KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

"Haus des Widerstandes und des Überlebens"

(27.1.2015)

Unter diesem Titel erschien im "Standard" vom 26. Jänner ein Portrait von Colette M. Schmidt über den "Prenninger Kreis", dem auch KPÖ-Mitglieder zuzuordnen sind.

„Im steirischen Übelbachtal versammelte Familie Feuerlöscher linke Intellektuelle um sich. In der NS-Zeit leistete ein Teil des "Prenninger Kreises“ aktiv Widerstand.

…

Flucht

Als Herbert Feuerlöscher später beim Einmarsch der Nazis gewarnt wurde, war es auch eine Bauernfamilie aus der Nachbarschaft, die ihn vor seiner endgültigen Flucht versteckte.

Unter den Dauergästen der Geschwister war Kurt Neumann, Schriftsteller, Redakteur und stellvertretender Herausgeber der sozialdemokra­tischen Zeitung „Arbeiterwille“. Mit ihm war Anna Feuerlöscher vorübergehend verheiratet. Er floh vor den Nazis und machte später als Drehbuchautor und Schauspieler in Hollywood Karriere. Der Grazer Maler, Grafiker und Illustrator Axl Leskoschek war mit Lilly Feuerlöscher liiert und schrieb wie Neumann für den „Arbeiterwillen“. Er war nach dem Februaraufstand 1934 von den Sozialdemokraten zur KPÖ übergelaufen und floh ebenfalls 1938. Bis nach Kriegsende blieb er als Professor an der Akademie der bildenden Künste in Rio de Janeiro. Er starb 1976 in Wien.

Im Gästebuch der Feuerlöschers wimmelt es vor lustigen Einträgen vor allem aus den 1930er-Jahren. Kleine Gedichte und Karikaturen, mit denen sich die Freunde gegenseitig auf die Schaufel nahmen. Das Haus des Widerstandes, das es im Krieg wurde, war auch ein Haus der Kreativität und Lebenslust. Eine Zeichnung Leskoscheks zeigt einen schlaksigen jungen Mann in kurzer Hose und mit Pfeife im Mund: Das ist sein Freund, der Architekt Herbert Eichholzer. Er hatte an der TU Graz studiert und in Paris von Le Corbusier gelernt, wurde einer der wichtigsten Vertreter der steirischen Moderne – und ein mutiger Kämpfer gegen die Nazis. Margarete Schütte-Lihotzky, die ihn kennenlernte, als er im Exil in der Türkei eine Außenstelle der KPÖ aufbaute, beschrieb in ihrem Buch „Erinnerungen aus dem Widerstand“ (Promedia Verlag), wie sie den „charmanten jungen Mann“ erstmals traf. Er stellte sich als Mitarbeiter von Clemens Holzmeister, mit dem er in die Türkei gekommen war, bei der später berühmten Architektin vor. Eichholzer arbeitete in seinem kurzen Leben in Paris, Duisburg, Graz, Moskau, Ankara und Istanbul. In Paris kümmerte er sich unter dem Decknamen „Karl Hase“ um Umschulungen und Hilfe für Flüchtlinge aus Österreich. Obwohl bereits im Exil in der Türkei in Sicherheit, kehrte er im Frühjahr 1940 zurück nach Graz, um den Widerstand hier mit Gruppen im Ausland zu vernetzen.

Fünf Jahre zuvor, als man noch unbeschwerte Sommer in Prenning genoss, entwarf Eichholzer auch Spielzeug, gemeinsam mit dem Bildhauer Walter Ritter und Anna– dieses Holzspielzeug namens „Klump“ wird seit 2003 wieder produziert.

Anna war von den drei Schwestern am aktivsten im Widerstand gegen die Nationalsozia­listen. Sie war eine der ersten Anlaufstellen für Eichholzer nach dessen Rückkehr 1940. Die Schwestern lebten mittlerweile fix hier und führten die Fabrik in Abwesenheit ihres Bruders. Über die Postadresse des Hauses in Prenning hielten die anderen Widerstandskämpfer Kontakt zueinander. Doch die Gruppe flog 1941 auf. Mehr als 200 Menschen der steirischen Zellen wurden verhaftet. Auch Anna, die wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt wurde und bis zur Befreiung durch die Amerikaner 1945 im Frauengefängnis Aichach in Bayern inhaftiert blieb.

