KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Die verschobene Weltrevolution

Von Josef Iraschko (17.10.2011)

15. Oktober 2011, Tag der Weltrevolution! Fast könnte/wollte man meinen, dass die weltweite Mobilisierung via facebook und ähnlichem der Beginn einer neuen Protestära ist. Und es wäre nur zu gut und längst notwendig, wenn das der Beginn einer neuen Protestkultur werden könnte. Und natürlich ist es zu begrüßen, dass selbst in Wien und in anderen Städten Österreichs wieder einmal hauptsächlich junge Menschen auf die Straße gingen, um gegen das Finanzkapital und für eine bessere Zukunft zu demonstrieren. Allerdings habe ich mir als gelernter Linker ein gewisses Quantum an Skepsis beibehalten: So schauen herbeigewünschte Revolutionen, wie manche meinten, sicherlich nicht aus.

99 Prozent – so die Ansage – wollen dieses System nicht. Diese übergroße Mehrheit hat sich zwar nicht, oder nur zu einem sehr sehr kleinen Teil an den Protesten beteiligt, aber ich hoffe eben auch, dass das erst der Anfang einer wachsenden weltweiten Bewegung ist. Weltweit oder zumindest europaweit wird sie schon sein müssen. Vielleicht gelingt es auch über eine erste Stufe der Verweigerung zu einer tatsächlichen Systemveränderung zu kommen.

Was mich ein wenig nachdenklich stimmt, ist die leicht wohlwollende und relativ ausführliche Berichterstattung in den österreichischen Medien, denen man ja wirklich keine fortschrittliche Tendenz unterstellen kann. Das verführt leicht zu der Annahme, dass sich da vielleicht auch unter den Wirtschafts-, Medien- und Politeliten einiges an Umdenken breit macht. Ich glabue das zwar nicht, aber es kann durchaus einige geben, die sich langsam Gedanken über das eigene Überleben machen, wenn da fünf bis zehn Prozent „Gstopfte“ derart offen und rücksichtlos gegen die übrigen 90 Prozent vorgehen.

Andererseits denke ich, dass die herrschende Klasse mit der Grundhaltung der Proteste: „Wir sind keine Systemfeinde – das System ist uns gegenüber feindlich“ durchaus kein Problem hat. Das ist nicht die Haltung von uns KommunistInnen, weil aus der gesamten Geschichte des bisherigen Kapitalismus deutlich hervorgeht, dass es gerade dieses System ist, in dem bei nicht genügendem Widerstand immer wieder seine immanenten Zerstörungsten­denzen zum Durchbruch kommen und dann Millionen von Menschen an und in den Abgrund geführt werden.

Eines scheinen diese parasitären Eliten jedoch gelernt zu haben: Lassen wir die aus unseren Handlungsweisen sich zwangsläufig bildenden Proteste totlaufen, und versuchen wir nicht (noch nicht) sie mit brutaler Gewalt zu bekämpfen, weil das immer die Gefahr der größeren Solidarisierung mit sich trägt. Für den Ernstfall stehen die Instrumentarien bereit, trotz angeblich großer wirtschaftlicher Probleme werden nach wie vor die Gewaltapparate, Polizei und Militär, materiell aufgerüstet, meist unkommentiert von den willigen Medien und daher unbeobachtet von den betroffenen Bevölkerungen. Auch die gesetzlichen Rahmenwerke existieren längst um selbst nur geistig sich artikulierenden Widerstand zu diskriminieren. Hier würde es tatsächlich der 90 Prozent – allerdings bereits in Widerstandshan­dlungen herangereiften und geschulten – Menschen bedürfen, um dem Slogan „Eine andere Welt ist möglich“ zum Durchbruch zu verhelfen. Gerade diese Perspektive setzt die Frage nach Überwindung dieses menschen- und naturfeindlichen kapitalistischen Systems auf die historische Tagesordnung und sie wird wohl oder übel nicht um die Lösung der Fragen nach einer neuen Definition von Arbeit, Freiheit, Wettbewerb, Nachhaltigkeit und Demokratie in Richtung Solidarität und Würde der Menschen bei intakter Natur nicht herum kommen.

Meine Lehre aus dem 15. Oktober 2011 ist daher optimistischer Natur: Aufgeschoben ist nicht aufgehoben, aber wir werden einen langen Atem brauchen.

Aktuelles:


KPÖ Oberösterreich: Jetzt Unterstützungserklärung unterschreiben!
(14.7.2021)

...mehr


Die Europäische Linke fordert einmal mehr das Ende der Blockade gegen Kuba
(13.7.2021)

...mehr


Die neue Juli Volksstimme 2021 ist da!
(13.7.2021)

...mehr


KPÖ Graz: Unsere Kandidatinnen und Kandidaten für Graz
(10.7.2021)

...mehr


38. Parteitag der KPÖ: In der ältesten Partei Österreichs übernehmen Junge das Ruder
(21.6.2021)

...mehr

Volksstimme - Politik & Kultur - Zwischenrufe links