KOMMUNISTISCHE PARTEI ÖSTERREICHS

Wege aus der Sackgasse

Von Lisbeth N. Trallori (4.3.2009)

Dieses Dokument kann gelesen werden als ein Aufruf zu einem radikalen politischen Kurswechsel in Österreich und entstand in einer Situation, in der mehr denn je Allianzen linkspolitisch engagierter Personen bzw. Organisationen nachgefragt sind – in der Krise der Finanzwirtschaft, die bekanntlich eine Systemkrise ist. Anlass dafür war ein Treffen, zu dem die Friedenswerkstatt Linz aufgerufen hatte und das im Dezember 2008 in Salzburg über die Bühne ging. Nach dem Beschluss einer redaktionellen Bearbeitung des Dokuments, in das u.a. geschlechterde­mokratische Sichtweisen eingegangen sind, wurde dieser Aufruf als nicht diskurswürdig mehrheitlich von linken Männern „abgeschossen“ und erfuhr keine Veröffentlichung, was wir hiermit nachholen wollen.

Wir sind mit einer finanziellen, ökonomischen und sozialen Krise des Systems konfrontiert, die täglich weiter eskaliert. Das, was dem Anschein nach mit der Schieflage von ein paar Finanzinstituten begann, mündet immer deutlicher in eine schwere globale Wirtschaftskrise.

Die Arbeitslosigkeit steigt, Investitionen sinken, die öffentlichen Budgets werden durch die Finanzkrise geschmälert und die Auseinanderset­zungen um die Verteilung der wirtschaftlichen Erträge spürbar härter, Kurzarbeit oder Massenentlassungen drohen im Bereich der Produktion.

Diese Krise verschärft die Lebensmittel-, Energie- und Umweltproblematik. Der mit militärischen Mitteln geführte Kampf um die Kontrolle von Rohstoffquellen bedroht den Frieden. Die Ursachen der Krise liegen im Wirtschafts- und Gesellschaftssystem des global agierenden Kapitalismus. Seine Herrschaft muss deshalb eingeschränkt und überwunden werden.

Sozialer Zusammenhang gefährdet

Milliardensummen aus Steuergeldern werden zur Errettung des Banken- und Finanzsystems eingesetzt, Regierungen schnüren Konjunkturpakete. All diese Maßnahmen dienen jedoch zur Stabilisierung dieses Systems und sollen über Steuern von der Mehrheit der Bevölkerung und durch den Abbau von öffentlichen Sozialleistungen aufgebracht werden. Gleichzeitig bleiben die Privilegien der Großunternehmer und Spitzenmanager unangetastet; manche von ihnen kassieren provozierend hohe Dividenden und Abfertigungen – selbst in Krisenzeiten.

Tatsächlich geht die globale Finanzkrise auf das Streben der US-amerikanischen und EU-europäischen männerbündischen Eliten zurück, ihre Vorherrschaft aufrechtzuerhalten und auszubauen. Die neoliberalen Instrumente dafür sind nach wie vor Deregulierung, Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Güter und Dienstleistungen sowie eine systematische geschlechterdif­ferente Benachteiligung im Bereich der Produktion und der Reproduktion.

Die Auswirkungen der Krise sind nicht alleine auf die Ökonomie beschränkt, sie zeigen sich in einer Prekarisierung der gesamten Gesellschaft, insbesondere der weiblichen Lebensverhältnisse. Diese Politik gefährdet den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft und führt zu einer Zunahme von Gewaltausübung, zu weiteren öko-sozialen Katastrophen sowie insgesamt zum Prozess der Entdemokratisi­erung.

Als vermeintlicher Ausweg aus der Krise zeigt sich eine verstärkte Tendenz zu autoritären Lösungen. Dazu gehören neben militärischer Aufrüstung, Überwachung und Kontrolle der BürgerInnen auch die Akzeptanz rechtsextremer bzw. neofaschistischer Gruppierungen, die Ausschaltung der Mitsprache der Bevölkerung bei wichtigen Entscheidungen (z.B. EU-Vertrag) oder der Ruf nach einem Mehrheitswahlrecht. Dazu gehört auch die Selbstentmachtung der Politik bzw. gewählter Institutionen durch den Verweis auf „Sachzwänge“ und die Verlagerung wesentlicher Entscheidungen in Bereiche, die der demokratischen Einflussnahme entzogen sind.

Kommunales Budgetkorsett

Neben der Prekrarisierung der Lebens- und Arbeitswelt sind auch die Gemeinden direkt von den Auswirkungen der Finanzkrise betroffen. Die Maastricht-Kriterien und der Euro-Stabilitätspakt als Korsett der kommunalen Budgets führen zu massiven Tarif- und Gebührenerhöhungen, zu Ausgliederungen und Privatisierungen und verleiten die Gemeinden zu riskanten Transaktionen auf dem Kapitalmarkt (Cross-Border-Leasing, Fremdwährungskre­dite, Public-Private-Partnership-Projekte, spekulative Veranlagungen), deren negative Auswirkungen jetzt spürbar werden.

Darüber hinaus hat der Neoliberalismus den gesellschaftlichen Ausgleich und damit auch die Bedeutung von Solidarität weitgehend zerstört. Durch gezielte Fremdenfeindlichke­it gegenüber MigrantInnnen und AsylwerberInnnen, die Präsentation von „Sündenböcken“, individualisierte Schuldzuweisungen oder versteckten bis offenen Antisemitismus, Rassismus, Sexismus und Homophobie wird von einer Hinterfragung der gesellschaftlichen Ursachen der Krise abgelenkt. Es gilt daher Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Geschwisterlichkeit wieder zu wichtigen gesellschaftlichen Werten zu machen.

Internationale Antworten

Die Krise hat globalen Charakter und verlangt daher auch internationale Antworten, national beschränkte Lösungen sind zu kurz gegriffen. Gegen ein zunehmend international agierendes Kapital gilt es auch international wirksame Gegenkräfte – etwa durch Zusammenwirken von linken Parteien und Organisationen, alternativen Gruppierungen, von zivilgesellschaf­tlichem Protest, Gewerkschaften und Sozialbewegungen – zu entwickeln. Auch dazu will diese Initiative beitragen.

Wir brauchen einen Weg aus der Sackgasse heraus, wir brauchen eine gesellschaftspo­litische Veränderung. Wir können diese durchsetzen, wenn wir uns jetzt organisieren und dafür sorgen, dass unsere Stimmen gehört werden. Diese Stimmen können sich nicht darin erschöpfen, eine simple Überbrückungslösung zu fordern. Vielmehr geht es um die Neuausrichtung der gesamten gesellschaftlichen Entwicklung, das heißt ökonomisch, ökologisch und sozial, um deren Durchsetzung jetzt gerungen werden muss. Es geht um einen radikalen Kurswechsel.

Veröffentlicht in volksstimmen, März 2009

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