KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Systemrelevant

Von Wolf Jurjans (19.12.2009)

“Man müsste seine Urne ins Gefängnis sperren” - der Zorn des Kärntner Schriftstellers und Büchner-Preisträgers Josef Winkler kann wohl noch nicht als Ausdruck von Volkszorn bezeichnet werden.

Dafür ist die Verehrung für den vor 14 Monaten betrunken in den Tod gerasten Jörg Haider noch immer zu groß. Doch allmählich beginnen immer mehr KärntnerInnen nachdenklich zu werden angesichts des schweren Erbes, das der tote Landeshauptmann hinterlassen hat.

Weit über Kärnten hinaus erregt dieser Tage das Debakel der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) Aufmerksamkeit. Keiner will eigentlich mehr gutes Geld in dieses Fass ohne Boden werfen, doch die HGAA ist systemrelevan­t (NZ).

Wie das Amen im Gebet taucht dieses verklärende Zauberwort seit dem Zusammenbruch der Hypo Real Estate auf, um uns zu erklären, dass wir wieder widerstandslos die Folgen einer nicht von uns verursachten Schweinerei zu tragen und zu akzeptieren haben.

Das Zauberwort hat Karriere gemacht und ist mittlerweile zum Totschlagargument geworden.

Es gab Zeiten, da war nur der Hauptwiderspruch zwischen Kapital und Arbeit systemrelevant. Inzwischen wirft das Establishment derart mit 68er-Worten wie systemrelevant oder systemtragend um sich, dass selbst alten Systemüberwindern ganz schwindlig wird. Arcandor, Infineon, Porsche, Opel, HGAA: Das Kapital, das gestern noch so groß und stark war, beschwört heute kleinlaut bettelnd seine „systemische“ Relevanz und niemand will dahinter zurückbleiben.

„Wäre das Klima eine kapitalistische Großbank, hätten die reichen Staaten es längst gerettet!“ meint Venezuelas Präsident Hugo Chávez. Ist Hunger von einer Milliarden Menschen und weiteren zwei Milliarden, die an Mangelernährung leiden, nicht systemrelevant? (Und dies vor dem Hintergrund von Rekordernten: Volle Äcker, hungernde Menschen davor).

Für die Ökonomen sind Unternehmen und Wertschöpfungsket­ten ab einer gewissen Größe zu relevant, um untergehen zu dürfen („too big to fail“).

Jean Ziegler verglich die Strategie des Neoliberalismus mit der des Krebses. Er zerstört zuerst die solidarischen Immunsysteme der Gesellschaften, um sich dann ihrer zu bemächtigen.

Als systemrelevant und unzerstörbar werden uns mittlerweile die Krebsherde dargestellt, die nicht mehr operativ entfernt werden können, weil sie angeblich zu groß sind.

Dieser Trick funktioniert, solange das System alternativlos bleibt.

Wenn wir weltweit den Ausweg nicht finden, wird uns wohl nur der hilflose Kärntner Fluch nach Urnengefängnissen bleiben, für die, die als systemrelevante Verantwortliche diese Welt, profittrunken und mit rasender Geschwindigkeit, zu Schrott fahren.

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