Herbert Eichholzer war der Einzige des sogenannten Prenninger Kreises, der nie mehr zurückkehren sollte. Er wurde 1943 in Wien mit nur 40 Jahren hingerichtet. Noch aus dem Gefängnis schrieb er Briefe an seine Grazer Familie, die er mit Zeichnungen aus dem Haftalltag illustrierte.

Unter den überlebenden Freunden war auch der Schriftsteller Ernst Fischer. Er wurde später KPÖ-Staatssekretär in der provisorischen Regierung Renner. Die SPÖ bemühte sich um Fischer, der aber blieb Kommunist, was ihm auch Kritik einbrachte, bis er als geläuterter Stalinist 1969 aus der KPÖ ausgeschlossen wurde. Er kehrte nicht nur nach Prenning zurück, er verließ es eines Tages nicht mehr. Bei einem Spaziergang im Juli 1972 erlitt er einen Herzinfarkt und verstarb in der Villa der Schwestern.

Aber wo war Bruder Herbert im Krieg? Herbert Feuerlöscher war jahrelang britischer Geheimagent. „This man has done extremely good work“: So bewertete der britische Kriegsgeheimdienst Special Operations Executive (SOE) Ende 1944 die Arbeit des steirischen Fabrikanten. Sein Ansprechpartner bei der SOE war der bekannte britische Journalist G. E. R. Gedye, der als Korrespondent bis 1938 auch in Wien lebte. Er gab Feuerlöscher den Decknamen „Sapeur“ (Pionier).

Der Historiker und Politikwissen­schaftler Peter Pirker arbeitete die umfangreichen Akten zu Feuerlöscher aus dem britischen Staatsarchiv erst in jüngster Zeit auf. Feuerlöscher war lange in Istanbul im Exilwiderstand, aber auch in Palästina. Für die SOE arbeiteten damals insgesamt 144 Österreicher in Großbritannien, der Schweiz, den USA, Ägypten und Italien. In der Türkei waren es 14 Österreicher.

„Schwarze Propaganda“

Feuerlöscher gehörte zum engsten Kreis. Zu seinen Aufgaben gehörten nicht nur Netzwerken und die Auflistung sicherer Ansprechpartner zuhause, er war vor allem für die „schwarze Propaganda“ zuständig: Feuerlöscher habe für die Verteilung von „500.000 bis zu einer Million“ Propagandastücken in Österreich und Deutschland gesorgt, berichtete Gedye dem Geheimdienst.

Auf Flugblättern und in Broschüren wurden Männer zuhause zur Desertion ermutigt. Bei österreichischen Patrioten setzte man auf die Verstärkung antideutscher Ressentiments, für Katholiken strich man die Unvereinbarkeit von Katholizismus und Nazismus besonders hervor. In einer Broschüre, deren Autor ein – freilich fingierter – Dr. Wohltat war, wurden Methoden der Selbstverstümmelung für Soldaten erklärt, die sie untauglich machen sollten. Der Titel: „Krankheit rettet“.

Herbert kehrte 1946 nach Prenning zurück. Er wurde wieder Fabrikant, lebte in einer benachbarten Villa der Schwestern und konnte das Unternehmen – angeblich auch dank Exporten in die Sowjetunion – noch lange führen. Dass die Firma den Krieg überdauerte, erklärt man sich damit, dass sie als „kriegswichtig“ eingestuft wurde und unter anderem die Verpackungen für eine nahe gelegene Pulverfabrik herstellte.

Der Unternehmer blieb Kommunist. Ein Widerspruch, den es für ihn nicht gab. Er behandelte seine Arbeiter wie seinesgleichen und kandidierte in den 1950er-Jahren sogar bei Gemeinderatswahlen für die KPÖ. „Da hat er vorher allen eine Jause gezahlt“, erinnert sich Gottfried Mühlbacher an Erzählungen seines Vaters, „aber gewählt hat ihn trotzdem fast keiner, da war er schon enttäuscht.“

Auch die Kommunisten waren nicht frei von Misstrauen. So soll der langjährige Landesparteiobmann Willi Gaisch, der 2009 verstarb, immer persönlich vom 30 Autominuten entfernten Graz gekommen sein, um die „Parteisteuer“ von Feuerlöscher zu kassieren. Dabei soll Gaisch den Mitgliedsbeitrag nur für Feuerlöscher deutlich erhöht haben, um zu sehen, ob es der Industrielle ernst meinte mit dem Kommunismus. Letzterer zahlte. "

Das gesamte Portrait:
Colette M. Schmidt, Der Standard, 26.1.2015, Online unter: derstandard.at

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