(20.5.2014)
NEWS.AT : Von der Liste des populistischen EU-Rebellen Hans-Peter Martin zu einer Linksaußen-Wahlallianz wie geht denn das, Herr Ehrenhauser?
Ehrenhauser: Hans-Peter Martin kam aus der Sozialdemokratie. Europa Anders spricht unter anderem SozialdemokratInnen an, die mit der SPÖ-Führung unzufrieden sind, die für Bankenrettung, Sparpolitik und Vorratsdatenspeicherung mitverantwortlich ist. Bei aller persönlichen Enttäuschung: Martin hat EU-Kritik geübt, ist dabei aber immer klar gegen Rechts aufgetreten das tut auch Europa Anders.
NEWS.AT : In drei Worten: Was bedeutet die EU für Sie?
Ehrenhauser: Ein postdemokratischer Exekutivföderalismus
NEWS.AT : Wofür würden Sie sich im Europaparlament besonders einsetzen?
Ehrenhauser: Für eine faire Verteilung von Chancen, Ressourcen, Vermögen, Macht und Information. Für eine europaweite Vermögenssteuer, ein Ende der Bankenrettung und der Sparpolitik und die Einhaltung der Grundrechte in der digitalen Gesellschaft.
NEWS.AT : Was läuft gut in der EU?
Ehrenhauser: Das EU-Parlament arbeitet sehr professionell und transparent. Es hat ACTA verhindert, eine sehr guten Vorschlag zur Datenschutzverordnung erarbeitet und die Chance stehen gut, dass TTIP, das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den USA, vom EU-Parlament verhindert wird.
NEWS.AT : Sind Sie also gegen das Freihandelsabkommen?
Ehrenhauser: Ja, wir fordern einen sofortigen Stopp der Verhandlungen. Globalisierung braucht einen sozialen und fairen Ordnungsrahmen der von einer demokratisch legitimierten Politik geschaffen wird. TTIP ist ein Symbol für eine Politik, die ausschließlich die Interessen der transnationalen Unternehmen vertritt.
NEWS.AT : Was müsste in der EU verbessert werden?
Ehrenhauser: Wir brauchen mehr Demokratie und eine selbstbewusste, gemeinwohlorientierte Politik, die sich nicht den Interessen von transnationalen Unternehmen unterwirft und einer Wettbewerbslogik folgt, die immer weiter zu Sozial-, Lohn-, Steuer- und Umweltdumping in Europa führt.
NEWS.AT : Wie sollte die Zukunft der gemeinsamen Währung aussehen?
Ehrenhauser: Eine gemeinsame Währung benötigt einen funktionierenden politischen Rahmen. Sprich, eine Harmonisierung der Steuer- und Lohnpolitik und Ausgleichsmechanismen für defizitäre und überschüssige Leistungsbilanzen. Sollte diese Reform nicht gelingen, und Krisenländer für sich entscheiden aus dem Euro auszutreten, dann muss man diese dabei unterstützen, aber auch gemeinsam einen Weg zurück erarbeiten.
NEWS.AT : Was muss getan werden, um die Arbeitslosigkeit in der Union zu bekämpfen?
Ehrenhauser: Konservative und Sozialdemokraten in Europa haben gemeinsam Banken auf Kosten des Sozialstaates gerettet. Die Konsequenz sind enorme Staatsschulden. Diese müssen wir durch eine Vermögenssteuer abbauen. Die neuen finanziellen Mittel sollten für Investitionen in Arbeitsplätze eingesetzt werden.
NEWS.AT : Wie sollte sich die EU in der Ukraine-Krise verhalten?
Ehrenhauser: Ein Land mit derart vielen gesellschaftlichen Konfliktlinien wurde durch das interessengeleitete, strategische Zerren von West und Ost aufgerissen. Jetzt ist es wichtig, den Konflikt zu deeskalieren und über konkrete Lösungsmaßnahmen zu diskutieren. Solche könnten sein: Eine Regierung der nationalen Einheit, eine Verfassungsreform, die einzelnen Regionen mehr Autonomie zugesteht und eine neutrale Ukraine.
NEWS.AT : Wie sieht Ihrer Meinung nach zeitgemäße, europäische Außen- und Sicherheitspolitik aus?
Ehrenhauser: Eine Friedenspolitik mit Vorbildcharakter in der ganzen Welt. Dazu müssen Grundrechte auch innerhalb Europas geachtet werden, damit wir Strahlkraft nach Außen entwickeln können. Darüber sollte der Fokus auf zivile Konfliktprävention gelenkt werden, faire Verteilung von Ressourcen und aktive Entwicklungspolitik. Österreich sollte mit verantwortungsvoller Neutralitätspolitik seinen Beitrag leisten.
NEWS.AT : Wie stehen Sie zu künftigen Erweiterungsrunden der EU? Stichwort Serbien, Westbalkan, Ukraine.
Ehrenhauser: Die Priorität sollte auf Vertiefung vor Erweiterung liegen. Wir müssen die EU vom Kopf auf die Füße stellen. Eine immer größere EU erschwert diese Reformen. Sollten Serbien und andere Länder des Balkans jedoch die Kopenhagener Kriterien erfüllen, sollten ihnen keine Steine in den Weg gelegt werden.
NEWS.AT : Wie soll die EU mit Flüchtlingen umgehen?
Ehrenhauser: Die Strategie der EU ist, eine Festung zu errichten. Das löst das Problem nicht, sondern verschärft es: Die Maßnahmen führen zu noch gefährlicheren Fluchtwegen und erhöhen damit dramatisch die Anzahl der Opfer. Dieses Vorgehen ist eine Schande. Richtig wäre die Fluchtursachen zu bekämpfen, einen legaler Zugang zu Asyl zu ermöglichen sowie die bedingungslose Einhaltung der Genfer Flüchtlingskonvention.
NEWS.AT : Warum sollten die Menschen zur Wahl gehen?
Ehrenhauser: Es muss anders werden, damit es gut wird. Wer nicht wählt, stärkt den Status Quo.
NEWS.AT : Und warum sollten die Menschen genau Sie wählen?
Ehrenhauser: Weil Europa Anders die einzige kritische Alternative gegen die Bankenrettung und Sparpolitik der etablierten Parteien ist.