KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Krimineller Kapitalismus

Von Leo Furtlehner (18.5.2013)

Die Apologeten des ganz gewöhnlichen Kapitalismus, egal ob als Eigentümer oder im Management, ob von Politik, Medien oder aus dem Expertentum, sind Tag und Nacht bemüht uns einzuhämmern, dass der „freie Markt“ das höchste aller Gefühle wäre und die Konkurrenz das Optimum wirtschaftlicher Entwicklung bedeute. Der Markt regelt den optimalen Preis, von dem wir alle als KonsumentInnen profitieren, wird uns da erklärt und die meisten nehmen das sogar für bare Münze.

Nun häufen sich in letzter Zeit Vorfälle, die so gar nicht mit diesem angeblich so „freien Markt“, seinen angeblich sauberen Regeln und seiner Selbstreinigun­gskraft vereinbar sind. Auch wenn es historisch nicht neu ist, dass die Unternehmen keineswegs im freien Wettbewerb ganz seriös um die Gunst der KonsumentInnen kämpfen, sondern sich in finsteren Hinterzimmern, Autobahnraststätten oder Flughafenrestau­rants absprechen wie sie zum gegenseitigen Vorteil die KonsumentInnen über den Tisch ziehen und möglichst viel Extraprofit herausholen können.

So gibt etwa der als LIF-Politiker gescheiterte Milliardär Hans Peter Haselsteiner ganz unverblümt zu, das BZÖ mit 240.000 Euro verdeckt über eine Studie geschmiert zu haben. Ganz zufällig bewarb sich Haselsteiners Strabag 2005 in einem Konsortium um den Auftrag für die Nordautobahn A5 und ganz zufällig war damals ein gewisser Hubert Gorbach BZÖ-Chef, Vizekanzler und zuständiger Minister. Ganz auf reuig meint Haselsteiner „das würde heute nicht mehr gehen“, aber damals sei das üblich gewesen.

Der deutsche Rewe-Konzern (Merkur, Billa, Bipa, Penny, ADEG, AGM) wiederum zahlte jetzt ganz locker 20,8 Millionen Euro um einen peinlichen Ermittlungsver­fahren wegen verbotener Preisabsprachen mit Lieferanten zu entgehen. Welche Produkte und welche Lieferanten betroffen sind wurde dabei wohlweislich unter den Teppich gekehrt. Die betrogenen KonsumentInnen werden nicht entschädigt, die Strafzahlung fließt in das Bundesbudget, die Finanzministerin darf sich freuen.

Rewe ist mit solchen Methoden freilich nicht allein, auch der Spar-Konzern (der sich im Übrigen ziert ordnungsgemäß Bilanzen zu veröffentlichen) steht im Fadenkreuz der Ermittler, im Jänner gab es acht Tage lang Hausdurchsuchungen, eine millionenschwere Kartellstrafe droht. Den Stein ins Rollen brachte aber schon 2011 das Bierkartell von Ottakringer, Stiegl und Brauunion, das schlussendlich 1,1 Millionen Kartellstrafen wegen eines Boykott-Beschlusses für den Cash & Carry-Handel blechen musste. Im Gefolge sind jetzt auch kleinere Brauereien wie die Hirter dran.

Verglichen mit der Strafzahlung des Aufzugs- und Fahrtreppenkar­tells, das jahrelang private und öffentliche Bauherren in Millionenhöhe wegen verbotener Preisabsprachen abgezockt hat sind die Strafzahlungen von Rewe und den Brauereien freilich Peanuts: Mit 75,4 Millionen Euro Strafe mussten die Aufzugsbauer die in Österreich bislang höchste Kartellstrafe zahlen. Die zusätzlich erfolgten Strafzahlungen für Kartellbildung bei PayLife Bank (7,0), Philips (2,9), Industriechemi­kalien (1,9), Druckchemikalien (1,5), Fassbier (1,1), Berglandmilch (1,1) und Dämmstoffen (1,0) sind im Vergleich dazu nur ein Taschengeld. Immerhin wurden seit 2002 Kartellstrafen von 117,4 Millionen Euro verhängt.

Doch es geht weiter. Die EU-Kommission ermittelt gegen die miteinander verflochtenen deutschen Zuckerkonzerne Nordzucker und Südzucker sowie gegen die österreichische zum Raiffeisen-Imperium gehörende Agrana, in dessen Aufsichtsrat auch Ex-Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP) sitzt, der nach seinem politischen Aus zum Boss des Raiffeisen-Mühlenunternehmens Leipnik-Lundenburger gekürt wurde. Auch die Zuckerbarone stehen im Verdacht jahrelang verbotene Preisabsprachen zum Schaden der KonsumentInnen getätigt zu haben. Offenbar erfolgreich, wie die Gewinne zeigen. Nun droht aber eine Strafzahlung von 27,9 Millionen Euro. Es bleibt freilich nicht beim Zucker. In Deutschland wird jetzt sogar gegen ein Kartoffel-Kartell ermittelt, das Landwirte ebenso betrogen hat wie die KonsumentInnen. Seltsamerweise blieb der Preis gleich hoch, egal ob das Wetter für die Erdäpfel günstig war oder nicht.

Die Liste des kriminellen Kapitalismus wäre freilich nicht vollständig, ohne dass auch der Herr Eder seinen Senf dazugegeben hätte. Satte 50 Millionen Euro zahlte die voestalpine an die Deutsche Bahn, weil sie durch Kartellabsprachen mit ThyssenKrupp, Vossloh und Moravia Steel jahrelang überteuerte Schienen verkauft hatte und versucht sich durch eine Kronzeugenregelung möglichst billig aus der Affäre davonzustehlen. Das ist freilich nur der berühmte Tropfen auf den heißen Stein. Die beim Landgericht Frankfurt angemeldeten Forderungen der DB an das Kartell belaufen sich auf 550 Millionen Euro zuzüglich 300 Millionen Euro Zinsen.

Diese exemplarischen Beispiele zeigen in aller Deutlichkeit, dass sich der Kapitalismus nicht nur historisch aus bluttriefenden Geschäften entwickelt hat, sondern seine kriminelle Ader bis heute vorhanden ist. Aber wie stellte schon Karl Marx fest: „Man sagt, Kapital flieht Tumult und Streit und ist ängstlicher Natur. Das ist wahr, aber doch nicht die ganze Wahrheit. Das Kapital hat einen Horror vor Abwesenheit von Profit oder sehr kleinem Profit, wie die Natur vor der Leere. Mit entsprechendem Profit wird Kapital kühn. zehn Prozent sicher, und man kann es überall anwenden; 20 Prozent, es wird lebhaft; 50 Prozent, positiv waghalsig; für 100 Prozent stampft es alle menschlichen Gesetze unter seinen Fuß; 300 Prozent, und es existiert kein Verbrechen, das es nicht riskiert, selbst auf Gefahr des eignen Untergangs.“ (Karl Marx, Das Kapital, Bd. 23). Steigerungen sind demnach immer noch möglich.

Furtlehners Blog , 17. Mai 2013

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