Von Florian Birngruber (27.4.2012)
Unter massiven Protesten und Verzögerungen entschied der Senat der Universität Wien bei seiner gestrigen Sitzung, ab kommendem Semester Studiengebühren einzuheben. Dabei soll wieder jener Parlamentsbeschluss aus dem Jahr 2008 angewandt werden, der bereits vom Verfassungsgerichtshof aufgehoben wurde. Genau das ist der Grund für die absurde Situation, in der Universitäten in Schein-Autonomie grundsätzliche bildungspolitische Fragen entscheiden. Anstatt eine Regelung zu treffen, debattiert die neoliberale Regierung über Rechtsauslegungen: Die ÖVP glaubt, die Universitäten seien berechtigt, Studiengebühren selbst einzuheben, die SPÖ sieht das anders. In der Folge werden nun die Österreichischen HochschülerInnenschaften Klagen gegen die Universitäten einbringen; die eingehobenen Gebühren (für die Uni Wien geht es um kolportierte 9 Mio. jährlich) müssen von den Unis als Rücklagen gehalten werden – für den Fall dass letztlich der Verfassungsgerichtshof gegen die autonome Einhebung entscheidet.
Klar ist also, dass die Entscheidung der Uni Wien (der sich noch weitere große Universitäten anschließen wollen) keine finanziellen Probleme lösen wird. Es ist ein ideologisches Ringen, ob der Zugang zu Hochschulbildung frei bleibt oder eben nicht. Setzen sich die Studiengebühren erst einmal „fest“, wird es nicht bei diesen Beträgen und Regelungen bleiben. So hat Minister Töchterle selbst – bereits im Vorjahr Studiengebühren in Höhe von 500 vorgeschlagen; wohin die Reise geht ist allen klar
Der vehemente Widerstand der Studierenden ist deshalb verständlich. Erst 2010 wurde kräftig bei der Familienbeihilfe gekürzt; nach wie vor müssen die meisten Studierenden nebenher arbeiten (unter immer prekärer werdenden Bedingungen); kurz, die finanzielle Basis ist mehr als angegriffen, jede weitere Belastung verstärkt die an sich schon unerträgliche Selektion im Bildungssystem. Die gestrige Sitzung des Senats der Uni Wien konnte nur mit fast dreistündiger Verspätung stattfinden: Studierende blockierten friedlich den Zugang zum Sitzungssaal und wurden schließlich auf Wunsch des Rektorats von einem massiven Polizei-Aufgebot gewaltsam geräumt. Auch das ist mittlerweile charakteristisch für neoliberale Politik: Soziale Widersprüche und Krisen werden nicht gelöst; wo Konflikte offen ausbrechen greifen die staatlichen Repressionsapparate durch.
Unverantwortlich agieren letztlich also nicht die blockierenden Studierenden, sondern die Regierung, die das Bildungssystem insgesamt und die Hochschulen im Speziellen chronisch unterfinanziert hält. Eine solidarische Gesellschaft bedarf eines Bildungssystems, in dem tatsächliche Chancengleichheit von Beginn an existiert. Bildung soll Menschen dazu befähigen, sich selbst und ihr in gesellschaftliche Rahmenbedingungen eingebettetes Leben zu verstehen und sie befähigen, sich kritische Urteile zu bilden und in gesellschaftliche Entwicklungen einzugreifen. Daher müssen alle Bildungsschranken auf allen Bildungsebenen beseitigt werden. Die KPÖ tritt für eine öffentliche Ausfinanzierung des Bildungssystems und steht unmissverständlich gegen Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen.