KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Robin Hood lässt grüßen

Von Wolf-Goetz Jurjans (3.2.2009)

Sie füllen die Einkaufswagen mit Lebensmittel, zu den Feiertagen auch mit teuren Produkten wie Champagner und Gänseleber, konsumieren die Waren manchmal vor Ort, meistens schieben sie die prall gefüllten Wagen an den Kassen vorbei, ohne zu zahlen und verteilen die Produkte vor der Tür an die Bedürftigen. Damit sind sie der Albtraum der Geschäftsführer der französischen Supermarktketten “Carrefour” und “Monoprix” geworden, die es bisher nicht wagten, Wachpersonal oder die Polizei gegen die Aktivisten einzusetzen, weil Geschäftsunter­brechungen und zu erwartender Imageschaden zu noch größeren Verlusten führen würde. Kunden äußern oft Sympathie, in einem Fall sollen sogar Kassierinnen applaudiert haben. “Die traditionellen Protestaktionen bringen nichts mehr. Wir müssen zu sozialer Selbsthilfe greifen”, meinen die meist jungen Jobsucher oder Mitglieder von Arbeitslosenko­mitees. Sie nennen sich “Selbstverbilli­ger”. “Robin Hooods der Supermärkte” bezeichnet sie die Presse. Damit hat ein emanzipatorisches Aneignungskonzept Frankreich erreicht, das von Griechenland seinen Ausgang nahm. Nach Angaben der Polizei waren es dort vorwiegend Frauen, die die Kassaabsprerrungen übersprangen und die Lebensmittel zur Verteilung brachten.


Während diese Aktionsformen das “Ende der Bescheidenheit” zum Ziel haben, (verständlich in einer Zeit, in der keiner weiß, ob jetzt 1100 Milliarden Dollar im schwarzen Loch der Finanzkrise verschwinden oder doch 2200 Milliarden, wie es der IWF annimmt), gehen die Rebellen der Mülltonne einen anderen Weg. Eine Gruppe von Menschen macht sich jede Nacht im Großraum Wien auf die Suche nach jenen Lebensmitteln, die von anderen weggeworfen wurden. Konkret, von Supermärkten entsorgt. „Freeganismus“ lautet der Name für diese Art der Nahrungsbeschaf­fung. Freeganer versuchen, ohne zwangsläufig einhergehende, eigene materielle Not möglichst weitgehend kostenlos zu leben. Z.B.Felix Hnat . Er ist ist ein so genannter Freeganer, der konsequent das betreibt, was man Containing nennt. Biotomaten mit leichten Dellen, originalverpacktes Joghurt mit einem Schnitt am Becherdeckel, Milch am Rande des Ablaufdatums: Felix lebt von den weggeworfenen Lebensmitteln nicht bloß mehr schlecht als recht, sondern ziemlich gut. „Der Kapitalismus ist durch den bestehenden Profitzwang ein Grund für diese Überproduktion. Ein anderer ist der fehlende Respekt vor Menschenrechten. Ich möchte dieses System nicht aktiv unterstützen und deswegen handle ich für mich persönlich nach bestem Wissen und Gewissen.“


Wenig beeindruckt von diesen Randbereichen alternativer Lebensmittelver­sorgung ist wohl Alain Caparros – der Chef der Einzelhandelskette “Rewe”. Alain Caparros, hat angekündigt, allein in Deutschland 750 neue Filialen zu eröffnen und 25.000 neue Arbeitsplätze zu schaffen. “Europaweit werden wir 2.100 Filialen neu eröffnen, das sind fast 82.000 neue Mitarbeiter”. Hart ist die Kritik von Caparros an anderen Unternehmen der Lebensmittelbran­che. “Der klassische Lebensmittelhandel wird geradeaus laufen”, sagt er, und: “Ich finde es bemerkenswert, wie viele Untergangspropheten es gibt, die jetzt noch Öl ins Feuer gießen und sich dann wundern, wenn die Krise noch länger dauert”.


Mit diesem Optimismus können die Sozialhilfeem­pfänger und die stark steigende Zahl derer, die trotz Arbeit nicht mehr zu Rande kommen, wenig anfangen. Ihnen bleiben die SOMA Märkte, die fast vollständig vom guten Willen der Handelsriesen abhängig sind.

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