Von Walter Baier (23.11.2010)
Selbst Laien, wie die meisten Journalisten es sind, beginnen einzusehen, dass das nicht mehr lange gut gehen wird. Und die Konservativen, die noch vor wenigen Wochen tönten, die große Krise sei vorbei, ergreift das nackte Entsetzen angesichts der Todesspirale, in die der Euro einschwenkt. Da könnte doch Schadenfreude aufkommen? Jahrzehntelang haben Regierungen und EU das Biest, Finanzmarkt gemästet, und jetzt werden sie von ihm aufgefressen. Die Vorstellung allerdings, ein Ausweg läge in der Re-nationalisierung der Politik ist angesichts der Wucht, mit der die Märkte die Wirtschaften auch großer Nationen angreifen, eine Illusion. Man soll sich nicht täuschen: Hinter dem Euro liegt nicht das gelobte Land harmonischer währungspolitischer Vielfalt, sondern die Dominanz eines D-Mark-Blocks (unter Einschluss Österreichs). Der große Krach würde so nicht zur Stunde der Linken, sondern der extremen Rechte.
Not macht bekanntlich erfinderisch, was immer einen Schuss Realismus einschließt. Mit den europaweiten Protesten der vergangenen Monate konfrontiert und an den objektiven Grenzen der Finanzierbarkeit angelangt, macht sich sogar die deutsche Regierung für europäische Regeln stark, die eine geordnete Entschuldung von zahlungsunfähigen Staaten ermöglichen sollen. Mit anderen Worten: Nicht allein die europäischen Steuerzahler, sondern auch die Gläubiger, das heißt, Banken, institutionelle und private Anleger, die an der Ausplünderung ganzer Volkswirtschaften profitieren, sollten an den Aufräumarbeiten beteiligt werden. (Störend ist hier nur das Wörtchen auch, geht es doch ausschließlich darum, dass die Profiteure der Krise endlich für die von ihnen verursachen Schäden haftbar gemacht werden.)
Bestätigt aber wird, was kritische ÖkonomInnen schon zu Jahresbeginn argumentiert haben: Die Aufrechterhaltung der Illusion, die Schulden würden irgendwann zurückgezahlt, diente lediglich dem weiteren Abschöpfen von, um „Risikoaufschläge“ erhöhten Zinssätzen. Von wegen Risiko! Sie stellte nichts weiter als die Fortsetzung der Ausplünderung dar. Diese Spirale muss durchbrochen werden.
Notwendig ist:
Die aktuellen Debatten zeigen, dass die europaweiten Rebellionen gegen die Austeritätspolitik der Regierungen und der EU erste Wirkung zeigen. Zu wenig allerdings! Der Druck muss europaweit verstärkt werden, um der Politik der Herrschenden eine Wendung zu geben.