Von Nikolaus Lackner (27.1.2014)
Am Freitag marschierten etwa 8000 Demonstrantinnen friedlich durch die Wiener Innenstadt und setzten damit ein starkes demokratisches Zeichen gegen das rechtsextreme Vernetzungstreffen in der Hofburg und die inadäquaten Maßnahmen der Polizei. Wenn man sich die Medienberichte nun ansieht, insbesondere jene der Kronenzeitung, liest man vor allem von bürgerkriegsartigen Zuständen, die geherrscht hätten.
Das kommt der FPÖ mit ihrer Täter-Opfer Umkehr ziemlich gelegen. Auch die Wiener Polizei hätte es wohl schwierig gehabt ihre großräumigen Absperrungen, Platzverbote (auch für JournalistInnen) und Vermummungsverordnungen zu rechtfertigen, wenn es keinerlei Action-Bilder gegeben hätte. Die Crux dahinter ist die Verdrängung der Gründe für den Protest aus den Debatten, für welche Medien und ein kleiner Teil von Action-Fans verantwortlich zeichnen. Die Medienstrategie war von Anfang an darauf zugeschnitten eine Eskalation herbeizuführen – manche DemonstrantInnen liefen (im doppelten Sinn des Wortes) in die aufgestellte Falle. Denn über die vielfältigen Gründe für antifaschistischen Protest wird nun nicht mehr diskutiert, da die Medien seit Samstag Actionbilder zeigen können. Statt über ehemalige KZ-Häftlinge, die in der ersten Reihe eines friedlichen Demonstrationszuges marschiert sind, und deren Motivation und deren Erfahrungen zu schreiben und zu sprechen stehen Action-Bilder im Vordergrund.
Dabei ist der heutige internationale Holocaust Gedenktag bestens dazu geeignet, über die Notwendigkeit antifaschistischer Proteste zu sprechen. Das nationalsozialistische Unrechtsregime kam nicht von heute auf morgen. Es war nicht einfach da. Es gab eine lange Vorlaufzeit, innerhalb derer die Meinungsbildungsprozesse immer faschistoider wurden. Natürlich kann man nicht daraus ableiten, dass die deutschnationalen Eliten heute wieder Vernichtungslager errichten würden, wenn sie denn an die Macht kämen.
Aber man kann die Wichtigkeit von antifaschistischem Engagement damit begründen, dass Widerstand gegen die immer mehr um sich greifende Verharmlosung von rechtsextremem Gedankengut dazu geeignet ist, diesem Prozess entgegen zu wirken. Wenn wir also sagen Kein Fußbreit dem Faschismus! dann zeigen wir damit klar, dass die Errichtung einer menschenverachtenden Diktatur kein zweites Mal passieren darf. Denn unser Widerstand beginnt bereits jetzt, wo sich die Rechtspopulisten und deren Hintermänner auf der sicheren Seite wähnen.
Die Gründe für antifaschistischen Widerstand hat Genossin Irma Schwager, die in der französischen Resistance gegen die Nazi-Barbarei kämpfte, bei einer Gedenkveranstaltung 2008 sehr gut zusammengefasst.
Übrigens: Die KPÖ ruft am heutigen Holocaust-Gedenktag dazu auf, an der Veranstaltung des Bündnisses Jetzt ein Zeichen setzen am Wiener Heldenplatz teilzunehmen. Treffpunkt ist um 17 Uhr beim äußeren Burgtor. Die Standkundgebung dieses Bündnisses am Freitag war übrigens polizeilich untersagt worden.
Zum Thema siehe auch Rede von Nikolaus Lackner auf der Demo am 24. Jänner