Herrn Ultsch von der Widerstandskraft dieser Generation zu überzeugen.
(Vorzugsweise, wenn sie sich nicht in die Falle des Generationen- oder Ethnienkonflikts locken lässt).