Von Lutz Holzinger (29.4.2010)
Der herkömmlichen Politik wachsen die Probleme über den Kopf. Die Unfähigkeit, Computersimulationen in Zusammenhang mit dem Vulkanausbruch auf Island richtig zu interpretieren, wird vom Umgang mit der europäischen Schuldenkrise in den Schatten gestellt. Im Vergleich zur aufbrechenden Euro-Desaster waren die ungeprüft verhängten Flugverbote ein wie man in Wien sagt Lärcherlschaaß.
Die konservativen und sozialdemokratischen EU-Politiker ernten in der Währungs- und Finanzpolitik, was sie sich selbst bzw. ihre Vorgänger eingebrockt haben. Zunächst haben sie die Lehre aus dem Börsencrash von 1929 über Bord geworfen, wonach die Finanzmärkte unter Kuratel gestellt werden müssen, um Schaden von der Realwirtschaft abzuwenden.
Als das so weit war, wurde dem Liberalisierungswahnsinn und dem Privatisierungsterror Tür und Tor geöffnet. Und schließlich hat man eine gemeinsame Währung gezimmert, ohne sie mit einer einheitlichen Steuer- und Sozialpolitik zu untermauern. Mit der Preisgabe sämtliche politischer Steuerungselemente auf wirtschaftlichen Gebiet bekamen die großen Konzerne frei Hand, in bisher nicht gekannten Ausmaß die Lohne hinunter und die Gewinne hinauf zu drücken.
Das Ergebnis ist eine frei herumziehende, äußerst potente und von Überakkumulation gespeiste Finanzkarawane, die an keine geografischen Orte mehr gebunden ist und ausschließlich den Maximalprofit zum Ziel hat. Ihr Stellenwert ist mittlerweile so groß und ihre Instrumente (wie die Ratingagenturen) so geschärft, dass sie mit Leichtigkeit die Finanzierungsgrundlagen eines ganzen Währungsblocks in Frage stellen können.
Lenin hat in der Imperialismusschrift von faulendem Kapitalismus gesprochen. In Europa wird derzeit eine Wirklichkeit vorgeführt, die diesem Begriff geradezu ideal entspricht. Derzeit fehlt ein Zauberer, der den Lehrlingen aus der Patsche hilft. Auf zu neuen Ufern!