Spielball der Finanzdompteure

Von Lutz Holzinger (22.11.2011)

Ratingagenturen wurden im Geschäftsleben als Dienstleistung für Gläubiger zur Einschätzung von Schuldnern erfunden. Von der Bewertung von Firmen und Dienstleistungen haben diese Unternehmen ihre Tätigkeit auf Staaten ausgedehnt. In Zeiten der Finanzkrise haben sie Hochkonjunktur: In den Regierungszentralen herrscht Furcht und Schrecken, wenn sei ein Urteil ankündigen oder zur Recherche ins Land kommen.

Laut „Kurier“ vom 22. November 2011, hat sich Moody´s, wie eine dieser Patentfirmen heißt, dazu hinreißen lassen, der österreichischen Regierung gute Ratschläge zu geben. So wurde die so genannte Schuldenbremse gelobt und die Oppositionsparteien mit der Erwartung konfrontiert, dass sie dem Vehikel zu einer absoluten Mehrheit verhelfen. Dass diese Einmischung vehement zurückgewiesen wurde, ändert nichts an der Tatsache, dass die SPÖ/ÖVP-Koalition den Vorschlag bereits in vorauseilendem Gehorsam gegenüber einer bevorstehenden Bewertung gemacht hat.

Weit hat es Österreich gebracht! – Grundlegende politische und wirtschaftliche Entscheidungen für das Land werden nicht mehr im Nationalrat, sondern abgesehen von den Gremien der Europäischen Union (Kommission, Rat und/oder Parlament) nun schon von Finanzdienstle­istern gefällt. Genau jenen übrigens, die den europäischen Banken vor der Subprimekrise völlig wertlose Pakete aus offenen Immobilienkrediten ans Herz gelegt und damit reihenweise in den Konkurs gezwungen haben.

Diese Nieten wollen den europäischen Staaten jetzt vorschreiben, wie sie ihre Staatshaushalte zu bestellen haben. Und zwar nach dem Muster des Zwangssparens, das Staaten der Dritten Welt reihenweise an den Rand des Abgrunds gebracht hat. Trotzdem unterwerfen die Kabinette sich durchwegs diesem Sparzwang, der offenkundig die Hauptfunktion hat, die – in Jahrzehnte langem Kampf errungenen – sozialen Sicherungssysteme aus dem Weg zu räumen. Genau das ist der tiefere Sinn der ganzen Finanzmarktkrise und erklärt die Bereitschaft der Staatskanzleien, an dem windigen Spiel teilzunehmen.