Von Hans Gmundner (26.5.2010)
Im Moment haben Sparappelle Hochkonjunktur. Allem Anschein nach, sollen weitgehend jene Gruppen der Bevölkerung in den sauren Apfel beißen, die nicht die geringste Schuld an der herrschenden Finanz- und Schuldenmisere tragen. Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) hat unter dem Slogan Österreich darf nicht Griechenland werden! ein so genanntes Aktionspaket vorgelegt, das sich angeblich gegen Steuer- und Sozialbetrug richtet, in erste Linie aber von entschlossenen Maßnahmen gegen die tatsächlichen Verursacher der Krise ablenkt.
Das Pröll-Paket enthält folgende vier Punkte: Steuerhinterziehung bekämpfen, Steuerflucht stoppen, Schattenwirtschaft austrocknen und Sozialmissbrauch verhindern. Das Finanzministerium will damit zwar mehrere hundert Millionen Euro zusätzliche Einnahmen an Land ziehen. An der Forderung nach der Tobin-Steuer (zur Eindämmung der internationalen Finanztransaktionen, die zur Bildung der Finanzblase wesentlich beigetragen haben) und nach einer effektiven Besteuerung der großen Vermögen und der Großkonzerne schrammt Pröll wieder einmal vorbei.
Was der ÖVP-Chef aus der Schublade zieht sind alte Hüte, die schon lange der Umsetzung harren. Unabhängig von der aktuellen Misere des Kapitalismus war es schon immer eine allerdings nicht erfüllte Aufgabe des Finanzministeriums, generell für Steuergerechtigkeit zu sorgen. Wenn Pröll nun einige hundert Millionen Euro aufklauben will, die auf der Straße lagen und liegen, sollte er sich ein Beispiel an der Landtagsfraktion der KPÖ-Steiermark nehmen.
Klubobfrau Claudia Klingt-Weithaler hat vorgeschlagen, dass sämtliche steirischen LandtagsmandatarInnen und Mitglieder der Landesregierung angesichts der prekären Budgetlage eine Kürzung ihrer Bezüge um 30 Prozent hinnehmen. Der KPÖ-Antrag wurde von den anderen drei Fraktionen im Landtag (SPÖ, ÖVP und Grüne) glatt abgelehnt. Für die grüne Mark hätte der Vorschlag schlagartig einen zusätzlichen Spielraum von zehn Millionen Euro pro Jahr gebracht.
Wenn die Regierungsparteien nicht gewillt sind, bei sich selbst zu sparen, kann man sich vorstellen, wie sehr sie darauf bedacht sind, dass ihre Klientel ebenfalls ungeschoren davon kommt. Pröll wird nicht zu Unrecht als Mann von Raiffeisen in der Regierung betrachtet. Und der grüne Riese hat als führende Kraft in der Finanz-, Medien- und Lebensmittelindustrie unseres Landes das größte Interesse, dass Tobin- und Reichsteuer weiter als Blödheiten von Weltverbesserern abgetan werden und nicht auf die Agenda von Regierung und EU kommen.
Allerdings wird der Boden immer heißer. Nicht ausgeschlossen, dass den arbeitenden Menschen angesichts der europaweiten Kampagnen zum Sparen auf ihre Kosten, statt die Reichen zur Kasse zu bitten, langsam aber sicher der Geduldsfaden reisst.